PG-13
Also, wenn Mats eine Frau wäre.
Denn, warum nicht? Darüber nachdenken durfte man ja wohl noch.
Ja, wenn Mats eine Frau wäre - und er würde eine ganz fabelhafte Frau abgeben -, dann würde Neven jetzt wahrscheinlich nicht hier liegen.
Tatsächlich würde er irgendwo in der Innenstadt in einem süßen, kleinen Bistro sitzen und seine - ihre - Hand halten. In aller Öffentlichkeit, wohl bemerkt. So, dass die Bedienung ihnen beim Kaffee schenken neidische Blicke zuwerfen und die Oma mit ihrem Hündchen entzückt halt machen würde.
Vorausgesetzt natürlich, dass der weibliche Mats überhaupt mit ihm zusammen sein wollte. Denn, ganz ehrlich, Neven war nicht immer der aller Hellste. Manche Frauen fuhren voll auf ihn ab, aber es gab auch solche, die ihm schon bei den ersten drei Sätzen still schweigend den Laufpass gaben. Sein Deutsch war halt nicht ganz so super und mit den feinen Ausdrücken hatte er es auch nicht.
Der weibliche Mats wäre sicher eine Studentin, mit Einserabitur und allem drum und dran. Da spürte er seine Chancen schon sinken. Aber vielleicht wäre er, sie, auch ein Fußballfan, was wiederum positiv zu bewerten war. Die Fans waren alle tierisch geil auf ihn.
Vorausgesetzt, dass der weibliche Mats nicht nein zu Neven sagen würde, ja, dann. Dann würde Neven wirklich alles tun, alles kaufen und sagen und er würde sehr, sehr verständnisvoll sein. Er würde seine eigene Beürfnisse so gut wie möglich einstellen und auf seine, ihre, weiblichen Hormone Rücksicht nehmen.
Er würde ihr eine Dauerkarte schenken, sodass sie immer nahe dran war, wenn er den Ball nach vorne drosch und jubelnd seinen Kollegen nachjagte. Ja, seine Kollegen! Neven würde Mats zu irgendwelchen Veranstaltungen mitnehmen und als feste, aber felsenfeste Freundin vorstellen. Es wäre ihm egal, wenn die BILD Bilder von ihm und Mats schießen und veröffentlichten würde. Dann wusste wenigstens die Welt, wie es um sie stand.
Und er würde sicher wunderschön sein, so ganz weiblich. Tja, das zählte halt irgendwie auch. Seine Locken würde er haben, vielleicht in lang Format. Die Gesichtszüge nicht so makrant, zwanzig Zentimeter kleiner. Traumfrau, halt.
Und falls es so weit kommen würde, dann wünschte sich Neven, dass ihre Kinder alle Mats’ Augen haben würden. Und sie würden Serbisch und Englisch und Deutsch sprechen. Für das Letztere würde Mats zuständig sein. Außerdem auch für die Hausaufgaben und das Abendessen.
Er würde die Kinder mit ins Stadion und in den BVB Mega-Store nehmen, ihnen Currywurst kaufen, so etwas.
Wenn Mats diese Frau wäre, dieses Mädchen mit den dunklen Locken und den Kindern und dem Abendessen, dann würden sie nicht hier liegen.
Dann würde die frühe Nachtmittagssonne nicht durch die Ritzen der Rolladen
blinzeln und das Laken nicht so verschwitzt sein.
Neven streckte sich und rollte auf die Seite. Mats lächelte leicht, streckte seine große, männliche Hand aus und strich ihm kurz und sanft über die Wange.
Wenn Mats nicht Mats wäre, würde er nicht hier sein.
Und er war ja hier.