Leitartikel: Englische Vorherrschaft Christophe LANGENBRINK Wer in der Hauptstadt an angesagten K

Apr 26, 2021 13:39

Leitartikel: Englische Vorherrschaft

Christophe LANGENBRINK

Wer in der Hauptstadt an angesagten Kneipen vorbeischlendert, hört mittlerweile mehr Englisch als Lëtzebuergesch, Französisch oder gar Deutsch. Gegen Fremdsprachen ist nichts einzuwenden, aber muss es immer auf Englisch sein?

Wer in der Hauptstadt an angesagten Kneipen vorbeischlendert, hört mittlerweile mehr Englisch als Lëtzebuergesch, Französisch oder gar Deutsch. Das liegt daran, dass Luxemburg zum sprachlichen Schmelztiegel vieler Kulturen geworden ist. Immer öfter wird in einer Fremdsprache, meistens Englisch, kommuniziert. Überraschend ist das nicht wirklich, aber muss es immer auf Englisch sein? Jetzt da die Briten sich davonmachen und Europa die kalte Schulter zeigen, müssen wir noch das Englische als offizielle EU-Arbeitssprache akzeptieren?

Zugegeben, wer die Sprache Shakespeares beherrscht, ist entzückt von ihrer Klarheit und ihren vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten. Doch nur die wenigsten können es wirklich. Mehr schlecht als recht versuchen sich weltweit rund 1,5 Milliarden Menschen in dieser Fremdsprache zurechtzufinden. Und ja, das ist eine ganze Menge! Aber ist allein die Zahl dieser „Fremdsprachenkünstler“ ausreichend, um das Englische als Lingua franca weiter zu akzeptieren? Sollten wir uns nicht lieber empören, wohin diese Sprache sich entwickelt?

„Spenglisch“, „Denglisch“ und wie sie sonst noch alle heißen, sind neue Sprachkombinationen, die von einer immer größeren Gemeinschaft genutzt werden. Aber ist das noch eine verständliche Sprache? Es vergeht kein Tag ohne neue sprachliche Abarten im Netz. Sie halten zunehmend Einzug ins unseren Alltag. Die digitale Revolution macht es möglich. Dort machen diese neuen Sprachcocktails einen völlig trunken. Doch nur gelegentlich sind sie lustig, häufig traurig, aber meistens unverständlich!

Es wird immer schwieriger, sich vor diesen Sprachpanschern zu wehren ...Gerade in den sozialen Netzwerken tummeln sich unzählige dieser Wortakrobaten, die das Englische zunehmend verunstalten. Dem einen, der sich darin versucht, mag es egal sein, wie er sich ausdrückt: „Hauptsache, man versteht mich!“ Der Sprachwissenschaftler wird darin sogar noch etwas Lebendiges sehen, das sich einfach weiterentwickelt. Doch wohin? Werden unsere Kinder später nur in Halbsätzen und sogenannten bildlichen Emoticons kommunizieren, wenn ihnen das passende Wort nicht mehr dazu einfällt?

Mit „Hauptsache verständlich“ kann es nicht getan sein. Denn wer glaubt, verstanden zu werden, der irrt. Schauen wir um uns herum, entdecken wir mehr Missverständnisse und stoßen des Öfteren eher auf Unverständnis. Der Grund liegt auf der Hand. Wir tun uns schwer, klar zu sprechen, erst recht in einer Fremdsprache. Warum sich dann weiter abmühen, um in einem gebrochenen Englisch zu kommunizieren?

Vielmehr sollten wir gegen diese Dominanz auf die Barrikaden steigen und uns gegen den Sprachimperialismus zur Wehr setzen. Jetzt da Großbritannien nicht mehr Teil zur EU sein will, ist es an der Zeit, wieder nach den Muttersprachen zu schauen. Die Rechnung ist nämlich schnell gemacht. Mehr als 100 Millionen Menschen sprechen in Europa z. B. Deutsch. Das sind über 18 Prozent der EU-Bevölkerung. Dagegen kommt das Englische schon heute nicht an. Wenn das Vereinigte Königreich bye-bye sagt, sind es nur noch die Malteser und die Iren, die es offiziell als Muttersprache führen. Benötigen wir dann noch diese Arbeitssprache?

Natürlich! Denn gegen 1,5 Milliarden Menschen, die zumindest Englisch verstehen und sich verständigen können, ist kein Kraut gewachsen. Da kann selbst Europa nichts daran ändern. Sollten wir auch gar nicht erst versuchen. Schließlich soll der Rest der Welt verstehen, wofür wir einstehen und was wir hier in Europa tun - selbst ohne die Briten.

Luxemburger Wort 12.9.2016

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