Literaturwissenschaft

Mar 16, 2010 13:35



Ich beginne mit dem heutigen Tage damit, meine literaturwissenschaftlichen Arbeiten zu veröffentlichen, die ich in Moskau  referieren durfte und welche gleichzeitig, in sich selbst tragend einen modernen wissenschaftlichen Charakter publizieren sollen.

Diese Arbeiten werden mit ziemlicher Sicherheit, als „alternativ“ bezeichnet werden. Sie wurden schließlich ohne übliche Regularien und Kontrollorgane verfasst, weswegen sie auch nach gegenwärtigen Definitionen wissenschaftlichen Arbeitens, keine Legitimation im tertiären Sektor des deutschen Bildungswesens finden werden. Doch mit diesen Arbeiten soll auch eine alternative Sichtweise, auf die vergangenen und gegenwärtigen Probleme der Literaturwissenschaft dargestellt werden. Es könnten dadurch etliche neue Ansätze genannt, durchdacht und beleuchtet werden, die das Fach zurück ins Rampenlicht stellen könnten.

Auch ist meine gewagte Perspektive und deren Niederschrift kein Versuch, geltende wissenschaftliche Arbeitsweisen und Ansichten, auf irgendeine Weise zu diskreditieren. Sie soll althergebrachtes lediglich „Beleben“. Denn zu meinem Bedauern stelle ich fest, dass sich die Menschen heutzutage, welche gerne Bücher lesen, weniger und weniger für die dahinter stehende Wissenschaft interessieren. Dieser Prozess negiert den Sachzusammenhang zwischen dem Lesen, Verstehen und der zielführenden Anwendung von Literatur rudimentär. Die Rolle des Lesers ist nicht ausschließlich für einen Dichter von großer Bedeutung, sondern auch für einen Literaturwissenschaftler. Und wenn belobte Dissertationen mit enorm tiefen Gedanken geschrieben werden, sind sie nutzlos und verschwinden in den Bücherständen, wenn sie niemand liest. Eine Wissenschaft, die mit einer Kunst verbunden ist, sollte genau so interessant sein, wie die Kunst selbst. Und im Übrigen, auch zu ökonomischem Erfolg führen. Doch tut sie das?

Ich bin definitionsgemäß kein Wissenschaftler in seinem eigentlichen Sinne. Ich glaube, Sie verstehen nach meinen Ausführungen, auch warum. Es wird aber die Zeit kommen, in der ich die Lorbeeren für meine Strebsamkeit und meinen Mut ernten werde, und dann - das habe ich jetzt in Sicht - werde ich konservativ und politisch korrekt sein. Man meint oftmals - man macht sich einen Namen-, und dann kann man seine Meinung zeitlebens durchsetzen. In der Tat ist es so, dass, wenn der Name bereits gemacht ist, man immer seltener den Wunsch verspürt, eine Meinung zu äußern. Sehen Sie sich doch die meisten Figuren im Fernsehen an. Haben sie eine eigene Meinung? In wie weit ist die Meinung von Freu Merkel, deckungsgleich mit der ihrer Partei? Warum treffen sich diverse Politiker mit Diktatoren und Mördern, die die Frechheit haben, sich auch noch „Präsidenten“ zu nennen, und reichen denen  zu allem Übel noch die Hände? Warum wird in Länder Geld investiert, in denen berühmte Wissenschaftler im Gefängnis sitzen? Wer macht das? Das machen die Prominenten. Wenn wir aber annehmen, dass sie Kim Tschen Ir die hand auch reichen WOLLEN, dann können wir sie gleich abwählen lassen.

Ich träume auch davon, eines Tages Prominent zu sein. Und dann werdet ihr wahrscheinlich, von mir auch nicht viel erwarten?! Sobald ich einen Doktortitel in der Literaturwissenschaft errungen habe, werde ich mich im System zurechtfinden, und von seines Gleichen profitieren. Ich meine keineswegs, dass Alle so sind. Natürlich ist die überwiegende Mehrheit der Doktoren im Stande, sich gegen das System zu stellen und neue Wege zu ergründen. Natürlich ist die Literaturwissenschaft unter anderem so beliebt, weil die Doktoren und Professoren nur daran denken, wie sie diese „Disziplin“ gesellschaftsfähig erhalten können. Mutmaßlich haben wir so viele gute Sprachlehrer an den Schulen deswegen, weil die Studenten die Studienplätze an den philologischen Fakultäten, nur mit einem Numerus clausus bekommen können. Unsere Kinder lesen auch mehr und mehr, weil die Professoren der Literaturwissenschaft sich Gedanken gemacht haben, wie sie das Lesen wieder salonfähig machen können.

Diese Schätze weiß ich zu würdigen. Aber sobald ich selber Doktor bin, kann ich meine Gedanken nicht mehr frei äußern, es gelten für mich dann andere Regeln. Genau deshalb muss ich jetzt als revolutionär gelten. Nehmen Sie es bitte so an. Ein bisschen Radikalität ist nicht mal in der Politik immer schlecht. In einer kunstbezogenen Wissenschaft kann sie nur noch von Vorteil sein.

Als ich noch die Schulbank drückte, hat mich der nicht unerhebliche Unterschied zwischen dem Lesen und  dem Literaturunterricht  an der Schule geprägt. Das erste habe ich gemocht, letzteres ließ mich immer nur gähnen. Meine Mitschüler, die übrigens beides hassten, haben die Literatur als eine Art Ornithologie wahrgenommen  - also als etwas Abstraktes und Unpraktisches-. Selbstverständlich haben sie gar nicht zugehört. Bei mir war dies anders. Ich habe dem Lehrer gefolgt, nur konnte ich zu meinem Erstaunen nichts Interessantes daran entdecken.

Jahre sind vergangen, bevor ich begriff, dass der Lehrer einfach nur noch nach Hause wollte. Er hat sich mit dem Kenntnisstand zufrieden gegeben, er hatte nichts, was er dieser Welle der Gleichgültigkeit, deren noch das Gefühl der Perspektivlosigkeit folgt, entgegenzusetzen. Er war einfach nur erschöpft.

Ich begann wahrzunehmen, dass die Pädagogen selber gar nicht viel lesen. Die moderne Literaturwissenschaft hatte für mich damit ihre Anfänge, dass eine Frau „Dings“ Mefisto mit Milton verwechselte. Das war für mich das erste Mal, das ich verstand  - man kann im Bereich Literatur Karrierist werden, ohne Bücher zu lesen.

Unbelesenheit - das ist kein einfacher Begriff, obwohl manche hier ihn schon entziffert zu haben glauben. Wir werden ihn noch näher Beleuchten, und zwar in dem wichtigsten Kapitel dieser Arbeit. Unbelesenheit ist das, was uns am meisten stören soll, denn sie ist der Grund, warum wir (angesprochen sind „Literaturwissenschaftler") nicht so viel Aufmerksamkeit von dem Staat bekommen, warum unsere Wissenschaft als rein theoretisch gilt, im Endeffekt - ist die Unbelesenheit daran schuld, dass wir nur noch mäßig finanziell entlohnt werden

Hier sei nur angedeutet, wie man eine unbelesene Person von einer Belesenen unterscheiden kann. Die erste Möglichkeit ist sehr einfach - sie hören ihr zu. Sollte sie länger über den Dichter erzählen und nicht über das Buch, - dann hat sie das Buch nicht gelesen, bzw. nicht verstanden. Wir wollen uns nichts vormachen - alljene, die das Buch mögen, tendieren dazu, das Buch zu besprechen, und nicht den Autor.

Mich wunderte immer stark, dass man im Unterricht überhaupt noch Zeit findet, die Biografie eines Dichters explizit zu besprechen. Dennoch ist sie wichtig, um das Buch zu verstehen. Merken Sie sich diese Phrase. Sie wurde von heutigen Literaturwissenschaftlern neu definiert. Neuzeitlich heißt es nämlich - die Biografie mit dem Buch zu illustrieren. Für uns ist aber wichtig - man kann ein Buch lesen und verstehen, ohne die Biografie des Dichters gelernt zu haben, andersrum geht es nicht.

Für mich hatten und haben biographische Eckdaten immer nur peripheren Charakter. Mir ging viel Zeit durch besagte verloren. Ein Unterricht, in dem eine Biografie zerpflückt wird, ist für mich einfach kein Literaturunterricht. Wie es die Wissenschaft nennt, sei Ihr überlassen. Aber keine Biografie der Welt hat mit Folgendem zu tun:

Ein Zitat aus Vladimir Majakowski.

“Und die schwarzen Hände der Fenster, die hingelaufen waren, bekamen die brennenden gelben Karten".

Wie sie verstehen, hat Ästhetik gar nichts mit dem Lebenslauf zu tun.

Eine ganz andere Sache war es, dass ich während des Universitätsstudiums genug Kräfte aufbrachte, um die verhassten Biografien doch noch zu lernen, wobei es kaum einen Moment gab, in dem ich nicht verstand, dass ich die Zeit verliere.

"Ja“, habe ich mir gesagt. „Die Biografien sind wichtig. Die Geschichte ist wichtig. Ein Literaturwissenschaftler kann es sich nicht leisten, Schwäche in der Geschichte zu haben“.

Eine weiterführende Erklärung erspare ich mir an dieser Stelle, denn ich gehe davon aus, dass hier intelligente Menschen sich gesammelt haben.

„Die Philosophie ist auch wichtig. Wenn sie die Wirtschaft zumindest in groben Zügen beherrschen, dass sind sie als Literaturwissenschaftler Null“.

Nur die "Räuber" von Schiller beinhalten etwa 5 wirtschaftliche Informationen, die generell für das Verständnis des Textes wichtig sind. Sie werden nie ein Literaturwissenschaftler werden, wenn sie sich keinerlei mit der Politik auskennen, sowie Astronomie, Physik, Mathematik, Technik,  dem Autofahren, oder mit dem Leben als Solches.

Aber das VERGNÜGEN, das mit Nichts zu vergleichen ist, das Vergnügen des Lesens werden Sie nur dann bekommen, wenn sie ein Buch frei und nicht analytisch lesen. Wir alle erinnern uns daran, was ist das Lesen eines Buches, wenn es regnet, im Winter, wenn der Regen auf das Dach fällt und Sie im Sommer nicht spazieren gehen wollen, sondern lieber weiter Lesen.

Ich sage hier nun - Ich hoffe, dass wir alle uns daran erinnern.

Nur das Buch selber ist und kann das zentrale Objekt der Literaturwissenschaft sein. Nur Bücher sind von ihr direkt anzusprechen. Alles Andere - sind nur Instrumente, Mathematik, Philosophie und so weiter. Und solange wir das nicht verstehen, oder uns weigern, das zu verstehen,. werden sich unsere Kinder im Unterricht langweilen.

Meine Vorlesungen sind für die Leser geschrieben, die Literatur mögen und an ihr profitieren wollen. Für die, die über das Fach sprechen können, und sich nicht hinter Biografien und Philosophie verstecken. Für die, die die Frage "wie" für mehr wichtig halten, als die Frage "warum". Für die, die genau verstehen - der Staat wird die Literaturwissenschaft niemals gut Vergüten. Deswegen zählen die Literaturlehrer zu den ärmsten Menschen in vielen Ländern. Unter anderem auch deshalb gibt es in Deutschland keinen Literaturunterricht. Es ist nicht weit hergeholt, dass man sich einen Literaturwissenschaftler als einen Verlier, der mit 60 immer noch bei der Mutter wohnt, vorstellt.

Meine Vorlesung besteht aus 2 Teilen. Der erste Teil ist der Literaturtheorie gewidmet, darauf aufbauend gibt uns der zweite einen Überblick über die wichtigsten Literaturwissenschaftlichen Arbeiten der Moderne. Der Kurs ist an alle Interessenten gerichtet, besonders an die, die Literatur lernen möchten.

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