Titel: Leben und Sterben
Autor: drea78
Beta: KonnyFan
Chapter: 15/ ?
Word Count this part: 2473
Series: Zwillings-Universum
Pairing: Dean/OC
Rating: p-16
Kapitel 15: Familienzusammentreffen
Dean erwachte abrupt aus dem Schlaf und stöhnte leise auf, als das Hämmern in seinem Kopf für einen Moment die Oberhand gewann und sein Magen Purzelbäume schlug. Er versuchte tief durchzuatmen, um die Übelkeit hinunterzuschlucken.
Einen Augenblick später jedoch hatte er sich bereits einigermaßen unter Kontrolle, als ihm bewusst wurde, dass es nicht seine Empfindungen waren, sondern die seines Zwillings.
Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass der Wecker in wenigen Minuten ohnehin geklingelt hätte, damit er nach Jensen sehen konnte. Er schaltete den Alarm aus und wand sich dann vorsichtig aus Jennas Armen, damit sie nicht aufwachte.
Dann tappte er barfuss aus dem Zimmer hinaus und schloss leise die Tür hinter sich.
Im Haus war alles still, durch das Fenster im Flur fiel fahles Mondlicht.
Er ging die wenigen Schritte zu Jensens Zimmer und öffnete leise die Tür.
Sein Bruder lag auf der linken Seite, die Beine angewinkelt, und Dean spürte, wie das Hämmern in seinem Kopf nun stärker wurde.
‚Verdammt, Jensen, warum hast du mich nicht eher gerufen?’, fragte er den Älteren, während er sich dem Bett näherte und sich auf dessen Kante setzte.
Er schaltete die kleine Nachttischlampe an und musterte seinen Zwilling. Jensens Augen waren weit offen, die Zähne hatte er zusammengepresst, und Schweiß stand auf seiner Stirn.
Dean wusste, dass er nur einen Bruchteil von dem fühlte, was sein Bruder empfand, solange sie sich nicht berührten. Und wenn er ehrlich war, hatte er auch nicht das Bedürfnis, das volle Ausmaß dieser Gehirnerschütterung zu spüren, denn die Schmerzen waren auch so schon stark genug, um sein klares Denken einzuschränken.
Schlimmer war jedoch die Übelkeit, die Jensen voll im Griff zu haben schien, und er brauchte einen Moment, um die Galle zurückzudrängen, die ihm hochzukommen drohte.
Als er es geschafft hatte, nahm er die Packungen mit Tabletten in die Hand, die auf dem Nachtisch lagen und entnahm jeder von ihnen zwei Pillen.
‚Hier, du Sturschädel, schluck diese’, forderte er den Bruder auf und wartete darauf, dass dieser den Mund öffnete. ‚Die sind gegen die Übelkeit und die Schmerzen.’ Das Glas Wasser, das schon bereitgestanden hatte, nahm er als nächstes zur Hand und half dem älteren Zwilling zu trinken.
‚Tut mir leid’, meinte Jensen, als er wieder lag. ‚Als ich aufgewacht bin, war es schon so schlimm.’
‚Ist schon gut’, antwortete Dean. Es war nun einmal nicht ihre Art um Hilfe zu bitten, das wusste er nur zu genau. Er selber war in solchen Dingen schließlich keinen Deut besser.
Er berührte Jensens Arm leicht mit den Fingerspitzen und konzentrierte sich mit tiefen, kontrollierten Atemzügen darauf, einen Teil der Schmerzen in sich aufzunehmen, bis er spürte, dass die Tabletten zu wirken begannen und sein Zwilling wieder einschlief. Danach stand Dean auf und verließ leise das Zimmer.
Er wollte gerade zu seinem Zimmer zurückgehen, als ihm ein schmaler Lichtschein aus der unteren Etage auffiel.
Im Vertrauen auf die hauseigenen Sicherheitsvorkehrungen ging er eher neugierig als wachsam die Treppe hinunter, achtete aber dennoch darauf den knarrenden Stufen der Treppe auszuweichen, um niemanden aufzuwecken.
Die Tür zur Küche stand einen Spalt auf, und er konnte eine Gestalt am Tisch sitzen sehen.
Dean gab der Tür einen leichten Stoß und riss erstaunt die Augen auf, als er sah, wer dort am Küchentisch saß.
„Dad?“, brachte er erstaunt hervor. „Was machst du denn hier?“
„Hallo, Sohn“, kam die gelassene Antwort. „Ich wohne hier, oder hast du das vergessen?“
Dean presste einen Moment die Lippen zusammen, während er sich auf den Stuhl gegenüber seines Vaters setzte und sich mit verschränkten Armen an die Wand anlehnte.
„Ist das so?“, fragte er.
Sein Vater sah ihn an, das Gesicht ernst, die Augen blickten aufrichtig, so wie er es von dem Mann kannte. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte er geglaubt, Verletztheit in seinen Augen zu sehen. Aber das Verhalten seines Vaters in den letzten Monaten hatte ihm selber zugesetzt und diesmal wollte er keine Rücksicht nehmen. Aber es lag nicht in seiner Natur, auf den Fehlern anderer herumzureiten und seine Zeit damit zu verschwenden, sauer auf die Menschen zu sein, die ihm am meisten bedeuteten.
„Ich verstehe, dass du hier nicht dauerhaft wohnen kannst, das tue ich“, lenkte er daher ein. „Zwischendurch muss ich auch einfach mal weg. Aber weißt du Dad, du schließt uns immer noch aus…“
„Was meinst du denn damit?“, fragte sein Vater.
„Ich meine, dass du in Kontakt bleiben könntest!“ Dean wusste nicht, warum dieser nicht selber auf diese offensichtliche Idee kam. „Du könntest anrufen oder mailen und uns darüber auf dem Laufenden halten, wo du bist und was du gerade machst. Die Zeit der Geheimnisse ist vorbei, hast du gesagt - aber du verschwindest immer wieder für Wochen oder sogar Monate, und wir haben keine Ahnung, ob es dir gut geht! Und anscheinend interessiert es dich ebenso wenig, was bei uns los ist!“
Dean rieb sich müde über die Augen. Solche Diskussionen waren einfach nicht seine Sache. Aber manche Dinge mussten eben doch mal gesagt werden. Wie es aussah, wurde er besser darin.
„Natürlich interessiert mich…“
Er unterbrach seinen Vater, bevor dieser den Satz beenden konnte.
„Wenn es so ist, dann hast du eine ziemlich bescheidene Art, das zu zeigen!“, warf er dem Älteren vor.
„Du hast Recht“, stimmte dieser ihm überraschender Weise zu. „Es tut mir leid!“
Dean musterte den Mann vor sich, dessen Haltung plötzlich nicht mehr die übliche Selbstsicherheit aufwies.
„Ich habe schon vor langer Zeit verlernt, euer Vater zu sein“, erklärte John ihm mit Bedauern in der Stimme. „Aber das bedeutet nicht, dass ich es nicht sein möchte.“
„Tja, dann solltest du dir mehr Mühe geben!“
„Okay“, stimmte sein Vater zu. „Dann fangen wir doch damit an, dass du mir erzählst, was passiert ist! Und wer die hübsche junge Dame ist, die bei dir im Bett liegt!“ Jetzt grinste sein Dad ihn offen und ehrlich an. „Ich hatte dich nicht für den Kuschel-Typ gehalten, mein Sohn!“
Dean spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss, und er konnte nicht verhindern, dass er vor Verlegenheit auf dem Stuhl herumrutschte. Wenn John Winchester jemanden derart intensiv ansah, dann war es gar nicht so einfach, gelassen zu bleiben.
Aber der Gedanke an Jenna ließ ihn lächeln. Und mit einem Achselzucken legte er die Verlegenheit ab und brachte seinen Vater auf den neusten Stand der Ereignisse.
Jenna erwachte durch die hellen Sonnenstrahlen, die einen warmen Spätherbsttag ankündigten.
Das Bett neben ihr war jedoch kalt, wie sie mit Bedauern feststellte. Sie hätte sich gerne noch ein wenig an Dean angekuschelt, bevor die Realität sie wieder einholte.
Heute würde sie ihren Vater anrufen und ihn bitten, herzukommen. Die Brüder wollten mit ihm reden und herausfinden, was genau damals mit ihrer Mutter eigentlich passiert war. Er hatte darüber immer geschwiegen, und sie bezweifelte, dass er nun einfach so darüber reden würde. Aber Dean hatte ihr diesbezüglich widersprochen. Er wollte ihrem Vater die Wahrheit sagen, auch auf die Gefahr hin, dass er sie alle für verrückt hielt. Aber er war der Meinung, innerhalb einer Familie sollte es keine Geheimnisse geben. Daher hatte er auch Bobby Singer angerufen, in dem Wissen, dass so auch sein eigener Vater bald Bescheid wissen würde.
Sie war sicher, es würde noch eine Weile dauern, bis sie die Dynamik der Winchester-Familie verstand.
Dean hätte seinen Vater ja auch selber anrufen können. Aber das hatte er rundweg abgelehnt.
Mit einem Gähnen stand sie auf und ging ins Badezimmer. Am liebsten hätte sie sich einfach nur einen Bademantel übergeworfen, aber es waren definitiv zu viele Brüder in diesem Haus.
Sie hoffte, dass es Jensen und Sam ein wenig besser ging. Wahrscheinlich war es die Sorge um die beiden, die Dean so früh aufgeweckt und ihn wach gehalten hatte.
Eine Viertelstunde später machte Jenna sich auf den Weg nach unten. Sie begrüßte Jared leise, der im Esszimmer saß und am Computer arbeitete.
„Guten Morgen, Jenna“, sagte er lächelnd. „Dean ist in der Küche.“
Bevor sie sich jedoch auf den Weg dorthin machen konnte, hielt er sie am Arm fest. „Unser Dad ist heute Nacht gekommen, und Bobby heute Morgen“, warnte er sie. „Aber keine Angst, sie beißen nicht…oder höchstens ein bisschen.“
Jenna verzog das Gesicht. „Vielen Dank für diese ermutigenden Worte“, brachte sie nervös hervor. Auf eine Begegnung mit John Winchester war sie so gar nicht eingestellt. Sie konnte auch nicht unbedingt behaupten, dass sie sich darauf freute. Die Eltern eines Freundes zu treffen, war sowieso nicht unbedingt ein Vergnügen, aber die Umstände waren in diesem Fall erst recht nicht ideal. Was wäre, wenn dieser ihr im Gegensatz zu seinen Söhnen doch die Schuld an Sam und Jensens Verletzungen gab? Überhaupt war der Mann nach Deans Erzählungen nicht unbedingt ein Beziehungsfan, und wer wusste schon, was er davon hielt, dass sein Sohn eine feste Freundin hatte?
„Na, komm schon, bring es einfach hinter dich“, forderte Jared sie nun auf, der ihre Gedanken scheinbar in ihrem Gesicht hatte lesen können. „Ich komme mit, wenn du möchtest!“
Dankbar lächelte sie ihn an. „Würdest du das wirklich tun?“
Er lachte leise. „Na klar, los geht’s!“
Sie legten die wenigen Meter bis zur Küche zurück, blieben jedoch vor der Tür noch einmal stehen.
Am Küchentisch saß ein älterer Mann mit einem sorgfältig gestutzten Vollbart, der in einem sehr alt aussehenden Buch blätterte und zwischendurch einen vorsichtigen Schluck aus seinem Kaffeebecher nahm.
Am Tresen stand Dean, der in einer Schüssel rührte, während neben ihm ein anderer Mann Butter in eine Pfanne gab.
Jenna musterte Deans Vater, auch wenn sie nur sein Profil sehen konnte. Er war ein wenig größer als sein Sohn, sein Haar war dunkelbraun, jedoch mit grauen Haaren gesprenkelt. Er hatte außerdem einen Dreitagebart. Seine Handgriffe waren ruhig und routiniert und schienen in völligem Einklang mit Deans Bewegungen zu sein.
Jenna überlegte, ob den beiden wohl bewusst war, wie gut sie zusammen arbeiteten, und sei es nur bei so etwas simplem wie die Vorbereitung eines Frühstücks. Ihre Bewegungen ähnelten sich sehr, und die ganze Haltung der beiden ließ keinen Zweifel aufkommen, dass sie miteinander verwandt waren und sich gut kannten.
Noch während sie die beiden betrachtete, hob John Winchester den Kopf und ihre Blicke trafen sich.
Er lächelte und blickte sie freundlich an. „Guten Morgen“, sagte er, während er seinen Sohn freundschaftlich mit dem Ellebogen anstieß, um ihn auf sie aufmerksam zu machen.
Jenna hatte wirklich Mühe, sein nettes Verhalten mit dem in Einklang zu bringen, was Dean ihr über seinen Vater erzählt hatte.
„Hey!“
Dean drehte sich nun ebenfalls um, und seine Augen leuchteten auf, als er sie entdeckte.
Ihr Herz vollführte einen kleinen Freudentanz, als er ohne zu zögern auf sie zukam und ihr einen Kuss auf den Mund drückte.
Einen Moment standen sie so da, Stirn an Stirn, und Dean drückte sie leicht an sich.
„Er weiß schon alles“, sagte er dann leise. „Auch über uns.“
Ein schiefes Grinsen seinerseits brachte sie zum Lächeln, denn jetzt konnte sie sehen, dass ihm die Situation ebenfalls ein klein wenig unangenehm war.
Dann löste er sich von ihr und nahm ihre Hand.
„Jenna, das ist mein Dad, John Winchester, und das hier ist Bobby Singer“, stellte er ihr die beiden Männer vor.
„Freut mich Sie kennen zu lernen, Mr. Winchester“, meinte sie höflich, als sie Deans Vater die Hand schüttelte. Dieser lachte.
„John reicht völlig!“, meinte er. „Komm schon, Dean, wir sind noch nicht fertig“, fügte er dann hinzu und deutete auf den Küchentresen.
Sie schüttelte auch Bobbys Hand und war froh, als Jared sie zu einem der Stühle lenkte und sich dann neben sie setzte.
Bobby hatte sich schon wieder in sein Buch vertieft, und so atmete sie erst einmal tief durch und entspannte sich wieder ein wenig.
Sam und Jensen kamen wenig später ebenfalls herunter. Beide waren blass und sahen nicht aus, als wäre ihr Schlaf sehr erholsam gewesen.
Jenna beobachtete interessiert, wie Dean und Jensen wieder eines ihrer Gedankengespräche führten. Es faszinierte sie ungemein, wenn die beiden das taten und für kurze Zeit ihre Umgebung völlig zu vergessen schienen.
Am Ende setzte Jensen sich hin und akzeptierte es, dass sein Zwilling ihm eine Scheibe Toast brachte, zusammen mit einem Glas Wasser und zwei Tabletten. Aber er sah trotzig aus wie ein keines Kind und nagte nur ein wenig an seinem Stück Brot herum, bis John Winchester ihn mit warnendem Blick ansah.
Sam akzeptierte dagegen sein Frühstück und die Schmerztabletten ohne Probleme.
Er hatte Bobby erfreut begrüßt, seinen Vater dagegen eher frostig.
Dennoch berichtete er noch einmal detailliert, was in dem alten Connor Haus genau passiert war.
Fasziniert beobachtete Jenna, wie die sechs Männer Informationen und Theorien austauschten.
Am Ende war es John Winchester, der das Wichtigste zusammenfasste und das weitere Vorgehen festlegte. Sam schaute noch immer ein wenig störrisch drein. Bei Dean jedoch hatte Jenna das Gefühl, dass er froh war, etwas von der Verantwortung abgeben zu können.
Er hatte ihr noch am Abend gesagt, dass er aufgrund ihrer Beziehung viel zu involviert war. Es hatte ihn sichtlich Mühe gekostet, das zuzugeben.
„Jensen, du wirst dich gleich wieder hinlegen, und ich will dich nicht auf den Beinen sehen, es sei denn du musst ins Bad!“, verkündete John nun. Jensen akzeptiere das ohne einen Kommentar, und Jenna musterte ihn besorgt. Anscheinend ging es ihm noch nicht besonders gut, denn sie war sicher, dass er sonst protestiert hätte.
„Sammy, du kannst Bobby bei seinen Recherchen helfen, aber ich möchte, dass du es langsam angehst.“
Der jüngste Winchester presste die Lippen zusammen, bis die Aufmerksamkeit seines Vaters sich von ihm abwandte. „Kaum ist er hier, verteilt er schon wieder Befehle!“, murmelte er dann verärgert.
Jenna sah, wie John einen Moment inne hielt, und sie glaubte schon, dass der Ältere etwas erwidern würde. Aber dann entspannte er sich wieder und wandte sich Jared zu.
„Wir beide gehen zum Haus zurück und sehen, ob wir dort irgendetwas von oder über Josef Connor finden. Irgendwelche Spuren muss er hinterlassen haben, wenn er wütend genug war, seine Frau zu ermorden.“
„Das sollten wir aber erst heute Abend machen“, warf Jared ein. „Wer weiß, was die Nachbarn gestern für Geräusche gehört haben. Wenn da nun bei Tag jemand herum schleicht, ruft noch jemand die Polizei.“
„In Ordnung. Wir können uns erst einmal um die Tagebücher kümmern und sehen, ob wir aus denen noch mehr Informationen kriegen.“
Dann wandte er sich Dean und ihr zu.
„Ich bin sicher, dass Ihr Vater etwas über den Tod Ihrer Mutter weiß, Jenna! Ansonsten hätte er Ihnen sicher mehr darüber erzählt. Vielleicht wollte er sie beschützen. Aber nun darf er nicht mehr länger schweigen, und ich möchte, dass Dean und Sie mit ihm sprechen.“
Jenna nickte, erwiderte aber nichts. Sie konnte nicht behaupten, dass sie sich auf dieses Gespräch freute, aber sie hatte ja sowieso vorgehabt es zu führen, von daher akzeptierte sie die Aufgabe. Dean, der neben ihr saß, drückte ihre Hand, und sie lehnte sich ein wenig an ihn, dankbar für seine leise Unterstützung.
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