6 Susi

Aug 08, 2018 08:40


Ich sitze in der Kneipe und Susi ist auch da, die Frau, die sich beim CSD spontan in mich verliebt hat. Jetzt stelle ich fest, dass ich schüchtern bin, und sie offenbar auch. Erst ganz am Schluss kommen wir in ein kurzes Gespräch. Ihre Art zu reden ist einerseits ein bisschen seltsam und andererseits angenehm. Sehr ruhig und bedächtig, als wenn sie sich jedes Wort genau überlegen muss. Das gefällt mir. Zwischendurch hatten wir einander sehr viele Mails geschrieben, sie bemüht sich richtig um mich. Irgendwie ist das lieb.

Biodanza 23

Das Thema ist „Jugend“. Ein Tanz handelt vom Loslösen vom Elternhaus. Er beginnt zu dritt mit verteilten Rollen, dann löst sich das "Kind" von seinen Eltern, tanzt alleine durch den Raum unter den wohlwollenden Blicken seiner Eltern und kommt ab und zu wieder zu ihnen zurück. Meine „Eltern“ sind Helga (endlich wieder dabei!) und Brigitte. Dummerweise trampele ich Michael genau auf seinen wunden Zeh. Ich laufe gleich zu meinen „Eltern“ und sage „ich hab schon wieder einen demoliert!“ - alle Lacher auf meiner Seite!

Biodanza 24

Das ist die erste Vivencia, bei der ich nicht mehr schmerzfrei werde. Dennoch kann ich Freude empfinden und bleibe länger. Tanja offenbart sich beim Tanz der Worte mit ganz schwerwiegenden Problemen. Das hätte ich nie gedacht! Ich glaubte immer, Tanja sei die Zufriedenheit in Person und hab sie schwer beneidet. Dabei hat sie genauso schwer zu tragen wie ich und sogar in ähnlicher Art.

Susi

Vorm Biodanza treffe ich mich heimlich mit Susi. Mein erstes Date mit einer Geliebten! Nur schade, dass es mir körperlich so mies geht, sonst könnte ich mich noch mehr drauf freuen, sowas aufregendes und schönes!

Wir spazieren im Schlosspark, liegen gemeinsam auf der Wiese und gehen danach noch Essen. Sie ist wirklich nett und hat eine sehr liebenswerte, sanfte Art. Wer hätte das gedacht. Einmal möchte sie mich umarmen und ich habe glattweg Nein gesagt. Ich wundere mich über mich und denke: Manchmal ist das Gefühl schlauer als man selber.

Trotz allem kann ich den Nachmittag mit ihr wirklich genießen. Ich bin nahezu schmerzfrei.

Biodanza 25

Diese Vivencia ist so schön wie immer.

Biodanza 26

Diese ist dem Thema „Krieger“ gewidmet, und ich denke: Das ist ja gar nichts für mich. Doch dann spüre ich im Tanz meine eigene Stärke und sehe auch die Stärke der anderen und das gefällt mir dann richtig gut. Von den Frauen beeindrucken mich vor allem Freya und Mathilde als Kriegerinnen, so schöne starke Frauen! Das macht was mit meinem Herz. Später gibt es einen Tanz mit dem Thema „Demut“. Mann soll sich tatsächlich vor jemandem demütig geben, komisches Gefühl, doch dann berührt es mich sehr. Am Schluss eine sehr intensive Begegnung mit Annette. Zum Abschied bedankt sie sich noch!

Nach dem Essen schmuse ich noch mit Julia, sie ist so unglaublich lieb. Ich spüre förmlich die Heilung und gehe schmerzfrei nach Hause.

Biodanza fühlt sich an wie: „jede Woche eine andere Geliebte“.

Biodanza 27

An diesem Tag geht es mir gut. Die Vivencia ist ganz nett, aber gar nicht so aufregend wie manch andere.

Kuscheltraum 12

Außer mir ist eine weitere autistische Frau dabei. Autismus und Kuscheln scheint nicht so unmöglich zu sein, wie die Schulmedizin gerne behauptet. Immerhin ist heute Frauenüberschuss. Es kommt alles anders, als man denkt.

Ich komme zwischen zwei Frauen zu liegen, die ich noch gar nicht kenne. Wir liegen also alle hintereinander als „Löffelchen“, und alle gemeinsam benutzen die eine autistische Frau als Kopfkissen! Ja, sie möchte das so. So kuschelt man also mit 3 Frauen gleichzeitig. Daran ändert sich fast bis zum Schluss nichts. Eine scheint richtig glücklich bei mir zu sein, sie strahlt eine tolle Energie aus. Die andere ist etwas reserviert, aber immerhin läuft sie nicht weg.

Ganz zum Schluss kommt die Autistin dann noch zu mir rüber und ich drücke sie richtig heftig. Ich habe gar keine Hemmungen und spüre die Seelenverwandtschaft.

Im Abschlusskreis hält eine Frau mich immer noch ganz fest, die glüht richtig. Wer hätte das gedacht. Was für ein wundervoller Abend.

Biodanza 28

ist diesmal bei einer anderen Gruppe mit einer anderen Leiterin im Yogazentrum. Es ist eine Anfängervivencia, und es sind auch fast nur Anfänger da, und, wie verabredet, auch Susi. Die vom CSD. Sie sieht urig aus. Ein Rock mit Hosenträgern und ein Hemdchen aus dem 20. Jahrhundert. Ich frage mich, ob sie wohl kurz nach dem Krieg so rumgelaufen sind. Wenn ich mit ihr tanze, kommt keine fühlbare Nähe zustande (ich hatte das gehofft, schade). Wenn wir uns beim Tanzen an den Händen halten, sind ihre Arme so butterweich, die haben nicht mal einen Muskeltonus. Sowas habe ich noch nie erlebt. Man hat durchaus Blickkontakt mit Ihr, sie lächelt freundlich, aber irgendwas ist irritierend.

Wir laufen zusammen zum Bahnhof und gehen noch essen. Sie ist eigentlich eine nette Gesellschaft. Zum Dank für das spendierte Essen drückt sie mir noch einen Kuss auf die Wange. Das fühlt sich so unbeholfen an, als hätte sie noch nie jemanden geküsst.

Biodanza 29

An diesem Tag habe ich am Vormittag eine Spritze mit Schmerzmittel bekommen, wodurch ich eine vollkommen schmerzfreie Vivencia genießen darf. 12 Vivencias sind ein Zyklus, und wenn ein neuer beginnt, werden neue in die Gruppe aufgenommen. Heute beginnt also ein neuer Zyklus mit neuen Teilnehmern, die Gruppe ist riesig. Ich tanze mit einem Mann ziemlich schön, er ist wie ein richtiger Tangotänzer. Die beiden Ansgars wollen auch gerne mit mir tanzen.

Ich komme wieder mit Annette sehr nahe. Wir erfinden gemeinsam neue Figuren, es ist richtig toll. Die schiere Freude.

Beim Essen muss ich vorzeitig aufbrechen, wegen der Bahn, was echt schade ist. Gerade hatte Julia es sich neben mir gemütlich gemacht. Helga möchte mich fahren, aber ich lehne das ab, weil ich sie nicht um den schönen Abend bringen möchte.

Susi 2

Diesmal fahre ich sie besuchen. Bei einer Geliebten im Bett übernachten - einmal will ich das auch ausprobieren!

Sie holt mich abends vom Bahnhof ab und wir laufen zu ihr. Schmerzmäßig geht es mir nicht so gut, und ich möchte ganz viel laufen. Zum Glück ist sie damit einverstanden.

Ihre Wohnung ist *sehr* spartanisch und mehr als ärmlich, auch ein bisschen dreckig. Sie ist tatsächlich arm, aber so zu wohnen, ist bei ihr wohl auch Lebensüberzeugung. Da habe selbst ich mehr Sinn für Gemütlichkeit. Egal. Ich nehme sie, wie sie ist, und sie ist gastfreundlich.

Wir machen zusammen Krankengymnastik (ohne einander zu berühren!) und zeigen uns gegenseitig Übungen. Dann gehen wir ins Bett. Ich habe nicht das geringste Verlangen nach ihr, ich mag ihr nicht mal die Hand reichen. Bald schlafe ich ein. Mitten in der Nacht wache ich mit einer Panikattacke auf! Das liegt wohl und der ungewohnten Umgebung. Immerhin schaffe ich es, ihren Namen zu rufen. Als es abgeklungen ist, fragt sie mich, ob sie mich in den Arm nehmen soll. Sie ist sehr ruhig und verständnisvoll bei der ganzen Sache, und ich lasse es zu und nehme ihre Hand. So haben wir doch noch Kontakt. Dann schlafe ich wieder ein.

Da sie weder Tisch noch Stuhl besitzt, tafeln wir morgens im Bett sitzend an einer Jaffakiste. Sie hat auch keinen Kühlschrank und daher extra wegen mir Aufschnitt gekauft, den ich dann mitnehmen darf. Wir machen einen Spaziergang durch die Siedlung. Die Gesprächsthemen mit ihr sind leider nicht so tiefgängig, wie ich es mir wünsche. Man erfährt wenig von ihr.

Dann ruhen wir uns nochmal aus. Sie geht ins Bad zum Meditieren und ich ruhe mich auf dem Bett aus. Am Schluss wünsche ich mir doch, sie würde herkommen und mich knuddeln. Aber mir das von ihr holen möchte ich auf keinen Fall. Sie kommt nicht.

Dann laufen wir zurück zum Bahnhof. Sie erzählt mir, dass ihr Vater ihr immer Jungenkleidung angezogen hat. Zum Abschied drücke ich sie nochmal ganz fest.

Biodanza 30

Diesesmal beim langsamen Teil sucht Karla mich aus. Sie sieht ziemlich flott aus, mit tiefem Dekollete und so. Und die will nun so einen alten Knochen wie mich. Das ist ja nett. Es ist sehr schön mit ihr.

Biodanza 31

fällt eigentlich aus, aber Tanja macht zuhause eine Party und lädt die ganze Gruppe ein. Sogar Julia ist da. Man soll was tolles zum Essen mitbringen. Tanja bringt immer extra tolle Sachen mit, wie soll ich an das Niveau herankommen? Ich koche eine Kürbissuppe aus eigenem Garten und sie kommt gut an. Ich komme gut zurecht auf der Party, rede mit einigen, fresse mich so durch und kuschele auch ein bisschen mit Julia.

Biodanza 32

Die Vivencia ist schön und freudevoll. Ich suche mir eine schöne große Frau aus und sie sagt, sie hätte mich auch ausgesucht. Nett. Beim Essen setzt sie sich noch zu mir und ich sage: „Irgendwie kommst Du mir bekannt vor. Bist Du von Philippa rübergekommen?“. „Wieso, ich bin doch schon 3 Abende dabei, Du hast doch schon mit mir getanzt!“ Möööp, Fettnäpfchen!

Heinz erzählt mir etwas von Wundern und Gedankenkraft, ich glaube nicht an sowas, aber ich höre ihm wohlwollend zu und nehme ihn in den Arm. Julia hat wohl keine Lust auf die Geschichten und flüchtet in den Kuschelhaufen, der sich gebildet hat. Dabei wollte ich doch mit ihr kuscheln. Ich beschließe, gemeinsam mit Heinz dichter an den Haufen ranzurücken. Heinz fragt, „darf ich rankuscheln?“ und Helga sagt nein. Sie möchte keine Nähe. Was sie nicht davon abhält, die Nähe zu anderen beizubehalten. „Na dann hau ich jetzt eben ab“ und weg ist er.

Ich sitze auch bedröppelt da, die Abfuhr galt ja auch mir. Ich versuche noch, in den Haufen zu kommen, vergeblich. Nicht möglich, ohne die Harmonie zu zerstören, an der ich ja teilhaben will.

Danach spreche ich Julia auf das mit Heinz Erlebte an und sie sagt: „Der ist selber Schuld, der ist zu Hause einsam und lebt das hier weiter.“ Ramms.

Am Ende bin ich doppelt bedient. Zum einen, weil ich selber nicht richtig zum Zuge kam, aber noch viel mehr, weil es Heinz so schlimm erging, und eigentlich ist er doch der Biodanzaprofi. Ich dachte immer, wenn man so toll ist wie er, dann kann man nicht mehr verlieren und jetzt das. Ich komme nicht mehr raus aus dem Grübeln und fühl mich die ganze Woche genauso mies wie er an dem einen Abend.

Meine alte, blöde Unsicherheit ist zurückgekommen. Also: wieder aufstehen, neu anlaufen, nochmal springen.

Kuscheltraum 13

Der zweite Teil im Kuscheltraum läuft immer nach einem ähnlichen Muster ab: Alle Teilnehmer stehen rundherum am Rand der Mattenlandschaft und auf Los gehts los. Die Leute finden sich dann sehr schnell und viele lassen dann auch nicht mehr los und lassen auch keinen anderen mehr ran. Es hat etwas von einer Kampfsituation. So ähnlich wie 20 Hunde und ein Futternapf.

Da ist eine neue, die so hübsch rund ist. Als alle sich zum Kuscheln im Kreis vor die Matten stellen, denke ich: Ich mache so eine leichte Linkskurve an Tanja vorbei und versuche direkt bei der Neuen zu landen. Vielleicht bleibe ich dann an der richtigen Stelle hängen. So viel zu komplizierten Schlachtplänen. Kaum zu Ende gedacht, schnappt Marga mich von hinten und zieht mich beherzt zu sich runter. Auch gut! Wir drücken einander wie die Weltmeister. Später lässt sie etwas nach, schaut sich nach anderen um, findet aber keinen und bleibt bis zum Schluss bei mir. Ich bin tagelang verzaubert.

Biodanza 33

Julia nimmt mich zur Begrüßung so zart in den Arm, und alle Unsicherheit vom letzten Mal ist vergessen. Es gibt eine schöne Vivencia. Ich tanze mit einer Neuen, die so sensibel ist, und es wird unglaublich toll. Ein richtiges Spiel mit Blicken, Berührung, Nähe und Distanz, Anlocken und Fortstoßen. Am Ende liegen wir uns in den Armen. Später folgt noch ein schöner Umarmungs-Tanz mit Annette. Mit der kann ich auch sehr gut mittlerweile.

Als die Neue geht, gibt sie mir ein Küsschen. Als Annette geht, sagt sie: „Schön war's“. Ich mach ja wohl alles richtig. Boah ich bin so toll!

Hinterher wird wieder gegessen und gekuschelt. Ich merke aber, dass diese Art zu kuscheln gar nicht so das ist, was ich wirklich will. Also lasse ich es und fahre nach Hause. Ich bin ein bisschen traurig darüber, aber dann denke ich: Es ist doch gut, dass ich weiß, was ich nicht will. Ich muss auch nicht jeden Brocken essen, den ich kriegen kann. Ich bin doch kein Hund!

Biodanza 34 „Raketenstart ins Glück“

Diese Vivencia steht unter dem Motto „hol Dir das Glück!“, und ich weiß erst überhaupt nicht, wie ich das machen soll. Ich habe Schmerzen, ich muss zum Klo, und da soll ich das Glück holen? Ganz schlimm wird es, als wir Dreiergruppen bilden sollen ich ich übrigbleibe. Am Boden zerstört sitze ich auf der Matte.

Doch dann das: Julia kommt zu mir und macht einen Tanz nur für mich! Sie ist so lieb. Es ist nicht zu fassen. Gleich danach ruft die kleine Paula „Komm!“, zu einem neuen Tanz zu sechst. Danach bin ich nicht mehr zu halten. Als Julia sagt, „sucht Euch einen Partner“, da nehme ich gleich zwei! Ich lasse mich von vorne und von hinten umarmen. Dann geht es in den Kuschelhaufen, Paula bleibt bei mir. Nach der Vivencia kuschele ich noch mit Karla, dann wieder mit Paula und zum Schluss mit Julia.

Was für ein wundervoller Abend!

Susi 3

Ich habe tatsächlich eine Geliebte: Sie ruft mich an! Wir reden eine ganze Zeit lang, und sie ist wieder ganz furchtbar rätselhaft. Ich versuche, sie zu enträtseln und kann bei ihr eine leichte Agression spüren. Innerhalb von drei Sätzen kommt sie zu der Erkenntnis, dass ich männlich, dominant (macht die Witze?) und daher vollkommen ekelhaft sei. Sie wünscht mich zum Pfeffer und legt den Hörer auf. *PENG* aus und vorbei!

Wirklich schlimm ist das jetzt nicht. Für mich war sie ein Abenteuer, als Mensch fand ich sie einerseits nett, andererseits unheimlich. Immerhin bin ich jetzt wieder frei.

Hier geht es weiter zum 7. Teil!

Sie können mich auch unter adrian(dott)durstbusch(ätt)web(dott)de erreichen.

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