Was lange währt...

Aug 19, 2010 17:17

Title: Was lange währt
Author: angelical_notes aka bavarian_angel
Pairing: Holger Badstuber/Thomas Müller
Rating: 16
Language: German
Disclaimer: Diese Geschichte ist frei erfunden und hat nichts mit der Realität zu tun. Ich verdiene mit dieser Geschichte kein Geld.
Summary: Holgers Worte gehen Thomas nicht mehr aus dem Kopf...

A/N: Diese Story ist die Fortsetzung zu meiner ersten Müllstuber "Goodbye", die ihr hier finden könnt, falls ihr sie noch nicht gelesen habt: http://angelical-notes.livejournal.com/10244.html



Thomas Blick war irgendwo weit in die Ferne gerichtet, während er die fast leere Bierflasche gedankenverloren in den Händen hin und her drehte. Er merkte nicht einmal, dass die Stufen unter seinem Hintern immer kälter wurden, nachdem sich die Sonne immer mehr dem Horizont näherte und damit schon hinter dem Haus auf der anderen Straßenseite verschwunden war. Dass ihn die meisten Passanten trotz seines inzwischen recht bekannten Gesichtes für einen Penner halten mussten, auch wenn die in dieser Gegend eher selten anzutreffen waren, war Thomas in seinem Zustand vollkommen egal.

Alles was für ihn zählte und der Grund, warum er heute hier war, war eine einzige Person, die sich seinem Wissen nach noch immer in einem nahegelegenen Supermarkt beim Einkaufen befand. Die wenigen Minuten, bis dieser nach Hause kommen würde, konnte er jetzt auch noch abwarten - dabei erschlug ihn wieder einmal die Erkenntnis, dass er eigentlich schon viel zulange gewartete hatte...

147 Tage, 3531 Stunden, 21693 Minuten und... 12700854 Sekunden um genau zu sein. Eine so lange Zeit und doch kam es ihm vor wie gestern, dass Holger diese verheerenden Worte ausgesprochen hatte, damals in der Nacht vor seiner Hochzeit. In einem hatte er Holger Recht geben müssen - diesen Junggesellenabschied würde er nicht mehr vergessen, denn danach war nichts mehr wie vorher gewesen.

Er hatte an dem Tag darauf geheiratet und seitdem mit Holger kaum noch gesprochen - ausgenommen von ein paar unbedeutenden Sätzen in der Kabine und beim Training, aber ihre üblichen Zockerabende und erst recht ihre gelegentlichen Stelldicheins hatte es nicht mehr gegeben. Natürlich hatten auch die Mannschaftskollegen den Riss in ihrer Freundschaft bemerkt, doch es war für alle offensichtlich, dass weder Holger noch er darüber reden wollten.

Doch bei der ganzen Sache gab es ein Problem - seit dieser Nacht ging Holger ihm nicht mehr aus dem Kopf. Selbst in den unpassendsten Momenten konnte er nur an dieses Gefühl denken, wie der andere sich in seinen Armen angefühlt hatte, wie die Welt aufgehört hatte sich zu drehen, als ihm dieser eine Satz herausgerutscht war. Lange genug hatte Thomas sich nun angesehen, wie sie sich seitdem aus dem Weg gegangen waren und nun war einfach der Zeitpunkt gekommen, an dem er die Schnauze voll davon hatte.

Er wollte endlich Klarheit in die Sache bringen, wollte wissen, wo Holger, und auch er selbst, standen. Schließlich sollten sich seine Gedanken um wichtigere Dinge drehen als um einen Mannschaftskollegen, denn sie konnten am Samstag nicht nur vorzeitig die Meisterschaft feiern - ein wenig Hilfe aus dem Norden mit eingeschlossen - sondern sie standen jetzt auch noch im Finale der Champions League.

Thomas war geistig schon wieder so weit abgeschweift, dass er mehrere Augenblicke brauchte, um zu merken, dass der zweite Hauptdarsteller des Dramas inzwischen mit einer schwer bepackten Einkaufstasche vor ihm stand und ihn ansah, als ob er der Weihnachtsmann höchstpersönlich wäre.

"Was machst du denn hier?", fragte Holger schließlich ohne auch nur eine Gefühlsregung im Gesicht, sein Blick allerdings sehr an der fast leeren Bierflasche interessiert. Es vergingen einige Momente, bis Thomas seine Stimme wiedergefunden hatte. "Warum?", war alles, was er hervor bekam, wobei er selbst nicht wusste, ob er nicht mehr sagen konnte oder wollte.

"Warum was?", kam er mehr als verwirrt von Holger, der mit jeder weiteren Sekunde offensichtlich ungeduldiger wurde. Doch selbst das brachte Thomas nicht dazu eloquenter zu werden, denn dafür war er viel zu sehr damit beschäftigt mit seinem Blick an Holgers Körper hinab zu wandern, ihn geistig mehr oder weniger auszuziehen, was dem anderen natürlich auch nicht entging.

Mit einem Mal schossen Holgers Augenbrauen nach oben, während sich eine leichte Röte auf seinen Wangen ausbreitete. Nachdem er einen kurzen Blick zur Seite geworfen hatte, packte Holger auf einmal Thomas am Ellbogen und hievte ihn nach oben, ehe der andere auch nur im Geringsten reagieren konnte. Alles, was gerade in Thomas Gedanken gewesen war, wurde durch dieses Kribbeln ausgelöscht, das Holgers Finger auf seinem Arm auslösten.

Mit der Einkaufstasche in der einen und Thomas in der anderen Hand, stiefelte Holger die Treppen zu seiner Wohnung hinauf, die er sich erst vor kurzem zugelegt hatte, nachdem ihm seine Mutter deutlich klargemacht hatte, dass er als Stammspieler bei Bayern nun auch alt genug wäre, nicht mehr ununterbrochen Hotel Mama in Anspruch zu nehmen. Irgendwie schaffte er es schließlich sie beide hinein zu manövrieren und die Türe hinter ihnen zu schließen.

Dann ließ er Thomas erst einmal ziemlich überrascht im Flur stehen, um sich selbst auf den Weg in die Küche zu machen. Von seinem Platz hinter der Tür aus konnte Thomas die Geräusche hören, als Holger seine Einkäufe verstaute, doch noch immer war er in seiner Starre gefangen, während sich ganz langsam ein gewisses Vakuum in seinem Kopf breit machte - denn nun, da er Holger so nah bei sich hatte, wusste er nicht, was er tun sollte. Er fragte sich ehrlich, was er hier eigentlich machte, während er ein Foto des 5-jährigen Holgers anstarrte, das ihm gegenüber an der Wand hing.

Ehe sich auch nur ein klarer Gedanke bilden konnte, war Holger auch schon wieder zurückgekehrt und lehnte nun mit vor der Brust verschränkten Armen nur etwa einen Meter vor ihm gegen den Türrahmen. Er sah ihn mit etwas skeptischem Blick an, ohne aber auch nur ein Wort zu sagen. Stattdessen zeigte aber Thomas Gehirn wieder erste Anzeichen von Aktivität, als er seinen Ausgangspunkt wiederfand.

"Warum?", wiederholte er nochmals, während sich seine Hände ungewollt zu Fäusten ballten. Doch statt einer Antwort erhielt er zunächst nur ein genervtes Augenrollen von Holger, bevor er seufzend erneut seine Gegenfrage stellte: "Warum was, zum Verrecken noch mal?" Nach einem weiteren Moment der Stille war Holger schon dabei sich schulterzuckend wieder umzudrehen, als Thomas ihn auf einmal am Pulli packte und unsanft gegen die Wand drückte.

"Warum hast du dich nicht an unsere Abmachung gehalten? Hmm? Wir haben doch ganz klar vereinbart 'Keine Gefühle'. Warum dann? Warum hast du das zu mir gesagt?" Thomas anfänglich wütende Stimme versagte zum Ende hin immer mehr, bis er nur noch mit Mühe ein Schluchzen unterdrücken konnte. Doch die ganze Zeit blieb sein Blick standhaft an Holgers Augen hängen, die mit Schock geweitet waren.

Für einige Momente blieben sie einfach nur so stehen, Thomas Hände noch immer in Holgers Pulli gekrallt und sein Gesicht nur Zentimeter von Holgers entfernt, während die Worte weiter im Raum hingen. Irgendwann verschwand dann die Überraschung aus Holgers Mimik und wurde stattdessen durch einen schmerzerfüllten Blick ersetzt, der Thomas einen heftigen Stich im Brustkorb versetzte.

"Glaubst du ich hab mir das ausgesucht?", meinte er schließlich seinerseits wütend, bevor er Thomas von sich schupste, "Es war nicht gerade mein Vorsatz fürs letzte Jahr mich in einen Mannschaftskollegen zu verlieben. Du hättest das nie erfahren sollen. Es ist mir einfach rausgerutscht, okay?! Und was interessiert dich das überhaupt? Das ist jetzt fast ein halbes Jahr her. Die Sache ist gegessen. Warum kommst du denn jetzt noch mal damit an?"

Für eine ganze Weile standen sie sich gegenüber und sahen sich in die Augen. Holger wirkte dabei so verloren, wie damals als er aus dem Hotelzimmer gestürmt war. Thomas hätte ihn am liebsten an Ort und Stelle in die Arme geschlossen und nie wieder losgelassen, doch er brachte sich noch nicht einmal dazu zu blinzeln, was bei Holger scheinbar den letzten Geduldsfaden reißen ließ. Dieser zuckte in einer genervten Geste mit den Schultern und war schon dabei mit einem verachtenden Schnaufen in die Küche zurückzukehren, als Thomas plötzlich mit leiser Stimme meinte: "Weil du mir zum Verrecken noch mal nicht mehr aus dem Kopf gehst..."

Holger blieb augenblicklich wie vom Blitz getroffen stehen und Thomas konnte sehen, wie ein Schauer durch seinen Körper fuhr, gefolgt von einem leicht sarkastischen Lachen.

"Verarschen kann ich mich selber.", sagte Holger, doch Thomas konnte ganz klar hören, dass sich dessen Selbstsicherheit von eben inzwischen zum größten Teil verabschiedet hatte. Noch immer hatte Holger ihm den Rücken zugedreht, aber seine Hand suchte krampfhaft Halt am Türrahmen. Thomas trat einen Schritt näher zu ihm heran, sein Blick gebannt auf Holgers Nacken gerichtet, wo sich die kleinen Härchen langsam aufstellten. Automatisch hob er die Hand an, wollte über die zarte Haut streichen, doch wenige Millimeter vor der ersehnten Berührung hielt er inne und ließ schließlich seinen Arm mit einem Seufzen sinken.

"Wenn du nur wüsstest...", flüsterte er vor sich hin, mehr zu sich selbst als zu Holger, "In der Nacht damals, ich hab kein Auge mehr zugemacht, nachdem du gegangen warst. Diese drei beschissenen Worte wollten einfach nicht mehr raus aus meinem Kopf, nicht einmal am darauffolgenden Abend, als ich an etwas ganz anderes hätte denken sollen als an dich, aber... Verdammte, Scheiße! Ich träume fast jede Nacht von dir. Ich muss mich so unglaublich zusammenreißen um mich auch wirklich auf den Fußball zu konzentrieren, wenn ich dich vor dem Training oder einem Spiel beim Umziehen beobachte. Ich hatte so sehr gehofft, dass es von alleine weggeht, aber ganz im Gegenteil... Ich kann einfach nicht mehr, Holger. Ich kann an nichts anderes mehr denken, als an dieses Gefühl, wenn ich dich in den Armen gehalten habe... und... und wie richtig sich das angefühlt hat. " Thomas konnte ganz klar hören, wie Holger laut einatmete, aber er drehte sich nicht zu ihm um.

"Und warum erst jetzt? Warum kommst du erst jetzt - fast ein halbes Jahr später - damit an?", fragte Holger, der kleine Funken Hoffnung in seiner Stimme eindeutig zu erkennen.

"Weil ich es mir selbst nicht eingestehen wollte, ganz einfach. Ich hab so gehofft, dass dich in dieser Nacht nur irgendein Teufel geritten hat, dass sich schon alles wieder einrenken würde und wieder so sein würde wie früher. Bis dahin war schließlich immer alles nach Plan gelaufen. Ich hab Lisa nicht grundlos geheiratet. Ich liebe sie und sie ist mir unglaublich wichtig. Sie war das einzige, was zählte - bis du und dein Geständnis kamen..." Thomas kam Holger mit jedem gesprochenen Wort immer näher. Er wusste, dass der andere seinen Atem im Nacken spüren musste und schließlich konnte er sich nicht mehr zurückhalten.

Zunächst berührten seine zitternden Finger nur ganz leicht Holgers Rücken, fuhren dessen Wirbelsäule durch den Pulli hindurch hinab. Die Spannung in der Luft war deutlich zu spüren. Thomas registrierte nicht einmal, dass er die Luft anhielt, bis sich Holger mit einem leichten Seufzen seiner Berührung entgegen drückte. Ein ganzes Gebirge von Anspannung fiel von Thomas Schultern, als er Holger vorsichtig aber auch so sehnsüchtig von hinten in die Arme zog und sein Gesicht in dessen Nacken vergrub.

"Wenn ich mich übrigens recht erinnere, dann warst du damals derjenige, der die Idee hatte, dass wir ja mal zusammen ins Bett hüpfen könnten...", meinte Holger schließlich und legte seine Hände auf die von Thomas, die sich auf seinem Bauch verschränkt hatten. Thomas dagegen war gerade froh, dass sie sich nicht gegenseitig ansahen, denn Holgers Kommentar trieb ihm eine ungewollte Röte ins Gesicht, als die Bilder von der Party damals sich wieder in sein Gedächtnis bahnten.

"Scheiße, waren wir da besoffen...", murmelte er in Holgers Haaransatz hinein, "Aber wer weiß... Vielleicht war das damals schon ein Wink mit dem Zaunpfahl und du weißt, dass ich alles andere als ein Schnellchecker bin."

Holgers leises Lachen ließ sie beide wohlig erschauern. "Oh ja, das weiß ich... aber..."

"Aber was?", fragte Thomas, während er sich nicht mehr zurückhalten konnte und Holger ein paar Küsse in den Nacken hauchte.

"Aber was wird das jetzt hier, mit uns beiden, meine ich?" Thomas spürte, wie Holger ihm über den Handrücken strich und sich sofort versteifte, als seine Finger mit dem silbernen Ring in Kontakt kamen, der sich augenblicklich tonnenschwer anfühlte.

"Ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein. Ich hab mir nicht wirklich Gedanken darüber gemacht, was nach dem heutigen Tag passiert. Ich hatte ja nicht einmal damit gerechnet, dass du mich überhaupt rein lässt... Du weißt, ich kann und will dir nichts versprechen, was ich vielleicht nicht halten kann. Aber egal, was dabei herauskommt, ich nehms auf jeden Fall an, hauptsache ich kann wieder bei dir sein...", raunte Thomas in Holgers Ohr, bevor er vorsichtig seine Hand an dessen Kinn führte und sein Gesicht zu sich drehte.

Für einen weiteren Augenblick sahen sie sich einfach nur an, während beiderseits Gedanken den Besitzer wechselten. Die Frage blieb unausgesprochen, doch Thomas konnte sie nur mit einem leichten Nicken beantworten, bevor er schließlich den letzten Abstand überwand und ihre Lippen aufeinander trafen - zum allerersten Mal. Nie zuvor hatten sie sich dieses Zeichen tiefster Zuneigung erlaubt.

In diesem Augenblick, als sie beide sich nicht mehr von einander lösen wollten, wusste Thomas, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Er hatte zwar keine Ahnung, wie es mit ihnen weitergehen würde, aber eins war sicher: er konnte Holger nicht mehr gehen lassen.
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