Titel: last night in paris (WT) [Zumindest bis mir nicht doch noch irgendwas besseres, originelleres einfallen sollte.]
Wordcount: Stand: 1495
Warnings: incest, physical abuse, rape, sexual abuse, substance abuse, svv
A/N:
daswaisenhaus Prompt: [#_0995] von
fool-with-dream My head, it hurts, each day it’s getting worse / No sun, my room has now become my hearse / Cold sores, I’m beat got bruises on my feet / My pride, these men have taken it from me!
Summary: Prosa :: Drama, Angst, Romanze :: verschwommene Bilder :: Sie will weg, einfach nur weg. Und so landet sie schließlich, ohne dass sie genau erklären kann, wie sie dorthin gekommen ist, in einer kleinen, schäbigen Bar in Paris. Und dort, wartet er schon auf sie. Und nach dieser Nacht ist für sie nichts mehr wie früher.
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last night in paris
Mit einem mulmigen Gefühl stieg Liz in den Zug, der sie für immer fort von hier bringen sollte. Fort von ihrem Zuhause.
'Wo willst Du denn hin?', hatte Mieke, ihre beste Freundin, sie gefragt und sie hatte nur mit den Achseln gezuckt und geantwortet: 'Egal wohin. Hauptsache ganz weit weg von hier.'
Und genau dorthin war sie jetzt unterwegs. Nach ganz weit weg.
Und so saß sie jetzt mitten in der Nacht im Zug, der sie nach Berlin bringen würde. Von dort aus würde sie dann mit dem Flugzeug weiter nach Paris reisen.
Warum sie ausgerechnet auf Paris gekommen war, konnte sie sich selbst nicht erklären. Vielleicht lag es daran, dass ihre Schwester immer von Paris geschwärmt hatte. Wie schön es dort war und wie gerne sie noch einmal dorthin reisen würde. Fast jeden Tag hatte Julia ihr damit in den Ohren gelegen und war ihr auf die Nerven gegangen. Bis vor einem halben Jahr. Bis Julia gestorben war.
Und seitdem war für sie nichts mehr, wie es war. Sie hatte das einzige kleine Stück ihrer Familie verloren, und seitdem wusste sie, dass sie nicht Zuhause bleiben konnte. Denn für sie war es kein Zuhause mehr.
Seufzend ließ sie ihren Kopf gegen die kalte Fensterscheibe sinken und schloss die Augen. Doch die Bilder der Erinnerungen, die in ihr aufstiegen, konnte sie einfach nicht abschütteln. Ein flüchtiger Blick auf ihre rechte Hand, die noch immer den Schultergurt ihrer schwarzen Reisetasche fest umklammert hielt, zeigte ihr, dass ihre Hand wieder begonnen hatte, zu zittern. Diese Unart war in der letzten Zeit schon öfter vorgekommen und noch immer hasste sie es. Weil es sie sich schwach fühlen ließ. Und sie hasste dieses Gefühl, hasste es, schwach zu sein.
Kurzentschlossen griff sie in ihre Laptoptasche, die neben ihr auf dem freien Sitz lag, und zog ihren iPod hervor. Und erst, als sie die Kopfhörer in ihre Ohren gesteckt hatte und die ersten Töne der Musik erklangen, gelang es Liz, sich zu entspannen.
Die Landschaft flog am Fenster vorbei, während der Zug Stadt für Stadt und Dorf für Dorf hinter sich ließ, und sie hatte ein wenig das Gefühl, dass sie damit auch ihre Vergangenheit Stück für Stück hinter sich lassen würde.
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Zwei Stunden später erwachte sie aus einem unruhigen Dämmerschlaf, als der Zug rumpelnd und polternd in den Hauptbahnhof von Berlin einfuhr. Flüchtig fuhr sie sich mit den Händen über die Augen und nahm ihr Gepäck, bevor sie mit den anderen Fahrgästen den Zug verließ.
Auf dem Bahnhof herrschte dichtes Gedränge. Unzählige Menschen tummelten sich in der weitläufigen Bahnhofshalle, hasteten hin und her, von einem Gleis zum Anderen, um ihre Züge rechtzeitig zu erreichen.
Einen kurzen Moment lang blieb Liz mitten auf dem Bahnhof stehen, sah sich mit leuchtenden Augen um und atmete erleichtert durch.
Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich frei. Vollkommen frei. Andere Menschen in ihrem Alter hätten sich von den vielen unbekannten Gesichtern, die sich um sie drängten, vielleicht eingeschüchtert oder ängstlich gefühlt, vor allem, wenn sie wie Liz zum ersten Mal allein so weit von Zuhause weg waren. Doch die junge Frau fühlte sich in diesem Moment, zum ersten Mal in ihrem Leben, frei. Einfach nur frei.
Langsam, ihren Koffer hinter sich herziehend, folgte sie dem Strom Reisender hinaus in die kalte Abendluft.
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Schließlich stand sie draußen vor dem Gebäude, während die anderen Menschen umher huschten wie graue Schatten.
Niemand schenkte der jungen Frau auch nur einen Hauch Beachtung und das kam Liz nur gerade recht.
Während der Abendwind kühl um ihren Körper wehte, fischte sie eine Schachtel Zigaretten aus ihrer Tasche und dachte nach.
Sie hatte sich noch keinen konkreten Plan für Paris zurechtgelegt, alles was sie wusste war, dass sie nach Paris musste. Egal wie.
Die glimmende Zigarette in der Hand schlenderte sie hinüber zur Haltestelle, lehnte sich an eine Wand des Wartehäuschens und sah in den dunkler werdenden Himmel. 'Ob der Himmel in Paris wohl genau so aussieht?', schoss es ihr durch den Kopf und sofort schallt sie sich für diesen lächerlichen Gedanken. Warum zum Teufel sollte der Himmel in Paris anders aussehen als in Berlin.
Mit einem leisen Quietschen kam der Bus am Straßenrand zum Stehen und öffnete zischend seine Türen.
Zum ersten Mal zeigte sich ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen, als sie auf einen freien Sitzplatz sank. Wieder war sie ihrem Ziel und damit ihrer Freiheit ein Stückchen näher gekommen. Und bald würde sie Deutschland endgültig hinter sich lassen. Deutschland und ihre Vergangenheit.
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Stunden später, so kam es ihr jedenfalls vor, saß sie endlich im Flugzeug. Gespannt musterte sie die anderen Passagiere und konnte rein gar nicht verstehen, warum einige von ihnen so angespannt aussahen. Sie konnte sich in diesem Moment nichts Besseres vorstellen, als in ebendiesem Flugzeug zu sitzen und sich endlich in die Lüfte zu erheben. Nach allem was sie durchgemacht hatte, konnte ihr eine Flugreise, hoch oben über der Erde, keine Angst mehr machen.
In knapp zwei Stunden würde sie endlich in Paris sein.
Und so schaffte sie es sogar, der Stewardess ein aufrichtiges Lächeln zu schenken.
Liz nippte an ihrem Wasser und zog einen Stadtführer von Paris aus ihrer Tasche. Den Flughafen, auf dem sie ankommen würde, hatte sie schon mit einem roten Stift eingekreist. Jetzt musste sie überlegen, wohin sie anschließend gehen würde. Zuallererst würde sie sich ein Zimmer suchen müssen. Glücklicherweise hatte sie Zuhause bereits eine Liste mit günstigen Hostels in der Nähe des Flughafens zusammengestellt. Blieb nur zu hoffen, dass nicht der Großteil der Fluggäste dieselbe Idee hatte.
„Naja, das wird schon“, murmelte sie leise vor sich hin und bestellte bei der Stewardess, die eben den Gang entlang zurückkam, einen Salat.
Bis jetzt war ihr kaum aufgefallen, was sie für einen Hunger hatte, doch jetzt, nachdem die erste Anspannung von ihr abgefallen war, war das leise Knurren ihres Magens für sie nicht mehr zu überhören. Und so machte sie sich kurz darauf heißhungrig über ihren Salat mit gegrillten Hähnchenbruststreifen her.
Es kam ihr so vor, als hätte sie nie zuvor in ihrem Leben etwas Köstlicheres gegessen. Sie spülte den letzten Bissen Tomate mit einem großen Schluck Wasser herunter, bevor sie ihr Besteck und die Serviette auf den Teller legte und sich zufrieden zurück in ihren Sitz fallen ließ.
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Ein sanftes Rütteln, das durch ihren Körper fuhr und ihre Haut vibrieren ließ, ließ sie blinzelnd aus dem Schlaf aufschrecken.
„Was zur Hölle?“, murmelte sie und sah sich verwirrt um, doch in diesem Moment verkündete eine männliche Stimme über die Köpfe der Passagiere hinweg, dass sie sich im Landeanflug befanden und bat sie, die Sicherheitsgurte anzulegen.
Und wie aufs Stichwort spürte Liz die Aufregung zurückkehren.
Neugierig sah sie aus dem Fenster und versuchte irgendetwas von ihrer Umgebung zu erkennen, doch alles, was ihre grauen Augen wahrnahmen, waren undeutliche Schatten.
Und dann war es endlich geschafft. Mit lautem Getöse und einem Ruckeln setzte das Flugzeug auf der Landebahn auf.
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Erschöpft ließ sie sich auf das schmale Bett in ihrem kleinen Hostelzimmer fallen. Ihre Füße taten weh wie nach einem Marathonlauf, und sie war völlig durchgefroren. Sie hatte das Gefühl, als wäre sie durch ganz Paris gelaufen, bis sie endlich im sechsten Hostel ein freies Zimmer bekommen hatte.
Obwohl sie während des Flugs geschlafen hatte, fühlte sie sich hundemüde und gleichzeitig seltsam aufgekratzt.
Sie warf einen flüchtigen Blick auf ihre Armbanduhr. 23:41 Uhr.
'Am Besten gehe ich erstmal duschen. Dann kann ich immer noch überlegen, wie es morgen weitergehen soll', überlegte sie, hievte sich wieder vom Bett hoch und tapste in das kleine Badezimmer, das zu ihrem Zimmer gehörte.
Kurz darauf prasselte ein Strom heißen Wassers auf ihren Körper nieder und lockerte ihre vom Flug verspannten Muskeln und Gelenke. Und allmählich fühlte sie sich wieder halbwegs wie ein Mensch.
In ein großes flauschiges Badehandtuch gewickelt kam sie zurück in ihr Zimmer und hatte einen vagen Plan für den kommenden Tag gefasst.
Sie wollte sich jetzt erst einmal hinlegen und schlafen. Obwohl sie den halben Flug verschlafen hatte, fühlte sie sich, als könnte sie einen ganzen Tag lang durchschlafen. Das musste wohl der Jetlag sein.
Und morgen Abend würde sie sich dann ein wenig ins Pariser Nachtleben stürzen und ein paar Bars und Clubs erkunden.
Wie es jetzt überhaupt für sie weitergehen sollte, das konnte sie morgen immer noch überlegen, sobald sie ausgeschlafen hatte.
Mit einem Nicken, wie um sich selbst zu bestätigen, schlüpfte sie in ihren Schlafanzug, den sie ganz unten aus ihrer Tasche hervorkramte, und kroch ins Bett.
Ein paar Minuten lag sie einfach da, starrte an die Decke und lauschte den fremden Geräuschen, wie den Autos draußen auf der Straße und den anderen Hostelgästen in den Zimmern nebenan.
Doch als die Dunkelheit sich schließlich vollends über die Stadt und ihr kleines Zimmer senkte, kapitulierte ihr Körper nach der anstrengenden Reise und den nervenaufreibenden letzten Wochen. Und ehe Liz sich auch nur auf die Seite drehen konnte, war sie eingeschlafen.
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Am nächsten Abend machte sie sich daran, ihren am Tag zuvor gefassten Plan in die Tat umzusetzen.
(to be continued ... oder auch nicht)
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