Jack Granger starrte Starsky mit offenem Mund an, sagte aber kein Wort.
„Mein Partner hat Sie etwas gefragt. Sie sollten ihm besser antworten…“, sagte Hutch ruhig.
Jack Granger sah von einem zum anderen und stammelte dann: „N…nein, habe ich nicht.“
„WAS haben Sie nicht? Die Anzeige aufgegeben oder das Geld bezahlt?“ fragte Starsky und stand auf.
„Beides“, flüsterte der Mann. „Ich dachte doch nicht, dass Jackson den Jungen gleich umbringt.
„Sie wussten wer Davis entführt hat und haben nichts getan?“ schrie Starsky den Mann an.
Jack Granger rutschte fast von seinem Sessel vor Schreck. „Ja…nein…“, stotterte er, „das waren doch nur ein paar Spielschulden. Dafür bringt man doch niemanden um.“
Starsky kochte vor Wut, riss sich aber zusammen. Am liebsten wäre er dem Geizhals an die Gurgel gesprungen. Hutch beobachtete seinen Partner aufmerksam. Falls nötig war er bereit Starsky von einem unbedachten Zornesausbruch abzuhalten, auch wenn es ihm selbst in den Fäusten juckte. Zu gerne hätte er Granger eins auf die Nase gegeben.
„Wer ist dieser Jackson?“ fragte Hutch knapp, während er Starsky eine Hand auf die Schulter legte um ihn zu beruhigen. Starsky entspannte sich merklich, warf Jack Granger aber noch einen scharfen Blick zu, bevor er zur Couch hinüberging und sich hineinfallen ließ. Keine Sekunde später ließ er seine Füße auf den Couchtisch knallen.
Jack Granger atmete hörbar auf und schaute Hutch an. „Er ist die rechte Hand von Ed Fletcher, dem Eigentümer des Paramount-Casinos. Dieser Jackson war hier, zusammen mit einem anderen Kerl. Sie haben mich bedroht.“
„Wann war das?“ kam es aus der Sofaecke.
„Vor 4 Tagen“, murmelte Granger kleinlaut und drückte sich noch tiefer in seinen Schreibtischsessel hinein.
„Also vor der Entführung“, stellte Hutch trocken fest.
„Sie hätten die Entführung und den Tod Ihres Spielers verhindern können, wenn Ihnen Ihr Geld nicht wichtiger gewesen wäre als ein Menschenleben. Sie kotzen mich an, Granger. Komm Hutch, raus hier, bevor ich mich vergesse“, sagte Starsky aufgebracht, sprang auf und lief zur Tür.
Hutch folgte ihm, drehte sich dann aber auf halbem Weg noch einmal um und sagte drohend: „Wir sind noch nicht fertig mit Ihnen, Granger. Sobald wir den oder die Mörder von Greg Davis zur Strecke gebracht haben, werden wir uns mit Ihnen befassen.“
Mit diesen Worten verließen Starsky und Hutch das Büro und knallten hinter sich die Tür zu. Jack Granger starrte ihnen zitternd nach.
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Starsky haute mit der Faust auf das Lenkrad seines Torinos, dass es krachte. „Verdammter Mist“, fluchte er und knallte die Fahrertür zu.
Hutch ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und seufzte. Mit Zeigefinger und Daumen seiner rechten Hand drückte er die Nasenwurzel zwischen seinen Augen zusammen und schloss dabei die Augen. Verdammte Kopfschmerzen! Seit der Explosion am Vormittag dröhnte sein Kopf und ein lautes Klingeln in seinen Ohren ging ihm mächtig auf die Nerven. Dann noch die schmerzenden Rippen, zu gerne hätte Hutch sich hingelegt, aber daran war jetzt nicht zu denken.
„Kopfschmerzen?“ Starsky sah seinen Freund besorgt von der Seite an.
Hutch nickte vorsichtig und massierte seine Schläfen. Dobey hatte recht, sein „Dreamteam“ war zurzeit wirklich in keiner guten Verfassung.
Starsky schmiss den Motor in Gang und lenkte den Torino vom Parkplatz herunter auf die Fahrbahn.
„Wohin fahren wir?“ Hutch schaute seinen Partner fragend an.
„Zu mir“, antwortete Starsky. „Du brauchst was gegen Deine Schmerzen, Hutch. Außerdem müssen wir einen Plan machen wie wir weiter vorgehen wollen. Ich schlage vor, wir essen auch etwas. Ich habe noch Pizza von gestern Abend im Kühlschrank. Ach ja, und Dobey wollte, dass wir ihn auf dem Laufenden halten. Wir können ihn von mir aus anrufen. Was meinst Du dazu?“
„Gute Idee, Starsk“, stimmte Hutch zu und schloss wieder seine Augen. Zwei Kopfschmerztabletten, ein Stück Pizza und ein starker Kaffee würden ihn bestimmt schnell wieder auf die Beine bringen. Und danach würden sie sich diesen Fletcher kaufen, koste es was es wolle!
……………………..
„Chef, wir haben ein Problem!“
„Das ist ja nichts Neues“, knurrte Ed Fletcher, während er auf die Überwachungsmonitore starrte. Im Casino war, um diese Uhrzeit, noch nicht viel los. Nur wenige Besucher standen an den „Einarmigen Banditen“. Die Croupiers an den Spieltischen hatten noch nichts zu tun. Das würde sich aber schon sehr bald ändern, denn das Paramount Casino war das beliebteste Casino weit und breit und sieben Tage die Woche sehr gut besucht.
„Was gibt es denn jetzt schon wieder?“ fügte der grauhaarige Hüne hinzu, ohne seinen Blick von den Monitoren zu nehmen.
„Minnie hat gerade angerufen. Sie wissen schon, meine Freundin. Sie arbeitet doch als Vorzimmerdame bei diesem Granger von den Bay City Dragons. Also sie hat mir erzählt, dass vorhin zwei Bullen dort waren. Sie haben Granger ausgequetscht und der hat ihnen alles brühwarm erzählt. Ich meine, die Sache mit diesem Davis, na Sie wissen schon. Minnie meinte, die Bullen kommen bestimmt hierher. Einer soll so ein großer Blonder sein und der andere ein etwas kleinerer dunkelhaariger Lockenkopf.“ Stan Miller schaute seinen Chef besorgt an. „Was machen wir denn jetzt, Chef?“
„WIR machen gar nichts, Stan. Darum wirst DU Dich kümmern. Nimm Dir ein paar von den Jungs und räum die Kerle aus dem Weg, sobald sie ihre Nasen in Dinge stecken, die sie nichts angehen.“ Ed Fletcher sah seine neue „rechte Hand“ an. „Ich verlasse mich auf Dich, Stan. Vermassele das nicht!“
„Okay, Chef! Sie können sich auf mich verlassen!“ Stan grinste breit. „Die Bullen sind schon so gut wie tot!“
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Starsky öffnete die Ofentür und nahm die XXL-Pizza aus dem Backofen. Der Duft von Tomaten, Käse, Salami und Basilikum breitete sich sofort im ganzen Zimmer aus. Starsky spürte wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief und sich sein Magen vor Vorfreude zusammenzog. Leise vor sich hin pfeifend zerteilte er die Pizza mit einem Pizza-Rad in mehrere Teile und legte die Stücke auf zwei Teller. Jetzt noch schnell zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank gefischt und es konnte losgehen. Starsky schubste die Kühlschranktür mit seinem Hintern zu, schnappte sich die Teller mit der Pizza und trug alles hinüber zum Wohnzimmertisch. Seufzend blieb er dort stehen und schaute stirnrunzelnd auf seinen Partner hinunter, der zusammengerollt auf dem Sofa lag und schlief. Zwei Schmerztabletten waren nötig gewesen um Hutchs Kopfschmerzen einigermaßen erträglich werden zu lassen und Starsky war froh, dass Hutch so schnell eingeschlafen war. Um nichts auf der Welt würde er seinen Freund jetzt aufwecken nur wegen der Pizza. Vorsichtig stellte Starsky die Pizzateller und die Bierflaschen auf den Tisch und ging leise in sein Schlafzimmer hinüber. Sekunden später kam er mit einer Wolldecke in der Hand zurück, die er vorsichtig über Hutch ausbreitete. Hutch drehte sich stöhnend im Schlaf auf die andere Seite. Offensichtlich hatte er immer noch Schmerzen. Starsky nahm die Pizzateller und die Bierflaschen und schlich leise auf Zehenspitzen zurück zum Küchentisch und setzte sich. Morgen war auch noch ein Tag und der Eigentümer des Spielcasinos würde ihnen nicht weglaufen. Niemand wusste, dass sie dem Mörder von Greg Davis auf den Fersen waren, sie konnten sich also, nach dem anstrengenden Tag, ruhig ein wenig Schlaf gönnen. Gähnend biss Starsky in ein Pizzastück, nahm einen großen Schluck aus seiner Bierflasche und lauschte besorgt den unregelmäßigen Atemzügen seines Freundes. Keine fünf Minuten später fiel er dann selbst fix und fertig in sein Bett.
…………………..
„Kommst Du, Hutch? Das Frühstück ist fertig!“ rief Starsky in Richtung des Badezimmers in dem Hutch vor einer Viertelstunde verschwunden war.
„Mmmmpf!“ drang es undeutlich aus dem Bad.
Starsky schaute besorgt in Richtung Badezimmer und entschloss sich dann sicherheitshalber nachzusehen ob mit seinem Partner alles in Ordnung war. Vorsichtig öffnete er die Badezimmertür und fragte gleichzeitig: „Alles okay, Hutch?“
Hutch stand, barfuß von Kopf bis Fuß, vor dem Waschbecken und putzte sich die Zähne. Auf Starskys Frage hin drehte er sich zur Tür.
Starsky starrte Hutch mit weit aufgerissenen Augen an. Auf Hutchs Brustkorb war deutlich der Abdruck von einem Autolenkrad zu sehen. Die großflächige Prellung leuchtete blau-rot und sah ziemlich schmerzhaft aus.
„Oh verdammt, Hutch, warum sagst Du denn nichts?“ Starsky schaute seinen Freund besorgt an.
„Isschonokaysssars“, nuschelte Hutch an der Zahnbürste vorbei, spuckte die Zahnpasta ins Waschbecken und spülte sich den Mund aus. „Mir geht es gut, ehrlich!“
„Ja, das sehe ich!“ knurrte Starsky, ging zum Arzneischrank und nahm eine Tube Salbe heraus. „Hier, entweder Du schmierst die Salbe auf Deine Prellung oder ich mache das!“ Starsky sah Hutch ernst an und hielt ihm die Tube entgegen.
„Na gib schon her“, seufzte Hutch und nahm die Salbe entgegen. „Danke, Starsk!“ fügte er dann mit einem schuldbewussten Grinsen hinzu.
Starsky grinste zurück. „Beeil Dich, Dein Frühstück wird kalt!“
……………………….
„Okay, also wie ist unser Plan?“ Hutch biss hungrig in ein Stück der Salamipizza von gestern Abend und schaute seinen Partner fragend an.
„Na, ich dachte wir schauen uns das Casino einfach mal an. Vielleicht finden wir dabei ja etwas heraus. Falls nicht, können wir es immer noch mit der Holzhammermethode versuchen!“ Starsky schaufelte drei Löffel Zucker in seinen Kaffeebecher und rührte den Kaffee geräuschvoll um.
Hutch überlegte kurz und nickte dann. „Klingt gut für mich! Vielleicht haben wir ja ausnahmsweise mal Glück.“
„Genau! Ich habe vorhin, als Du unter der Dusche warst, schon mit Captain Dobey telefoniert. Wir sollen auf dem Weg zum Casino kurz auf dem Revier vorbeikommen. Das Präsidium wird uns ein paar Dollars zur Verfügung stellen, damit wir uns im Casino wie normale Besucher verhalten können.“ Starsky grinste Hutch an.
„Prima! Dann lass uns loslegen, Starsk. Ich muss vorher auch noch nach Hause und mich umziehen. In diesen Klamotten werden die mich bestimmt nicht ins Casino lassen“, schlug Hutch vor und zupfte dabei an seiner Jogginghose.
„So würde ich Dich auch gar nicht mitnehmen“, stellte Starsky augenzwinkernd klar. Dann lehnte er sich über den Tisch, schnappte sich ein Pizzastück von Hutchs Teller und biss genüsslich hinein. „Ich mache mich dann mal hübsch. Bin gleich wieder da“, sagte er und verschwand auch schon im Schlafzimmer. Hutch sah seinem Partner kopfschüttelnd hinterher und widmete sich wieder seinem Frühstück.
…………………
Das Paramount Casino war ein imposantes Bauwerk aus dem letzten Jahrhundert. Das Gebäude wurde durch eine mit Efeu bewachsene Mauer vom Parkplatz getrennt und der Eingang wurde flankiert durch zwei prunkvolle Säulen, die oben zwei schwarze Granitkugeln trugen. Starsky parkte den Torino auf dem großen Parkplatz vor dem Eingang. Im Moment war noch nicht allzu viel los. Nur wenige Autos standen auf dem Platz.
„Fertig, Partner?“ Starsky schaute Hutch an und Hutch nickte. Gemeinsam stiegen sie aus dem Wagen.
„Warte mal kurz“, sagte Starsky plötzlich. Er lief um den Wagen herum und warf einen Blick um die nächste Hausecke auf einen, durch eine Metallschranke gesicherten Privatparkplatz, auf dem mehrere Nobelkarossen der gehobenen Preisklasse standen. Zufrieden nickte Starsky mit dem Kopf als er den Wagen des Casinoeigentümers dort stehen sah. Ed Fletcher war also im Casino, gut zu wissen.
Hutch war seinem Partner gefolgt und blickte verständnislos von einem Wagen zum anderen. „Und was soll das?“ fragte er stirnrunzelnd.
„Ich habe nur nachgeschaut ob Ed Fletcher zu Hause ist. Sein Auto steht da auf dem hauseigenen Parkplatz. Er ist also wahrscheinlich im Casino“, erklärte Starsky geduldig, während sie zum Torino zurückliefen. Dort angekommen fischte Starsky seine Jacke von der Rückbank des Torinos und schlug die Wagentür zu. „Auf geht’s!“
„Hey, warte mal Starsk.“ Hutch hielt Starsky am Arm fest. „Woher weißt Du denn welches Auto Ed Fletcher gehört?“
„Ganz einfach. Captain Dobey hat mir das Autokennzeichen von Fletcher verraten und der Wagen steht da drüben auf seinem Privatparkplatz.“ Starsky grinste bis über beide Ohren. „Ganz schön schlau von mir, nicht wahr?“
Hutch nickte anerkennend. Gemeinsam stiegen sie die Stufen zum Eingang des Casinos hoch, betraten durch eine schwere Holztür das Innere des Hauses und schauten sich um. Verwundert stellten sie fest, dass sie sich in einer großen Eingangshalle befanden. An den Wänden hingen große Gemälde in goldfarbenen Bilderrahmen und deckenhohe Grünpflanzen standen dazwischen und gaben der Halle ein besonderes Flair. Große Skulpturen, sitzende Löwen, flankierten einen Treppenaufgang in den ersten Stock. Starsky und Hutch schauten sich grinsend an. Wortlos einigten sie sich darauf ihr Glück im ersten Stock zu versuchen und stiegen die Treppe hinauf. Aus einem Raum rechts neben der Treppe drang Stimmengewirr.
„Hast Du die Kameras gesehen?“ flüsterte Hutch Starsky, auf dem Weg nach oben, zu.
„Klar! Bin mal gespannt was uns noch erwartet!“
Starsky öffnete die Tür. Zusammen betraten sie einen prunkvollen Saal. An der Decke hingen mehrere funkelnde Kronleuchter und verbreiteten ein warmes Licht. Gut zwei Dutzend Spieler standen an verschiedenen Spieltischen, um ihre Spielchips zu setzen. An zwei Tischen wurde Roulette gespielt. Jeweils vier Croupiers betreuten einen Roulette-Tisch und ließen eine kleine Kugel aus Elfenbein in einer Drehscheibe kreisen, die aus 37 kleinen Nummernfächern bestand. Niemand im Raum beachtete die zwei Männer, die sich nun gemächlich zu einem kleinen Schalter begaben um einige Dollars in Spielchips umzutauschen. Unauffällig scannten sie dabei den Raum. An mehreren Stellen wurde er durch Kameras überwacht. Drei Männer eines Sicherheitsdienstes standen unauffällig im Hintergrund an den Eingängen zum Saal und beobachteten das Geschehen. Wie vorher abgesprochen schlenderten Starsky und Hutch zu den Spieltischen. Sie hatten vor ein bisschen mitzuspielen und wollten dabei ihren Mitspielern behutsam Fragen über ihre Erfahrungen mit dem Casino stellen. Vielleicht würden sie ja auch Näheres über Greg Davis, seine Geldprobleme und sein Verschwinden erfahren?! Auf jeden Fall mussten sie die Sache vorsichtig angehen um kein Aufsehen zu erregen.
…………………
Ed Fletcher beobachtete die beiden Cops auf seinen Monitoren, während die scheinbar völlig entspannt ihre Chips an den Roulette-Tischen setzten. Der Tipp von Stans Freundin Minnie war richtig gewesen. Vor einer Viertelstunde waren die beiden Männer in einem Ford Torino vorgefahren, der aussah wie eine Tomate. Ja, ROT war er und dann hatte er auch noch einen weißen Streifen an jeder Seite. Ed Fletcher schüttelte den Kopf beim Anblick des Wagens, den er auf einem seiner Monitore sehen konnte. Nur gut, dass er vor einigen Wochen auch Kameras auf dem Außengelände hatte anbringen lassen. Nie im Leben wäre er auf die Idee gekommen, dass Cops mit einem so auffälligen Auto herumfahren würden.
Ed Fletcher fragte sich, was die Cops im Sinn haben könnten. Soweit er es sehen konnte spielten sie Roulette, mehr nicht. Ed Fletcher zoomte an den Spieltisch heran, an dem der blonde Cop soeben mit einem Mitspieler eine Unterhaltung hatte. Verdammt, dieser Mann, sein Name war Wheeler, hatte Greg Davis, gekannt. Sie hatten das ein oder andere Mal zusammen gespielt und Wheeler würde den Cops vielleicht einiges erzählen können, was natürlich gefährlich wäre. Nein, es musste sofort etwas geschehen, entschied Ed Fletcher. Entschlossen griff er zu einem Sprechfunkgerät, das an der Wand zwischen den Monitoren hing, drückte auf die Sprechtaste und sagte: „Tom, Mike, Charles, kommt sofort zu mir!“
Auf den Monitoren konnte er sehen, wie sich im Saal die drei Männer vom Sicherheitsdienst irritiert ansahen, als sie die Aufforderung ihres Chefs in ihren Minikopfhörern vernahmen. Die Männer gaben sich Handzeichen und begaben sich dann gemeinsam zur Tür, die direkt zum Überwachungsraum führte, in dem sich Ed Fletcher aufhielt. Augenblicke später hatten die Sicherheitsleute den Saal verlassen.
Ed Fletcher war gespannt was nun passieren würde und er musste nicht lange warten. Der blonde Cop und der dunkle Lockenkopf sahen sich an und schlenderten dann, möglichst unauffällig zu einer der nun ungesicherten Türen hinten im Saal. Von den anderen Gästen im großen Saal wurden sie nicht beachtet. Ein, zwei sichernde Blicke in Richtung der Kameras und schon waren die zwei Männer durch die Tür verschwunden, die in den Küchentrakt des Hauses führte. Ed Fletcher nahm erneut den Hörer des Sprechfunkgerätes in die Hand und sagte: „Stan! Die Cops sind im Küchentrakt. Du weißt was Du zu tun hast!“
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„Was suchen wir denn?“ flüsterte Hutch, während sie leise den Gang entlang schlichen. Starsky hielt nach eventuellen Überwachungskameras Ausschau aber so wie es aussah war dieser Gang sicher.
„Ich denke, da vorne geht es zur Küche“, antwortete Starsky und tippte sich grinsend an die Nase. „Wir könnten so tun als ob wir das Klo suchen und uns dort mal ein wenig umsehen.“
„Du bist unmöglich, Starsk!“ Hutch schüttelte den Kopf. „Übrigens, der Mann mit dem ich gerade gesprochen habe, ein gewisser Wheeler, er kannte Davis gut. Die beiden Männer haben so manche Stunde gemeinsam an den Spieltischen zugebracht und sich dabei gegenseitig auch ihre privaten Probleme erzählt. Wheeler wusste von Davis´ Spielschulden und auch, dass Fletcher Davis deswegen unter Druck gesetzt hat. Wheeler sagte mir, dass Davis Angst gehabt hätte vor Fletcher. Er soll gesagt haben, dass er keinen Fuß mehr in dieses Casino setzten und vielleicht sogar die Stadt oder noch besser das Land verlassen wird.“
„Interessant! Allerdings hilft uns das nicht viel, denn mehr als Hörensagen ist das ja nicht. Wir brauchen Beweise, Hutch! Beweise!“
„Hände hoch!“ Eine scharfe Stimme ließ Starsky und Hutch zusammenzucken. Automatisch griffen sie unter ihre Achseln, zu der Stelle, an der sich normalerweise ihre Schulterhalfter befanden, aber dort war NICHTS… gar nichts. Um kein Aufsehen zu erregen hatten sie das Casino unbewaffnet betreten. Nun ja, fast unbewaffnet, denn Hutch trug eine kleine Waffe, die er sich in einem Spezialhalfter an der Wade festgeschnallt hatte und Starsky hatte, wie immer, sein Taschenmesser in der Gesäßtasche.
„Das würde ich lassen!“ sagte eine zweite Stimme und ein weiterer Mann, gefolgt von einem Dritten, trat durch eine Tür, die sich hinter einem großen Spiegel verborgen hatte.
Stan Miller grinste die beiden Cops an. „Habt Ihr Euch verlaufen, oder wolltet Ihr mal eine Weile ungestört sein?“ Anzüglich zwinkerte er den Cops zu.
„Lassen Sie den Quatsch“, knurrte Starsky den Mann an. „Wir wollen zu Ihrem Chef, Ed Fletcher!“
„Okay! Folgt mir und schön die Hände oben lassen“, sagte der Mann, der offensichtlich der Boss der drei Ganoven war. Behände stieg er rückwärts durch das Loch in der Wand, wobei seine Waffe weiterhin auf Hutch zielte. Starsky warf einen Blick über seine Schulter. Die beiden anderen Kerle zielten auf ihn. Starsky hatte keinen Zweifel, dass diese Männer ihre Waffen ohne Zögern einsetzen würden. Starsky und Hutch warfen sich einen kurzen Blick zu und dann kletterte Hutch als Erster durch das Loch in der Wand. Starsky folgte ihm ohne zu zögern. Die beiden Männer, die wahrscheinlich zum Sicherheitspersonal von Ed Fletcher gehörten, ließen sich auch nicht lange bitten. Hutch spürte wie sich seine Nackenhaare aufstellten und ihm der Schweiß ausbrach. Starsky ging es nicht besser. Auch er spürte, dass sie in eine Falle getappt waren und dass sie im Moment den Männern ausgeliefert waren.
Nachdem die ganze Gruppe durch verschiedene Korridore gelaufen waren (Starsky schätzte, dass sie sich nun am anderen Ende des großen Hauses befanden), blieb der Anführer der Männer vor einer schweren Metalltür stehen und schaute in eine Kamera, die oberhalb der Tür angebracht worden war. Zwei, drei Sekunden vergingen und dann öffnete sich die Tür mit einem Summen. Ehe Starsky und Hutch reagieren konnten bekamen sie einen Schlag in den Rücken, der sie zu Boden schickte.
„Soso, dass sind also die berühmten Cops, Kenneth Hutchinson und David Starsky. Ich habe schon viel von Ihnen gehört, aber wenn ich Sie da so auf meinem Teppich liegen sehen, dann frage ich mich, wieso Sie so etwas Besonderes sein sollen.“ Ed Fletcher saß in einem protzigen Sessel hinter seinem Schreibtisch und schaute auf die Männer herab, die sich gerade mühsam wieder aufrappelten.
„Fesseln!“ blaffte Ed Fletcher seine Männer an. Starsky und Hutch wurden zu zwei Stühlen geschleift, hochgehoben, auf die Stühle gedrückt und mit mehreren Kabelbindern daran festgebunden.
„Was haben wir denn da?“ Stan Miller bückte sich und schob Hutchs Hosenbein noch ein wenig höher, unter dem das Halfter für seine kleine Waffe hervor lugte. Triumphierend hielt er die kleine Waffe in die Höhe.
„Schau nach ob sie verkabelt sind oder Mikrofone tragen!“ Ed Fletcher nahm die kleine Waffe an sich und drehte sie spielerisch in den Händen.
Stan Miller machte sich keine große Mühe. Er riss Starsky und Hutch einfach vorne die Hemden auf, so dass die Hemdknöpfe im hohen Bogen durch das Zimmer flogen. Wortlos drückte er dann ihren Oberkörper nach vorne und hob jeweils das Hemd am Rücken hoch um darunter zu schauen.
„Sie sind sauber, Chef!“ stellte er dann fest.
Ed Fletcher baute sich vor Hutch auf, drückte ihm die Waffe gegen die Stirn und fragte:“ Okay, also was wollen Sie hier und was wissen Sie? Ich will alles wissen und lassen Sie nichts aus. Falls ich merke, dass Sie mich anlügen, schieße ich.“
Hutch presste die Lippen zusammen und antwortete nicht.
Ed Fletcher starrte Hutch an, dann schwenkte er die Waffe ein Stück nach links und zielte auf Starsky.
„Versuchen wir es noch einmal, Hutchinson. Was wissen Sie? Wenn Ihnen Ihr eigenes Leben egal ist, okay, aber wie ist das mit dem Leben Ihres Partners? Ich will eine Antwort von Ihnen und ich frage nicht noch einmal!“
Starsky starrte in den Lauf der Waffe wie hypnotisiert. Der Finger am Abzug zitterte nicht, auch nicht die Hand, die die Waffe hielt. Dieser Mann hatte keine Angst und keine Skrupel. Dieser Mann würde eiskalt abdrücken, das war Starsky klar. Starsky hielt den Atem an…
„Wir wissen alles!“ sagte Hutch in die Stille hinein.
Ed Fletcher grinste. „Na geht doch. Was heißt ALLES, Hutchinson?“
„Wir wissen von Davis` Spielschulden, von seiner Entführung und davon, dass Ihre Leute ihn umgebracht haben“, sagte Hutch klar und deutlich, wobei er Ed Fletcher nicht aus den Augen ließ.
Ed Fletchers Blick wurde eiskalt. „Stan“, sagte er, „schaff die Bullen runter in den Keller und mach sie kalt. Ich will kleine Flecke hier auf meinem Teppich.“
Stan Miller nickte. „Macht sie los und ab mit ihnen. Wir nehmen den Lastenaufzug, dann sieht uns keiner“, befahl er seinen Männern.
Ed Fletcher würdigte Starsky und Hutch keines Blickes mehr. Er drehte sich wortlos um, ging zu seinem Schreibtisch, öffnete eine Schublade und warf Hutchs Waffe dort hinein. Offensichtlich wollte er sie als Andenken behalten.
Hutch warf Starsky einen „alles-okay?“-Blick zu, den Starsky mit einem Nicken beantwortete.
„Wir sind noch nicht fertig mit Ihnen, Fletcher!“ sagte Starsky.
„Oh doch, das sind Sie!“ stellte Ed Fletcher fest, nahm seine Tageszeitung zur Hand und begann zu lesen. Die Angelegenheit war für ihn erledigt und die zwei Cops bereits Geschichte.
Stan Miller und seine Männer banden ihre zwei Gefangenen von den Stühlen los, ließen aber die Hände auf deren Rücken gefesselt, damit sie sich nicht wehren konnten. Einer der Männer zog grinsend zwei Hanfseile aus seiner Hosentasche und ehe Starsky und Hutch sich versahen, wurden Ihnen die Seile als Schlingen um den Hals gelegt. Stan Miller nahm das Seilende von Hutchs Seil in die Hand, öffnete die Tür zum Korridor, schaute nach ob die Luft rein ist und dann zog er Hutch den Gang entlang hinter sich her wie einen Hund an der Leine. Einer der anderen Männer machte es Stan nach und folgte ihm, Starsky im Schlepptau. Der dritte Mann sicherte die Karawane mit seiner Waffe.
Am Lastenaufzug angekommen wurden Starsky und Hutch in den Aufzug gestoßen und an die hintere Wand gedrängt. Beide schnappten nach Luft und husteten, als der Druck der Seile um ihren Hals etwas nachließ. Starsky versuchte sofort, im Schutz der Wand, sein Taschenmesser aus seiner Gesäßtasche zu fischen. Wenn sie noch eine Chance haben wollten, dann mussten sie die Fesseln loswerden, bevor es zu spät war. Endlich gelang es ihm. Vorsichtig zog er das Taschenmesser heraus, öffnete es und zerschnitt damit den Kabelbinder an seinen Handgelenken. Hutch hatte natürlich bemerkt was da neben ihm passierte. An der Wand lehnend drehte er sich leicht zur Seite, so dass Starsky auch seine Handfesseln unbemerkt zerschneiden konnte. Stan Miller und seine Männer merkten von alledem nichts. Sie waren sich ihrer Sache sicher und hatten nicht den geringsten Zweifel, dass die zwei Cops schon in wenigen Minuten tot im Kofferraum ihres eigenen Wagens liegen würden. Sie würden den Wagen im Steinbruch am anderen Ende der Stadt abstellen und niemand würde sie mit dem Tod der Cops in Verbindung bringen können. Stan Miller grinste bei dem Gedanken und schaute dabei seine Gefangenen an. Das Nächste was er sah war eine Faust, die auf ihn zuflog und krachend an sein Kinn knallte. Hutch sprang den Mann an, der direkt vor ihm stand und versuchte diesem die Waffe zu entreißen. Sofort war eine wüste Schlägerei im Gange, als sich auch Starsky in das Getümmel warf um die Gangster davon abzuhalten ihre Schusswaffen zu gebrauchen. Der Lastenaufzug war inzwischen im Keller angekommen und die Tür hatte sich geöffnet, aber keiner der Männer bemerkte das. Auf engstem Raum wurde gekämpft bis … bis kurz hintereinander mehrere Schüsse fielen.
Starsky schob den leblosen Körper von Stan Miller beiseite und rappelte sich auf. Sein Blick suchte Hutch in dem Gewirr aus menschlichen Körpern, die in dem kleinen Aufzug übereinander lagen.
„Hutch!“ Starsky spürte wie eine kalte Hand nach seinem Herzen griff. „Hutch!“ rief er aufgeregt.
Die Antwort, die er bekam, war ein Stöhnen und ein kaum wahrnehmbares „Stars…“
„Oh Gott, bitte nicht“, stieß Starsky hervor. Hektisch schob er die leblosen Körper der anderen beiden Gangster beiseite und beugte sich über Hutch, der aus einer Bauchwunde blutend am Boden lag.
Hutch flüsterte irgendetwas, aber Starsky konnte es nicht verstehen.
„Ist okay, Hutch. Ich bin hier, ganz ruhig, ganz ruhig, wir schaffen das“, flüsterte Starsky seinem Freund beruhigend zu.
Hutch stöhnte und presste die Lippen zusammen vor Schmerzen.
„Was ist denn hier los?“ Ein Mann im Blaumann schaute vorsichtig durch die offene Tür des Lastenaufzuges und bekam große Augen beim Anblick der drei Toten.
„Polizei! Bitte rufen Sie sofort einen Krankenwagen und die Polizei. Sagen Sie, ein Polizist wurde angeschossen. Wir brauchen einen Notarzt und sie sollen sich beeilen. Gehen Sie schon, schnell!“ schrie Starsky den Mann an. Der Mann nickte und rannte wieder zurück in seine Werkstatt um anzurufen und Hilfe zu holen.
Starsky zog seine Jacke aus und legte sie Hutch unter den Kopf. Sein Blick fiel auf die Bauchwunde und den Blutfleck, der sich rasend schnell vergrößerte. Wenn kein Wunder geschehen würde, dann würde Hutch verbluten, noch bevor der Notarzt da war. Kurzentschlossen zog Starsky sein T-Shirt aus, knuddelte es zusammen und drückte es fest auf die blutende Wunde. Hutch schnappte nach Luft und schrie auf.
„Sorry Hutch“, flüsterte Starsky. „Halte durch, bitte Hutch, verlass mich nicht, halte durch, hörst Du mich, Hutch?“
Hutch hörte nichts mehr.
……………………………..
„Sie können ihn loslassen, Sir! Ich bin Arzt! Lassen Sie mich zu ihm! Sir, hören Sie mich? Sie können ihn loslassen! Lassen Sie mich zu ihm!“ Kräftige Hände zerrten an Starskys Schultern und die Stimme fuhr fort: „Lassen Sie mich durch!“
Starsky hörte gar nicht hin. Er war viel zu aufgewühlt, viel zu entsetzt. Zwei Kugeln hatten Hutch getroffen und ihn schwer verletzt, sehr schwer. Noch immer presste Starsky sein T-Shirt auf die stark blutende Bauchwunde. Hutch bewegte sich nicht mehr.
„Einen Notarzt! Ich brauche einen Notarzt!“ schrie Starsky immer wieder.
„Lass mich durch!“ sagte eine Stimme.
Starsky hörte gar nicht hin. Jemand zog an seinem Arm und rüttelte an seiner Schulter.
„Nun mach schon! Verschwinde da! Ich bin müde! Lass mich auf die Rückbank, Starsk!“
‚Rückbank? Starsk?‘ Starsky öffnete verwirrt die Augen und starrte Hutch an wie einen Geist.
„Waah… D…..du lebst, Hutch. Oh Gott, Du lebst!“ entfuhr es Starsky. Verwirrt sah er sich um und stellte fest, dass er auf der Rückbank seines eigenen Autos lag, während Hutch sich über ihn beugte und an seinem Arm zog. Aufgeregt kletterte Starsky aus dem Auto und umarmte Hutch stürmisch. Hutch ließ es erstaunt geschehen. Verwirrt bemerkte er, dass Starsky zitterte.
„Hey, hey, ganz ruhig. Was ist denn los, Starsk?“ Hutch schob Starsky ein Stückchen von sich und schaute ihm besorgt in die Augen.
„Ich … ich hatte einen Albtraum und … (Starsky flüsterte jetzt) … Du bist darin gestorben.“
Hutch holte tief Luft und drückte Starsky noch einmal fest an sich. „Es war nur ein Albtraum, Starsk, nur ein Albtraum. Mir geht es gut, wirklich!“
„Aber es war alles so real, so verdammt real, Hutch. Ich bin völlig fertig!“ Starskys Beine zitterten wie Espenlaub.
Hutch überlegte kurz. Plötzlich kam ihm eine Idee. „Komm, wir setzen uns in den Wagen und dann erzählst Du mir von Deinem Traum, okay?“
„Aber ich dachte Du bist müde, Hutch.“ Starsky schaute Hutch mit treuem Dackelblick an.
„Jetzt nicht mehr. Also los, was ist passiert. Wieso bin ich gestorben?“ Hutch schob Starsky auf den Beifahrersitz. Er selbst machte es sich auf dem Fahrersitz gemütlich. Erwartungsvoll lächelte Hutch seinen Freund an.
Starsky überlegte kurz. „Okay, also alles fing damit an, dass ich Dir eine Frage gestellt habe.“
„Aha… und welche Frage?“
"Emmm… Wie ist es möglich, dass in der Welt jeden Tag genauso viel passiert, wie in eine Zeitung hineinpasst? Verstehst Du was ich meine, Hutch? Genauso viel, nicht mehr und auch nicht weniger!“
"Das ist die dümmste Frage, die ich jemals in meinem Leben gehört habe, Starsk", antwortete Hutch kopfschüttelnd.
Starsky schaute Hutch mit weitaufgerissenen Augen an. „D…d… das hast Du in meinem Traum auch geantwortet, Hutch.“
„Da siehst Du mal wie gut Du mich kennst, Starsk!“ Grinsend legte Hutch seinen Arm um Starskys Schultern und so saßen sie da, während Starsky seinem Freund die ganze Geschichte von Anfang bis Ende erzählte.
Ende