Feb 16, 2011 17:27
Seufzend wälzte Mini sich im Bett herum. Zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Abend, in dieser Nacht, drehte er sich auf die andere Seite. Doch es nützte nichts. Er konnte einfach nicht einschlafen, egal, wie sehr er es auch immer versuchen mochte. Etwas fehlte - und Mini wusste auch ganz genau, was. Oder besser gesagt, wer. Toto.
Auch wenn Mini es nur ungern zugab, wie sehr er die Anwesenheit des anderen vermisste, wie sehr er sich offenbar schon an Torsten gewöhnt hatte. So sehr sogar, dass er es jetzt kaum mehr schaffte, ohne ihn einzuschlafen. Und noch viel schwerer fiel es ihm jetzt, da er wusste, dass er in Totos Bett lag und dass Torsten draußen im Wohnzimmer saß und richtig miese Laune hatte…
Und dass es da noch etwas zwischen ihnen gab, das Klärung bedurfte.
Dennoch hatte Mini sich eigentlich vorgenommen, dieses Mal nicht derjenige zu sein, der nach einem Streit auf den anderen zuging. Außerdem hatte er absolut keine Lust, das Gespräch von gerade eben fortzusetzen - er wollte eigentlich nicht hören, was Torsten über Mimi zu sagen hatte.
Aber im Moment sah es wohl so aus, als würde ihm keine andere Wahl bleiben, als jetzt mit seinem Freund zu reden. Totos Sturkopf kannte er ja inzwischen bereits zur Genüge und er wusste, dass der andere notfalls auch die ganze Nacht auf der Couch verbringen würde. Und das wollte er eben auch nicht - er hasste es einfach, wenn er und Torsten Streit miteinander hatten. Außerdem verhielten sie beide sich im Augenblick wirklich kindisch, wurde ihm in diesem Moment bewusst.
Kopf schüttelnd erhob Mini sich schließlich von Totos eigentlich bequemen Bett, tapste barfuss und nur mit Shorts und T-Shirt ins Wohnzimmer, wo tatsächlich noch immer der Fernseher lief und Torsten auf dem Sofa saß - sein finsterer Blick war allerdings nicht einmal auf die Mattscheibe gerichtet. Stattdessen starrte Toto aus dem Fenster.
Leise näherte Mini sich dem anderen, bevor er sich neben ihm auf das Sofa fallen ließ - jedoch mit mehr Abstand, als er es normalerweise getan hätte. Er hatte noch nicht vergessen, was Torsten gerade eben von sich gegeben hatte.
Toto hatte offenbar erst jetzt bemerkt, dass er nicht mehr allein war, als Mini sich zu ihm gesetzt hatte, denn er schien ziemlich erschrocken, als er die Bewegung wahrnahm und sich zu seinem Freund umwandte.
„Ich dachte, du wolltest ins Bett gehen…“, murmelte er dann abweisend, wandte seinen Blick dabei wieder in Richtung Fenster - und versetzte Mini damit einen kleinen Stich. Aber er kannte Torsten inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er hin und wieder bei weitem härter tat, als er es in Wirklichkeit war.
„Da war ich auch…aber ich konnte nicht schlafen…“, erwiderte Mini daraufhin sanft und er musste sich ein bisschen überwinden, um dann noch hinzuzufügen, „…ohne dich…“
Diese Worte brachten Torsten schließlich doch dazu, Mini wieder anzuschauen und auch wenn er versuchte, es zu verbergen, so konnte Mini doch erkennen, dass für einen Moment die altbekannte Zärtlichkeit in seinen Augen aufblitzte, dieser besondere Blick, bei dem Mini immer das Gefühl hatte, dass er nur für ihn reserviert war.
Ein kleines Seufzen kam von Toto, der sich daraufhin offenbar ein bisschen nervös oder unsicher durch die Haare fuhr. Mini musste ihm auf jeden Fall das mit dem Friseurtermin ausreden, fiel ihm in diesem Moment ein - und Mini konnte nicht verhindern, dass dieser Gedanke ihm ein kleines Grinsen aufs Gesicht zauberte. Im nächsten Augenblick wurde er dann jedoch auch schon wieder ernst, als er Totos Blick auffing.
„Ich…ich kann das einfach nicht, Mini…“, meinte der schließlich leise und da Mini nicht wirklich viel mit dieser Aussage anfangen konnte, wartete er einfach ab, bis Toto weiter redete.
„Wie zur Hölle stellst du das nur an?“, fragte Torsten daraufhin mit einer Heftigkeit, die Mini überraschte und beinahe erschreckte. Noch immer wusste er nicht, was genau Torsten da von ihm wissen wollte, was seine Frage zu bedeuten hatte.
„Wie kannst du das nur so einfach, wie kannst du ihm alles einfach so verzeihen?“, fragte Torsten schließlich mit einem resignierten Kopfschütteln nach. „Warum lässt du andauernd zu, dass er dir dein Leben, unser Leben, wegnimmt, unseren ersten gemeinsamen Urlaub stört - und kaum ruft er an, springst du auch schon, als wärst du sein kleines Schoßhündchen. Und dann bringt er dich auch noch in Gefahr, weil er zu doof ist, sich den richtigen Kerl auszusuchen und weil er nicht fähig ist, mit seinen eigenen Problemen fertig zu werden…? Merkst du denn nicht, dass er sich selbst kaputt macht und dich immer wieder mit sich in die größte Scheiße zieht - was soll denn das bitte für eine Freundschaft sein?“, fügte er dann noch hinzu.
Für einen Moment wusste Mini nicht, was er sagen sollte. Er schluckte, starrte Toto an, der ihn noch immer abwartend musterte, ganz offenbar eine Antwort von ihm verlangte.
Keiner von ihnen beiden bemerkte die Gestalt, die im dunklen Flur, schon fast im Türrahmen stand und die ganze Szene beobachtete.
******
Mimi wachte auf - er wusste nicht einmal genau, was es gewesen war, das ihn letztendlich aus dem Schlaf gerissen hatte. Er fühlte sich eigentlich im Augenblick verdammt wohl, fühlte die angenehme Wärme eines Körpers neben sich und genoss das Gefühl, zu wissen, dass es nicht Daniel war, der hier neben ihm lag - sondern Pascal.
Pommes, den er liebte und der für ihn das Gleiche empfand. Mimi war nur ganz kurz aufgewacht, als Pascal das Zimmer betreten und sich schließlich neben ihn gelegt hatte - es hatte nicht lange gedauert, bis Mimi sich schließlich ein Herz gefasst hatte, den anderen an sich gezogen und dann seine Augen wieder geschlossen hatte, nur um zu fühlen, wie Pascal sich fast sofort entspannt und ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn gegeben hatte.
Dann waren Mimi die Augen wieder zugefallen. Doch jetzt war er seltsamerweise wach. Hellwach. Vorsichtig löste Mimi sich also aus Pascals Umarmung - der schlief selig weiter, packte Mimis Kissen und zog das an sich, als der warme Körper aus seinen Armen verschwunden war. Mimi quittierte das mit einem kleinen, zärtlichen Lächeln. Er verstand noch immer nicht so recht, womit er den anderen überhaupt verdient hatte. Aber er würde nicht mehr weiter danach fragen, würde endlich aufhören, das Glück, das er hatte, weiter zu hinterfragen - er würde es einfach genießen, mit Pascal zusammen zu sein…
So leise wie möglich verließ Mimi das Zimmer, machte sich dann auf den Weg in die Küche, um sich dort was zu trinken zu holen. Er verzichtete darauf, das Licht im Flur anzuknipsen - das Licht, das durchs Wohnzimmer in den Gang fiel, reichte aus für ihn. Offenbar war da noch irgendjemand in dem anderen Zimmer, also entweder Toto oder Mini - oder beide.
Mimi hoffte ja inständig, dass die beiden sich noch ausgesprochen hatten…Er wollte unter keinen Umständen schuld an ihrem Streit sein…
Auf dem Weg in die Küche ließen ihn Stimmen aus dem Wohnzimmer jedoch plötzlich innehalten. Das, was ihn schließlich dazu brachte, mal nachzusehen, was denn da los war, war die Lautstärke, in der offenbar Torsten gerade redete. Unschlüssig blieb er kurz vor der Wohnzimmertür stehen - er wollte nicht, dass jemand auf ihn aufmerksam wurde. Neugierig blickte er auf das Bild, das sich vor ihm auftat. Toto und Mini saßen beide auf der Couch, hatten ihm beide den Rücken zugewandt und hatten ihn ganz eindeutig nicht bemerkt.
„…und kaum ruft er an, springst du auch schon, als wärst du sein kleines Schoßhündchen. Und dann bringt er dich auch noch in Gefahr, weil er zu doof ist, sich den richtigen Kerl auszusuchen und weil er nicht fähig ist, mit seinen eigenen Problemen fertig zu werden…? Merkst du denn nicht, dass er sich selbst kaputt macht und dich immer wieder mit sich in die größte Scheiße zieht - was soll denn das bitte für eine Freundschaft sein?“, schnappte er Torstens Worte auf - und er hatte keine Zweifel daran, von wem Toto sprach.
Jedes Wort des Handballers versetzte ihm einen Stich mitten ins Herz - einfach, weil sich das, was Toto da von sich gab, so völlig mit seinen eigenen Zweifeln deckte. War es nicht so, dass er Mini einfach nur ständig in Gefahr und in Schwierigkeiten brachte, ihm Probleme bereitete, die er ohne ihn niemals gehabt hätte?
„Reicht es denn nicht schon, dass Pommes ihm verfallen ist, als wäre er ein verfickter Heiliger oder sonst was…“, hörte er noch einmal Toto sagen - leiser dieses Mal, „…ist es nicht genug, dass der sich von ihm hat einlullen lassen, nur wegen seinem verdammt geilen Arsch…?“
Das waren die Worte, die Mimi bis jetzt am härtesten überhaupt trafen. Glaubte Toto wirklich, dass er Pascal nur benutzte? Hielt er ihn wirklich für so manipulativ und eiskalt? War es tatsächlich so, dass er Minis Freundschaft und Loyalität für sich ausnutzte, oder Pascals Liebe? Das Schlimmste war die Tatsache, dass Mini offenbar nicht in der Lage war, Torsten eine Antwort auf seine Frage zu geben. Was, wenn sein bester Freund das tatsächlich alles genau so sah, wie Torsten?
Es wurde Mimi alles zu viel, so leise wie möglich schlich er wieder den Weg zurück, den er gekommen war - er wollte nichts mehr hören, wollte nicht wissen, was Mini jetzt sagen würde. Es war überhaupt nicht wichtig. Er hatte gehört, was Toto von ihm hielt…
So leise wie möglich öffnete Mimi wieder die Tür zu Pascals Schlafzimmer, schloss die Tür, ohne Pascal, der noch immer schlafend auf dem Bett lag, aufzuwecken. Und plötzlich konnte er einfach nicht mehr zu Pommes gehen, sich neben ihn aufs Bett legen. Stattdessen blieb er an der Tür stehen, rutschte langsam an der Tür entlang nach unten auf den Fußboden.
Er wusste, dass es jetzt eigentlich nur noch einen logischen Schritt gab um Toto zu beweisen, dass er wirklich nur das Beste für Mini wollte, dass er jedes Opfer für seinen besten Freund eingehen würde. Noch immer konnte Mimi undeutlich Stimmen durch das Holz der Tür hören, aufgeregte, wütende Stimmen. Dann hörte er eine Tür knallen - offenbar die Haustür.
Plötzlich war es still in der gesamten Wohnung.
Und Mimi hatte einen Entschluss gefasst.
******
Mini hatte zugeschlagen, bevor er überhaupt realisiert hatte, dass er die Hand erhoben hatte. Das Klatschen der Ohrfeige, die er Toto verpasst hatte, hallte in seinem Kopf wider. Er wusste nicht, wer von seinem Verhalten jetzt mehr erschreckt worden war - er selbst oder Torsten.
Doch er ließ sich keine Zeit, um überhaupt groß darüber nachzudenken. Viel zu groß war noch immer die Wut in ihm, die ihn letztendlich überhaupt zu der Ohrfeige getrieben hatte.
„Sag mal, hast du sie noch alle?“, herrschte er Torsten jetzt an, der ihn noch immer fassungslos anstarrte, jetzt offenbar zu einer Antwort ansetzte, den Mund öffnete - doch Mini ließ ihm keine Zeit, etwas zu sagen.
„Wie kannst du so über Mimi reden, über den besten Freund, den ich jemals hatte? Verdammte Scheiße Torsten - kapierst du denn überhaupt nichts?“, fragte er energisch nach, „Glaubst du ernsthaft, dass Mimi so etwas tun würde, dass er so egoistisch ist? Dass es ihm Spaß macht, allein nicht mehr mit seinen Problemen fertig zu werden? Muss ich dir wirklich erzählen, wie oft er mich schon aus der Scheiße gezogen hat, wie oft er mich wieder aufgebaut hat und für mich da war, als niemand anders mich auch nur angesehen hat…Fuck, er war es, der für mich da war, als meine Eltern herausgefunden haben, dass ich schwul bin, bevor sie mich dann aus dem Haus geworfen haben…“, Mini spürte, dass ihm die Erinnerung daran beinahe die Tränen in die Augen trieben.
Doch sein Zorn ließ es nicht zu, dass er ihnen freien Lauf ließ. Stattdessen sprach er weiter, seine Stimme noch immer laut und durchdringend: „Verdammt, ich war gerade mal 17, Torsten. Und er war da, war mein einziger Freund, derjenige, der immer an mich geglaubt hat…auch, als ich die völlig verrückte Idee hatte, in die Modebranche zu gehen und mich alle für völlig verrückt erklärt haben. Er war da. Willst du es nicht verstehen, dass ich einfach alles für ihn tun würde? Dass ich für ihn jederzeit alles stehen und liegen lassen würde?“
„Und was ist mit mir?“, begehrte Toto da mit einem Mal auf, ergriff damit zum ersten Mal wieder das Wort, nachdem Mini ihm die Ohrfeige verpasst hatte, „Ich will dich ja verstehen, Mini und irgendwie tu ich das auch - Pommes ist auch mein bester Freund und er ist mir verdammt wichtig. Aber wo stehe ich bei dieser Sache - was, wenn du dich zwischen mir und Mimi entscheiden müsstest? Ich würde immer dich wählen, wenn ich vor die Wahl gestellt wäre, aber was ist mit dir?“
Mini konnte nicht glauben, was er da hörte. Wollte Torsten ihn jetzt tatsächlich vor diese Wahl stellen? Das konnte doch wohl nicht sein Ernst sein, das konnte er einfach nicht ernst meinen…
Das war doch mehr als lächerlich…
„Du…du…“, wollte Mini antworten, brach dann jedoch ab, biss sich zögernd auf die Lippe und schaute Toto hilflos an, der ihn abwartend musterte.
„Keine Antwort ist manchmal auch eine Antwort…“, murmelte Torsten schließlich in resigniertem Tonfall, stand auf und stürmte aus dem Wohnzimmer. Noch bevor Mini vom Sofa aufgesprungen war, hörte er das Knallen der Wohnungstür.
Ganz langsam verließ Mini jetzt auch das Wohnzimmer, nachdem er den Fernseher und das Licht ausgemacht hatte - er wusste, dass es sinnlos war, Toto jetzt hinterher zu laufen oder ihn anzurufen. Er würde wieder zurückkommen, wenn er sich beruhigt hatte.
In Gedanken war er noch immer bei dem Streit zwischen ihnen beiden, als er die Wohnzimmertür hinter sich zumachte. Das war wohl wirklich bei weitem schlechter gelaufen, als Mini es selbst für möglich gehalten hatte. Trotzdem wusste er nicht, was er sonst hätte tun sollen, wie er besser hätte reagieren sollen oder können…
Hoffentlich würde Toto sich wieder beruhigen - Mini hatte keine Ahnung, wie das alles weiter gehen sollte. Seufzend durchquerte er den Flur und sein Blick fiel auf die Tür zu Pascals Zimmer. Wenigstens ein Paar schlief heute Nacht friedlich und ohne irgendwelche Probleme, schoss ihm ein tröstender Gedanke durch den Kopf, bevor er die Tür zu Totos Zimmer öffnete und sich dort aufs Bett warf.
Mini hatte allerdings nicht die geringste Ahnung, wie sehr er sich damit täuschte.
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