Anmerkungen zu Ermittlung der Übersterblichkeit

Sep 26, 2021 01:41

Folgender Kommentar betrifft Correktiv-Einwände gegen Video von Marcel Batz, das er Anfang August im Netz veröffentlicht hat und welches erfreulicherweise viel Resonanz erzeugte.

Zunächst mal muss ich anmerken, dass es idT mühselig ist, sich mit obrigkeitstreuem und autoritätshörigem Correctiv-Schwurbel zu beschäftigen, aber auf ein Thema möchte ich jedoch näher eingehen, weil es wirklich etwas komplizierter ist als es scheint. Es betrifft die Übersterblichkeit infolge einer saisonalen ARVI (d.h. akuter respiratorischen Virusinfektion).

Die Correctiv-Besserwisser pochen darauf, man müsse nur die saisonale Übersterblichkeit analysieren - so wie es RKI oder StBA tun, und die gesamte Jahresmortalität gefälligst außer Acht lassen um die Folgen einer ARVI bzw. eines Pandemiejahres(!) aus den Sterbefallzahlen zu ergründen. Und dabei, wie es anders nicht zu erwarten ist, möchten sie die gesamte Übersterblichkeit am Frühling und am Ende des Jahres 2020 nur auf eine einzige Ursache zurückführen - auf Covid19, was denn sonst! Etwas später im Text betonen sie es mit Verweis auf StBA-Sprecherin(!?) noch ein mal mit Nachdruck: "Bei einer Betrachtung auf Wochenbasis wird sehr deutlich, dass sich Corona auf die Sterbefallzahlen ausgewirkt hat." Der Gedanke, dass Ausschläge in den Mortalitätsfallzahlen auch andere Ursachen haben könnten, wird damit erst gar nicht zugelassen.
Der Ausschlag in den Mürtalitätszahlen in sog. erster Welle könnten genau so gut auch auf Solidarity- Recovery- und Discovery-Studien, in denen Patienten mit Covid- oder schlicht ARVI-Symptomen letale Dosen von giftigen Substanzen verabreicht wurden, zurückgeführt werden. Dieser Ausschlag fiel im Übrigen in diversen Ländern desto ausgeprägter aus, je eifriger und vorgabentreu sie an den Studien mitgewirkt haben. Falls jemand nicht im Bilde ist, kann ich noch paar Links dazu nachreichen. In der ersten Panikwelle waren es noch vernachlässigte und alleine gelassenen Senioren in Alters- und Pflegeheimen gewesen, welche schlicht verhungert und verdurstet sind, weil ausländische Pflegekräfte einige Länder vor dem Lockdown panikartig verlassen haben um noch zu ihren Familien zurückzukehren. In manchen Ländern waren es noch infizierte Senioren, die mit ARVI-Symptomen schlicht in Altersheime abgeschoben wurden und dort gesamte Belegschaft angesteckt haben. Negative Auswirkungen despotischer "Schutz"Verodnungen und angsteinflößender Dauerpropaganda sind in der Hinsicht auch nicht zu vernachlässigen, weil sie bewiesenermaßen viele Menschen davon abgehalten haben, in Notfällen ein Rettungsdienst anzurufen oder aufzusuchen. Und in sog. zweiter Welle, die weit in das Jahr 2021 hineinreichte, kam zu dem Lockdown mit Dauerstress und all seinen negativen Folgen noch die "rettende" Spritze hinzu. Dass Correctiv dahinter nur positive Auswirkungen sehen will, ist zwar verständlich, jedoch absolut voreingenommen und irreführend, weil die ganze Plandemie eben keine Grippewelle mit routinierten Maßnahmen war, bei der sich Harversting durch Auswertung saisonaler Ausschläge gut einschätzen lässt.

Selbstverständlich müssen die Sterberaten in verschiedenen Altersgruppen analysiert und vergleichen werden um die Übersterblichkeit oder Opferzahlen einer todbringender Epidemie von nationaler Tragweite einzuschätzen, indem z.B. das Grippejahr 2017 oder 2018 mit den 2020 und 2021 vergleichen wird. Alleine die Alterskohorte 85++ ist hierzulande seit Januar 2017 von 2.247 Tsd. auf 2.506 Tsd., also um mehr als ein Viertel Million angewachsen, was bei Sterberate um die 15.500 je 100 Tausend in dieser Altersgruppe schon mal ohne weiteres um die 40 Tausend zusätzliche Todesfälle p.a. bedingt. Die Alterskohorte 80-84 mit natürlicher Sterberate um ca. 5.700 je 100 Tsd. ist in gleichem Zeitraum sogar um 735,5 Tausend angewachsen - noch mal 42 Tausend zusätzliche Todesfälle in einem Jahr im Vergleich zu 2017. Dass die Mortalität in diesen Alterskohorten im Herbst und Winter und dazu noch unter Dauerstress mit irrsinnigen "Schutzmaßnahmen" ansteigt, ist nun wirklich kein unerwartetes Phänomen. Correctiv's empfehlender Hinweis auf HMD-Portal ist da voll daneben, weil hinter hübschem und zugegebenermaßen bequemen HMD-Front-End sich lediglich die Mortality.org-Datenbasis mit absoluten Sterbefallzahlen verbirgt, aber Veränderungen in der Altersstruktur in Relation zu Bezugsjahren werden bei Berechnungen völlig außer Acht gelassen. Bei 2020 wird auf HMD nicht mal berücksichtigt, dass es statistisch gesehen um ganze Woche länger als die vorigen vier Jahre ist. Siehe dazu auch Codag-Berichte von LMU oder das da.

Und selbstverständlich muss die Übersterblichkeit in einem "Pandemiejahr" für ganzes Jahr analysiert werden um die Folgen dieser "Pandemie" einzuschätzen. Bei einem Vergleich in Hinsicht auf ARVI-Harverst sind jedoch nicht Kalenderjahren, sondern 52KW-lange Zeitperioden von 27KW eines Jahres (bzw. 28KW in Schaltjahren) bis 26KW nächstes Jahres deutlich besser geeignet, weil dann jede Grippewelle, egal ob sie im November-Dezember oder im Januar-Februar losbricht, mit sämtlicher dadurch verursachten Letalität in voller Länge bei einem Vergleich einbezogen wird.
Wie lassen sich nun zwei Jahre oder Über- bzw. Untersterblichkeit in einem Jahr im Bezug auf vorige Jahre überhaupt einschätzen? Vergleich der abs. Mortalitätszahlen a la HMD mit dem Mittelwert aus den letzten 5 oder 10 Jahren, wie es oben bereits gezeigt wurde, kann schon zu gewaltigen Fehleinschätzungen verleiten. Dabei müssen schon mal demografische Veränderungen in der Gesellschaft berücksichtigt werden. Da bin ich mit Samuel Eckert voll d'accord, dass Jahresvergleiche auf Ebene der Sterberaten in einzelnen Altersgruppen erfolgen sollen. Die Logik hinter seinem Äquivalenz-Begriff ist nachvollziehbar und absolut schlüssig, obwohl solche Vorgehensweise einen fiesen Haken hat und kein absolut zuverlässiges Vergleichskriterium ist. Das lässt sich an einem einfachen Beispiel erklären.

Angenommen, wir möchten zwei gleich große Populationen A und B vergleichen, von denen sowohl Altersstruktur, a.a. Sterbefallzahlen in einzelnen Altersgruppen bekannt sind. Betrachten wir es zunächst mal in den blauen Tabellen, in denen die Sterberaten für alle drei Altersgruppen in Prozent berechnet sind - s. Bild unten. Gesamte Sterberate in beiden Populationen ist in diesem Beispiel einfachheitshalber gleich, u.z. 1,17%. Aus den Sterberaten einzelner Altersgruppen ist jedoch ersichtlich, dass die Population B danach deutlich günstiger aussieht, obwohl die Gesamtsterberate in den beiden Populationen gleich ist. Daraus ist schon mal ersichtlich, dass die Gesamtsterberate in einem Land an sich keine Aussagekraft hat und niedrigere Gesamtsterberate bedeutet keinesfalls etwas positives fürs Land. Aber ja, wenn wir die Sterberaten von A auf gleiche Altersgruppen  in B anwenden, dann ist aus dem Äquivalent 1,41%, der nun mal deutlich höher als die Gesamtsterberate 1,17% im Lande liegt, sofort  ersichtlich, dass in der Population A ein schlimmeres Sterbegeschehen  vonstatten geht. Anders ausgedrückt, mit den Sterberaten von A würde  die Population B 445 Tote anstatt 370 haben und käme somit auf die Gesamtsterberate von 1,41%. Soweit so gut.



Nun Teilen wir die Altersgruppen in beiden Populationen feiner auf und

wiederholen dieses Procedere mit feineren aber im Grunde denselben Daten - lila Tabellen. Auch bei dieser Betrachtung kann man sehen, dass nach Sterberaten in einzelnen Altersgruppen außer bei 75++ die Population B vorteilhafter aussieht. Wenden wir jedoch die neu berechneten Sterberaten von A auf Altersgruppen von B an, so sinkt der Gesamtäquivalent für Population B von 1,41 auf 1,14 und fällt somit sogar unter Gesamtsterberate 1,17% in der Population. D.h. mit Sterberaten von A hätte die Population B nur 360 Tote statt 370. Ergo, die Mortalität in der Population A ist vorteilhafter als in B!
Merkwürdig, nicht? Daraus ist schon mal ersichtlich, dass zwei grundverschiedene Gesellschaften wie z.B. Deutschland mit Gesamtsterberate um 1,2% und Eritrea oder Haiti mit Sterberate um die 0,7% sich auf diese Art und Weise gar nicht vergleichen lassen. Das ist immer ein Problem, wenn man versucht komplexe Vorgänge auf eine qualifizierende Größe herunter zu brechen. Dieses sog. Simpson-Paradoxon ist in der Statistik gut bekannt und von daher traut sich StBA nicht die Übersterblichkeit für ein Jahr zu ermitteln oder es publik zu machen und verweist stattdessen auf Tools à la HMD-End-Front.
Das war jetzt zwar ein extremes Beispiel, aber den gleichen Effekt lässt sich auch bei Analyse der Mortalitätsdaten aus Deutschland beobachten, je nach dem wie diese Daten und die Gesamtpopulation in einzelne Altersgruppen aufgeteilt sind.

Jetzt mal aus eigener Erfahrung mit solchen Jahresvergleichen. Da ich mal altersspezifische Mortalitätsraten in Grippe- und Covid-Jahren vergleichen wollte, habe ich zunächst mal folgende Aufteilung genommen: 0-29, 30-34, 35-39, …, 80-84, 85++. Der Grund dafür war einfach: StBA  fasst in seiner Sonderauswertung alle Sterbefälle bis 30 zusammen, und in Bevölkerungsstruktur werden alle Menschen über 85 zusammengefasst. Dabei wollte ich aus o.g. Gründen nicht Kalenderjahre, sondern Zeitspannen ab Sommer bis zum nächsten Sommer vergleichen. Damit ließen sich auch sog. zweite und dritte Covid-Wellen abdecken und analysieren, was m.E. noch interessanter als die 1. Welle ist. Dazu passte gut auch der Umstand, dass die Bevölkerungsstruktur zum Silvester ermittelt wird, was genau in die Mitte dieser 52KW-Periode fällt und somit die Veränderungen in der Struktur während dieser 52KW nicht so gravierend wie in einem Kalenderjahr sind. Das Ergebnis sah wie folgt aus:



Daraus ist deutlich zu sehen, dass im Vergleich zu ersten beiden Grippe-Jahren in der Tabelle im Winter 2019-2010 gar nichts auffälliges geschah. Es stellte sich sogar heraus, dass in Hinsicht auf Sterbezahlen diese Periode aus allen fünf betrachteten Perioden die mildeste war. Nach Gesamtsterberate sieht es zwar nicht so aus, aber wie oben bereits gezeigt hat es nichts zu bedeuten und die Ursache dafür wurde auch schon erwähnt. In 52KW 2020-2021 sah es schon anders aus. Da zeigten sich schon erhöhte Sterberaten in den Altersgruppen 35-44 und 65-79, aber interessanterweise nicht bei 85++ obwohl es uns andauernd erzählt wurde wie gefährlich Corona-Virus für die älteren Senioren sei. Influenza-Viren haben diese Kohorte in den Jahren 2017 und 2018 gar nicht geschont. Ob die erhöhte Sterberate in den Altersgruppen 35-44 und 65-79 auf Covid oder auf die "rettende" Spritze zurückzuführen ist, lässt sich aus der Betrachtung nicht beurteilen. Ich habe es zwar nicht nachgerechnet, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses Ergebnis nicht anders aussehen würde, wenn diese Berechnung nur auf Winter- und ggf. Frühlingsmonate begrenzt würde.

Eigentlich ist es ohne weiteres alleine aufgrund der Sterberaten sofort ersichtlich, dass aus den letzten fünf Perioden die 52KW-Periode 2019-2020 die mildeste war und daran keine Anzeichen einer schrecklichen Pandemie zu erkennen sind. Nach Gesamtsterberate (DeathR/100k) war die Periode 2018-2019 zwar noch "milder" gewesen, das hat aber nichts zu bedeuten - s.o. Im Übrigen lässt sich daraus auch nicht erkennen, dass fast 54 Tausend Senioren über 80 Jahre laut RKI in sog. 2. Covid-Welle dadurch hingerafft worden sind. Die Sterberaten in der 2020-2021-Periode waren bei 80++ zwar erhöht, allerdings nur bis zum Grippe-Niveau. Daran änderst sich nichts zu Gunsten eines pandemischen Narrativs, wenn alleine die ersten 26KW der Jahre verglichen werden.

Ok, aber die Frage ist jetzt, ob und ggf. wie die Übersterblichkeit z.B. in der 52KW-Periode 2020-2021 sich nun quantifizieren lässt. Dafür habe ich zunächst Äquivalente (Equival/100k) für alle fünf Perioden berechnet und daraus Abweichungen zu faktischen Sterbefallzahlen 2020-2021 (Excess20-21) ermittelt. Also mit Sterberaten von 2016-17 wären es 2020-21 um 1.344 Todesfälle mehr gewoden, aber mit Todesraten 2019-20 um 47.575 weniger. Wenn ich jedoch die mittleren Todesraten aus vorigen vier Perioden nehme und damit die Übersterblichkeit 2020-2021 berechne, so komme ich auf Äquivalent 1.185,82 und somit auf Übersterblichkeit um die 21.006 Fälle. Wenn ich in der Tabelle noch die Periode 2015-2016 berücksichtigen würde, so wäre die Übersterblichkeit etwas höher ausgefallen. Nur wie bereits erwähnt, ich wollte zunächst zunächst mal lediglich die 2020-2021 nur mit Grippe-Jahren vergleichen und habe daher 2015-2015 in die Tabelle nicht aufgenommen.

Danach wollte ich noch meine Ergebnisse mit anderen Ländern vergleichen und habe ähnliche Berechnungen für Schweden, Frankreich und Niderlanden durchgeführt. Da ich jedoch keine fein nach Altersgruppen aufgeschlüsselten Sterbezahlen für die Länder fand, griff ich für die Länder auf die Daten von Mortality.org zurück, wo die wöchentlichen Sterbezahlen nur für die Altersgruppen 0-14, 15-64, 65-74, 75-84 und 85++ festgehalten sind. So musste ich dann zum Vergleich auch für Deutschland die gleichen Berechnungen zu diesen Altersgruppen berechnen. Und so kam es folgendes als Ergebnis heraus:


Das sieht schon so aus als ob in allen Altersgruppen außer Kinder und Senioren 85++ im Winter 2020-2021 die Hölle los war. Dass außer Senioren 85++ auch Kinder, die durch ARVI normalerweise am ehesten gefährdet sind, auch hier außen vor blieben, ist auch in diesem Fall ein merkwürdiges Ergebnis. Nur ich wollte auf was anderes hinaus. Wie man sieht, sind jetzt die Äquivalente und dementsprechend auch die Abweichungen zu den faktischen Sterbefallzahlen 2020-2021 (Excess20-21)  ganz anders. Hier noch mal die in beiden Fällen errechneten Daten nebeneinander (2015-2016 bei Ermittlung des Mittelwertes weggelassen):

Wie man sieht, ist der Äquivalent für 2016-2017 bei feinerer Aufsplitterung der Population zw. 30 und 85++ etwas größer als die Gesamtsterberate 2020-2021, bei gröber aggregierten Altersgruppen wie in mortality.org-Datenreihen jedoch deutlich kleiner. Das Simpson-Paradoxon schlägt auch in diesem Fall zu.
Fazit. Was bei Vergleich der Mortalität in verschiedenen Kalenderjahren oder 52KW-Zeitperioden ab Sommer bis Sommer nächstes Jahres wirklich problematisch ist und ggf. zu Fehleinschätzungen verleiten kann, ist Aufteilung der Population in Alterskohorten mit dazugehörigen Sterberaten.

Mortalität, anmerkung, Übersterblichkeit

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