Jun 16, 2008 19:44
"Wann"
von Jimaine
Fandom: Primeval
Typ: slash
Rating: PG
Disclaimer: Ich wünsche mir gelegentlich auch eine andere Realität, in der ich mir diese Ansagen sparen könnte. Aber leider habe ich noch keine Anomalie gefunden, die mir den Wechsel dorthin ermöglicht, daher das Übliche. Going through the motions etc.
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Die Frage, die sie ihm stellen, ist immer die gleiche. Sie klingt anders, je nachdem wer sie stellt und zu welcher Zeit, aber sie bleibt immer gleich.
"Wann?" will Abby wissen, ein leises Murmeln versteckt im lauter werdenden Rauschen des Heißwasserkochers. Ihre Treffen in der Teeküche sind stets zufällig genug, um nicht verdächtig zu wirken; ihr Büro ist zu weit von seinem entfernt als daß sie 'mal eben' auf einen Plausch bei ihm vorbeikommen könnte. Davon abgesehen ist er sich sicher, daß jeder Raum abgehört wird. Hier in diesem kleinen Refugium zwischen Kühlschrank und dem für die wenigen Raucher permanent auf Kipp stehenden Fenster hat er in den letzten drei Monaten sein Team nach und nach davon überzeugt, daß er weder verrückt ist noch Gespenster sieht, wenn er Jenny Lewis mit Claudia anredet und darauf beharrt, daß gewisse Dinge nicht so sind, wie sie sein sollten.
Daß der Grund dafür eine Veränderung der Vergangenheit sein soll, die dazu geführt hat, daß sie nun in einer alternativen Zeitlinie existieren - mit Star Trek aufgewachsen zu sein ist von Vorteil, aber auch nur mit Einschränkungen - fällt ihnen aber noch schwer zu glauben. Sie sind, wie sie sind und tun, was sie tun…nur sind sie anderswo - anders*wann* - eben ein bißchen anders.
Es hilft enorm, daß sie selbst beginnen, Dinge zu bemerken, ohne daß er sie darauf hinweisen muß. Sie spüren, daß man ihnen etwas verschweigt und im A.R.C. Kräfte am Werk sind, die unerkannt bleiben wollen und keineswegs das Wohlergehen der Bevölkerung im Sinn haben. Und das des Teams auch nicht. Es macht alles aber auch komplizierter, weil sie auf seine Weisung warten und er genauso ratlos ist wie sie. Hinzu kommt die wachsende Ungeduld, die Frustration. So wie Indiana Jones in der Erzlore. Connors Formulierung.
"Wann, Cutter?" Connor zu überzeugen ist einfach gewesen. Verschwörungstheorien gehören für ihn praktisch dazu, wenn es um Arbeit für die Regierung geht. Als Antwort wählt er ein Schulterzucken und ein aufgesetztes Lächeln. Niemand ruft ihn hier 'Professor', sein akademischer Titel scheint von keinerlei Bedeutung zu sein, und er wundert sich, nicht zum ersten Mal, ob er der Nick Cutter sein könnte, den diese Zeit hervorgebracht hat. Bislang hat er vermieden, seine eigene Personalakte zu lesen. Auf manche Fragen möchte er einfach keine Antwort haben.
Stephen auf seine Seite zu ziehen war am schwierigsten gewesen. Es ist auch der Erfolg, auf den er am wenigsten stolz ist, denn im Grunde ist es Wahrheit und Verrat in einem.
Stephen fragt ihn nie, jedenfalls nicht mit Worten. Nicht in seinem Haus, nicht in Stephens Wohnung und erst recht nicht im A.R.C. Das Risiko ist viel zu groß. Er schließt die Augen und hört auf die Finger, die sein Hemd aufknöpfen.
"Wann, Nick?"
Was er meint ist, 'wie lange, bis du das Rätsel gelöst hast und die Änderung in der Vergangenheit rückgängig machst? Wie lange, bis Nick Cutters Welt wieder die ist, die er verlassen hat, einschließlich Stephen Hart? Wie lange, bis du keine anonymen Pensionen und falschen Namen mehr brauchst?'
Was soll er darauf anderes sagen außer "Es tut mir leid"?
Stephen zieht ihn zu einem langen Kuß an sich, eine stumme Frage von "Wann können wir aufhören so tun, als würden wir uns nicht ausstehen können?"
Auch darauf hat er keine Antwort. Es ist notwendig, Lester, Leek und wer auch sonst noch beteiligt ist, glauben zu lassen, daß Lehrer und Schüler, ehemals die besten Freunde, sich entfremdet haben, eine Kluft, in die bei jedem Einsatz ein zusätzlicher Keil getrieben wird. Alles, um den Schein zu wahren. Er haßt sich selbst dafür und dieser Haß ist fast noch größer als sein Haß auf was auch immer für den Verlust seines bisherigen Lebens verantwortlich ist. Denn er hat nachgegeben, ist schwach gewesen, weil er von all seinen Mitmenschen Stephen am meisten braucht und nicht auf ihn verzichten will. Weder als Freund, noch als Geliebten. Er hat nicht erwartet, seine Annäherungsversuche so bereitwillig erwidert zu finden. Möglich daß er Stephens Schuldgefühle wegen Helen ein wenig ausgenutzt hat, doch wenn seine Realität manipuliert werden kann, dann kann er mit dieser das gleiche tun. Auge um Auge, Stephen um Stephen.
Wenn es ihm gelingen sollte, was immer geschehen war ungeschehen zu machen und seine Realität wieder herzustellen, wird dies alles aufhören zu existieren. Stephen eingeschlossen. Sie wissen es beide und es ist Stephen - diesem Stephen - gegenüber unfair, denn er hat nie etwas anderes gekannt und er wird es verlieren, während Nick einfach da weitermacht, wo er aufgehört hat. Und wenn es ihm nicht gelingen sollte, nun....
Die Frequenz der Anomalie-Ortungen nimmt meßbar zu, fast täglich schlagen die Sensoren Alarm. Und wo wird dies alles hinführen, was kommt als nächstes? Je mehr er darüber nachdenkt, desto besser paßt Connors Indiana Jones-Vergleich, schließlich bewegen sie sich alle rasant auf ein Finale zu, für das sie keine guten Karten haben, und er schließt die Grauen Eminenzen im A.R.C. in diesen Gedanken mit ein. Unmöglich zu sagen, wieviel Zeit ihnen bleibt, bevor *es* passiert, was immer es ist, aber es kann nicht mehr viel sein. Vermutlich nicht genug, um die nötigen Informationen und Beweise zu sammeln, die es ihnen erlauben, die Drahtzieher zu enttarnen.
Connor, Abby und auch Stephen, sie alle fragen "Wann?" und er möchte ihnen eine Antwort geben, möchte sagen "Nächste Woche" oder "am 8. August, viertel nach Elf" oder gar "Morgen". Das würde bedeuten, daß der Spuk dann vorbei wäre, ein Ende mit Schrecken statt diesem Schrecken ohne Ende in mehreren Akten, auf die man sich kaum vorbereiten kann. Vergangenheit und Zukunft bergen einfach zu viele Bedrohungen, mit denen der moderne zivilisierte Homo sapiens nicht umgehen kann. Allerdings möchte ein Teil von ihm den Dingen so begegnen wie sie kommen, möchte passiv sein und das genießen, was ist, das, was er hat - oder sich genommen hat. Es käme einer Kapitulation gleich und er schämt sich dafür, daß ihm der Gedanke überhaupt kommt. Dennoch... Jetzt, in diesem Augenblick, möchte er nichts und niemanden ändern.
"Wann?" fragt Stephen.
"Niemals", antwortet er wahrheitsgemäß.
FINIS
slash,
fandom: primeval 1-100,
autor: jimaine 1-100