3 Wollen die mich nicht?

Aug 08, 2018 08:55

Biodanza 9

Am Anfang eines Tanzabends ist immer der Tanz der Worte: Man soll kurz sagen, wie es einem geht. Ich stelle fest, dass die anderen immer viel lachen bei meinen Beiträgen, aber sich lachen mich nicht aus. Sie finden mich originell. Julia sagt, sie mögen meine Offenheit.

Es gibt einen Tanz, bei dem man sich gegenübersitzt (ja, auch das heißt „Tanz“!) und sich mit einem Teelicht beleuchtet, um das Gesicht des anderen zu erforschen. Nachdem ich mit Margaretha schon dreimal die Rollen gewechselt habe, ruft Julia zum Wechsel auf. Ups.

Biodanza 10

Es gibt einen skurrilen Tanz, bei dem man den Namen des anderen raunt, um seine Zellen aufzuwecken. Danach ein Tanz, bei dem einer den anderen im Arm hält wie ein Baby und ein dritter beide umarmt. Meine beiden Tanzpartner heißen Helga und Ansgar und ich kann mich nicht entscheiden, von wem ich gehalten werden möchte. Ich will auch niemanden kränken. Dann sagt Ansgar: „Na, wo willste hin, zu Mama oder zu Papa?“ Das ist so schön, dass ich wieder weinen muss.

Kuscheltraum 8

Elana ist nicht da. Winfried sagt, dass sie sich mit Kopfschmerzen abgemeldet hat. Schade. Na mal schauen. Ob ich jetzt wieder kämpfen muss? Es ist eine Tanja dabei, die ich von den anderen Abenden schon ein bisschen kenne, obwohl ich noch nichts mit ihr gemacht habe. Beim Vorprogramm gibt es zwei Kreise, und dann soll sich jeder einen Partner suchen. Tanja fragt laut: „Darf der Partner auch aus dem anderen Kreis kommen?“ Komischerweise fühle ich mich augenblicklich gemeint und springe zu ihr hin. So sicher habe ich mich noch nie gefühlt.

Bei der Kuschelrunde sind gleich drei Frauen um mich herum! Auch Tanja gehört dazu. Da ich nur zwei Arme habe, lege ich mich auf den Rücken und habe in jedem Arm eine Frau. Die dritte hat einen anderen Mann gefunden. Tanja sagt: “Du hast es gut,“ und damit hat sie verdammt recht. Erst wollen sie gar nichts von mir wissen und jetzt stehen sie Schlange. Was ist bloß los? Das Leben ist so verrückt.

Biodanza 11

Ansgar sagt: „Du strahlst aus, dass es Dir gut geht.“ Ich sage: „Plus / Minus“. Er findet das witzig.

Heinz sagt: „Du stellst Dich sehr gut auf die anderen ein“. Ich staune, dass er gleichzeitig tanzen und dabei noch andere beobachten kann.

Die, mit denen ich viel tanze sind: Helga, Hilke, Hilke, Margaretha und Ansgar.

Biodanza 12

Doppelvivencia - ein Feuerwerk der Gefühle:

Zwei Biodanzagruppen tanzen gemeinsam - ein Riesenhaufen! In der anderen Gruppe scheinen fast nur ältere Damen zu sein - paradiesische Zustände! Ja, wirklich. Frauen ab 50 finde ich einfach so liebenswert, so sachte, so sanft... Ach!

Tanja ist auch dabei. Sie tanzt 90 Sekunden mit mir und ich bin restlos verzaubert. Sie strahlt so viel Liebe aus! Ich suche noch später ihre Nähe, aber das ist müßig. Sie will nichts von mir. Das ist ganz normaler Biodanza! Wow!

Leider schaffe ich es auch mit 39 Teilnehmern bei Zweiertänzen übrigzubleiben. Die Leitung hat heute Julias Freund und nun tanzt er mit mir. Er ist sehr einfühlsam. Was müssen die beiden es schön miteinander haben!

Bei einem anderen Tanz wird sich um die Hüften gefasst und zur Musik gewogen und geschwungen. Die Frau direkt neben mir schaut mich mit braunen Kulleraugen an und wackelt derart mit den Hüften, dass es bei mir kribbelt. Das ist auch neu für mich. Ich kann es ein Bisschen zulassen und dann so richtig genießen.

Bei einer anderen Partnerwahl habe ich schon wieder Probleme. Ich gerate an Jil, die buchstäblich die Nase rümpft, mich auf Abstand hält und mich nicht einmal ansieht. So abweisend war noch nie jemand zu mir, das tut ja richtig weh!

Gleich danach eine Kuschelrunde. Julia breitet ihre Arme aus und rettet mich mal wieder. Wie lieb. Es kommt noch eine zweite namens Andrea und kuschelt mich von hinten und es geht mir wieder gut.

Kuscheltraum 9

Tristan sucht immer wieder meine Nähe. Irgendwie irritiert mich das. Ich kann mich nicht so recht darauf einlassen. Liegt es nur daran, dass er ein Mann ist? Er sieht eigentlich nett aus.

Danach: Marga und Rainhard. Marga ist schon im Vorprogramm direkt zu mir gekommen. Sie wollen mich also immer noch, wie schön. Zum Kuscheln ist sie wieder bei mir. Allerdings muss ich sie mit Rainhard teilen. Das geht erstaunlich harmonisch ab. Rainhard streichelt mich fast mehr als Marga. Sie wendet sich mal ihm und mal mir zu, wobei ich das Pech habe, auf der für ihren kaputten Rücken ungünstigen Seite zu liegen. Trotzdem ist es ein schönes Erleben mit Zufriedenheit bei mir, weil es eine funktionierende Dreierkuschelei ist.

Danach: Gerda und der Freudeanfall. Es wird mir ein bisschen langweilig bei Marga und ich schaue mich noch mal um. Die schicke Eva winkt ab. Doch Gerda liegt ganz alleine! Dabei haben wir Männerüberschuss und sie hat selber gesagt, dass sie Männer sehen möchte. Es entsteht ein allgemeines Gerangel, aber ich bin am schnellsten an ihr dran. Wir sind harmonisch und zweisam, und streichele sie so zart wie möglich. Dann lege ich meinen Kopf auf ihr ab und mache es mir gemütlich. Ich genieße einfach nur, und das Glücksgefühl wird immer intensiver, ein irres Kribbeln im Bauch! Ich beschließe, es zuzulassen. Dann passiert es: Das Gefühl ergreift von mir Kontrolle wie ein wilder Dämon und ich flippe total aus. Seufzen, Stöhnen, dann lauthals Lachen und Jubeln schütteln mich komplett durch wie ein umgekehrter Nervenzusammenbruch. Sowas habe ich noch nie erlebt! Als es vorbei ist, fühle ich mich wieder ganz normal an.

Beim Schlussgespräch nenne ich es „Freudeanfall“, was die anderen sehr lustig finden. Anscheinend war es nicht schlimm für sie.

Gerda sagt anschließend: „Danke für das Vertrauen.“ Anscheinend hat es auch ihr gefallen. Erst danach fällt mir auf, wie tief ich ihr vertraut habe. Dabei hat sie eigentlich gar nichts gemacht. Zauberei?

Biodanza 13

Ich beschließe, bei der Partnerwahl nicht lange rumzusuchen, sondern den allerersten Blickkontakt, den ich bekomme, auch zu nutzen. Denn wer mich frühzeitig ansieht, will mich auch, und das ist gerade das, was ich mir wünsche. Vielleicht klappt es dann ja auch besser mit der Partnerwahl.

Die Vivencia wird für mich ein fast reiner Männerabend. Die meiste Zeit bin ich mit dem jungen Ansgar zusammen. Dann kommt noch Michael dazu und wir haben eine richtige „Männerharmonie“ mit wildem Tanzen und gegenseitigem Rumkatapultieren.

Trotzdem ist da immer wieder diese Situation: Julia ruft zur Partnerwahl und keiner schaut mich an. Das ist immer dann, wenn ein Tanz dran ist mit viel Nähe und Harmonie. Dann lassen sie mich links liegen. Das kränkt mich dermaßen, dass es mir den ganzen Spaß verdirbt.

In den nächsten Tagen beschäftigt mich das so, dass ich vor Bauchschmerzen nicht richtig arbeiten kann. Ich möchte es in der Gruppe, im Tanz der Worte sagen, aber ich habe totale Angst, dass sie mich dann als „Psycho“ ansehen und erst recht meiden. ich formuliere im Kopf ein Dutzend Ansprachen. Julia sagte mir schon, dass das Teil der Verarbeitung ist und keine Zeitverschwendung!

Biodanza 14

Ich habe solche Angst, meine Ansprache zu halten, dass ich früher hinfahre und noch mit Julia rede. Sie macht mir Mut.

Dann geht es los und ich stammele meinen Text runter. Ich beschreibe die Situation, dass mich keiner ansieht und dass es sich verletzend anfühlt. Und dass es nur dann ist, wenn es um zweisame Tänze mit Tiefgang geht. Und dass sie bitte nicht gleich antworten sollen, um den Ablauf nicht zu stören. Doch es antworten alle darauf!

Der dicke Ansgar bestätigt mich sofort. Es geht ihm genauso, aber er hat es hingenommen. Dann der ältere Heinz. Er hat die gleiche Ansicht und regt sich richtig auf! Er findet noch viel deutlichere Worte „Das ist kein Biodanza!“ Dann geht es weiter, und es stellt sich heraus, das fast alle dieses Gefühl haben oder zumindest schon mal hatten! Andere bedanken sich herzlich für meinen Mut und die Offenheit. Ich habe eine Riesenwelle losgetreten und fast alle sind dankbar dafür. Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet.

Die Vivencia selber ist schön, und ich habe die Situation nur einmal, aber ein paar Mal gehen sie wirklich direkt auf mich zu. Es hat also auch ein Bisschen bewirkt.

Auch Julia bedankt sich und sagt, ich hätte den Abend verzaubert. Sie streckt ihre Arme nach mir aus und ich stelle fest, das ausgestreckte Arme das wunderschönste auf der Welt sind.

Kuscheltraum 10

Nach 6 wundervollen Berührungsträumen hintereinander kann mich nichts mehr erschüttern - oder?

Es sind 7 Frauen und 11 Männer da. Keine Elana, keine Tanja, keine Gerda, keine Marga. Ich beschließe, heute nur mit Männern zu kuscheln. Die einzige, die mir noch gefallen könnte, ist Elisabeth, aber ich habe keine Lust zum Kämpfen.

Ich beschließe, mich Thorben zu nähern, doch er schnappt sich - Elisabeth. Na toll.

Dann komme ich zwischen Tristan und Ansgar zu liegen und vergnüge mich dort eine Zeitlang.

Obwohl ich längst nicht mehr so viele Hemmungen gegenüber Männern habe wie am Anfang, fließt einfach keine richtige Energie. Es ist gar nichts blödes, einen netten Mann zu umarmen, das ist, wie wenn man einen guten Kumpel drückt. Aber wenn ich eine Frau drücke, dann kribbelt es richtig toll im Bauch, selbst wenn ich sie gar nicht kenne (oder gerade dann? Hmm.) Schade, ich hatte mir das so einfach vorgestellt.

Ich robbe ein Stück weiter auf der Suche nach neuen Zielen. Da ist der alte Heinz. Ich nehme ihn in den Arm und er fängt an zu reden. Es stinkt ihm, dass die Leute so selektiv sind. Die jungen schönen nehmen die jungen schönen und bilden Päärchen und die kapseln sich total ab. Die Alten werden einfach alleine gelassen. Er hat vollkommen recht und ich stimme ihm zu.

Ich sehe, wie zwei andere ältere Männer verzweifelt versuchen, irgendwo anzudocken. Dann spielt sich eine Szene mit einem dieser jungen Päärchen und dem anderen alten Mann ab. Er will dort andocken und sie machen sich nur über ihn lustig. „Er will Dir ans Bein!“; „Ich beschütz Dich!“; es ist total verletzend.

Danach:

Eigentlich hatte ich es ganz gut mit den Männern, aber Heinzens Frust überträgt sich total auf mich. Ich fahre traurig nach Hause. Ich beschließe, das Problem nächstes Mal vor der Gruppe anzusprechen, als freundlichen Appell, die Arme für jeden zu öffnen, zweisam kuscheln kann man schließlich auch zu Hause.

Kaum zu Hause, öffne ich die Mail, nur eine Zeile von Elana: „Ich bin beim nächsten Mal dabei!“ Das sie mir das extra schreibt! Nach 3 Monaten Funkstille! Das Leben ist so schön.

Aber wann ist bei ihr das nächste Mal? 27. Mai oder 10. Juni? Nach dem verkorksten K-Traum habe ich ein Bedürfnis, sie wieder zu treffen. Also rufe ich sie an.

Sie stellt sich als sehr gesprächig heraus, wir bzw. sie redet fast 2 Stunden bis nachts um 2 Uhr.

Danach bin ich komplett entzaubert. Mein Gefühle sind völlig durcheinander, tiefe Enttäuschung, Angst, Sehnsucht, alles gleichzeitig.

Am nächsten Morgen halte ich es nicht mehr aus und beschließe, dass ich das nun beenden will. Ich möchte Elana aus meinem Herzen verbannen, um wieder inneren Frieden zu gewinnen. Also schreibe ich ihr eine herzzerreißende Abschiedsmail und beschließe, nicht zu dem K-Traum zu gehen, den sie besucht.

Danach muss ich so weinen, wie seit Kindheitstagen nicht mehr. Ich heule mir buchstäblich die Augen aus. Danach kommen die Bauchschmerzen. Und ich hatte geglaubt, Liebeskummer sei für Teenager.

Nach einer Woche sind die Bauchschmerzen vergessen. Was für immer bleibt, ist die schöne Erinnerung. Und dass ich durch mein „Nein“ an Stärke gewonnen habe.

Hier geht es zum 4. Teil!

Sie können mich unter adrian(dott)durstbusch(ätt)web(dott)de erreichen.

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