Jean-Paul Bertemes und Paul Thyes: „Alles begann im Wohnzimmer des Nachbarn“ Heute feiert die Cover

Nov 25, 2024 13:51

Jean-Paul Bertemes und Paul Thyes: „Alles begann im Wohnzimmer des Nachbarn“

Heute feiert die Coverband Providers ihr 25-jähriges Jubiläum im ausverkauften Atelier. Zwei Gründungsmitglieder blicken auf die Anfänge zurück.

Jeff Karier, Redakteur

Sold Out: Nur wenige Wochen, nachdem die Tickets für ihr Jubiläumskonzert, das am heutigen Samstagabend im Atelier stattfindet, verfügbar waren, war die Show auch schon ausverkauft. „Wir hatten noch gar nicht richtig damit angefangen, für das Konzert Werbung zu machen und hatten eigentlich einen Radiospot produziert, den wir schlussendlich nicht mehr brauchten“, erklärt Jean-Paul „Jhemp“ Bertemes. Er ist Bassist der Coverband Providers und - genau wie auch Schlagzeuger Paul Thyes - eines der Gründungsmitglieder.

Gemeinsam mit Guy Sanavia gründeten die zwei jedoch zunächst eine Metalband, „Silent Scream“. „Das war schon etwas peinlich, was wir da gespielt haben“, scherzt Thyes. Die Entwicklung hin zur Coverband war dabei nicht geplant. „Irgendwie stießen immer mehr Leute zur Band und wir begannen damit, auch Songs zu covern“, erinnert sich Bertemes. Ihr damaliger Keyboarder hat dann, ohne das Wissen der anderen, eine Anfrage für einen Ball angenommen. „Er hat uns als ‚Voll gebéit‘ angemeldet. Niemand von uns hat den Namen gut gefunden, aber wir hatten einen Auftritt, was schon cool war“, führt Bertemes fort.

Vorher spielte die Band aber noch im Wohnzimmer eines Nachbarn, für dessen Geburtstag. Das war sozusagen das Probe-Konzert, bevor Bertemes, Thyes und Co. in Roeser ihr erstes echtes Konzert gaben. „Das war 1998. Damals war ich 15, Paul 16 Jahre alt“, erklärt Bertemes.

Der Entschluss wurde gefasst, als Coverband weiterzumachen, jedoch unter einem anderen Namen. „Pascal Welter, unser damaliger Sänger, hat dann einfach im Englischlexikon geblättert und ist irgendwann bei Providers gelandet“, erinnert sich Thyes. Bertemes ergänzt: „Der Name hat ja auch irgendwie Sinn gemacht, da wir ja eben Musik, Party und Stimmung providen.“ Mit ihrem damals eher dünnen Englisch habe das außerdem gut geklungen, meinen beide lachend.

„Es ist schon etwas surreal, wenn ich zurückdenke, wie wir angefangen haben. Wir mussten am Anfang ja noch von unseren Eltern zu den Auftritten gefahren werden“, erklärt Thyes. „Wir sind freitags gerne mal rausgegangen, hatten samstags noch Schule und ich auch noch drei Stunden Unterricht im Musikkonservatorium. Dann holte mich Alain, der als erster damals einen Führerschein hatte, ab und es ging zum Auftritt.“ Dort hat die Band schnell alles aufgebaut, Soundcheck gemacht, kurz geprobt, das Konzert gespielt, abgebaut und Party gemacht. „Wir haben zum Teil im Auto geschlafen, sind nach Hause gefahren, um dann für eine Prüfung zu lernen“, erzählt Bertemes.

„Beim ersten Ball, den wir gespielt haben, war ich in der Pause kurz an der frischen Luft. Nur wollte mich der Türsteher dann nicht mehr hineinlassen, da ich eben erst 15 war“, lacht Bertemes. Bei einem anderen Auftritt in einem großen Zelt hat die Band, nachdem sie noch etwas gefeiert hatte, kurzerhand auf der Bühne übernachtet. „Als wir dann aufgewacht sind, war das Zelt weg. Das hatte der Verein schon abgebaut“, erinnert sich Bertemes, der auch betont, dass er durch die Providers vieles gelernt habe. „Etwa, wie man Verträge ausarbeitet und verhandelt. Unter anderem mit Radiosendern oder Sicherheitsfirmen für Partnerschaften. Das alles mit knapp 17 Jahren.“ Dass Paul Thyes heute eine eigene Eventagentur hat, ist vermutlich auch nicht ganz zufällig passiert.

In den 25 Jahren hatte die Band mehr als 300 Auftritte, in manchen Jahren allein bis zu 35. „Am Faschingswochenende hatten wir teilweise freitags, samstags, sonntags und montags Auftritte. Daran ist heute nicht mehr zu denken“, resümiert Thyes. Teilweise hat die Band sechs Stunden lang Konzerte gespielt. Wobei diese Auftritte meist außerhalb der Prüfungszeiten waren. Immerhin waren die Mitglieder damals noch im Lyzeum oder studierten.

„Was ich sehr schätze, ist, dass wir seit 25 Jahren gute Freunde sind und auch oft gemeinsam in den Urlaub gefahren sind. Dass wir jetzt nicht mehr so oft auftreten, ist nichts Schlechtes - im Gegenteil. Wenn wir uns jetzt sehen, etwa zum Proben, ist es eine Mischung aus ernstem Proben, aber eben auch aus viel Lachen“, erklärt Bertemes. Es sei eine sehr familiäre Atmosphäre innerhalb der Band.

Als es Mitte der 2000er den Veranstaltern der klassischen Bälle in Luxemburg nicht mehr gelang, die gewohnte Zahl an Leuten anzuziehen, ließ sich die Band etwas einfallen. „Wir haben ab 2005 unsere Auftritte fast schon wie ein Musical aufgezogen und uns ‚Providers The Show‘ genannt. Wir hatten einen Container voll mit Kostümen sowie Bühnenelementen und begannen auch, Feuer in unsere Show einzubinden. Wir hatten sogar einen Flammenwerfer“, erinnert sich Thyes. Die Musiker haben pro Lied oder Showsegment die Kostüme gewechselt. So sahen sie dann mal wie ein Gospelchor aus oder waren im Stil von Michael Jackson gekleidet. „Das war sehr viel Aufwand“, betont Thyes, weshalb die Band dann auch nach einigen Jahren zum normalen Konzertformat zurückkehrte.

„Heute sind es so drei bis vier Konzerte, die wir im Jahr spielen. Immerhin hat sich der Lebensschwerpunkt von uns allen verlagert, alle von uns haben einen Job, andere Projekte oder auch Kinder“, erklärt der Schlagzeuger. Da sei es nicht so einfach, Termine zu finden, an denen alle zehn Mitglieder auch Zeit haben. „Es hat sich jedoch so bei uns eingebürgert, dass sich jeder den Ostersamstag, an dem die Emaischen in Nospelt ist, oder auch den Vorabend des Nationalfeiertags freihält.“

Dabei ist ihm zufolge die Zahl der Anfragen in den letzten Jahren wieder stark gestiegen. Etwa 90 Prozent dieser Anfragen müsse die Band aber leider absagen, da sie nur noch eine Handvoll an Auftritten pro Jahr mache. „Es ist schon eine gewisse Luxusposition, dass wir uns sozusagen die großen Feste im Land aussuchen können“, meint Bertemes. Weil es nur wenige Konzerte im Jahr sind, sei es dann auch immer etwas wie ein Klassentreffen. Man sehe viele bekannte Gesichter im Publikum, das sei immer wieder schön. „Die Auftritte machen uns allen immer noch Freude und die Lust bleibt erhalten.“ Die Band hat sozusagen den perfekten Mittelweg gefunden.

Eines dieser Konzerte ist nun die ausverkaufte Jubiläumsshow. Die Band hatte angesichts der riesigen Nachfrage kurz über die Möglichkeit eines weiteren Jubiläumskonzerts nachgedacht. „Einige Freunde konnten keine Tickets mehr bekommen und werden nicht dabei sein. Das tut natürlich etwas weh“, erklärt Bertemes. Dennoch hat sich die Band dagegen entschieden. „Vielleicht hätten wir auch das zweite Mal das Atelier gefüllt bekommen. Aber besser nur ein Event, das ausverkauft ist und auf dem wir alles geben, als noch einen zweiten lauwarmen Aufguss, zu dem dann vielleicht doch nicht so viele kommen“, begründet er die Entscheidung, woraufhin Paul scherzt: „Allerdings kann man sich schon unser Konzert zu 50 Jahren Providers notieren.“

Am Jubiläumskonzert hat die Band rund ein Jahr gearbeitet. Einige neue Lieder wurden live auf der Bühne erprobt, da es eben keine reine Retro-Show geben soll. Dabei können die Providers ohnehin schon auf einen reichen Musikschatz zurückgreifen. „Wir haben ein Musikrepertoire von über 1.000 Songs, die wir in den letzten 25 Jahren gespielt haben“, betont Bertemes.

Von Dance und Techno über Rock und Pop bis hin zu Hip-Hop und Metal finden sich quasi alle erdenklichen Genres im Repertoire der Band wieder. „Was sich im Laufe der Zeit verändert hat, ist, dass wir immer stärker Wert darauf gelegt haben, Songs zu spielen, die bei uns gut klingen“, erläutert Thyes.

„Wir müssen auch immer einen Konsens zwischen uns zehn Musikern finden, sodass jeder sich musikalisch in dem, was wir spielen, wiederfindet. Dennoch muss auch jeder akzeptieren, dass es nicht nur Songs sein können, die dem persönlichen Musikgeschmack entsprechen“, erklärt er. „Wir sind aber keine Band, bei der alles immer perfekt klingen muss. Wir lassen auch Platz für Spontanität und Chaos“, betont Bertemes. Beim Jubiläumkonzert wird die Band ganze 90 Songs in dreieinhalb Stunden packen - darunter viele Medleys oder verkürzte Versionen.

Nicht jeder populäre oder interessante Song lässt sich aber mit einer Liveband gut covern. „Immerhin hat sich der Sound der Musik in den letzten 25 Jahren stark verändert. Er ist viel elektronischer geworden, was für eine Coverband, wie wir es sind, eine Herausforderung ist“, erklärt Thyes.

Den Sound vieler aktueller Songs könne man auch nur schwer eins zu eins mit normalen Instrumenten wiedergeben. Selbst ein Keyboarder müsse lange herumprobieren, um den exakt gleichen Sound zu finden wie im Original. Da stelle sich die Frage, ob man versucht, so nahe wie möglich am Original zu bleiben oder etwas Eigenes daraus zu machen. „Für uns war schnell klar, dass wir solche Songs in unserem Stil spielen würden, etwa mit Bläsern, sonst könnte man ja auch einfach eine CD auflegen.“

„Man kann sich sogar fragen, ob diese Entwicklung nicht sogar dazu beigetragen hat, dass immer mehr Coverbands über die Jahre verschwunden sind“, so Bertemes. Damit meint er nicht nur die Veränderungen des Sounds und der Hörgewohnheiten, sondern auch, dass das Musikgeschäft viel schnelllebiger geworden sei. Selbst große Hits hielten sich nur noch wenige Wochen ganz oben in den Charts. Und so schnell könne man als Coverband gar nicht reagieren.

„Vor 20 Jahren waren noch mehr als fünf Coverbands im Land. Jedes Wochenende ist mindestens irgendwo eine Coverband aufgetreten, und die Leute kamen“, erklärt Bertemes. Mittlerweile seien es auf Festen und Party meist DJs, die auftreten. Zudem hat sich das Nachtleben in Luxemburg generell verändert. „Wir haben heute Konzerte, Events und andere kulturelle Veranstaltungen, die es in diesem Ausmaß in den 90ern und frühen 2000ern, als die Coverbands im Großherzogtum ihren Höhepunkt hatten, noch nicht gab“, unterstreicht Thyes.

„Für unsere Jubiläumsshow hatten wir jetzt im Schlussspurt nochmal sechs Proben. Es werden auch einige ehemalige Bandmitglieder mit uns auf der Bühne stehen“, erklärt Bertemes. „Immerhin spielen wir Sachen, die wir zuletzt Anfang der 2000er gespielt haben.“ Das wieder einzuproben, sei für verschiedene Musiker viel, weshalb die Unterstützung der alten Wegbegleiter, die diese Songs damals gespielt hätten, sehr hilfreich sei. Zu diesen Songs gehört etwa „Narcotic“ von Liquido aus dem Jahr 1998. Diesen Song spielten die Providers erstmals um 2000. „Damals habe ich gesagt, dass wir den Song noch in 25 Jahren spielen werden. Das hatte sich unser Sänger Pascal damals irgendwo aufgeschrieben. Daher werden wir den Song auch jetzt im Atelier wieder spielen“, erklärt Bertemes.

Zwar liegt der Schwerpunkt bei ihrem Jubiläumskonzert auf Songs aus den 90ern und 2000ern. „Wir spielen aber auch Songs von Ed Sheeran, Dua Lipa oder Måneskin und haben jetzt für das Jubiläumskonzert auch noch Klassiker aus den 90ern, wie „Gangsta‘s Paradise“ von Coolio oder aber „Wannabe“ von den Spice Girls, hinzugenommen“, hebt Thyes hervor.

Ein Ende ist bei den Providers nicht in Sicht. Der aktuelle Rhythmus mit drei, vier Auftritten im Jahr funktioniere für die zehn Mitglieder und die Lust sei immer noch da. Somit stehen die Chancen gut, dass 2029 dann 30 Jahre Providers gefeiert werden können.

Wer keine Tickets für das heutige Konzert hat, der kann die Providers im kommenden Jahr an Ostersamstag auf der Emeischen in Nospelt oder auch am 30. April in Bartringen erleben.

Die Providers, ein Teil meiner Jugend
Meine Erinnerungen an die Providers reichen bis Ende der 90er-Jahre zurück. Zusammen mit meiner besten Freundin besuchten wir ein Konzert der Coverband im Kulturzentrum Dippach. Das war die Anfangszeit der Providers. Die Erinnerungen an diesen Abend sind etwas getrübt, was an meinem nachlassenden Gedächtnis liegen mag, vielleicht aber auch an den diversen Kaltgetränken, die an diesem Abend konsumiert wurden.

Aber: Es war ein toller Abend, wie immer, wenn die Providers irgendwo gespielt haben, zum Beispiel in Keispelt, einem Heimspiel für die Band.

Insgesamt sind die Providers wohl die Band, die ich am häufigsten live gesehen habe. Am heutigen Samstag kommt ein weiteres Konzert hinzu. dat

Luxemburger Wort 23.11.2024

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