Sommerchallenge-Prompt: angst - 5 vor 12
Fandom: Good Omens
Genre: some angst, some humor, some theological musings
Handlung: Er war entschlossen, dieses Projekt zu stoppen.
A/N: Vor 15 Jahren habe ich eine theologische Masterarbeit zum freien Willen Korrektur gelesen und vor 30 Jahren habe ich Philosophie mit dem Schwerpunkt auf mittelalterlicher Philosophie studiert. An beides habe ich nur noch schemenhafte Erinnerungen;) Aber faszinierend war’s.
Länge: ~ 600 Wörter
Zeit: ~ 40 Minuten
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Selbstverständlich war ihm immer klar gewesen, daß das Ziel, das Ende aller Dinge, die Wiederkehr Christi und das Jüngste Gericht war. Niemand außer Gott selbst in ihrer unergründlichen Weisheit wußte, wann es so weit war, aber daß es irgendwann so weit sein würde, stand unzweifelhaft fest. Grob gesprochen würde sie zu diesem Zeitpunkt die Menschheit sortieren in gut und schlecht, die Guten würden im Angesicht Gottes leben und die Schlechten in ewiger Verdammnis. Und natürlich würde damit auch die Umgestaltung des gesamten Universums einhergehen: Keine Erde mehr, nur noch Himmel und Hölle.
Aber bis vor kurzem war das dennoch nur eine abstrakte Idee gewesen. Etwas, was irgendwann passieren würde: Der Triumph des Guten über das Böse.
Irgendwann.
Aber doch nicht jetzt.
Als Metatron die Wiederkehr Christi erwähnt hatte, war ihm klar gewesen, daß er etwas unternehmen mußte. Er hatte gehofft, daß sie es zusammen tun würden: Das System verändern, von innen. Er hatte es so sehr gehofft. Aber auch wenn er nun wieder auf sich alleine gestellt war, würde er nicht aufgeben. Er mußte zu ihr durchdringen und ihr klar machen, daß das keine gute Idee war. Den Menschen würde das überhaupt nicht gefallen. Alles, was sich in den letzten Jahrtausenden entwickelt hatte, Gutes und Schlechtes, mit einem Schlag ausradiert. Und dann die ewige Verdammnis … Sie mußte doch wissen, in ihrer unermeßlichen Weisheit, daß man seinen Geschöpfen nicht einen freien Willen geben konnte und sie dann verurteilen, wenn sie ihren freien Willen benutzten. Beides gleichzeitig war nicht möglich: Gab man den Menschen einen freien Willen, konnte man nicht erwarten, daß sie sich aus freiem Willen nur zum Guten entschieden. Ohne die Möglichkeit zum Schlechten war der Wille per definitionem nicht frei. Und die Menschen dafür zu bestrafen, daß sie das taten, was sie ihnen ermöglicht hatte - tatsächlich hatte er da schon bei der Sintflut ein schlechtes Gefühl gehabt.
(Natürlich hatte strenggenommen Crowley der Menschheit mit dem Apfel den freien Willen gegeben. Aber war das denn nicht Gottes unergründlicher Plan gewesen? Natürlich geschah nichts gegen ihren Willen, sie war allmächtig. Erst mit der Erschaffung des freien Willens war es überhaupt möglich, daß etwas gegen Gottes Willen geschah. Es mußte möglich sein, denn ansonsten wäre der Wille nicht frei. Aber war sie dann noch allmächtig? Er war in diesen theologischen Fragen nie besonders gut gewesen.)
(Und außerdem: Er war zu lange Teil des Systems gewesen um zu ignorieren, daß es Verwaltungsirrtümer gab. Nein, nicht jeder Engel war zu recht gefallen. Manche hatten auch einfach nur Fragen gestellt. Und nicht jeder Mensch, der etwas Schlechtes tat, war vollkommen schlecht. Viele waren irgendwo dazwischen, eine der unzähligen Grauschattierungen, die das Leben hervorgebracht hatte. Und dann gab es noch die vielen Dinge, über die sie im Laufe der Jahrtausende ihre Meinung geändert hatte. Mischgewebe aus Wolle und Leinen zum Beispiel: Vor einigen Jahrtausenden ein absolutes no go, inzwischen nur noch ungern gesehen. Wie sollte das überhaupt möglich sein, die Guten von den Schlechten zu trennen, und war das Risiko nicht viel zu groß, daß Menschen zu Unrecht in ewiger Verdammnis enden würden? Und würde es den anderen wirklich gefallen, dieses ewige Leben im Angesicht Gottes? Würden sie nicht vielleicht doch lieber weiterhin ihr irdisches Leben leben mit den Menschen, die sie liebten?)
Er war entschlossen, dieses Projekt zu stoppen.
Aber nicht einmal der oberste der Erzengel hatte ihr Ohr. Sie war auch für die himmlischen Heerscharen schon seit der ersten Sintflut stumm geblieben. Wenn überhaupt, so konnte Metatron sie erreichen, und manchmal zweifelte er sogar daran. Welche Beweise gab es denn, daß Gott zu Metatron sprach? Vielleicht tat auch Metatron schon seit Jahrtausenden nur noch das, was er für ihren Willen hielt.
Das einzige, was er erreichen konnte, war das Projekt zu verzögern. Und das würde nicht ausreichen.
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