Wie heuchlerisch ist es, vom N-Wort zu sprechen! Der Begriff N-Wort ergibt nur Sinn, wenn man weiß, wofür es steht. Jeder den Begriff also in Gedanken ersetzt.
Als ich den Begriff das erste Mal hörte, dachte ich, es müsse für irgendwas Schlimmes, Unaussprechliches stehen und tippte auf Nutte. Den Begriff Neger, als Beleidigung gemeint, hatte (und habe) ich nie gehört. (im Englischen steht das N-Wort übrigens für nigger - was klar abwertend und beleidigend gemeint ist. Wie im Deutschen etwa Kaffer)
Generell zweifele ich stark, daß der Ersatz eines Wortes durch ein anderes etwas ändert, also rassistische Beleidigungen bekämpft oder auch nur Sensibilität darüber fördert, was als Beleidigung aufgefasst werden könnte.
Dazu kommt, daß es um das beleidigt fühlen geht, was vollkommen individuell ist. Und willkürlich.
Weder Neger noch N-Wort sind Begriffe, mit denen ich selbst allzu oft in Berührung komme. Die Gesamtheit stärker pigmentierter Menschen muß ich selten ansprechen und noch seltener über sie sprechen. In aller Regel geht es um Menschen. Der Begriff wird für mich in Verbindung mit US-amerikanischem Rassismus bedeutsam. Dort ist es ein Terminus, der plakativ den amerikanischen Rassismus ausdrückt. Natürlich gibt es auch
White Trash,
Latinos und andere Gruppierungen, die in den USA Gegenstand
rassistischer Probleme sind. Das ist mir bewußt.
Wenn man den Begriff kaum benutzt - wieso wird er dann tabuisiert? In Deutschland würde ich sowieso eher vermuten, daß ein dunkler Vollbart mit Mütze und mediterraner Teint vielleicht eher dem Cliché entsprechen, nach dem viele Polizisten und Zöllner kontrollieren.
Kida Ramadan - der Toni Hamady aus "4 Blocks"
Ich habe oft den Eindruck, unsere Intelligenzia versuche verzweifelt, Probleme aus den USA nach Deutschland zu importieren. Als hätten wir auch so nicht genug Probleme *seufz*
Das der Tabuisierung von Wörtern zugrunde liegende Problem ist, das es die Wirkung des zu ersetzenden Wortes verstärkt, im Fall des N-Wortes diese Wirkung überhaupt erst erzeugt. Die Annahme, alleine das Aussprechen des Wortes entfalte eine Wirkung entspricht dem Glauben an Zauberei. Ein Wort erzeugt allein durch das Aussprechen eine magische Wirkung.
Tatsächlich verkennt es den Zweck von Sprache - die Beleidigung liegt nicht im Wort sondern in seiner Verwendung.
Letzten Endes werden sowieso immer wieder und immer neue Ersatzausdrücke verwendet werden - N-Wort statt Neger, Krüppel wurde zu Behinderter, Aktion Sorgenkind zur Aktion Mensch etc. - was es immer schwieriger macht, über Probleme (wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit) zu sprechen (analog gilt das übrigens auch für gender und modernen Feminismus).
Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, daß sprachliche politische Korrektheit nicht von Farbigen, Behinderten oder Ausländern besonders wichtig empfunden wird, sondern von Weißen Universitätsabsolventen mit hohem Einkommen. Hier entsteht ein autoritär durchgesetztes Gesinnungsritual.