gelesen: Crossroads von Jonathan Franzen

Jan 25, 2022 08:05


Äußerst umfangreich mit über 820 Seiten ist das Werk Franzens, der darin eine Familiengeschichte in den USA der 70er Jahre erzählt.





Sehr amerikanisch mutet mich die Geschichte an - das Umfeld rund um Mennoniten, Baptisten, Katholiken, Juden, gemischt mit desillusionierter Navajo-Romantik und 70er-Jahre Flair kommt uns in Europa wenig vertraut vor, auch wenn einige der behandelten Themen rund ums Erwachsenwerden, um Liebe, generell Sinnsuche im Leben universell erscheinen, wenn wohl auch kaum irgendwo sonst auf der Welt derart mit einem bigotten Religionsverständnis verbunden wie in den USA.
Sehr gelungen finde ich die Charakterzeichnungen, die durch die Wahl einer Pfarrersfamilie als Kern der Handlung allerdings etwas fremd erscheinen. Und auch die Pfarrersfamilien, die ich kenne, kommen den Hildebrandts nicht nahe. Keine der mir bekannten Pfarrersfamilien lebt ihren Glauben derart verkrampft wie die Hildebrandts. Und die Auseinandersetzung mit dem Glauben habe ich auch nirgendwo in einer solchen Art erlebt. Generell ergibt diese Fokussierung auf Glauben und Religion ein Szenario, das vielleicht in den USA der 70er (und vielleicht auch heute noch?) glaubhaft gewesen sein mag, aber verhindert, daß mir die Personen nahe kommen. Daß Menschen nicht immer vernünftig handeln, denken und sprechen - das hat Franzen gut eingefangen und trägt zur Glaubwürdigkeit bei. Auch die Gedankenwelt der dramatis personae ist in sich plausibel. Aber das Umfeld, in dem sich diese Personen bewegen erscheint fremd.

So hinterläßt Crossworlds bei mir ein zwispältiges Gefühl. Einerseits brillant erzählt, andererseits zu fremd, um intensiv zu wirken.
Sicher auch ist es ein großartiges Buch, das ich verschlungen habe.

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