Jan 31, 2010 22:39
Ich sitze gerade in Lima am Flughafen und warte darauf, dass mein Anschlussflug nach Santiago in Kürze losgeht. Bisher war die Reise schon irgendwie anstrengend. Lars und Ilka hatten mich freundlicherweise gestern Abend in Mainz Bischofsheim empfangen, wo ich dann heute früh nur um 4 Uhr aufstehen musste, damit ich um viertel nach fünf am Frankfurter Flughafen sein würde. In Bischofsheim lag vereister Schnee auf der Straße und als ich zwei Koffer, die beide über zwanzig Kilo wogen, darüber hinweg in Richtung Bahnhof schleifte, merkte ich bald wie meine Fingerspitzen anfingen vor Kälte zu schmerzen. Ein eigenartiges Gefühl, das ich glaubte zum ersten Mal in dieser Art und Weise wahrzunehmen; oder der letzte härtere Winter, bei dem ich etwas Vergleichbares hätte spüren können, lag schon so lange zurück, dass ich mich nicht mehr erinnerte. Ich besitze auch keine Handschuhe, aber ich denke nun ernsthaft über eine Anschaffung nach. Ansonsten hatte ich versucht, mich so zu kleiden, dass ich auf die Mitnahme einer dicken Winterjacke in den chilenischen Sommer würde verzichten können, was dazu geführt hatte, dass ich mich mit einem gewöhnlichen T-Shirt, einem Wollpullover, einer Wollstrickjacke und meiner braunen Kordjacke gewappnet hatte. Und ich muss sagen: Diese doppelte Wollschicht hat’s echt getan. Mir war kein bisschen kalt.
Nun, ich kam jedenfalls arg müde am Frankfurter Flughafen an, gab mein Gepäck in Terminal 2 auf, fuhr zurück nach Terminal 1, weil mir dort das gastronomische Angebot mehr zusagt, frühstückte dort und fuhr zurück nach Terminal 2, um in den Flieger nach Madrid zu steigen. Es war ein Flug von Iberia, was mir nicht besonders zusagte, weil Iberia auf ihren kürzeren Flügen seit ein paar Jahren keine kostenlose Verpflegung mehr anbietet. Es wird zwar ein Wägelchen mit Getränken und belegten Baguettes durch den Gang gefahren, aber wenn man etwas davon habe möchte, muss man dafür zahlen. Die Preise ähneln denen der Deutschen Bahn oder übersteigen diese sogar noch. Ich lehnte dankend ab und hab mir dann auf dem Flughafen in Madrid was zu essen besorgt. Dort legte ich mich dann an der Abflughalle für eine Stunde auf den Fußboden, um die Gelegenheit zu nutzen, meine Beine eine letztes Mal in horizontaler Position auszustrecken, denn auf dem Flug der folgte, war mir das nicht möglich. Der folgende Flug von Madrid nach Lima war ebenfalls einer von Iberia; diesmal freundlicherweise mit kostenloser Verpflegung, was andernfalls auch ziemlich hart gewesen wäre, da der Flug zwölf Stunden dauerte. Ich hatte einen Peruaner neben mir sitzen, der wohl schon ein Weile ein Spanien lebte, da er mehr mit spanischem als peruanischem Akzent sprach. Auch die Wortwahl wies daraufhin, z.B. „Gilipollez“. Er war eigentlich ganz nett und hat mir einiges über Peru erzählt, aber irgendwann ging er mir auf die Nerven, weil er unglaublich viel laberte und mir manche Sachen nicht nur ein oder zwei, sondern drei oder viermal erzählte. Hier und da fanden sich auch etwas merkwürdige Aussagen. So meinte er beispielsweise, dass er sich in Spanien nur mit Spaniern abgebe, da die Latinos oftmals aus niedrigen sozialen Schichten stammen, sich gerne volllaufen ließen und sich unanständig aufführten. „Der Europäer“ hingegen genieße Alkoholisches in maßvoller Art und Weise (als gäbe es keine Europäer, die sich asozial benehmen). In Peru sollte ich mich in das Urwaldgebiet des Amazonas begeben, aber ohne meine Frau, denn die Frauen dort seien überaus leicht zu haben, da sie eine bestimmte Obstsorte zu essen pflegen, die sie aufgrund bestimmter Hormone ziemlich sexhungrig mache. (Scheint mir allerdings für tourismuswirtschaftliche Werbezwecke etwas problematisch zu sein).
Schlafen konnte ich auf diesem Flug kaum. Da wir tagsüber und in Richtung Westen flogen, war es die ganze Zeit hell. Wir waren um 13 Uhr (MEZ) in Madrid losgeflogen und kamen nach ziemlich genau zwölf Stunden in Lima an. Aufgrund der Zeitverschiebung war es dort aber erst 7 Uhr abends. Mich empfing die Nichte einer peruanischen Bekannten aus Heidelberg, für die ich einen Koffer mitgenommen hatte. Wir unterhielten uns eine Weile, wobei sie feststellte, dass ich über gute Spanischkenntnisse verfügte. Nichtsdestotrotz sprach sie überaus langsam und bewegte ihre Lippen sehr deutlich, so als würde ich sie andernfalls nicht verstehen, was für mich einer gewissen Komik nicht entbehrte. Wir verabschiedeten uns und ich gab meinen Koffer erneut auf, wonach ich noch etwa fünf Stunden bis zum Start meines Fluges nach Santiago hatte. Ich setzte mich an einer Stelle des Flughafens mit dem Rücken zur Wand auf den Boden, streckte die Beine aus und hörte mit meinem ipod Musik. Das muss für manche der Peruaner, die vorbeigingen, ein komisches Bild gewesen sein, denn hin und wieder sah man mich etwas irritiert und verwundert an. Ich vermute, es lag daran, dass die wenigen Peruaner mit einer Hautfarbe, die der meinen in Sachen Helligkeit nahe kommt, für gewöhnlich höheren sozialen Schichten angehören und sich als Mitglieder eben solcher wohl nie auf den Fußboden irgendeines öffentlichen Raumes setzen würden.
Später aß ich noch einen Teller gebratenen Reis mit Gemüse, Hühnchen und Ei und fuhr mir einen Donut und eine heiße Schokolade rein, wobei mir die Schokolade so übertrieben süß vorkam, dass ich die Hälfte im Becher ließ. Dann begab ich mich zur Abflughalle. Peru hat auf diesen Wegstrecken neben der Handgepäck- und Personenkontrolle allerdings noch eine weitere Station eingefügt, bei der man zur Kasse gebeten wird: Es handelt sich um eine Flughafengebühr, die bei internationalen Flügen mit USD 31 ganz schön happig ausfällt. Eine ähnliche Gebühr fällt auch für die Nutzung von Busbahnhöfen an, wenn man längere Busfahrten auf sich nimmt, die einen bis jenseits des jeweiligen Stadtgebietes bringen.
So, jetzt muss ich vorerst Schluss machen, da jetzt ans Einsteigen geht.