N-Wort

Jan 17, 2022 07:54


Wie heuchlerisch ist es, vom N-Wort zu sprechen! Der Begriff N-Wort ergibt nur Sinn, wenn man weiß, wofür es steht. Jeder den Begriff also in Gedanken ersetzt.

Als ich den Begriff das erste Mal hörte, dachte ich, es müsse für irgendwas Schlimmes, Unaussprechliches stehen und tippte auf Nutte. Den Begriff Neger, als Beleidigung gemeint, hatte (und ( Read more... )

2022, gedanken

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matrixmann January 17 2022, 10:22:02 UTC
Ein Dunkelhäutiger sagt sich bei diesem Kindergarten "Schön, sie dürfen mich jetzt nicht mehr offen abwerten, weil ich schwarz bin. Scheiße deswegen behandelt werde ich trotzdem aber immer noch..."
- Ganz böse angemerkt: Es gibt wohl selbst auch schon Fälle, wo Leute diese neuere Rassismusdebatte für sich ausnutzen. Kriegen sie nicht, was sie wollen, und sind sie zufälligerweise mit einem dunkleren Hautteint ausgestattet, wird "Rasssismus!" geschrien. Nur damit die weiße Pellkartoffel, die vor ihnen steht, Ärger bekommt - oder sie eben doch noch ihren Willen... Ist das nicht langsam pervers?

Worte entfalten ihre Wirkung erst im Kontext - so empfinde ich das bei Dingen, die mich selbst betreffen, irgendwo auch.
Oder zumindest ist es das, was sich bei mir in Bezug auf das Wort "Schwuchtel" und "schwul" gebildet hat.
Letzteres... wenn das Leute irgendwo noch in diesem Kontext verwenden, der eine Zeit lang mal sehr in Mode war, es als Synonym für "scheiße" zu verwenden, dann geht das z. B. nicht einfach so an mir vorbei. Wobei da "totes Material" wie Serien oder Filme da anders (egaler) aufgenommen werden als wiederum, wenn das jemand noch heute in der Gegenwart macht. - Ich denke, es hat da generell mit der unterbewussten Assoziation zu tun "Mist, ich wurde als "anders" erkannt und kriege gleich eins auf die Fresse" (von der ich nicht weiß, woher sie in ihrer Intensität und Tiefe stammt).
Das ist bei Filmen und Serien ja ausgeschlossen; keine Gefahr.
"Schwuchtel" verhält sich wiederum noch mal ganz anders, und da fängt es sehr mit der Invidualität an...
Sollte man damit einfach den sachlichen Umstand meinen, ein Mann, der auf andere Männer aus ist, dann verhält sich das wie letzteres. Da greift Angst, es wird einem gleich was extrem schlimmes passieren, also ist mein Gehirn dann in Alarmbereitschaft.
Meint man damit allerdings "ein unmännlicher Mann", nur weil er für andere Männer zu haben ist, dann lässt mich das ziemlich kalt.
Aus dem Grunde, weil - mit "Schwuchtel" verbinde ich das Bild von einem sehr verweiblichten Mann, der das auch sehr offensiv 'raushängen lässt. Wo man fast schon übel fragen wolle "Ach, den Mut zur Angleichung zur Frau hat man dann doch wieder nicht, was?".
Und dem Bild, dem entspreche ich persönlich nun wirklich nicht. Ich mit meiner Vorliebe für schwarze Kleidung, Flecktarn und Zeug, was man als Waffe benutzen kann...
Ein bisschen ist dadurch mental sogar die Möglichkeit gewachsen, es als Beleidigung für andere zu verwenden, wenn man weiß, man trifft sie damit sehr.
Einfach wegen dem Faktor "ich fühle mich damit nicht gemeint".

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lautenist January 18 2022, 11:43:22 UTC
"Schwuchtel" fand ich schon immer herabsetzend (im Gegensatz zu "Schwuler"/"Lesbe"), während "schwul" einfach neutral eine sexuelle Vorliebe ausdrückt.
Daß die Wirkung eines Films oder Buches nicht so stark ist wie im persönlichen Erleben ist klar. Bei mir ist das auch so, daß moch die übelsten Horror- oder Slasherfilme kalt lassen - wenn die Story aber einen sehr engen Bezug zur Realität haben kann ich schon fast kitschig-sentimental reagieren. Das sind Bewertungen, die sich durch persönliche Erfahrungen und das eigene Innenleben herausgebildet haben. Die Vorstellung durch das Aussprechen eines Wortes, von mir aus "schwuchtel" würde automatisch etwas bewirkt ist vollkommen abwegig. Während "fagott" (Schwuchtel) im Englischen immer noch eher beleidigend empfunden wird gilt queer (selbe Bedeutung) inzwischen eher als hip, was es vor 20/30 Jahren noch nicht war. Im Deutschen haben wir solche Wertungsverschiebungen bei "toll" oder "geil" (dort aber jeweils auch mit einer Bedeutungsverschiebung verbunden).
Die Bedeutung eines Wortes ist Verhandlungssache - wenn es anders verstanden wird als gemeint ist die Kommunikation nicht geglückt. Darum versucht man in der Wissenschaft möglichst wertungsfrei zu kommunizieren (abgesehen von so Fächern wie gender studies, die ich nicht zu den Wissenschaften zählen würde). Die Bewertung eines Sachverhaltes sollte möglichst unabhängig vom Sachverhalt an sich stattfinden. Das ist schwer und darum haben sich gewissen Konventionen etabliert, die das ermöglichen sollen. Besonders schwer ist das bei geisteswissenschaftlichen Fächern, weil Aussagenlogik lange schon nicht mehr verstanden wird und man meint, Meinung sei genauso gültig wie ein formales Argument. (Meinung kann das Resultat eines Arguments sein. Meinung ohne zugrunde liegende Argumentation ist Gewäsch).
Wenn also einem Wort ein Eigenleben zugestanden wird ist das Mystik. "Neger" oder "Schwuler" wird erst dann zu einer Beleidigung, wenn es als solche verstanden wird. Im Fall von Neger wird behauptet, der Begriff sei negativ konotiert, was vom englischen "nigger" abgeleitet ist und nicht dem Gebrauch in der deutschen Sprache.

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matrixmann January 18 2022, 12:37:33 UTC
"Queer" - damit schlägst du ein Wort auf, wo mittlerweile bei mir nur noch die Genervtheit und die Abneigung vorhanden ist.
Jeder Arsch nennt sich inzwischen so, der irgendwas mit "nicht heterosexuell und steht nicht auf Blümchensex" am Hut hat, es ist also ultra-beliebig geworden, und als nächstes - und das weiß ich sogar, aber bestimmt viele andere nicht -, ursprünglich ist es eigentlich mal eine Beleidigung gewesen. Wie bescheuert ist das denn, sich mit irgendeiner Beleidigung dauerhaft zu schmücken, und das vermeintlich positiv konnotiert?
Jahrzehnte der Schwulenbewegung haben bis jetzt auch nicht "Schwuchtel" zu einem positiv assoziierten Wort gemacht gekriegt - und das wahrscheinlich aus gutem Grund, weil das nicht funktioniert. Und das auch gar nicht gewollt wird.
Nur Amerikaner sind so bescheuert, durch kulturelle Aneignung ein Wort umgedeutet zu kriegen und langfristig daraus etwas ganz anderes gemacht zu kriegen...
Wenn man allerdings näher hinsieht, wird man den Eindruck nicht los, als wenn das doch nur von dem Reißbrett irgendeines Spin-Doktors kommen würde. Weil die so etwas auch machen. Ständig.
Gegen die inzwischen so weitläufige Verwendung und "Mode", sich mit dem Wort zu schmücken, da fangen bei mir die Aggressionen an... Ich kann es auf den Tod nicht ausstehen und für welche Art Kultur und subkulturellen Habitus es inzwischen steht. Könnte man mit einem großen Hammer draufschlagen, ich würde mir wohl keinen Zwang antun. (Nebenbei bemerkt, dass das Wort an sich wie es schon klingt einfach nur albern ist. "Was bist du?" - "Queer." - Was soll das sein? Kann man das essen? Ist es eine Krankheit? Heißt so der neue Welt-Nr. 1 Hit? Oder können die Querhuster den Namen ihrer Bewegung nicht mehr richtig schreiben? Was ist das für ein Unsinn?)

Ich glaube... ähnlich modern ist auch der Begriff "kinky" geworden, was mich irgendwie genauso stört. "Kinky" heißt auch wieder alles mögliche und klingt so nicht-ernsthaft, verniedlichend. Deswegen spreche ich auch lieber von "Fetisch", weil dann alle Ohren wach sind und damit rechnen "okay, das ist jetzt ernst gemeint wie ein Dokumentarfilm". "Kinky" hat noch etwas von "verspielt", während man beim anderen weiß, es ist keine Spielerei, man sucht sich das nicht einmal freiwilig aus, sondern ist einfach so oder ist es nicht. "Kinky" kann auch Leute meinen, denen ihr Sex-Leben plötzlich zu langweilig geworden ist und die etwas neues ausprobieren oder eben "spielen" wollen.
Mag ich deswegen auch nicht, weil es so beliebig ist und so... "ich will doch nur spielen" (um mal 2raumwohnung zu zitieren) ist.

Könnte manch einer sagen, ich bin da in den 90er Jahren hängen geblieben, aber - weißt du was? In den 90ern wurde eine Menge ausprobiert, aber man blieb auch immer ein bisschen beim Ernst der Sache. Und machte nicht alles zu einem riesengroßen Sandkasten im Kindergarten.

(Verzeih, wenn ich zu viel von mir hier ablade und zu wenig auf dein Geschriebenes eingehe... Weiß gerade nicht, was ich anderes dazu sagen soll.)

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