Teil
1 - Teil
30 Vier Wochen sind vergangen, seit Loki von Fury angeschossen wurde, und Clint hat langsam keine Lust mehr, mit Doktor Scotts über den Halbgott zu reden. Er liegt auf dem Sofa in einem der kleineren Wohnzimmer der Villa, und seine Beine baumeln über die rechte Armlehne.
Doktor Scotts sitzt auf ihrem üblichen Stuhl links von ihm, ihr Notizblock und einen Kaffee auf dem Beistelltisch zu ihrer Rechten, und drückt einen Anti-Stress-Ball in ihren langen, schlanken Fingern.
„Ich hab mich daran gewöhnt, dass er da ist, ehrlich!“ versucht Clint, die Psychologin zu überzeugen. „Zugegeben, ich hab ab und zu noch immer Alpträume, in denen ich allein im Nichts bin - aber Sie haben doch behauptet, das sei völlig normal!“
Doktor Scotts, für gewöhnlich ein Musterbeispiel an rigoroser Selbstkontrolle, rollt ihre ausdrucksstarken Augen. „Mister Barton -“
„Doktor Scotts!“ unterbricht Clint sie mit hysterischem Tonfall, allein aus Prinzip. Als er das zum ersten Mal gemacht hat, hat die Psychologin prompt mit „Janet! Brad! Rocky!“ gekontert, und sich damit Clints ewiger Bewunderung versichert.
Diesmal verengt sie leider lediglich leicht die Augen. „Mister Barton“, wiederholt sie ungeduldig. „Sie leben seit über vier Wochen mit dem Mann unter einem Dach, der für einen Gutteil Ihrer ... Probleme verantwortlich ist, und haben nach eigener Aussage noch immer keinen Schritt in Richtung einer Konfrontation unternommen.“
„Ich kann ihn nicht konfrontieren“, sagt Clint - nicht zum ersten Mal - aber diesmal schließt er für einen Moment die Augen. „Ich schulde es ihm praktisch, dass ich ihn in Ruhe lasse.“
„Sie schulden diesem Mann gar nichts“, stellt Doktor Scotts mit warmer Stimme klar. „Und wenn ich von einer Konfrontation spreche, dann nicht zwingend von einer feindseligen. Aber Loki hat Sie missbraucht, Mister Barton, und es tut Ihnen schlicht nicht gut, diese Tatsache so hartnäckig zu ignorieren.“
„Er hat mich nicht missbraucht“, wehrt Clint ab, wie er es immer tut, und Doktor Scotts wirft ihren Anti-Stress-Ball nach ihm. „Er hat Sie gegen Ihren Willen etwas tun lassen, für das Sie sich jetzt schämen und sich Vorwürfe machen“, sagt sie fest. „Der Mann hat Sie missbraucht.“
„Haben Sie nicht langsam die Schnauze voll davon, mir jede Woche das Gleiche zu erzählen?“ fragt Clint sie leise und riskiert einen flüchtigen Blick in Ihre Richtung. „Frustriert es Sie gar nicht, dass wir so gar keine Fortschritte machen?“
„Clint“, sagt sie sanft, und jetzt weiß er, dass er in Schwierigkeiten ist. Die Frau Doktor benutzt kaum jemals seinen Vornamen. „Wir machen Fortschritte. In jeder Sitzung. Und ich werde Ihnen so lange immer wieder das Gleiche vorbeten, bis es zu Ihrem Dickschädel durchgedrungen ist.“ Sie wirft einen kurzen Blick in Richtung ihres Notizblockes. „Erzählen Sie mir von Ihren Gefühlen, wenn Sie sich mit ihm konfrontiert sehen.“
Clint stöhnt leise auf. „Schon wieder?“
Sie nickt. „Schon wieder. Und diesmal im Detail, bitte. Ich will alles hören. Alles - haben Sie mich verstanden?“
„Jawohl, M’am!“ Trotz seiner energischen Zustimmung braucht Clint einen Moment, um sich zu sammeln. Nicht zuletzt, weil er sich einfach nicht sicher ist, wie er sich fühlt. Einerseits hasst er Loki nach wie vor, andererseits tut der verdammte Mistkerl ihm tatsächlich leid.
„Ich habe das Gefühl“, setzt er schließlich an, mit einer ganz besonders abschätzigen Betonung auf dem Wort Gefühl, „dass ich ihm ... freundlicher gegenüber treten sollte. Ich weiß noch, wie ich mich in den ersten Tagen nach der Invasion gefühlt habe. Ich kann mich außerdem nur allzu gut daran erinnern, wie ich in diesem Haus aufgenommen wurde - wie ... wie sich alle um mich gekümmert haben. Wenn ich ehrlich bin, kann ich bis heute nicht begreifen, wie leicht es allen zu fallen scheint, mir zu vertrauen.“
„Sie hatten keine Kontrolle über ihre Handlungen, Mister Barton. Ihre Freunde wissen das.“
„Ja, aber gilt das für Loki nicht ganz genauso?“
„Mister Barton, es geht mir nicht darum, ob Loki aus eigenem Antrieb oder nicht gehandelt hat - obwohl das sicherlich ein nicht unerheblicher Faktor ist. Aber Sie sind mein Patient. Mir geht es darum, dass Sie sich mit ihren Gefühlen für ihn auseinander setzen - egal in welcher Form. Es tut Ihnen nicht gut, Ihre Emotionen zu verdrängen.“
„Bisher bin ich ganz gut damit klar gekommen.“
„Ich brauche definitiv mehr Anti-Stress-Bälle, die ich nach Ihnen werfen kann.“
„Ich finde einfach, ich sollte ihn nicht hassen“, entfährt es Clint plötzlich. „Ich habe ihm jetzt vier Wochen lang dabei zugesehen, wie er sich in diesem Haus ... eingelebt hat ... und er ist harmlos! Sicher, er ist ein hochmütiger, undankbarer Mistkerl - aber er stellt definitiv keine Gefahr mehr da!“
„Aber Sie haben noch immer Angst vor ihm.“
„Ich habe keine Angst!“
„Clint ...“
„Na gut, ich hab Angst“, gibt er schließlich zu. „Eine Scheißangst sogar. Und das hat er nicht verdient.“
Doktor Scotts schweigt einen Moment. „Ist es möglich, dass Sie sich deswegen dazu zwingen wollen, ihm zu vergeben, weil Sie sich davor fürchten, was es bedeuten würde, wenn Sie nicht dazu in der Lage sind?“
„Das war mir gerade eine Spur zu Freud, Frau Doktor.“
„Ich will darauf hinaus, dass Ihr Unvermögen Loki zu vergeben, andeuten könnte, dass im Gegenzug andere Menschen unfähig sein könnten, Ihnen zu vergeben.“
„Das wäre ein bisschen umständlich von meinem Unterbewusstsein, meinen Sie nicht auch?“
„Ich halte Ihr Unterbewusstsein für eins der umständlichsten überhaupt, Mister Barton.“
Clint schließt einen Moment lang die Augen. „Ich fände es nur normal, wenn man mir nicht vergeben könnte.“
„Nicht jeder Mensch steht Ihnen so kritisch gegenüber wie Sie sich selbst, Clint. Reden Sie mit Loki. Lassen Sie ihn wissen, wie Sie sich fühlen. Wählen Sie Worte, die ihn nicht verletzen, wenn Ihnen sein Wohlbefinden tatsächlich am Herzen liegt - aber reden Sie mit ihm.“
„Was, zum Teufel, soll ich bitte zu ihm sagen? Ich hab Angst vor dir, aber nicht so wirklich - Ich hasse dich, aber nicht so wirklich - Du bist ein Idiot dafür, dass du deinen Bruder nicht anständig zu schätzen weißt - Mir wird jedes Mal schlecht, wenn du auch nur eine angedeutete Bewegung in Phils Richtung machst?“
„Klingt gut, ja.“
„Das klingt nicht gut, das klingt lächerlich!“
„Es sind Ihre Gefühle, Mister Barton“, sagt Doktor Scotts ernst. „Und die könnten niemals lächerlich sein. Sie haben eine schwere traumatische Erfahrung hinter sich. Sie sind auf eine Art und Weise missbraucht worden, die Ihnen das Vertrauen zu sich selbst geraubt hat. Sie haben den Menschen, der Ihnen am meisten bedeutet, drei Wochen lang für tot gehalten - haben sich selbst daran die Schuld gegeben. Der Mann, der dafür - wenn auch unfreiwillig - verantwortlich ist, lebt mit ihnen unter einem Dach. Ich gebe zu, dass nur wenige Menschen jemals in eine derartig komplizierte Situation geraten, aber diese Menschen haben dementsprechend auch nicht die Chance, ihre Vergangenheit auf eine Weise zu bewältigen, die Ihnen jetzt offen steht.“
Clint sieht ein, dass sie Recht hat, und kneift die Augen zu. „Geben Sie doch einfach zu, dass Sie nur hier sind, um mit Bruce zu flirten.“
„Selbstverständlich“, erwidert Doktor Scotts sofort. „Mein ehrliches Interesse an Ihrem geistigen und emotionalen Wohlbefinden hat damit nicht das Geringste zu tun.“
„Bilde ich mir das ein, oder dauert die Sitzung heute etwas länger als üblich?“
Phils gerunzelte Stirn und seine starre Haltung haben Pepper dazu verleitet, jegliche Subtilität mit Schwung in den Wind zu schießen. Sie setzt sich neben ihm aufs Sofa, zieht ihre Beine unter sich. Es ist ihr freier Tag, dementsprechend trägt sie ihre bequemsten Jeans und einen nachtblauen Strickpullover mit Wasserfallkragen. Tony hat sie heute morgen eingefangen, als er sie in diesem entspannten Aufzug erblickt hat, und dann fünf Minuten lang an dem weichen Stoff des Pullovers herumgeschmust.
Phil macht keinerlei Anstalten, Ähnliches zu tun, aber einen Moment lang scheint ihr legerer Look ihn tatsächlich abzulenken. „Du siehst sehr hübsch aus“, sagt er ruhig.
Manchmal wünscht Pepper sich, sie könne alle Männer dieser Welt in die Phil-Coulson-Schule für gutes Benehmen schicken. Seine Manieren sind für sie ebenso erfrischend wie sie von selbstverständlicher Leichtigkeit sind.
„Dankeschön“, erwidert sie lächelnd und stößt ihn leicht mit der Schulter an. „Du bist aber auch nicht übel.“
Bruce, der auf seinem üblichen Platz auf dem Sessel in der ruhigsten Ecke des Wohnzimmers sitzt, räuspert sich kurz und raschelt mit seiner Zeitung.
„Du auch, Bruce“, ruft Pepper also in seine Richtung, selbst wenn er es darauf kaum angelegt haben wird. „Dein Hemd gefällt mir.“
„Das ist Tonys Hemd“, gibt Bruce gelassen zurück. „Und Clints Sitzung dauert heute in der Tat ungewöhnlich lange.“
„Das ist Tonys Hemd?“ wiederholt Pepper zweifelnd. „Ich kann mich nicht daran erinnern, es schon jemals an ihm gesehen zu haben.“
„Der Mann hat einen Kleiderschrank von epischen Ausmaßen. Ich bezweifle, dass er selbst weiß, was sich in den unteren Schichten verbirgt. Vermutlich müsste man Techniken der geophysikalischen Prospektion anwenden, um sämtliche Ecken zu erforschen.“
Pepper schmunzelt. „Er scheint dir Kleidung aus einer der oberen Schichten vermacht zu haben.“
„Ich hege den Verdacht, dass er mir schlicht neue Sachen gekauft hat“, gibt Bruce mit hörbar schlechtem Gewissen zu, und sie beißt sich auf die Unterlippe, um ihr Grinsen im Zaum zu halten. Sie teilt seinen Verdacht.
Bruce legt seine Zeitung beiseite, erhebt sich aus seinem Sessel und kommt ans Sofa heran, fährt sich mit den Fingern durchs wie üblich leicht wüste Haar. „Müssen wir uns Sorgen machen? Bisher hat Doktor Scotts sehr darauf geachtet, ihre Zeiten genau einzuhalten. Sie ist der Auffassung, dass für Clint ein fester Stundenplan besser ist - dass es wichtig ist, dass er sich auf feste Grenzen verlassen kann.“
„Ich könnte ihre Sitzung unterbrechen und so tun, als bräuchte ich irgendwas aus diesem speziellen Wohnzimmer“, bietet Pepper prompt an, und tätschelt Phils Oberschenkel, als er eine gequälte Grimasse zieht. „Das war ein Scherz, Agent Coulson. Ich glaube nicht, dass wir uns Sorgen machen müssen. Clint hat inzwischen genügend Zeit mit Lisa verbracht, dass er sie nicht länger als notwendiges Übel betrachtet.“
Bruce blinzelt sie an. „Lisa?“
Sie nickt. „Wenn du dich auch scheust, die gute Frau Doktor beim Vornamen zu rufen - ich habe keine derartigen Hemmungen.“
„Clint hat Alpträume“, sagt Phil plötzlich. „Seit Wochen schon.“
Pepper und Bruce werfen einander einen flüchtigen aber deswegen nicht weniger ernsten Blick zu, dann räuspert Pepper sich leise. „Alpträume?“
Phil schließt die Augen und vergräbt sein Gesicht in seiner Hand. „Ich sollte euch nicht davon erzählen. Diese Träume gehen nur Clint selbst etwas an - und vielleicht Doktor Scotts.“
Peppers Miene drückt Mitgefühl aus, und sie beißt sich verunsichert auf die Unterlippe - Bruce ist derjenige, der das Wort ergreift. „Wir alle haben Alpträume, Phil. Genauso wie wir alle ab und zu das Bedürfnis haben, unsere Sorgen mit anderen Menschen zu teilen. Von mir aus kannst du ruhig so tun, als seien Pepper und ich genauso ärztlicher Schweigepflicht unterworfen wie Doktor Scotts. Wir werden nichts weitererzählen, das du uns im Vertrauen erzählst.“
„Bist du sicher, dass du nicht mit Doktor Scotts ausgehen willst?“ murmelt Phil, sein Gesicht noch immer in seiner Handfläche vergraben. „Mir scheint, ihr passt ganz wunderbar zusammen.“
„Mir scheint, ich höre Clint mit deiner Stimme zu mir sprechen“ gibt Bruce unbeeindruckt zurück.
Phil atmet tief durch und hebt seinen Kopf wieder an. „Er träumt davon, allein in Dunkel und Kälte zu sein.“
Stille folgt seinen Worten. Phil muss nicht mehr sagen, muss nicht ausführen, warum ihn diese Tatsache so belastet. Er weiß auch nicht, ob er es könnte. Seine Ängste in Worte zu fassen, ließe sie viel zu real werden.
„Was ... was hält Clint davon?“ erkundigt Bruce sich vorsichtig, während Pepper ihre rechte Hand über Phils linke legt und sanft zudrückt.
Phil zuckt vage mit den Schultern. „Sie machen ihm Angst. Er wacht regelmäßig zitternd und desorientiert auf.“
„Wovor hast du Angst?“ fragt Pepper ihn sanft, und Phil wendet ihr kurz seinen Blick zu, dann starrt er auf den Teppich zu seinen Füßen hinab. „Ich habe Angst davor ihn zu verlieren.“
Bruce schnaubt, gibt seinen Platz neben dem Sofa auf und setzt sich Phil gegenüber auf den Wohnzimmertisch. „Du wirst ihn nicht verlieren“, stellt er ruhig klar.
Phil hebt seinen Blick zu ihm an. „Wenn ich gegen ihn kämpfen muss -“
„Wirst du ihn dennoch nicht verlieren“, unterbricht Bruce ihn mit fester Stimme. „Natasha hat gegen ihn gekämpft, und sie haben einander nicht verloren - es hat sie enger zusammengeführt. Thor hat mehr als einmal gegen Loki gekämpft, und es hat nichts an seinen Gefühlen für Loki geändert. Du willst mir doch wohl nicht erzählen, dass Clint dich weniger lieben würde, wenn du ihn davon abhältst, eine Dummheit zu begehen?“
Einen Moment lang kann Phil ihn nur anstarren. Dummheit. „Nein“, sagt er dann gedehnt. „Das will ich nicht. Aber ich könnte mir selbst nicht vergeben -“
„Wenn du ihn davon abhalten müsstest, eine Dummheit zu begehen?“ unterbricht Bruce ihn ein weiteres Mal, und der ironische Unterton in seiner Stimme resultiert eindeutig aus zu viel in Tony Starks Gesellschaft verbrachter Zeit.
„Wenn ich ihn verletzen müsste“, sagt Phil leise. „Ich habe Angst davor, ihn verletzen zu müssen.“
„Oh, Phil“, sagt Pepper plötzlich neben ihm, nimmt seine Hand und küsst seine Schläfe. „Du bist so ein Softie.“
Er blinzelt, reichlich überfordert von diesem ungewohnten Zuneigungsbeweis. „Ich bin was?“
„Ein Softie“, wiederholt sie sanft. „Und ein völlig unvernünftiger Softie noch dazu. Dir steht doch jetzt ein ganzes Team an Superhelden zur Verfügung. Glaubst du denn wirklich, die Avengers würden zulassen, dass du so eine Entscheidung überhaupt treffen musst? Gehst du wirklich davon aus, Steve würde dir sowas zumuten? Captain America wäre derjenige, der in einem solchen Fall die Anweisungen geben würde - denn du magst der Handler der Avengers sein, aber du wärst derartig kompromittiert, dass er gar keine andere Wahl hätte, als dir die Leitung abzunehmen.“
„Steve wäre in einem solchen Fall nicht weniger kompromittiert als ich“, versucht Phil, ihr zu widersprechen. Bruce macht prompt das Tony Stark Gesicht vorgetäuschten Entsetzens. „Ich wusste nicht, dass Steve und Clint miteinander schlafen.“
Phil schnauft erschöpft. Pepper tätschelt sein Knie. „Du hast dir über die Jahre die Überzeugung angeeignet, immer alles allein schaffen zu müssen - und ich verstehe das, glaub mir - ich verstehe das nur zu gut, Phil. Aber Clint ist nicht länger deine alleinige Verantwortung, ob du das nun gutheißen magst oder nicht. Sollte es tatsächlich dazu kommen, werden wir uns alle gemeinsam um das Problem kümmern. Darauf kannst du dich verlassen.“
Phil stößt sie leicht mit der Schulter an. „Was, du auch?“
Sie stößt zurück. „Selbstverständlich. Du glaubst doch nicht wirklich, Tony hätte noch nicht angeboten, mir einen Anzug zu bauen?“
„Hey“, sagt Steve leise und betritt die Küche. „Was macht die Schulter?“
Loki blickt flüchtig auf seinen Arm hinab und die weiße Schlinge, in der er liegt. „Ich habe mich daran gewöhnt.“
Er sitzt allein am Küchentisch, ein Buch vor sich und Snickers in seinem Schoß. Die Katzen scheinen nach wie vor fest davon überzeugt zu sein, dass er das Beste ist, das ihnen je passieren konnte, und verfolgen ihn auf Schritt und Tritt.
„Hast du Hunger?“ erkundigt Steve sich bei ihm, tritt an den Kühlschrank heran und öffnet ihn, und Loki verneint leise. Eine Tatsache, die Steve jetzt genau so wenig aufhält, wie sie es in den letzten vier Wochen getan hat.
Loki scheint niemals Hunger zu haben, äußert kaum jemals ein Bedürfnis, beschwert sich nie darüber, dass seine Schulter ihn schmerzt. Seit Odin zur Erde gekommen ist, um sich persönlich davon zu überzeugen, wie es ihm geht, ist er außerdem verdächtig in sich selbst zurückgezogen.
Das könnte damit zusammenhängen, dass der Allvater Sif und die Krieger zurück nach Asgard befohlen hat, aber Steve ist sich nicht siche
r. Sie schienen eher Thors als Lokis Freunde zu sein, und Steve denkt nicht, dass ihre Abwesenheit Loki Kummer bereitet - dass er sie tatsächlich vermisst.
Wenn Steve jedoch ganz ehrlich ist, dann weiß er schlicht nicht, was hinter Lokis blasser Stirn vor sich geht. Das Verhalten des Halbgottes erinnert ihn manchmal an Tony - freundlich und geradezu herzlich, wenn er sich wohl fühlt; abweisend und verletzend, wenn ihn etwas bedrückt.
Im Beisammensein mit Darcy und Pepper scheint Loki loslassen und sich entspannen zu können, Thors Berührungen vermögen beinahe immer, ihn selbst aus seinen düstersten Stimmungen heraus zu locken - aber Loki lässt diese Berührungen weniger und weniger zu. Er schickt Thor zunehmend von sich, fordert ihn auf, mehr Zeit mit Jane zu verbringen.
Steve sieht das Bedürfnis nach Unabhängigkeit in seinem abweisenden Verhalten, den Entschluss, Thor nicht mehr als nötig zur Last zu fallen und ihm ein paar ungestörte Stunden mit Jane zu ermöglichen. Es versetzt ihn in seine eigene Jugend zurück, in die Jahre, als er und Bucky gerade alt genug geworden waren, um sich für Mädchen zu interessieren, und Steve feststellen musste, dass er seinem so viel größeren, gesünderen Freund nichts als ein Klotz am Bein war.
Er hat Bucky genau so weggeschickt wie Loki es jetzt mit Thor tut - nur dass Bucky ihn sich nach etwa zwei Wochen dieses opferwilligen Verhaltens zur Brust genommen und darauf aufmerksam gemacht hat, dass er, wenn er sich entscheiden muss, seine Zeit dann doch lieber mit seinem besten Freund verbringe.
Die Erinnerung fühlt sich warm und lebendig an, und Steve muss ein paar Mal schlucken, um etwaige Tränen zurückzuhalten. „Pudding“, beschließt er also energisch. „Ich werde Pudding machen.“
Er hört Loki seufzen und sein Buch zuklappen. „Das ist wirklich nicht nötig.“
Steve holt sich einen Liter Milch aus dem Kühlschrank und macht ihn wieder zu. „Ich habe nicht gesagt, dass der Pudding für dich ist. Vielleicht will ich Pudding essen. Ich mag Pudding.“
Er wirft Loki einen Blick über die Schulter zu und findet sich mit einem zweifelnden, unsicheren Starren konfrontiert. Steve hatte nie einen jüngeren Bruder, aber er beginnt, eine vage Ahnung zu entwickeln, wie sich sowas anfühlt.
Es lässt ihn wesentlich besser nachvollziehen, warum es Thor so leicht fällt, Loki ein ums andere Mal zu vergeben.
„Du warst ... sehr nett zu mir, in den letzten Wochen“, sagt Loki plötzlich, und Steve lässt beinahe die Flasche mit der Milch fallen. Er setzt sie etwas härter als unbedingt nötig auf der Küchenzeile ab. „Du bist verletzt“, sagt er leise.
„Ist das der Grund?“ fragt Loki, und er klingt zu gleichen Teilen überrascht und enttäuscht. „Oh.“
Steve kommt nicht dazu, sich zu erklären. Clint marschiert in die Küche und direkt auf Loki zu. „Ich muss mit dir reden.“
Steve weiß nicht, wer von beiden ob dieser Ankündigung panischer aussieht. Clint hat Loki in den letzten vier Wochen nicht unbedingt geschnitten, aber er hat ihn nie direkt angesprochen - hat sich nur in seine Nähe begeben, um seine Schulterwunde zu begutachten und zu versorgen; eine Aufgabe, die er sich mit Natasha und Darcy teilt.
Dementsprechend ist Loki von seiner jetzigen Ankündigung mehr als einfach nur überfordert. „Reden? Worüber?“
„Über die Art und Weise, wie wir einander zum ersten Mal begegnet sind“, erwidert Clint grob. „Worüber denn sonst?“
Loki schluckt trocken und starrt ihn an, und Steve zieht eine mitfühlende Grimasse, wendet den beiden den Rücken zu. Vermutlich sollte er gehen und ihnen ihre Privatsphäre lassen. Stattdessen bleibt er und sammelt sich die Zutaten für Schokoladenpudding aus den Schränken zusammen.
Es ist nicht so, als sei er leicht zu übersehen. (Selbst wenn das ein Umstand ist, an den Steve sich noch immer nicht völlig gewöhnt hat. Für ihn ist noch nicht viel Zeit vergangen, seit es seinen Mitmenschen nur allzu leicht gefallen ist, ihn zu übersehen.) Wenn Clint wollte, dass er verschwindet, dann würde er ihm das sagen - oder, wesentlich wahrscheinlicher, sich mit Loki aus der Küche entfernen. Die Villa ist groß genug, und bietet allerhand Möglichkeiten für Privatgespräche.
Stattdessen setzt Clint sich Loki gegenüber an den Küchentisch. „Ich hasse dich nicht. Zumindest nicht sehr.“
„Na sowas“, erwidert Loki leise, und Steve kann ihm nicht wirklich vorwerfen, dass er hinter Sarkasmus Zuflucht nimmt. „Das erleichtert mich doch ungemein.“
„Aber ich kann nicht abstreiten“, fährt Clint fort, als habe er ihn nicht gehört, „dass deine Anwesenheit mir nach wie vor unangenehm ist. Und ich meine weniger deine Anwesenheit, als die Geschehnisse, an die sie mich erinnert. Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um diese Erinnerungen loszuwerden, ehe du aufgetaucht bist.“
Steve nimmt ein paar beruhigende Atemzüge und verbietet es sich, sich umzudrehen. Stattdessen gibt er die Milch in einen Topf und löffelt Zucker hinein, damit sie nicht überkocht.
„Es lag nie in meiner Absicht, unangenehme Erinnerungen aufzustören“, sagt Loki leise.
Clint schnaubt ungeduldig. „Das weiß ich, ok? Ich kann nicht behaupten, dass ich dich in den letzten Wochen sonderlich lieb gewonnen habe - aber entweder bist du ein wahnsinnig guter Schauspieler, oder es tut dir tatsächlich leid, was passiert ist. Aber das ändert nichts daran, dass es passiert ist ... verstehst du?“
„Ich verstehe“, erwidert Loki sofort - beinahe ein wenig zu schnell für Steves Geschmack. Steve weiß, was das bedeutet. Loki wird sich selbst niemals dafür vergeben, was passiert ist, also erwartet er auch gar nicht von Clint, dass er es tut.
„Ich habe Angst davor, dass es wieder passiert“, sagt Clint dann, und Steve stockt einen Moment lang der Atem. Er hätte wissen sollen, dass Clint diese Ängste hat, hätte mit ihm reden, mehr für ihn da sein sollen -
„Ich auch“, erwidert Loki heiser.
Steve muss die Augen schließen.
„Du hast Angst davor, mich ein weiteres Mal in deine willenlose Marionette zu verwandeln?“ schnaubt Clint spöttisch. „Das halte ich für höchst unglaubwürdig, wenn ich ehrlich sein soll.“
„Nicht davor“, widerspricht Loki ihm leise. „Davor, dass ich ein weiteres Mal die Kontrolle verliere, in den Wahn abgleite ... Freund und Feind nicht mehr voneinander unterscheiden kann. Ich war so fest davon überzeugt, Thor habe mich in den Abgrund gestoßen - die falsche Erinnerung wirkte so real. Ich fürchte mich davor, dass mein Verstand mich ein weiteres Mal im Stich lassen wird.“
„Falls das deine Art ist, mich beruhigen zu wollen, dann lass mich dir sagen, dass du dich dabei ziemlich ungeschickt anstellst.“
„Nun, mein unsicherer Geisteszustand macht es zumindest höchst unwahrscheinlich, dass ich mich genügend unter Kontrolle habe, andere zu unterwerfen“, schnappt Loki zurück.
„Das hat dich beim letzten Mal auch nicht aufgehalten!“
„Beim letzten Mal hatte ich das Zepter - oder das Zepter hatte mich, um es treffender zu beschreiben. Und solange ich nicht in seiner Reichweite bin, solltest du völlig sicher davor sein, mir ein weiteres Mal zum Opfer zu fallen.“
„Vor allem ist Phil sicher davor, dass du ihm das Ding in den Rücken rammst!“
Steve ist kurz davor, sich doch noch umzudrehen und einzumischen - wenn er auch nicht genau weiß, wie - als Loki leise zustimmt. „Vor allem das, ja.“ Seine Stimme ist so voller Bedauern, so schrecklich traurig, dass Steve sich nicht rühren kann.
„Von all meinen Taten auf der Erde, von all meinen Verbrechen war das sicherlich mein verdammenswertestes“, fährt Loki leise fort. „Der Sohn des Coul ist ein guter Mann, und sein Tod war meinem Ziel - dem Ziel des Zepters - in keiner Weise dienlich. Er war unnötig. Es entzieht sich bis heute meinem Verständnis, wieso das Zepter sein Leben gefordert hat.“
Stille tritt ein. Steve verharrt einen Moment lang wo er ist, dann wendet er sich langsam um, betrachtet die Szene, die sich ihm bietet. Clint und Loki sitzen einander noch immer gegenüber. Loki hat seine langen Finger auf dem Tisch ineinander verkrampft und starrt auf sie hinab - Clint betrachtet suchend sein Gesicht.
„Woher weißt du, dass er ein guter Mann ist?“ fragt er ihn schließlich überraschend sanft.
Loki blickt verunsichert auf. „Ich ...“ Sein Gesicht nimmt einen abwesenden Ausdruck an. „Sein ... sein Tod hat euch alle so sehr bewegt.“ Einen Moment lang weicht die Geistesabwesenheit kühler Ironie. „Selbst der große Tony Stark hat sich davon betroffen gezeigt - hat es sich nicht nehmen lassen, mir vor Augen zu führen, dass ich mit meinem Verhalten nicht nur die Avengers gegen mich aufgebracht habe, sondern auch ... Phil.“
Clint schluckt trocken. „Das hat er gesagt? Wann?“
Ein trauriges Lächeln huscht über Lokis Züge. „Kurz bevor ich ihn aus dem Fenster geworfen habe.“
Zu Steves nicht enden wollender Faszination wirft Clint den Kopf in den Nacken und fängt an zu lachen.
„Ich verstehe deine Frustration, wirklich“, keucht Tony und versucht, einem von Natashas Tritten auszuweichen, „aber deswegen musst du sie noch lange nicht an mir auslassen.“
Natashas Gesicht bleibt ausdruckslos, aber eine Sekunde lang leuchtet eine Emotion in ihren Augen auf, die Tony beim besten Willen nicht erwartet hat. „Du freust dich ja!“ stellt er fest - dann landet er mit einem dumpfen Laut auf dem Rücken. „Au.“
Natasha steht über ihm, und Tony weiß nicht wie, aber er kann spüren, dass sie nur Sekunden davon entfernt ist, ihren Keilabsatz auf seine Brust zu setzen und ihn als erlegtes Wild zu deklarieren.
Er zieht ihr eine Schnute. „Genug für heute. Ich hab die Nase voll davon, von dir als Sandsack missbraucht zu werden.“
„Steve hat gesagt, du musst an deinen Reflexen arbeiten“, sagt sie mit einem eleganten kleinen Naserümpfen, aber sie tritt einen Schritt von ihm zurück, lässt ihn sich aufsetzen.
„Steve ist vermutlich soeben damit beschäftigt, Plätzchen zu backen. Ich lasse mir keine Befehle von einem Plätzchenbäcker erteilen“, stellt Tony klar und kommt ächzend auf die Beine. „Ganz egal, wie schlecht meine Reflexe sind. Sprechen wir lieber über deine unerklärlich gute Laune trotz des Umstandes, dass Darcy gerade ein Date hat und euer gemeinsames Training ausfallen lässt. Ein Date - und ich kann das gar nicht oft oder laut genug betonen - mit Johnny Storm.“
Natasha hebt gleichgültig die rechte Schulter. „Erstens geht es mich nichts an, mit wem sie sich trifft, und zweitens ist es kein Date.“
Tony öffnet seinen Mund, schließt ihn wieder und runzelt die Stirn. „Es geht dich nichts an? Wieso geht es dich nichts an?“
Natasha wirkt ein wenig verwundert, dass er sich ausgerechnet auf diesen Teil ihrer Aussage stürzt, und hebt beide Augenbrauen. „Sie ist erwachsen und muss selbst am besten wissen, mit wem sie ihre Freizeit verbringen will?“
„Was hat das bitteschön damit zu tun, ob es dich etwas angeht oder nicht?“ Tonys Stimme klingt ungewöhnlich beharrlich, und Natasha legt leicht den Kopf schief. „Was hast du gegen Johnny Storm?“
Tony presst ertappt die Lippen zusammen. „Nichts. Nicht das Geringste. Abgesehen davon, dass er ...“ Er verstummt, starrt zu Boden, und Natasha räuspert sich leise. „Abgesehen davon, dass er Frauen bisher nicht so behandelt hat, wie er sollte?“
Tony zuckt mit den Schultern.
Ihr entkommt ein belustigtes Schnauben. „Es ist wirklich kein Date, Tony. Du musst dir keinerlei Sorgen um die Tugend deiner Nichte machen.“
Er ist ihr unwillkürlich dankbar für die Dinge, die sie unausgesprochen lässt, hebt den Kopf und sieht ihr in die Augen. „Muss ich nicht?“
Sie nickt knapp. „Musst du nicht. Du hast die Beiden doch zusammen erlebt. Sie behandelt ihn wie einen ungezogenen Bengel - sie nennt ihn einen ungezogenen Bengel. Sie weiß genau, wer und was er ist. Außerdem hab ich ihr beigebracht, wie man einen Mann am einfachsten auf Abstand bringt, wenn er unerwünscht zudringlich wird. Sie ist sicher.“
Tony verzieht in unfreiwilligem Mitleid für Johnny Storm leicht das Gesicht. „Ok. Gut. Danke - schätz ich.“ Er zögert einen Moment. „Es geht dich etwas an, weißt du.“
Natasha starrt ihn an.
„Es ... es geht uns alle etwas an“, fügt Tony unsicher hinzu. „Aber dich ganz besonders.“
Es kann ihm nicht wirklich gefallen, wie sich der Ausdruck in ihren Augen verändert, aber er hat inzwischen genügend aufbauende Reden von Steve hören müssen, um sich davon nicht aufhalten zu lassen. „Behaupte ja nichts anderes.“
„Wieso sagst du das?“ fragt sie ihn leise.
Er hebt die Schultern, lässt leicht den Kopf kreisen, lockert seine Schultermuskulatur. „Weil du offenbar die Einzige in diesem Haus bist, die ohne belehrende gefühlsduselige Vorträge davonkommt. Ich kann das kaum fair finden. Dementsprechend gebe ich hiermit an dich weiter, was ich von Steve in so überaus reichlicher Form erfahre.“
Sie blinzelt, ihr Gesicht vollkommen ausdruckslos, und Tony seufzt. „Ich hätte Bruce schicken sollen, richtig? Natürlich hätte ich Bruce schicken sollen. Du magst Bruce.“
Jetzt verengt sie die Augen zu Schlitzen. „Meine Beziehung zu Bruce ist rein platonisch.“
Tony runzelt die Stirn. „Wäre es so schlimm, wenn dem nicht so wäre?“
Natasha starrt ihn an, fassungsloser als je zuvor. „Du hättest kein Problem damit?“
Er starrt zurück. „Wieso sollte ich?“
„Ich bin ... manipulativ“, antwortet sie schließlich. „Manipulativ und rücksichtslos und ... kalt.“
Sie sagt es mit einer abschätzigen Selbstverständlichkeit, die Tony ganz und gar nicht gefällt. Er wird der Erste sein, der zugibt, dass seine Beziehung zu Natasha in der Vergangenheit nicht unbedingt durch Herzlichkeit oder übermäßiges persönliches Vertrauen gekennzeichnet war - aber er kennt sie länger als alle anderen Avengers. Er kennt sie seit Jahren.
„Es ist dein Job manipulativ und rücksichtslos und kalt zu sein“, erwidert er grob. „Nicht alle von uns können Captain Sonnenschein sein. Ich zum Beispiel bin zynisch, distanziert und gleichgültig. Hält mich nicht davon ab, eine erschreckend glückliche Beziehung mit der besten Frau der Welt zu führen.“
Er stößt Natasha mit der Schulter an. „Dementsprechend hätte ich kein Problem damit, wenn deine Beziehung zu Bruce nicht rein platonisch wäre.“
Einen Moment lang sieht sie so aus, als wolle sie ihn abstechen, dann zuckt sie mit den Schultern. „Ändert nichts an den Tatsachen. Rein platonisch. Wir wären auch gar nicht kompatibel.“
„Kompa-“, bringt Tony fassungslos hervor, „kompatibel? Hat Bruce Zubehör, von dem ich nichts weiß?“
Sie rollt mit den Augen. „Ich bin kaum die richtige Frau für ihn, Tony. Seine Gefühle sind anderweitig gebunden, und ... er will eine Familie. Er will Kinder.“
Tony kann spüren, wie das Blut aus seinem Gesicht weicht. „Aber er ...“
Sie nickt. „Er hat schreckliche Angst davor, was er diesen Kindern vererben könnte. Aber er wird sich trotzdem nicht mit dem Zweitbesten zufrieden geben. Selbst wenn ... wenn das Zweitbeste ich wäre.“
Ihre Augen schimmern verdächtig, als sie zu ihm aufblickt, und Tonys eigene weiten sich in leiser Panik. „Also bist du tatsächlich -“
„In ihn verliebt?“ unterbricht sie ihn leise. Sie zuckt mit den Schultern. „Durchaus möglich. Er ist eine sichere Wahl, was das angeht, findest du nicht? Er hat mich noch nie mit auch nur einem Hauch von Begehren angesehen. Ich hätte mir wirklich niemand Besseres aussuchen können.“
Tony schluckt, räuspert sich. „Nun, zumindest in dem Punkt bin ich mit dir einer Meinung.“
Sie legt leicht den Kopf schief und ein belustigtes Funkeln glimmt in ihren Augen auf. „Ich habe dich in Verlegenheit gebracht.“
Er zieht ihr eine ausdrucksstarke Grimasse. „Ich bin nicht Steve, ok? Ich hab im Prinzip keine Ahnung, was ich zu dir sagen soll!“
Sie schnaubt spöttisch. „Denkst du wirklich, Steve könne bei diesem Thema gelassen bleiben und sich ausgerechnet mit mir über platonische Gefühle, unerwiderte Liebe und im Ernstfall sogar Sex unterhalten?“
Kurz starrt Tony sie sprachlos an, dann fängt er an zu lachen. „Allein die Vorstellung -!“ Er beruhigt sich und sein Anfall von Heiterkeit kommt mit einem kleinen Schnauben zum Ende. „Also kein Bruce für dich, hm?“
Sie schüttelt den Kopf. „Kein Bruce für mich. Wenn ich ehrlich bin, bevorzuge ich es sogar so, wie es ist. Es ist eine neue Erfahrung für mich.“
Er legt ihr in einem Anfall Todes verachtenden Muts den Arm um die Schultern. „Was hältst du denn dann von Johnny Storm? Wie ich höre, ist er ein ungezogener Bengel, der Erziehung dringend nötig hat - und dated keineswegs deine kleine Schwester!“
Tony ist ganz froh, dass sie noch immer auf den Matten im Ring stehen, andernfalls hätte ihr Schulterwurf noch mehr weh getan als ohnehin schon.
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