Aug 11, 2017 21:48
Wieder im Spiel
ARD und ZDF zeigen doch Olympia - mit dem Rechteinhaber Discovery gelingt im letzten Moment eine Vereinbarung, bei der fast alles so bleibt wie gewohnt
Von Caspar Busse
Die Olympischen Spiele sind weiterhin bei ARD und ZDF zu sehen, zumindest bis zum Jahr 2024. Die öffentlich-rechtlichen Sender teilten am Freitag mit, dass sie mit dem derzeitigen Inhaber der Fernsehrechte, dem amerikanischen Discovery-Konzern, eine entsprechende Vereinbarung zur Sublizenzierung getroffen haben. „Das Ringen um die Liverechte hat sich gelohnt. Unser Publikum kann sich jetzt wieder darauf verlassen, die Spiele in der gewohnten Qualität von ZDF und ARD präsentiert zu bekommen“, sagte ZDF-Intendant Thomas Bellut. Für Alfons Hörmann, den Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ist es sogar eine „großartige Nachricht für ganz Sportdeutschland“.
Wie wichtig Sportereignisse für die öffentlich-rechtlichen Sender sind, zeigt sich gerade in diesen Tagen. Die Leichtathletik-WM in London sorgt für gute Einschaltquoten. Beim ZDF sahen zuletzt durchschnittlich 4,44 Millionen Zuschauer die Wettkämpfe. Wichtige Fußballspiele, aber auch Großereignisse wie die Olympischen Spiele sorgen regelmäßig für Zuschauerrekorde. Deshalb war es besonders bitter für ARD und ZDF, als Ende vergangenen Jahres die Verhandlungen um eine Ausstrahlung der Olympischen Spiele vorerst scheiterten. „Wir haben immer betont, welch hohes programmliches Gut die Olympischen Spiele für die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland sind“, sagte Volker Herres, der Programmdirektor der ARD.
Nun hat es aber doch geklappt. Schon vor zwei Wochen zeichnete sich der Erfolg ab, nun sind alle Einzelheiten geklärt. Danach können ARD und ZDF die Winterspielen 2018 in Pyeongchang, 2022 in Peking sowie die Sommerspiele 2020 in Tokio und 2024 (voraussichtlich in Paris) zeigen. Allerdings gibt es im kommenden Februar bei den Wettkämpfen in Südkorea Einschränkungen. Snowboard, Shorttrack, Eiskunstlauf und Eishockey werden live und exklusiv beim Discovery-Sender Eurosport zu sehen sein, ARD und ZDF können nach dem Abschluss der Wettkämpfe Zusammenfassungen zeigen sowie die Eishockey-Spiele der deutschen Mannschaft und das Männer- und Frauen-Finale. Shorttrack, eine Disziplin des Eisschnelllaufs, erfreut sich insbesondere in Korea großer Beliebtheit. Eiskunstlauf gilt als olympischer Klassiker.
Der US-Konzern Discovery hatte die Fernsehrechte an den vier Olympischen Spielen von 2018 bis 2024 für ganz Europa erworben und dafür die Summe von 1,3 Milliarden Euro bezahlt. Für ARD und ZDF, die bislang alle Olympischen Spiele in Deutschland gezeigt haben, war das ein Schock. Auch der DOSB befürchtete Reichweitenverluste. Praktisch sofort nach dem Rechtekauf durch die Amerikaner im Jahr 2015 begann das Werben von ARD und ZDF um Sublizenzierung. Für andere Länder gab es schnell Abschlüsse, doch die Verhandlungen in Deutschland gestalteten sich schwierig. Im vergangenen Herbst wurde offiziell das Scheitern verkündet.
ARD und ZDF waren nicht bereit, die geforderte Summe zu zahlen. Offenbar verhandelte Discovery dann auch mit privaten Sendern, ohne Erfolg. Schließlich bereiteten die Amerikaner die Ausstrahlung auf den eigenen Sendern wie Eurosport, Dmax oder TLC vor und stellten bereits eine umfangreiche Programmplanung vor. Im Sommer kamen beide Seiten aber wieder zusammen. Discovery hatte festgestellt, dass die Kosten für die Rechte und die Produktion mit einer Ausstrahlung nur auf den eigenen Sendern, die über eine geringere Reichweite verfügen, nicht refinanzierbar seien. Gleichzeitig waren auch ARD und ZDF unter Druck, wenn die Olympischen Spiele nur noch im Privatfernsehen laufen sollten. Das ZDF etwa verlor die Rechte an der Fußball-Champions-League. Dazu kommt die Konkurrenz von neuen Streaming-Anbietern, die mit Macht in den Markt drängen.
Angaben über die Summe, die die Öffentlich-Rechtlichen nun an Discovery zahlen, gibt es nicht. Offenbar liegt der Betrag aber unter dem, den die Amerikaner noch Ende 2016 verlangt hatten. Das sollen Spekulationen zufolge 150 Millionen Euro für 2018 und für 2020 gewesen sein. Trotzdem wird eine gewaltige Summe für den Gebührenzahler fällig. Noch müssen die Gremien der Sender das Geschäft absegnen, an ihrer Zustimmung besteht aber kaum ein Zweifel.
Nun sehen sich alle Seiten als Sieger. ARD und ZDF jubeln, doch noch zum Zug zu kommen. Die Vereinbarung sei „ein weiteres Beispiel unseres zukunftsorientierten und wegweisenden Ansatzes im Umgang mit Premium-Livesport“, teilte Eurosport-Chef Peter Hutton mit. Das Ziel sei erreicht: „Das weltweit größte Sportereignis mehr Menschen auf mehr Bildschirmen denn je zu präsentieren.“ Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) begrüßt die Vereinbarung.
ARD und ZDF werden wie bisher im täglichen Wechsel aus Südkorea berichten. Die Rechte umfassen Fernsehen, Hörfunk und Online-Angebote. Berichtet werden soll in den Fernsehsendern, aber auch auf Digitalsendern oder per Livestream. Wegen der Zeitverschiebung werden viele Wettkämpfe in Europa mitten in der Nacht zu sehen sein. Die Vorbereitungszeit bis Februar ist für ARD und ZDF nun aber sehr kurz. „Wir sind spät dran“, meint ein Beteiligter, „aber wir fangen nicht erst jetzt an.“ So habe es bereits Vorbereitungen gegeben, als klar war, dass es eine Einigung mit Discovery geben könnte. Möglicherweise wird Eurosport auch Akkreditierungen und Flächen im Sendezentrum in Pyeongchang an ARD und ZDF abtreten. Eurosport werde sein Angebot für die deutschen Zuschauer in Deutschland produzieren, hieß es.
Süddeutsche Zeitung, Samstag, den 12. August 2017, Seite 42
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