V'13 - Tag 8 (01.11.2013)

Nov 02, 2013 02:12

Centro Histórico
(P 2012, 96 min., R: Aki Kaurismäki, Pedro Costa, Victor Erice, Manoel de Oliveira)









Die portugiesische Stadt Guimarães war 2012 Europäische Kulturhauptstadt und hat aus diesem Anlass vier Auftragswerke vergeben um die Stadt zu promoten. Vier Filme von vier Regisseuren.
Aki Kaurismäki erfüllt die Erwartungen des Publikums mit seinem Segment "O Tasquiero" (Tavern Man): ohne Dialog aber sehr situationskomisch versucht ein hilfloser Lokalbesitzer Gäste in sein Restaurant zu locken.
Pedro Costa stellt unsere Geduld in "Sweet Exorcist" auf die Probe und quält das Publikum mit einem Todestrip von "Ventura", der einen langen wirren Dialog mit einem stummen bronzefarben angemalten Soldaten in einem Aufzug führt und von seinen Dämonen verfolgt wird. Dieser Teil kommt einem viel viel länger vor als die anderen. Ob er es auch tatsächlich ist, hab ich nicht gestoppt.
Victor Erice lässt in seinem Segment "Vidros Partidos" (Broken Windows) ehemalige Arbeiter einer der größten Textilfabriken Europas zu Wort kommen, die seit Jahren geschlossen ist. Er setzt seine Protagonisten vor das große Schwarzweiß-Bild der Kantine und lässt sie einfach erzählen.
Manoel de Oliveiras Segment "O Conquistador Conquistado" (The Conquered Conqueror) ist das gefühlt (und wohl auch real) kürzeste: Eine Stadtführung mit einer Gruppe Touristen, die eine Satire in sich ist: Der Touristenführer erzählt einer Busladung an filmenden und knipsenden Touristen was sie filmen und knipsen sollen, bis sie bei der Statue von Afonso dem Eroberer ankommen, den sie mit ihren Digitalkameras und Mobiltelefonen erobern.
Teilweise sehr anstrengend, aber blieb gut im Gedächtnis. Allerdings nicht wichtig.

Tomogui (Backwater)
(Japan 2013, 102 min., R: Aoyama Shinji)





Tagline: Wie der Vater, so der Sohn. Der wörtlich übersetzte Titel heisst "einander aufessen". Die Geschichte basiert auf dem Buch "Tomogui" von Shinya Tanaka und spielt im Jahr 1989:
Toma, 17, lebt mit seinem Vater in der Provinzstadt Shimonoseki und ist Zeuge des sadistischen Verhaltens seines Vaters gegenüber dessen Geliebten. Seiner Mutter Jinko fehlt eine Hand, sie hat den brutalen Ehemann bereits vor längerem verlassen und ist Fischhändlerin. Toma verbringt oft Zeit bei ihr, die an ihren Ex-Mann kein gutes Haar lässt und Angst hat, ihr Sohn könnte seiner Freundin Chigusa gegenüber auch so werden.

Terra de ninguém (No man's land)
(P 2012, 72 min., R: Salomé Lamas)





Ein Mann sitzt in einem neutralen Raum auf einem Sessel und erzählt über sein Leben als Soldat in einer portugiesischen Eliteeinheit während der Kolonialkriege in Mosambique und Angola, später als Bodygoard in Portugal, danach als CIA-Söldner in El Salvador und zuletzt als Auftragskiller der Anti-Basken Organisation "GAL". Gefühllos erzählt er von Gräueltaten, die er und seine Kollegen begangen haben, will der Regisseurin und Gesprächspartnerin auch schriftliche Beweise dafür mitbringen. Jetzt lebt er als Obdachloser mit einem afrikanischen Flüchtling unter einer Brücke. Er will Beweisdokumente mitbringen. Bis er eines Tages verschwunden ist und wir nicht wissen, ob das alles bloß gut erfunden ist oder wirklich so stattgefunden hat.
Die Regisseurin erzählt im Anschluss an den Film, daß sie den erzählten Begebenheiten hinterher recherchiert hat und das meiste wohl stimmen kann, allein ohne Belege für das alles werden wir es nicht erfahren. Das war dann auch der Kritikpunkt einiger Journalisten im Publikum, die jedoch von der Regisseurin gekontert wurde mit dem Auftrag: IHR seid die Journalisten, IHR müsst das recherchieren, sie ist ja nur Filmemacherin und erzählt Geschichten.

Ich fühl mich Disco
(D 2013, 95 min., R: Axel Ranisch)





"Mach Filme über etwas, von dem Du Ahnung hast" hat Rosa von Praunheim dem Filmschüler Ranisch geraten. Daher hat Axel Ranisch einen sehr lustigen Low-Budget-Film über seine Jugend gemacht, der einfach funktioniert.
Die Filmfigur von Ranisch nennt sich Flori, auf einem Aufkleber in seinem Kinderzimmer steht "Dicke Kinder kann man weniger leicht entführen" und Flori ist ein dicklicher pubertierender Jugendlicher in den 80er Jahren. Sein Vater Hanno ist Turmspringtrainer und kann mit seinem "verweichlichten" Sohn, der sich weder für Motorräder noch für Fussball interessiert, kaum was anfangen. Dafür fühlt er sich von seiner Mutter umso mehr verstanden. Als diese in ein Koma fällt, sind Hanno und Flori auf sich allein gestellt. Flori findet heraus, daß er schwul ist. Schlagerstar Christian Steiffen (ja, der heisst in Wirklichkeit so) hilft Hanno seinen Sohn zu verstehen, Hanno schiesst jedoch kilometerweit übers Ziel hinaus und blamiert seinen Sohn.
Unfassbar unterhaltsamer Film. Empfehlung!

viennale, movies

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