Titel: Stories told by memory
Teil: Oneshot
Fandom: Final Fantasy XII
Hauptcharaktere/Pairing: Penelo, Vaan, Reks (Mini-Mini-Erwähnung von Penelo-->Reks)
Word Count: 1.442
Entstehungsdatum: 4. November 2007
Genre: Erkunden der Charakterbeziehungen bzw. Vergangenheit (sehr präzise, ich weiß)
Warnungen: Bittersweet, könnte traurig sein.
Rating: PG
Kritik: Ja
Inhaltsangabe: Penelo und Vaan sitzen im Hafen Balfonheims - in diesem Moment der Ruhe trösten sie einander und versuchen, die Vergangenheit zu verarbeiten.
Das ist aus meinem vorletzten NaNo übrig geblieben, als meine NaNos damals noch vorwiegend aus Fragmenten bestanden haben. Nichts Plottlastiges, nur ein bisschen hurt/comfort (allerdings ohne Pairing).
„Weißt du“, flüsterte Penelo und schaute auf das offene Meer hinaus, „ich denke noch immer oft an Reks.“ Vaan antwortete ihr nicht. Sie war sicher, dass er das nicht konnte. Selbst jetzt, nach zwei Jahren war die Erinnerung an Reks noch immer schwer - für sie beide. Sie konnte ihn direkt vor sich sehen, wie er Vaan und ihr etwas erklärte oder Geschichten erzählte. Reks war immer großartig darin gewesen, sich Dinge auszudenken.
“Seht ihr die Münzen?“, hatte er einmal gefragt. Ein siebenjähriger Vaan und eine sechsjährige Penelo saßen neben ihm beim Brunnen beim Platz an den Toren und schauten hinein.
„Klar“, hatte Vaan damals gesagt. „Alle werfen ein bisschen hinein.“
„Ja. Wollt ihr wissen, warum sie das machen?“
Brav nickten die beiden. Vaan sah seinen Bruder interessiert an, während Penelos Blick tiefe Bewunderung ausdrückte.
„Sag’s uns!“
„In der Nacht, müsst ihr wissen, kommt ein großer Nebeldrache. Der kann sich zwischen den Wolken und im Regen verstecken. Er kommt nur in der Nacht, wenn ihn niemand sieht. Wenn er Münzen im Brunnen liegen findet, dann bringt er Rabanastre und insbesondere allen, die etwas hineingeworfen haben, Glück.“
„Und wenn keine Münzen drin sind?“, hatte Penelo atemlos gefragt.
„Dann wird er Feuer speien und Leute fressen“, hatte ihr der neunjährige Reks weise geantwortet und es sichtlich genossen, wie sie verstört in den Brunnen geblickt hatte. Nicht, dass er ihr hatte Angst machen wollen, davon war sie überzeugt, aber er mochte es, wenn er die beiden mit seiner Fantasie beeindrucken konnte.
„Erinnerst du dich an die Brunnen-Geschichte?“, fragte Penelo und ließ ihre Beine über dem Meerwasser baumeln.
„Die mit dem Drachen?“ Vaan lachte, wenn auch reumütig. „Klar. Wir haben danach zwei Wochen jeden Tag irgendwelche Münzen in den Brunnen geworfen, bis deine Eltern schließlich gesagt haben, dass es den Drachen nicht gibt und dass wir aufhören sollten, bevor wir sie arm machen.“
„Weißt du, dass es mich inzwischen gar nicht mal überrascht hätte, wenn es ihn doch gegeben hätte?“
„Hm? Was meinst du?“, fragte Vaan stirnrunzelnd.
„Na, denk doch mal an alles, was wir bisher erlebt haben - an all die Drachen, die wir bisher schon gesehen haben…“
„Oh“, sagte er. „Jaah.“
Sie stellte es sich vor, wie er ausgesehen hatte, als er ihnen etwas erzählt hatte. Dabei war er immer ernst, so ernst, dass sie ihm fast immer geglaubt hatten; natürlich waren sie später da herausgewachsen. Eigentlich, dachte Penelo, war das fast schade. Sie hatte seine Geschichten genossen - früher hatte sie ihn dafür bewundert und etwas später war eine Faszination mit ihm geblieben. Vielleicht sogar ein kleines bisschen verliebt, auch, wenn sie das Vaan gegenüber nicht zugeben würde.
Bei der Erinnerung strahlte sie die sanft an ihre Füße plätschernden Wellen an. Sie hatte sich wirklich große Mühe gegeben, es zu verstecken. Ob er es wohl trotzdem je herausgefunden hatte…?
„Und weißt du noch“, führte Vaan mit halb erstickter Stimme fort, „wie er uns erzählt hat von dem Mann im Untergrund, dem ehemaligen Luftpiraten? Du weißt schon…“
„Ja.“ Penelo sah über das Wasser ein paar hinaussegelnden Schiffen zu. „Er hat uns immer gerne seine Abenteuer erzählt. Ich glaube kaum, dass der wirklich alle erlebt hat…“
Vaan nickte.
„Und damals hätten wir niemals gedacht, einen echten Luftpiraten eines Tages kennen zu lernen, oder nicht?“ Sie kicherte.
„Oder dass diese Luftpiraten-Abenteuer ganz anders sind, als er sie uns erzählt hat.“
„Die Luftpiraten aber auch!“ Und sie dachten beide an Balthier und Fran.
„Einmal hat er uns auch von Balfonheim erzählt. Erinnerst du dich?“, fragte Vaan.
“Es gibt eine Stadt der Piraten, wusstet ihr das?“
„Wirklich?“ Vaan strahlte. „Dann will ich einmal dort hin! Und man kann Luftpirat werden - einfach so?“
„Nun ja“, sagte Reks, „nein, das ist etwas schwerer. Man muss viele Abenteuer bestehen…“
„Was ist mit der Stadt der Piraten?“, fragte Penelo neugierig. „Ist die Stadt aus all dem Gold und den Edelsteinen, die sie geklaut haben?“
Reks lachte.
„Nein, es ist eine ganz normale Stadt, nur voller Piraten. Dort ist es gesetzlos und geht rau zu und so.“
„Cool!“, rief Vaan. “Ganz viele Luftpiraten!”
„Nicht nur Luftpiraten, Brüderchen.“
„Was denn sonst noch?“, fragte Penelo und rückte unruhig auf ihrem Platz hin und her. „Was ist da noch? Du hast doch gesagt, sie ist voller Piraten!“
„Klar, aber es gibt auch Piraten, die Schiffe haben - Piraten auf dem Meer. Nicht nur die in der Luft.“
„Ich mag lieber ein Luftpirat sein“, sagte Vaan und sein älterer Bruder lächelte.
„Das wirst du bestimmt irgendwann mal.“
„Ja“, sagte Penelo. „Ich erinnere mich. Er hat dich immer ermutigt, egal, was du dir vorstellen wolltest, weißt du noch?“
Vaan lächelte breit, sein Blick wanderte ins Leere.
“Schau mal, Vaan, sind das nicht hübsche Blumen?“
„Was sind das für welche?“, fragte ein sehr kleiner Vaan und sah die roten Blumen verständnislos an.
„Das sind Gavanra-Lilien“, erklärte ihm Reks, als er die Blumen in eine Vase zum Fenster stellte. „Sie sind selten in der Wüste, aber am Hübschesten.“
„In der Wüste gibt es Blumen?“, fragte Vaan wieder, den Blick noch immer auf die roten Lilien geheftet. Sein Bruder mochte sie sehr, er hatte sie schon öfter im Fenster stehen sehen. Vielleicht konnte er Reks eine Freude machen und ihm welche besorgen?
„Ja“, sagte Reks. „Die schönsten. Aber sie sind selten.“
„Und er hat Basch immer sehr bewundert“, fügte Vaan hinzu. Er dachte daran, wie Reks schon vor seinem Eintritt in die dalmascer Armee vom Hauptmann erzählt hatte, vom Hauptmann mit den ausländischen Gesichtszügen, dem sanften Lächeln und einem starken Ehregefühl.
„Ich kann mich kaum mehr daran erinnern, wie Basch vor dieser ganzen Eroberungssache mit Archadia war“, murmelte Penelo, runzelte die Stirn und versuchte in die Vergangenheit einzutauchen.
“Du willst… in die Armee?“ Penelo starrte Reks entsetzt an, während Vaan noch immer wütend vor sich auf den Boden starrte. Reks nickte. „Aber wieso?!“
„Ich möchte Dalmasca verteidigen, ich möchte…!“ Penelo hatte schon damals den Nachhang hören können, der eigentlich „euch beschützen“ heißen sollte, wenn Reks ihn nur ausgesprochen hätte.
„Aber, aber“, brachte sie hervor, „vielleicht kommst du dann nicht mehr wieder!“ Ihr Augen füllten sich mit Tränen bei dem Gedanken und sie schämte sich deswegen nicht; sie war sicher, dass Vaans Augen auch feucht waren.
„Hey“, sagte Reks, machte ein paar Schritte auf sie zu und zog die beiden in die Arme. Penelo klammerte sich leise schluchzend an ihn. Vaan gab keinen Ton von sich, aber Penelo dachte daran, dass er bestimmt später, wenn er allein war, schreien und toben würde. Sie konnte sich daran erinnern, dass er noch Wochen nach Reks Fortgang stumm im Bett geweint hatte.
„Geh nicht!“, rief sie, während sie vom Weinen geschüttelt wurde, „wir haben dich doch lieb!“ Reks konnte den beiden nur hilflos die Rücken streicheln. Er verstand es sicher, er konnte doch Vaan hier nicht allein lassen, sie nicht allein lassen, sie brauchten ihn doch beide!
Nun, schoss es Penelo durch den Kopf, sie hatten Recht behalten. Er war nicht mehr zurückgekommen - das letzte Opfer, das der Krieg damals gefordert hatte. Dann biss sie sich auf die Lippe. Nein, nicht das letzte; der Krieg dauerte immer noch an, es starben immer noch Leute. Genau darum waren sie hier: Weil das Leben nach dem Krieg nicht ohne Probleme war, weil sich der Krieg durch alles gefressen hatte. Der Krieg, ob sie es wollten oder nicht, war noch nicht vorbei.
Ihre Gedanken wanderten wieder zu Larsa, der liebenswerte, kleine Lord Larsa, der mit aller Macht versuchte, das Schlimmste zu verhindern - und Ashe, die sich so abmühte, ihr Land wiederzubekommen. Beide waren nicht nur gezwungen worden, furchtbar schnell erwachsen zu werden, sondern auch engagierter denn je im Angesicht des vielen Leides. Penelo bewunderte sie insgeheim.
„Wollen wir nicht wider reingehen?“, fragte Vaan. „Mir ist kalt.“ Auch sie spürte diese Kälte, die nichts mit Balfonheim oder der kommenden Nacht zu tun hatte, sondern einzig und allein damit, dass sie zu lange über Reks nachgedacht hatten. „Warum gehen wir nicht zu Balthier und leisten ihm ein wenig Gesellschaft?“ Vaan war aufgestanden und Penelo folgte seinem Beispiel. Sie grinste.
„Ach, du glaubst, er lässt dich mittrinken?“
„Das habe ich nicht gesagt!“ Er grinste zurück und irgendwie machte es das besser.
Sie schlang die Arme um ihn. Zuerst wusste er nicht, wie ihm geschah, aber dann erkannte er: Penelo hatte ebenfalls zwei ihrer drei Brüder verloren - der dritte war verschollen. Sie verstand es und Reks war für sie doch ebenso wichtig gewesen wie für ihn.
Er umarmte sie fester.
„Ich vermisse ihn auch“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Penelo sah auf und lächelte dankbar. Was hätte sie nur getan, wenn Vaan jetzt nicht hier bei ihr wäre? Was hätte sie getan, allein irgendwo in Balfonheim?
Sie hatte Heimweh nach Rabanastre.