Was Ist Mit Bob?

Aug 20, 2010 01:36

Fandom: Original (Dios Haus)
Characters: Eric Singer und sein Vater, Leslie (formerly known as 'Eli').
Genre: Slice of life, humour
Warnings: Nervensägige Charaktere (beide), rassistische Charaktere (einer), daddy issues à go go, Verweise auf die unfachgemäße Anwendung einer Heissmangel (kennt einer noch Heissmangeln?), nicht betagelesen. ^^*
A/N: Die Beziehung zwischen Vater und Sohn ist für meine Storyline tatsächlich nicht unwesentlich, also probiere ich mich zur Zeit daran.



„Ah, und Eric.“ Sein Vater war schon wieder dazu übergegangen, über den Rand seiner eleganten Lesebrille seine Korrespondenz zu studieren. „Wenn du dich später mit Bob DiMaggio triffst - denk daran, dass er Iren hasst. Also erwähn am Besten nicht, dass du einer bist.“

Erics Hand glitt von der Türklinke, als er das hörte. Er konnte spüren, wie sich sein Hals zuschraubte, was ein erbärmliches Krächzen zur Folge hatte. „M-moment, was?!“

Leslie Singer blickte nur kurz von seinem Schreibtisch auf, während er fort fuhr, geschäftig zu rascheln. Das Entsetzen im Gesicht seines Sohnes schien ihn an diesem heiteren Frühlingsmorgen, nach einem verhältnismäßig geglückten Gespräch, milde zu überraschen. „Nichts weiter. Halt dich einfach ans Protokoll, dann passiert schon nichts.“

Eric wusste, dass von ihm erwartet wurde, stumm zu nicken und zu tun, was man ihm sagte. Aber seine vorlaute, neunmalkluge Klappe ließ das einfach nicht zu. „Willst du damit sagen, dass dieser Mann mich, ohne mich zu kennen, auf Grundlage meiner ethnischen Zugehörigkeit hasst? Das ist … das ist nicht ok.“

Sein Vater begegnete seinem Blick vage entnervt. Und Eric wusste dass Leslie zum wiederholten Male den Tag verfluchte, an dem er ihn aufs College geschickt hatte, was Eric die Gelegenheit gab, zu Bürgerrechtsveranstaltungen zu gehen.

Seine Stimme was das hörbare Equivalent zu einem Augenrollen, für das Leslie Singer natürlich viel zu beherrscht war. „Sohn. Bob DiMaggio ist eine Legende drüben in Queens. Er ist ein hart arbeitender, ehrlicher Mann, ein Wohltäter seiner Gemeinde und ein und fantastischer Golfspieler, und er ist 57. Und er hasst nun mal Iren. Kann uns nicht ausstehen. Konnte er noch nie. Er ist da sehr traditionell. Was soll man machen. Halt dich einfach bedeckt, dann ist alles gut, eh?“

„Traditionell?“ Gab Eric zurück. „Ich meine, das ist seine Tradition? Iren hassen ist seine Tradition? Was soll das? Gab es da eine Vorgeschichte mit irgendeinem ganz bestimmten Iren, oder - “

„Sohn.“

Leslies kühle graue Augen hinter seiner Brille wirkten müde, dabei war es erst kurz vor zehn. „Du kannst dankbar sein, dass du kein Protestant bist. Oder schwarz. Aber, -“ seine trotz seines Alters glatten Züge bekamen etwas Listiges. „Wenn du Schiss hast, kann ich natürlich einen anderen Laufburschen schicken. Nichts für ungut, aber die Aufgabe ist nicht allzu komplex.“

Ein weiterer Brief wurde effizient studiert und dann im passenden Fach abgelegt, während Eric seinen Vater mit offenem Mund anstarrte. Er versuchte, entrüstet auszusehen, aber er fühlte sich ertappt. „Ich hab keinen Schiss,“ gurgelte er mit einer Stimme, die das genaue Gegenteil verriet.

Natürlich hatte er Schiss. Er wusste zwar, dass Unterhändler so ziemlich die beste Position war, die man haben konnte. Niemand brachte heutzutage mehr den Boten um. Zudem hatte Eric in der Familie den Ruf, ein ziemlicher Waschlappen zu sein, und er hatte ihn zu Recht. Den Waschlappen brachte erst recht niemand um. Trotzdem … es war nicht gerade so, als ob Eric Bob DiMaggio sagen musste, dass er Ire war. Er hatte ein spitzes Gesicht übersät mit Sommersprossen, umrahmt von unordentlichem feuerroten Haar. Das einzige, was ihn noch irischer hätte aussehen lassen können, wären ein Kleeblatthütchen und Knickerbockers.

Er sagte denn, dass nicht allein sein Anblick bei Bob DiMaggio so eine Art pawlowsche Reaktion auslösen würde?

Wenn Eric eins gelernt hatte in der kurzen Zeit, die er für die Familie arbeitete, dann war es, dass Männer in Bobs Position fast immer unberechenbare Soziopathen waren. Fröhliche, dicke, großzügige totale Soziopathen. Die Möglichkeit zu sterben war immer gegeben, wenn man sich zwischen ihnen bewegte. Erics Vater war mit solchen Männern aufgewachsen. Erics Vater war zu seinen besten Zeiten mit verbundenen Augen von irgendwelchen Schlägern in dunklen Limousinen zu irgendwelchen Treffpunkten am Hafen gekarrt worden. Er hatte das alles hinter sich. Abgesehen davon hatte Leslie Singer das kalte Blut einer Eidechse. Eric nicht. Eric hatte Angst vor diesen Leuten.

Er spürte, wie er unter dem unbeeindruckten Blick seines Vaters rot wurde. „Ich bin nicht feige,“ wiederholte er, und nahm zum Beweis unerschrocken einen Schluck aus seiner offenen Dose Dr Pepper, die er im Büro seines Vaters eigentlich gar nicht haben durfte. Tch, wer war hier feige?

„Vielleicht will ich mich bloß nicht mit einem Mann treffen, der mich durch seinen irrationalen Fremdenhass in meiner irischen Identität verletzt!“

In dem angewiderten Schweigen, das ihm daraufhin entgegen schlug, hätte man eine Büroklammer zu Boden fallen hören. Die Uhr an der Wand tickte unbeschreiblich laut. Eric sah zu, wie sein Vater langsam ein Papier zerknüllte, mit goldberingter Hand auf den Mülleimer zielte und präzise traf.

„Interessant,“ sagte er dann langsam. „Ich wusste gar nicht, dass dir dein irisches Erbe so viel bedeutet. Pater Figgis hat dich früher so oft eingeladen, an St Patrick’s mit den Vorbereitungen für das Kirchenfest zu helfen, und du hast in all der Zeit nicht einmal deinen faulen Hintern in die Kirche gekriegt.“

„Pater Figgis hat die behinderten Kinder in der Schule auch immer Gottes kleine Geißeln genannt.“

Leslie Singer lehnte sich zurück und hob eine Augenbraue. „Ah. Das ist nun auch verboten?“

Eric stemmte energisch die Hände in die Hüften, was ihm vielleicht nicht gerade half, das Vorurteil loszuwerden, er sei irgendwie weibisch. „Außerdem sprechen wir nicht über meine Probleme mit dem Katholizismus, sondern über Bob DiMaggios Probleme mit der irischen Bevölkerung.“

Ein trockenes, ganz und gar freudloses Grinsen flitzte über Leslie Singers Gesichtszüge. „Du HAST Schiss vor Bob,“ stellte er fest.

Eric zuckte nervös. Es war vielleicht keine gute Idee, dagegen anzudiskutieren. „Stimmt es, dass Bob DiMaggio mal Sal Sfortunatos Bruder durch eine Heissmangel gedreht hat?“

„Was spielt das für eine Rolle? Es ist ganz und gar Bobs Angelegenheit, wenn er so etwas tut. Und ich sage, wenn.“ Erwiderte Leslie routiniert und begann, seine Taschenuhr mit dem Ärmel seines Anzuges zu polieren.

„Seine und die von dem Kerl in der Heissmangel …“

„Sei nicht so oberschlau, Sohn, wer bist du denn, dass du die Handlungen eines erwachsenen Mannes kritisieren kannst?“

Eric stöhnte.

„Deine Knie zittern,“ bemerkte sein Vater kühl. „Setz dich wieder.“

Eric gehorchte. Er war eigentlich recht dankbar.

Der Blick seines Vaters streifte kurz sehnsüchtig das Ziffernblatt der Wanduhr, dann stemmte er sein Kinn auf seine Finger und blickte seinen Sohn konzentriert an. Man sah ihm an, dass er den ganzen Rest seiner Geduld aufbrachte, um dieses Gespräch irgendwie zu beenden und dafür zu sorgen, dass Eric endlich parierte.

„Hör zu, Bob DiMaggio ist ein großer Mann,“ sagte er. „Und du wirst ihm mit Respekt begegnen. Und er wird dir kein Haar krümmen. Aber wenn du ihm sagst, dass du Ire bist, denkt er nur, du willst ihm sein Geld stehlen, und dann platzt unser Geschäft. Mehr sage ich gar nicht. Du willst auch gar nicht hören, was Bob DiMaggio über Iren zu sagen hat, glaub mir. Du gehst hin, gibst den Geldkoffer ab, sagst deinen Text auf und gehst wieder. Er weiß, dass du mein Sohn bist. Dir passiert schon nichts.“

„Pop?“

„Was?“

Eric schlug die langen Beine übereinander und sah nachdenklich drein. „Wenn Bob DiMaggio weiß, dass ich dein Sohn bin, dann weiß er doch auch von meiner irischen Abstammung, oder? Ist es dann nicht irgendwie egal, ob ich was sage oder nicht?“

Leslie blickte durch ihn hindurch, als wolle er sich überzeugen, dass Eric nicht mehr da war. Eric wusste, Gespräche wie dieses waren exakt der Grund, aus dem sein Vater eigentlich nicht mit ihm arbeiten wollte und so unglaublich ungern mit ihm zu Abend aß. Aber er konnte nicht anders. Es war noch nicht einmal so, dass er es wirklich nicht verstand. Er verstand sehr wohl, dass diese Männer nach einem Kodex verschlungener und merkwürdig widersprüchlicher Regeln lebten, die für niemanden galten außer ihnen selbst. Aber die Aussicht, Bob DiMaggio zu treffen, machte ihm furchtbare Angst, und nun bockte er wie ein renitentes Maultier. Nur um einiges verquaster.

Leslie Singer nahm die Brille ab und massierte für den Bruchteil einer Sekunde seine Nasenwurzel. „Es ist so, Eric,“ sagte er, als sei Eric wieder fünf, „Als ich Bob kennen lernte, wurde ich ihm von Emilio Ziti vorgestellt. Er hielt große Stücke auf Emilio. Und daher bin ich in seinen Augen kein Ire, ich bin Sizilianer. Capice?“

Dazu schwieg Eric einen Moment lang. Dann sagte er: „Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Und ist das nicht auch irgendwie bigott?“

Eric war klar, dass nur seines Vaters unmenschlich anmutende Selbstbeherrschung ihn davon abhielt, nun über den Tisch zu hechten und Eric einfach eine zu kleben, wie früher, als es noch um Kratzer im Auto und Ausgehsperren ging. Was ihn direkt dazu verleitete, weiter zu plappern.

„Ich meine, ok. Wenn wir hier über die Theorie sprechen, dass die Erziehung und der kulturelle Hintergrund einen höheren Einfluss auf die Identitätsbildung haben als die Biologie, na schön, dann -“

Eric, mit seinen vom regelmäßigen Marihuanakonsum verlangsamten Reflexen, hatte keine Chance gegen seinen Vater. Bevor er begreifen konnte, was eigentlich passierte, hatte er schon dieses Paar durchdringender dunkler Augen direkt vor dem Gesicht, und die beringte Hand um den Kragen seines T-Shirts zwängte ihm die Luft ab.

„Ah ha ha,“ wie immer gingen Eric in Momenten wie diesen die geistreichen Bemerkungen ab. „Sachte…“

Es war ein Beweis für die Klasse seines Vaters, dass er trotz allem nicht einmal wirklich die Stimme erhob oder wütend aussah. Sein Tonfall war so wohl balanciert wie immer, was nur bedeutete, dass er es sehr ernst meinte.

„Du hältst sofort die Klappe oder ich schwöre bei meiner toten Mutter, ich trete dich so heftig in den Arsch, dass du einmal das Yankeestadion umrundest. Und wenn du dich meinem alten Freund Bob gegenüber aufführst wie ein vorlauter kleiner Streber, den keiner leiden kann, werde ich davon erfahren. Und du wirst dir wünschen, er hätte dich in eine Heissmangel gesteckt, wenn du Chipskrümel aus dem Kofferraum deines Wagens frisst, weil du keinen Cent von meinem Geld mehr sehen wirst so lange du lebst. Verstehst du mich?“

Eric nickte, so weit es ihm möglich war, und einen Augenblick später landete er fast auf dem Boden, weil sein Vater ihn so schnell wieder losließ, wie er ihn gepackt hatte. Kurz darauf konnte er nur noch Leslies Rücken sehen, weil dieser sich in einer Schau von Verachtung zu seinem Aktenschrank umgedreht hatte.

„Und nun verschwinde. Sag Miranda, sie soll mir einen Kaffee und zwei Aspirin bringen.“

Damit war die Hierarchie wieder hergestellt. Bob DiMaggio mochte ein paranoider, rassistischer alter Sack sein, aber er war auch eine Legende in Queens, und darum musste man ihn lassen. Und Leslie Singer schuldete Eric keine Antworten auf seine dummdreisten Fragen und konnte ihn rausschmeißen, wann immer er wollte. Bob und Leslie waren Große Männer, und Eric war … Eric war das nicht. Das einzige, das er tun konnte, war seinem Vater auf die Nerven zu gehen.

Er machte sicherheitshalber ein paar Schritte auf die Tür zu. Aber dann konnte er sich das Grinsen nicht verkneifen, als er sich ein letztes Mal umdrehte. Auch, wenn sein Vater das nicht sehen konnte.

„Keine Sorge. Wenn ich nicht mit Bob DiMaggio über Iren sprechen muss, hab ich mehr Zeit, mit ihm über die Antikriegsbewegung zu plaudern,“ flötete er. „Bis später, Pop.“

„Der Mann war im Zweiten Weltkrieg!“ Fauchte sein Vater ihm über den Flur hinterher, während er so schnell es ging mit geduckten Schultern davonschlich, wie es sich für einen Feigling gehörte. „Halt’s Maul über die Antikriegsbewegung!“

original: dios haus, slice of life, one shot, original, 2010, german, humour

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