Warum Wolkenkratzer nicht 3000 Meter hoch sind In Saudi-Arabien entsteht ein Wolkenkratzer mit ein

Sep 30, 2020 11:24

Warum Wolkenkratzer nicht 3000 Meter hoch sind

In Saudi-Arabien entsteht ein Wolkenkratzer mit einer Höhe von 1007 Metern. Experten halten noch weit höhere Türme für möglich. In Deutschland werden sie aber nicht stehen.

Das höchste Gebäude der Welt steht in Dubai. Es handelt sich um den Burj Khalifa. Mit 828 Metern überragt er den zweithöchsten Turm, den Shanghai Tower in China, um immerhin 196 Meter. Wie lange der 2010 fertiggestellte Burj Khalifa den Rekord halten wird, steht dahin. In Dschidda in Saudi-Arabien ist der Jeddah Tower im Bau, er soll 1007 Meter hoch werden, heißt es, was einen Höhensprung um abermals fast 200 Meter bedeuten würde. Genau weiß man das allerdings nicht, die Bauherren machen ein Geheimnis um die Höhe, wohl um potentielle Konkurrenten um den Titel des höchsten Gebäudes zu verunsichern.

Mysteriös sind noch einige andere Umstände am Jeddah Tower: Die Bauarbeiten sind im Jahr 2018 unterbrochen worden, und niemand weiß, ob, und wenn ja, wann er fertiggestellt wird. Ursprünglich sollte der Turm sogar 1610 Meter hoch werden, was einer Meile entsprochen hätte. Davon nahm man wieder mit der Begründung Abstand, dass der Grund am Bauplatz das Gewicht nicht hätte tragen können.

Ob nun ein Kilometer oder eine Meile - vor zwanzig Jahren war noch unvorstellbar, in solche Dimensionen vorzustoßen. Doch die Entwicklung von neuen Materialien wie hochfestem Beton und extrem belastbarem Stahl hat die Grenzen im Bau von Wolkenkratzern verschoben. Experten halten inzwischen Hochhäuser von mehr als 1600 Metern durchaus für machbar. Ginge es allein darum, eine Säule aus Beton zu errichten, wären 4000 Meter drin, ohne dass das Bauwerk unter dem eigenen Gewicht zusammenbräche, bei Verwendung von Stahl sogar 9000 Meter.

Soweit wird es aber nicht kommen. Nicht nur wegen der Schwierigkeit, einen entsprechend tragfähigen Untergrund zu finden, die schon beim Jeddah Tower zur Kappung der Pläne geführt hat. Ein Hochhaus, das als Hotel, Apartmenthaus oder Bürogebäude genutzt werden soll, muss schließlich auch Kriterien von Wirtschaftlichkeit und Komfort erfüllen.

Je höher man baut, desto breiter muss die Basis eines Gebäudes werden, um für Stabilität zu sorgen. Deshalb sehen die meisten dieser Entwürfe mittlerweile sehr ähnlich aus: Sie haben entweder die Form einer steilen Pyramide oder die Gestalt von mehreren kürzer werdenden Röhren. In beiden Fällen wird der Bau erst oben schmaler, wodurch weniger Wind auf die oberen Geschosse trifft.

Eine breite Basis hat Nachteile: Man braucht nicht nur ein größeres Grundstück, es stellt sich auch die Frage, was man mit den enormen Flächen im Kern des Turms anfangen soll, die kein Tageslicht abbekommen und deshalb weniger attraktiv sind. Damit ist auch schon die Antwort auf die Frage berührt, warum Deutschland in dem Wettrennen um die Höhenrekorde keine Rolle spielt: Hierzulande ist vorgeschrieben, dass in Aufenthaltsräume Tageslicht fallen muss. Das bedeutet, dass nur ein Kranz von Räumen um den Gebäudekern mit Aufzügen und Treppenhäusern eingeplant werden kann. Das wiederum hat zur Folge, dass sich Hochhäuser nur bis zu einer Höhe von rund 200 Metern lohnen. Alles, was darüber hinaus geht, würde nur Prestigezwecken dienen.

Der Einwand, der Commerzbank-Turm in Frankfurt sei doch offiziell 300 Meter hoch, liegt nahe. Bei genauem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass die letzten 100 Meter durch Technikgeschosse und Antennen erreicht werden. Schaut man auf das oberste Geschoss mit Aufenthaltsräumen, dann befindet es sich auch im Commerzbank-Turm auf etwa 200 Metern Höhe. Auch der Burj Khalifa „schummelt“ übrigens auf diese Weise. Das oberste Geschoss mit Aufenthaltsräumen befindet sich auf 584 Metern.

Matthias Alexander, Redakteur im Feuilleton. F.A.Z. 25.9.2020

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