Wegen der Länge in zwei Einträge geteilt
Titel: More than one feeling
Autor: Lady Charena
Fandom: House, MD
Charaktere: House/Wilson, Blythe und John House
Thema: # 027. Eltern
Word Count: 11.104
Rating: AR, slash, NC-17
Anmerkung des Autoren: Vielen Dank an T’Len fürs Betalesen. In Staffel 2 waren House’ Eltern tatsächlich zu Besuch (Ep. 2.05 Daddys Boy).
Summe: Irgendwann nach dem Finale der Staffel 2, aber vor Ep. 3.01 Meaning - House’ Eltern haben von der Schießerei erfahren und sind nach Princeton gekommen, um ihren Sohn zu besuchen. House ist noch immer dabei, sich an sein neues, schmerzfreies Leben zu gewöhnen und nicht darüber erfreut. Und Wilson steht dazwischen.
Disclaimer: Die Rechte der in dieser Fan-Story verwendeten geschützten Namen und Figuren liegen bei den jeweiligen Inhabern. Eine Kennzeichnung unterbleibt nicht in der Absicht, damit Geld zu verdienen oder diese Inhaberrechte zu verletzen. Lyrics: Roxette „How do you do“
Well, here we are
Crackin' jokes in the corner of our mouths
And I feel like I'm laughing in a dream
If I was young
I could wait outside your school
Cos your face is like the cover of a magazine
Wilson wechselte seine Tasche in die rechte Hand und hob die Linke, um den Knoten seiner Krawatte zu lockern, als er die Straße überquerte. Heute hatte ihn sein Glück im Stich gelassen und er fand nicht direkt einen Parkplatz vor House’ Appartement. Es war ein heißer Endsommertag und als er aus dem Auto stieg, klebte ihm sein Jackett am Rücken. Alles, was er im Moment wollte, war zu duschen und in frische Kleidung zu schlüpfen. Natürlich hätte er das alles leichter und bequemer in seinem Hotel erledigen können, ohne sich House’ spöttischen Kommentaren über die Zeit, die er auf Haarpflege verwandte (und die bei weitem nicht so lange war, wie House tat!) auszusetzen. Oder House’ Gequengel darüber, dass er mit den paar Kleidungsstücken, die er zum Wechseln hier behielt, seinen kostbaren Schrankplatz zu sehr in Beschlag nahm. Und das von einem Mann, der rund dreißig Paar Sportschuhe sein eigen nannte.
Seit der Geschichte mit Grace hatte House nicht mehr gefragt, ob er wieder bei ihm einzog. Und insgeheim war er darüber erleichtert. Die Zeit nach seiner Trennung von Julie, als er in House’ Appartement untergekommen war, stand noch frisch genug in seinem Gedächtnis. Es ginge ein paar Tage gut, und dann würden sie sich wieder gegenseitig auf die Nerven fallen. So war es besser. Er verbrachte ein paar Nächte die Woche bei House - je nachdem wie es ihre Arbeit erlaubte, denn oft genug hielt ein Fall House oder ihn selbst bis in die Morgenstunden im Krankenhaus fest - und den größten Teil des Wochenendes.
Sein Hotelzimmer war eine Art Zuflucht; eine Ruhezone. Vielleicht war es nicht ganz das, was er wollte; vielleicht war er nicht völlig glücklich mit dieser Distanz... aber eine gewisse räumliche und emotionale Distanz zu bewahren war der Kompromiss, der es ihnen ermöglichte, ihre Beziehung über all die Jahre hinweg aufrecht zu erhalten. Jede Form davon. Das war es, was er sich sagte, wenn er schlaflos und allein in seinem Hotelbett lag und mit hinter dem Kopf verschränkten Armen an die Decke starrte. Allein. Er war nicht gut darin, alleine zu sein. Ohne jemand, mit dem er teilen konnte, was er erlebte oder dachte oder der einfach nur neben ihm lag im Dunkeln, fühlte er sich wie in einer Warteschleife. Es gab kein Vorwärts und kein Zurück. Während der Pokernacht hatte House ihm vorgeworfen, ein Vampir zu sein, der davon lebe, dass ihn andere brauchten. Und er hatte darauf geantwortet, indem er sagte, dass House darüber froh sein müsse. Sie hatten nie wieder darüber gesprochen.
Wilson seufzte, als er die Stufen hochstieg und seinen Schlüssel aus der Tasche zog. Wie war er von der Aussicht auf eine erfrischende Dusche in diese düsteren Gedanken geraten? Er schloss auf und wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß vom Gesicht, als er in die Wohnung trat. „House, bist du da?“, rief er, ohne aufzusehen, während er seine Tasche in einer eher untypischen Geste auf den Boden fallen ließ. „Und egal, was du für heute Abend geplant hast, ich gehe zuerst unter die Dusche. Allein.“
„Ich wusste nicht, dass mein Sohn es sich zur Gewohnheit gemacht hat, mit anderen Männern zu duschen“, entgegnete eine unbekannte Stimme.
Geschockt ließ Wilson den Arm sinken und spürte, wie sein Gesicht knallrot anlief. Die scharfen, blauen Augen, die ihn mit einem sehr befremdeten Ausdruck musterten, gehörten John House.
Wilson schluckte. Dann räusperte er sich. Auf dem Sofa saß Blythe House und sah ihn mit fragend hochgezogenen Augenbrauen an. John House stand auf halbem Wege zwischen der Raummitte und der Eingangstür. Offenbar war er aufgestanden, als er den Schlüssel im Schloss gehört hatte. „Ich... ähem... das klang jetzt etwas merkwürdig“, stotterte Wilson eine Erklärung. „Ich... ich... House hat... ich meine, Greg… er… Ich dusche manchmal hier. Natürlich nicht mit... ich meine...”
„Was Jimmy hier nicht über die Lippen bringt, ist, dass ich ihm eine Spinne in die Dusche geworfen habe, als er das letzte Mal da drin war. Und Klein-Jimmy hat Angst vor Spinnen. Seither besteht er darauf, ohne Haustiere - also allein - zu duschen.“
Als hinter ihnen plötzlich House’ sarkastische Stimme ertönte, drehte sich nicht nur Wilson zu ihm um. Auch seine Eltern sahen ihn an. House trat ein und schloss die Tür hinter sich. Seine durchgeschwitzten Klamotten - ein altes, graues T-Shirt mit aufgedruckten Skeletten und verwaschene Shorts - verrieten, dass er Joggen gewesen war und offenbar gerade zum richtigen Zeitpunkt zurückgekommen war.
„Eine Spinne?“, wiederholte John House mit einem seltsamen Unterton.
House zuckte mit den Schultern. Er musterte Wilson, obwohl er seinem Vater antwortete. „Es war eine dieser riesigen Plastikspinnen, die auf den ersten Blick verdammt echt aussehen. Eine Halloween-Dekoration.“
Blythe machte einen Versuch, die Spannung zu brechen, indem sie lachte und die Hand vor den Mund hielt. „Greg, du wirst wohl nie erwachsen“, tadelte sie liebevoll. Sie stand auf und kam auf die beiden zu, stellte sich neben ihren Mann und hielt Wilson die Hand hin. „James, ich freue mich, Sie wiederzusehen. Es ist mir immer eine Beruhigung, zu wissen, dass Sie ein Auge auf unseren Sohn haben. Aber es ist mir ein Rätsel, woher Sie die Geduld nehmen, es mit seinen kindischen Streichen auszuhalten.“
Wilson wurde wieder rot, als er ihre Hand schüttelte, dieses Mal aus einem anderen Grund. Er überlegte unwillkürlich, was sie sagen würde, wenn sie wüsste, dass er mehr als nur ein Auge auf ihren Sohn hatte... Er versuchte sich an einem Lächeln. „Es ist nicht immer einfach, Gregs Freund zu sein“, entgegnete er. „Was möglicherweise erklärt, warum ich der einzige bin, den er hat, Mrs. House.“
„Blythe“, korrigierte sie ihn mit einem Lächeln.
„Blythe“, wiederholte Wilson stockend. Er vermied es, John House ins Gesicht zu sehen, als er auch ihm die Hand schüttelte. Er räusperte sich erneut. „Mr. House. Guten Abend.”
John House zögerte sichtlich, bevor er die Hand des anderen Mannes ergriff. Wilson hätte fast erschrocken nach Luft geschnappt, so fest war sein Händedruck. Das sagte weit mehr als Worte und kaum war seine Hand frei, wich Wilson unbewusst einen Schritt zurück, was dazu führte, dass er gegen House stieß, der hinter ihm stehen geblieben war, um das ganze zu beobachten.
Jetzt nahm House ihn an der Schulter. „Ihr entschuldigt mich und Jimmy für einen Moment? Ich muss etwas mit ihm besprechen - etwas, dass das Krankenhaus betrifft, ärztliche Schweigepflicht, sterbende Patienten, blah, blah.“
Bevor Wilson darauf reagieren konnte, hatte House ihn bereits aus der Wohnung manövriert und schloss die Tür hinter ihnen.
I see you comb your hair
And gimme that grin
It's making me spin now, spinnin' within
Before I melt like snow
I say "hello, how do you do?"
Er zog ihn ein Stück entlang des, der Eingangstür entgegen gesetzten, Korridors, der zum Treppenhaus und den anderen Wohnungen des Gebäudes führte. Dort, weit genug weg von seiner Wohnung, dass man sie nicht beobachten konnte, ließ House ihn los und lehnte sich gegen die Wand. „Danke, Jimmy. Das war wirklich ausgesprochen hilfreich“, sagte er spöttisch.
„Woher…” Wilson unterbrach sich, als seine Stimme in einen fast panischen Tonfall umschlug. „Woher hätte ich wissen sollen, dass deine Eltern da sind?“, zischte er wütend. „Du hattest ja nicht die Güte, mich davon in Kenntnis zu setzen.“
„Dann hast du sie nicht angerufen?“ House musterte ihn, die Augen zwei schmale Schlitze. Es war so typisch etwas, das Wilson tun würde, dass er seine Eltern überhaupt nicht gefragt hatte, wieso sie von der Schießerei wussten. Cuddy hatte ein mittelgroßes Wunder vollbracht, das ganze aus der Zeitung herauszuhalten und überhaupt hätte es die Nachricht nie in die überregionale Presse geschafft, so dass die Chancen, dass seine Eltern davon erfuhren mikroskopisch klein sein sollten.
Wilson verschränkte die Arme vor der Brust. „Natürlich nicht. Du hast uns ja allen die schlimmsten Konsequenzen angedroht, sollten wir es tun. Denkst du, es war Cuddy?“
House schüttelte den Kopf. „Ich tippe eher auf Cameron… oder Previn.”
„Previn?“
„Evil Nurse Brenda. Als Oberschwester der Klinik hat sie Zugriff auf alle Patientenakten. Die Telefonnummer meiner Eltern steht in meinen Unterlagen. Irgend so eine blöde Vorschrift, weil du nicht mit mir verwandt bist“, grollte House. „Und wenn diese Hexe Schuld daran ist, dass heute Mittag meine Eltern vor meiner Tür standen...“ Sein Gesichtsausdruck ließ Übles erahnen.
Wilson seufzte. „Vielleicht ist es nicht so schlimm, wie du denkst“, erwiderte er vorsichtig. „Ich meine, es ist doch völlig normal, wenn sie sich um dich Sorgen machen, es sind immerhin deine Eltern.“
House runzelte die Stirn und machte eine abschätzige Geste mit der Hand. „Es ist mir egal, ob ER sich Sorgen macht, aber ich will nicht, dass meine Mutter sich aufregt. Genau aus diesem Grund wollte ich nicht, dass sie etwas erfährt. Sie ist nicht mehr die Jüngste, so etwas kann ihr nicht gut tun.“
„Hey.“ Wilson legte seine Hand auf House’ Arm. „Wenn du mich fragst, sie wirkte ganz so, als hätte sie den Schock gut verkraftet.“ Das war ein Teil von Gregory House, den andere Menschen selten zu sehen bekamen; vielleicht einer der Gründe, warum er sich bereits vor all den Jahren in ihn verliebt hatte.
„Ja. Gut, dass sie erst jetzt aufgetaucht sind. Ich hatte genug Besuche an meinem Krankenbett für die nächsten drei Leben.“ House sah ihn an. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob sie es ebenfalls so gut aufnimmt, wenn du uns outest.“
Wilson zuckte zusammen. „Es war keine Absicht“, verteidigte er sich. „Ich konnte doch nicht wissen, dass du sie alleine in deinem Wohnzimmer herumsitzen lässt.“
„Das habe ich nicht. Als ich Laufen gegangen bin, ruhten sie sich in meinem Schlafzimmer von der Fahrt aus.“ House grinste plötzlich. „Zum ersten Mal war ich froh darüber, dass du so ein besessener Ordnungsfanatiker bist und heute Morgen die Bettwäsche gewechselt hast. Stell’ dir vor, was mein Vater gedacht hätte, wenn...“
„Das werde ich mir garantiert nicht vorstellen“, unterbrach ihn Wilson schroff. „Heißt das, sie übernachten hier? Nicht in einem Hotel, Motel, oder einer Pension in der Nähe?”
House nickte und das Grinsen wurde von einem Grollen ersetzt. „Das habe ich vorgeschlagen, aber du kennst ja meine Mutter.“
„Nun, eigentlich kenne ich sie nicht. Du hast mich ein paar Mal mitgeschleppt, wenn sie dich besuchten und... St... und du keine andere Person hattest, die du als Puffer verwenden konntest.“ Wilson hob die Schultern und lehnte sich neben House an die Wand. „Du... du kannst dir nicht vorstellen, ihnen die Wahrheit zu sagen, oder? Über uns?“
„Ich sehe deine Eltern auch nicht bei PFLAG-Meetings“, entgegnete House.
Wilson starrte auf die Spitzen seiner Lederschuhe. Manchmal fragte er sich, was seine Eltern über seine Beziehung mit House dachten... sie hatten ihn in den letzten zwanzig Jahren durch drei Ehen und zahlreiche Affären gehen sehen, aber die einzige Konstante in seinem Leben war immer House geblieben. Er hatte House zu mehr Familienfeiern und Feiertagen mit nach Hause genommen, als irgendeine seiner Ehefrauen, nicht mal Bonnie, mit der er immerhin fast zwölf Jahre verheiratet gewesen war.
Seine Mutter hatte Greg ins Herz geschlossen, der seinen beträchtlichen (wenn er denn wollte) Charme auf sie anwandte und sein Vater schätzte Gregs scharfe Zunge und seinen sarkastischen Humor. Andererseits war es auch einfacher, mit House auszukommen, wenn man sich an Rosch ha-Schana für ein paar Stunden am Tisch gegenüber saß, als ihn Tag für Tag zu erleben. Und ob sie ihn noch mögen würden, wüssten sie, dass er mit Greg schlief... all die Jahre... Eine Hand erschien plötzlich in seinem Blickfeld und wedelte ein paar Mal hin und her. Er sah auf und entdeckte, dass House nun vor ihm stand.
„Bist du noch da drin?“ House’ Knöchel klopften gegen sein Brustbein.
Er lächelte und legte seine Hand über Gregs. „Ich dachte nur über meine Eltern nach und wieso sie dich mögen.“
House schnitt eine Grimasse. „Denkst du, sie mögen mich genug, um mich zu adoptieren? Ich meine, vorausgesetzt der Colonel sagt sich nur von mir los, wenn ich mich oute und bricht mir nicht das Genick. Gregory Wilson, wie klingt das?“
Wieder Willen lachte er. „Von der Idee halte ich gar nichts. Dann wärst du ja mein Bruder. Wenn du unbedingt deinen Namen ändern willst, dann... heirate mich. Es ist nicht mehr illegal in New Jersey.” Obwohl er die Worte scherzhaft gemeint hatte, klangen sie ein wenig zu ernst und er sah verlegen weg, wartete auf eine schneidende Antwort, auf House’ Häme. Wilson versuchte nicht enttäuscht zu sein, als House seine Finger unter seiner Hand hervorzog, aber es gab eben nur ein gewisses Maß an...
Er vergaß, was er gerade gedacht hatte, als House seine Finger umschloss, sie umdrehte und seine Handfläche küsste. Das war so... so untypisch... eine Geste voll Zärtlichkeit, so unerwartet, dass er nur wie erstarrt dastand und Greg mit offenem Mund anstarrte.
„Wir gehen besser wieder hinein“, sagte House leise. „Ich will mir nicht ausmalen, was passiert, wenn mein Vater mich suchen geht und uns beim Händchenhalten erwischt.“ Er erschauderte übertrieben.
Wilson blinzelte. „Was?“, fragte er und leckte sich über seine Lippen, sein Mund war sehr trocken. Irgendwie schien sein Gehirn noch nicht wieder richtig zu funktionieren. Er spürte noch immer den Druck von Gregs Lippen gegen seine Handfläche. Sie lachten, aßen, arbeiteten, tranken - sie duschen und schliefen miteinander - aber diese simple Berührung fühlte sich intimer an als all das.
House ließ seine Finger los und schloss dafür mit einem halb resignierten, halb amüsierten Seufzen beide Hände um sein Gesicht. Das schreckte Wilson zum zweiten Mal in ebenso wenigen Minuten aus seinem tranceähnlichen Zustand hoch. Er wusste, dass House zärtlich sein konnte, aber es war etwas, das ihm nicht leicht fiel und so hatte er gelernt, es nicht zu erwarten. Und das alles hatte er nur John House’ Anwesenheit zu verdanken? Oder war es Gregs neues Leben ohne den ewigen Schmerz. Wilson war sich bewusst, dass er wie ein hypnotisiertes Kaninchen aussehen musste, als er in die blauen Augen starrte, aber es spielte keine Rolle. Er beugte sich vor, und küsste Greg.
House gab einen Laut wie ersticktes Lachen von sich und löste sich dann von ihm. „Wirklich. Wenn wir jetzt nicht aufhören, dann fühle ich mich nicht nur wie ein Teenager“, murmelte er und presste sein Gesicht gegen Wilsons Hals. „Dann werde ich mich auch wie einer benehmen und wir haben endlich den Sex in der Corvette, den mir mein Bein bisher verwehrt hat.“
Wilson lachte und schlang die Arme um die Schultern seines Geliebten. „Du verwechselst da was“, erwiderte er atemlos und erschauerte, als House’ Stoppeln über die empfindliche Haut seines Hals kratzten. „Ich bin derjenige, der keinen Sex in der Corvette wollte. Aber im Moment...“ Er wandte den Kopf etwas, um leicht in House’ Ohr zu beißen. „...weiß ich nicht mehr... mmmmh.“ Er summte zustimmend, als House den linken Oberschenkel zwischen seine Beine schob. „...so genau....“ Sein Kopf fiel nach hinten an die Hauswand, entblößte seine Kehle für House’ Mund. „...was daran schlimm wäre...“
Doch nach einem Augenblick löste sich House von ihm und wich zurück. Er ließ seine Hände auf Wilsons Schultern fallen. „Wenn du dich so sehen könntest...“, sagte er heiser.
Der jüngere Mann blinzelte. „Wir können ja immer noch mein Hotelzimmer nehmen.“ Er holte tief Luft. „Deine Eltern schlafen ja irgendwann und merken bestimmt nicht, wenn du für ein paar Stunden verschwindest. Gott, jetzt klinge ich auch wie ein Teenager.“ Er schüttelte den Kopf. „Und du hast behauptet, es wäre eine schlechte Idee, im Hotel zu wohnen.“
„Es ist eine schlechte Idee.“ House beugte sich für einen weiteren, viel zu kurzen Kuss vor. „Nur heute nicht.“ Dann trat er endgültig einen großen Schritt zurück und zur Sicherheit noch einen, bis er mit dem Rücken an die gegenüberliegende Wand stieß und sich gegen sie lehnte. „Du kannst auf keinen Fall so da reingehen.“ Sein Blick glitt von Wilsons Hose, unter der sich seine Erregung nur zu deutlich abzeichnete, zu seinem Gesicht mit den leicht glasigen Augen und den roten Wangen. „Meine Eltern sind nicht blind.“
Wilson hob die linke Hand und rieb sich den Nacken. „Ich sollte vielleicht wirklich in mein Hotel fahren. Sie wollen sicher mit dir alleine sein.“
„Auf keinen Fall.“ House sah fast verlegen zu Boden, so panisch waren die Worte über seine Lippen gekommen. „Wir wollen essen gehen. Und du musst mitkommen. Ich halte es mit ihm nicht aus und wenn du dabei bist und wir in einem Restaurant sind, dann muss er sich zusammenreißen.“
Der jüngere Mann blinzelte überrascht. „Greg, du... du hast doch keine Angst vor deinem Vater, oder?“
House zögerte mit einer Antwort. „Ich will nicht, dass er... dass wir anfangen zu streiten und meine Mutter sich aufregt. Das ist nicht gut für sie“, erwiderte er schließlich, immer noch ohne dabei aufzusehen.
„Ich komme mit“, sagte Wilson ruhig. „Gib’ mir eine Stunde, damit ich ins Hotel fahren, mich duschen und umziehen kann. Okay?“ Er wartete, bis House nickte. „Soll ich euch abholen?“ Die Frage war über seine Lippen ohne dass er darüber nachdachte, er fragte aus reiner Gewohnheit. Aber jetzt mussten sie keine Rücksicht auf Gregs Bein nehmen. Oder darauf, wie viele Vicodin er an diesen Tag genommen hatte... Der Schatten, der sich durch die blauen Augen bewegte, verriet ihm, dass House das gleiche dachte.
Dann nickte Greg. „Du fährst“, sagte er düster. „Ich brauche Alkohol, um diesen Abend zu überstehen.”
Wilson stieß sich von der Wand ab und seufzte. „Ich bin in einer Stunde hier.“ Er lächelte plötzlich. „Und wenn du dich rasierst...“, er brach ab.
„Was dann?“, fragte House, die Augenbrauen hochgezogen, aber mit deutlichem Interesse in den Tiefen seiner Augen.
Der jüngere Mann zuckte gespielt gleichgültig mit den Schultern. „Wir werden sehen.“ Er wandte sich endgültig zum Gehen, entschlossen so schnell wie möglich zurück zu sein. Bevor er die Tür zur Straße öffnete, sah er über die Schulter zurück - und mit Zufriedenheit das entspannte Lächeln auf House’ Gesicht. Er spürte eine Gänsehaut an den Unterarmen.
Er verließ das Gebäude und überquerte die Straße, bereits auf halben Weg zu seinem Auto, als ihm einfiel, dass er seine Tasche in House’ Wohnung vergessen hatte. Nun, er konnte sie nach dem Abendessen mitnehmen, wenn er House’ Eltern ablieferte. Oder morgen früh auf dem Weg zur Arbeit vorbeikommen - falls Greg nicht ohnehin die ganze Nacht bei ihm im Hotel verbrachte.
* * *
Nachtrag zum letzten Kapitel:
Worterklärungen:
PFLAG = Parents, Families & Friends of Lesbians and Gays (eine real existierende Organisation)
Rosch HaSchana ist das jüdische Neujahr, genau übersetzt heißt es "Haupt des Jahres".
* * *
I see you in that chair with perfect skin
Well, how have you been, baby, livin' in sin ?
Hey, I gotta know
Did you say "hello, how do you do ?"
How do you do ?
Das Abendessen verlief in angespannter Atmosphäre.
House machte seine Drohung wahr und trank vielleicht ein wenig mehr, als dem Anlass angemessen war - ohne dabei betrunken zu wirken. Dafür stocherte er auch in seinem Essen nur herum, was nun absolut untypisch war. Abgesehen von den Zeiten, in denen er krank war oder die Schmerzen unerträglich, waren Nahrungsmittel in steter Gefahr vor Gregory House.
Nicht, dass es Wilson sehr viel besser erging. Auch sein Appetit litt unter dem undeutbaren Blick von John House, der - wenn er nicht mit etwas, dass man sehr leicht als Missbilligung interpretieren konnte, auf seinen Sohn sah - zwischen ihm und Greg hin und her glitt. Es war nicht sehr schwer zu erraten, dass House’ Spinnenerklärung Wilsons Ausrutscher nicht wirklich wieder gutgemacht hatte. Langsam hatte Wilson das Gefühl, dass Greg nicht übertrieben hatte, als er sagte, dass er für seinen Vater eine ständige Enttäuschung sein würde.
Blythe versuchte die Stimmung zu lockern, indem sie ausführlich von ihrer Europa-Reise berichtete. Da Wilson mit Bonnie auch etliche Male Urlaub in Europa gemacht hatte, bestritten sie schließlich fast die ganze Unterhaltung allein.
Das einzig wirklich ungewöhnliche war, dass noch während sie auf den Hauptgang warteten, ein leises Piepen ertönte. Worauf John House auf seine Uhr sah, einen Knopf daran drückte, um den Alarm abzustellen und die Hand dann seiner Frau entgegen streckte. Blythe griff nach ihrer Handtasche, nahm etwas aus einem Seitenfach, das von ihren Fingern verborgen blieb und legte es in die Handfläche ihres Mannes. Worauf sich John entschuldigte und den Tisch verließ.
House’ Augen verengten sich zu misstrauischen Schlitzen. „Welches Medikament nimmt Dad, und wogegen?“, fragte er schroff.
Wilson trat ihm unter den Tisch leicht auf den Fuß und lächelte Blythe entschuldigend an. „Vielleicht ist das nicht der richtige Ort und Zeitpunkt?“
Blythe nickte und stimmte zu. „James hat recht. Wir sind keine Teenager mehr, Greg. Aber wir sind beide für unser Alter in bester Verfassung. Mach’ dir bitte keine Sorgen.” Sie griff über den Tisch und drückte die Hand ihres Sohnes. „Wirklich. Vergiss’ für einen Abend, dass du Arzt bist. Du weißt, dass dein Vater nicht gerne über seine Gesundheit spricht. Und du solltest ihn verstehen, denn du bist genauso.”
Wilson versteckte sein Lächeln hinter seinem Weinglas, als er sah, wie Greg - zwar mit einem leidenden Seufzen, aber ohne Widerspruch - seiner Mutter nachgab. Er konnte sich niemand anderen vorstellen, bei dem House seine Neugier einfach hinunterschluckte, so schwer ihm das auch fallen musste.
Dann kehrte John an den Tisch zurück und kurz darauf wurde ihr Essen serviert. Blythe begann wieder mit ihren Reiseerzählungen.
Beim Dessert - John hatte nach den Monaten mit „kontinentalem“ Essen auf eine traditionelle Apfelpie mit Vanilleeis bestanden, was Greg natürlich damit konterte, auf den europäischen Ursprung des Apfelkuchens zu verweisen und Blythe die Situation mit einem unbeholfenen Scherz über Äpfel zu entschärfen versuchte - spürte Wilson, wie House näher an ihn gerückt war. Unter dem Tisch berührten sich ihre Beine und die Körperwärme des anderen Mannes sickerte durch seine Kleidung.
Die letzte halbe Stunde über Kaffee und Kognak zog sich zäh hin. Während John immer häufiger die Stirn runzelte und so wirkte, als halte er sich nur mit äußerster Beherrschung davon zurück, Gregs Alkoholkonsum zu kritisieren, hielt Blythe die Konversation aufrecht, fast so als würde nicht nur das Abendessen, sondern der Besuch enden, so bald sie das Restaurant verließen. Dabei war ihr Aufenthalt bis mindestens Ende der Woche fest geplant.
Zum einen verstand Wilson, dass sie versuchte, Zeit mit ihrem Sohn zu verbringen, auch wenn sie dafür Kompromisse machen musste - zum anderen wünschte er, der Abend würde endlich enden und sie konnten sein Hotelzimmer aufsuchen. Er wurde es langsam leid, Greg zu sehen und zu spüren, aber nicht in der Lage zu sein, ihn berühren zu dürfen. Nicht einmal so unschuldige Gesten, wie eine Hand besänftigend auf seinen Arm zu legen, wenn House zu einer Erwiderung seinem Vater gegenüber ansetzte, waren ihm erlaubt.
Zum ersten Mal fragte er sich ernstlich, warum sie eigentlich aus ihrer Beziehung ein Geheimnis machen mussten. Nicht alle Menschen waren wie Gregs Vater. Im PPTH kursierten seit gut einem Jahrzehnt, seit sie beide dort arbeiteten, Gerüchte über ihre Beziehung, die nach seinen zwei letzten Scheidungen jeweils neue Nahrung erhalten hatten. Die Leute dort waren gewohnt, sie zusammen zu sehen. Konsultationswünsche an House gingen über seinen Tisch und Cuddy war nicht die einzige, die sich darauf verließ, dass er Greg notfalls zur Vernunft bringen konnte und ihn unter Kontrolle hielt. Solange sie nicht in seinem Büro Sex hatten, in der Klinik oder im Konferenzraum der Diagnostik-Abteilung, würde sie sich kaum darum kümmern, wie ihre Beziehung in Wirklichkeit aussah.
„James, ist alles in Ordnung?“ Blythes fragende Stimme holte ihn aus seinen Gedanken und Wilson spürte seine Wangen heiß werden, als er ihre Augen auf sich gerichtet fand.
Er lächelte und rieb seinen Nacken. „Ja, es ist nichts. Ich dachte nur eben nach. Habe ich etwas verpasst?“, setzte er hinzu, als er bemerkte, dass ihn auch John und Greg ansahen.
„Wir haben beschlossen, das römische Gelage zu beenden, Jimmy“, erwiderte House spöttisch - doch in seinen Augen stand etwas, das Wilson die feinen Haare im Nacken zu Berge stehen ließ. „Zeit für eine römische Orgie“, setzte er mit gesenkter Stimme hinzu.
„Greg. Ich denke, du hast zu viel getrunken.“ In John House’ Stimme lag nicht mal eine besondere Betonung, trotzdem saß House wie ein getadelter Schuljunge plötzlich aufrechter und starrte auf den Tisch vor sich. Dann nahm er - und dieses Mal war es purer Trotz, der in seinem Gesicht stand - das Glas, das vor Wilson stand und leerte es.
„Es ist spät“, kam Blythe ihnen allen zuvor. Sie lächelte und blickte dabei ihren Mann an. „Wir sind nicht mehr so jung wie ihr beide und die lange Fahrt steckt uns in den Knochen. Es ist wirklich besser, wenn wir Alten schlafen gehen.“ Sie wandte sich Wilson zu. „Vielen Dank, dass Sie uns fahren, James. Ich bin sicher, es ist weniger belastend für Gregs Bein.“
„Ich kann Autofahren, Mom. Ich habe es die ganze Zeit getan“, schnappte House. „Ich bin kein Krüppel, ich wurde nur angeschossen.“
Wilson trat ihm unter dem Tisch wieder auf den Fuß, dieses Mal etwas fester, als er sah, wie Blythe zusammenzuckte. „Es macht mir überhaupt nichts aus, Blythe“, sagte er mit einem aufgesetzten Lächeln. „Und da im Gegensatz zu Hou... Greg... auf mich morgen wieder Patienten warten, ist es mir ganz recht, wenn wir den Abend jetzt beenden.“
John verkündete daraufhin, dass er draußen noch ein wenig frische Luft schnappen wollte und Blythe begleitete ihn.
Wilson und House blieben alleine an ihrem Tisch zurück.
„Du weißt wirklich, wie man einen Abend friedlich zu Ende bringt“, bemerkte Wilson und spielte mit seiner Serviette.
Greg stützte den Ellbogen auf den Tisch und presste die Stirn gegen die Handfläche. Dann wandte er den Kopf, so dass er Wilson ansehen konnte. „Es ist... ER ist es. In seiner Gegenwart fühle ich mich wieder wie ein verängstigter Sechsjähriger, der ins Bett gemacht hat“, murmelte House. „Es ist nie genug, James. Egal was ich erreiche, er ist nie damit zufrieden. Warum kann er sich nicht einfach freuen, dass ich wieder ohne Schmerzen lebe? Alles was er dazu sagte war, wie traurig es sei, dass dazu nötig war, dass ich angeschossen wurde. Und dass er hoffe, dass ich daraus meine Lektion gelernt habe, meine Patienten besser zu behandeln... Dabei weiß ich nicht mal, ob es ein ehemaliger Patient war, der...“
Das Erscheinen des Kellners mit der Rechung unterbrach ihn an diesem Punkt. Greg schlüpfte nahtlos in seine normale, mürrische Persönlichkeit zurück und machte eine Show daraus, die Rechnung zu bezahlen.