Meinetwegen

Aug 19, 2010 22:29

Fandom: Death Note
Characters: Mello, Matt
Genre: Gen mit einem Hauch von Slash
Warnings: Keine
A/N: Spielt irgendwann in der Zeit, bevor Mello hinter Light her ist...also in der Phase, wo er zum Gangsterboss aufsteigt, ungefähr. Für rei17, weil sie sich so was gewünscht hat. Und natürlich Felix, weil er mit seiner Nintendo Wii vorbeikam und wir zwei wunderschöne Tage hatten und mir dabei das hier eingefallen ist!


Matt hatte sehr schnell in seinem Leben einen Eindruck davon bekommen, was talentierte Menschen von wirklich brillanten Menschen unterschied.

Der Grund dafür war, natürlich, Mello.

Matt selber war talentiert. Er konnte einiges. Er war nicht dumm, er konnte einigermaßen kombinieren, er war ein begabter Schütze und er konnte selbst bekifft noch unfallfrei einen Truck fahren. (Obwohl er sich auch vorgenommen hatte, das letztere nie wieder zu tun. Nie, nie wieder.)

Sein bester Freund, Mello, dagegen, neigte zu Momenten echter Brillanz, und das war im Grunde sein Problem.

Mellos Klugheit brachte ihm eine Menge großartiger Sprünge ein - allerdings auch eine Reihe totale Desaster. Mello selber kannte den Unterschied nicht. Mellos Gehirn war zu überflutet mit ehrgeizigen Plänen und Wendungen. Er schnellte einfach von einem machthungrigen Szenario ins nächste, wie eine Flipperkugel zwischen ihren elektrischen Polen.

Mello...ließ Matt einfach hinter sich, hob ab, in höhere Sphären, zu bizarren Plänen und abwegigen Intrigen, und natürlich in seinem nicht enden wollenden Traum, Nia zu schlagen.

Und mit all dem wollte Matt - bei aller Liebe, konnte man fast sagen - überhaupt nichts zu tun haben. Und darum waren Mello und Matt auch nicht mehr zusammen unterwegs, obwohl sie früher einmal so sicher gewesen waren, dass es so sein würde.

Aus diesem Grund saß Matt nun sehr bequem in seiner überheizten, unaufgeräumten Einzimmerbude, neben sich eine Schachtel aufgewärmter Frühlingsrollen von gestern oder vorgestern, und spielte zum 18en Mal das Endlevel von Tomb Raider IV, und Mello - schwebte irgendwo, frei wie ein wahnsinniger Vogel, auf der Weltkarte rum und machte ab und zu mal Pause, um Matt von den seltsamsten Orten anzurufen.

„Matt? Ich steh hier am Zoll vor der mexikanischen Grenze, und die brauchen gerade ewig, um die Karre zu filzen, mir ist langweilig...Gott, sind die langsam...“

„Matt. Hör mal, ich hab nicht viel Zeit, diese chinesischen Münzdinger nehmen mein Kleingeld irgendwie nicht, aber...Scheiße, was ist DAS denn?!“ BANG! „....ok, Zeitpunkt ist schlecht, ich melde mich noch mal!“

„Matt? Ich musste dein Geburtstagsgeschenk leider überm Pazifik abwerfen, irre Geschichte, die erzähl ich dir dann wenn ich mal wieder in der Gegend bin...“

„Was, Matt?! Oh Scheiße, ich wollte eigentlich meinen Anwalt anrufen...! He, kannst DU meinen Anwalt anrufen, ich kann nur ein Gespräch führen, also hier kommt die Nummer...“

„Matt...? Ich bin nächste Woche in der Gegend, wenn mein Zeugs aus Brasilien ankommt, mit dem ich dann weiter nach Argentinien...hast du am Mittwoch so zwischen halb drei und drei was vor?“

Undsoweiter.

Matt mochte diese Anrufe sehr gern. Sie kamen ungeordnet, unvorbereitet und zu allen möglichen Tages- und Nachtzeiten, aber das war egal, es war Mello. Wenn es um Mello ging, machte Matt sich keinen Kopf um Uhrzeiten oder Umstände. Es sagte ihm, dass Mello noch immer lebte, und machte, was...Mello eben so machte - also zu vieles gleichzeitig und alles auf einmal.

Am liebsten mochte Matt die Anrufe, die den Satz beinhalteten: „Matt, ich bin in der Gegend und...“

Die waren nämlich selten. Aber immer wieder gut.

Matt war dabei, Lara Croft in einem nassen Shirt durch eine Grotte zu scheuchen, als es klingelte. Und es konnte nur Mello sein. Außer mit Mello telefonierte Matt eigentlich nur mit Pizza Gino, Mr. Fu´s Dim Sum Paradise und Taco Bell, und die waren es sicher nicht.

Klick.

„Matt?“

„Mello.“

Lara rasselte ins Wasser und ertrank kläglich, aber das war Matt in diesem Moment recht gleichgültig. Er fischte eine Zigarette aus der Tasche.

Ein Gespräch mit Mello - egal, wie kurz und krank es sein würde - und eine schöne Kippe gehörten nun einmal zusammen. Am anderen Ende hörte er, wie zeitgleich eine Alufolie von einer Tafel Schokolade gerissen wurde. Er musste grinsen.

„Matt, bist du alleine?“ Er hörte die Schokolade zwischen Mellos Zähnen knacken. „Ich hör da im Hintergrund eine Frau stöhnen...“

Mit etwas Genugtuung hörte Matt die eifersüchtige Note aus der Frage raus. Er legte die Füße auf den Tisch, und sah zu, wie Lara auf dem Bildschirm um ihr Leben ächzte.

„Ok, du hast mich erwischt. Ich hab mir ein Callgirl kommen lassen.“

Es entstand eine kleine, beleidigte Pause, dann hörte er Mello schnauben und noch mehr Schokolade zersplittern. „Verarsch mich nicht. Du kannst dir doch überhaupt keine Callgirls leisten.“

„Stimmt.“

„Hm. Ich kann mir Callgirls leisten. Ich will keine. Aber ich kann dir eine schicken, wenn du willst. Soll ich?“

Matt hustete. Auf seine eigene, merkwürdige, kriminelle Art und Weise war Mello tatsächlich immer noch um sein Wohl besorgt.

„Äh. Nein danke...bitte nicht...“

„Hm.“

„Wirklich!“

„Ok.“

„Ich meins ernst, Mello, ok? Schick mir hier keine Weiber vorbei...!“

„Dann verarsch mich eben nicht.“

„Ich tu´s nie wieder.“

„Gut.“

Ein weiterer Happen Schokolade. Mellos Stimme war fokussiert, wie immer. Matt war immer noch fasziniert davon, wie sein Freund es schaffte, an so viel Schokolade vorbei deutliche Sätze zu sprechen.

„Warum ich anrufe. Erzähl mir noch mal deine Samuraigeschichte.“

„Meine was?“

Mello seufzte ungeduldig. Er hasste Verzögerungen und, wie Matt wusste, er hasste es, wenn Matt nicht verstand, was er wollte. Es passierte aber auch nur selten.

„Na, diese Geschichte. Im Herbst hab ich dich vom Hafen in New York aus angerufen was du Silvester machst, und dann ist irgendwie ein Frachter explodiert und wir mussten Schluss machen, aber vorher hast du mir irgendwie was vorgeheult von diesem Samurai-Videospiel das du nicht gekriegt hast oder so...“

„Ach, DIE Geschichte.“ Matt erinnerte sich. Und es tat immer noch weh.

Im Herbst war der weltweite Release von Samurai Super Warrior 17 gewesen - es war DAS Spiel des Jahres, ach was, des Jahrhunderts. In einer ultralimitierten Auflage, signiert von Designergott Takashino persönlich.
Und Matt hatte sich ausnahmsweise mal rausgetraut, und hatte wie ein Idiot vor dem Spieleladen gecampt - und dann doch keins mehr bekommen, weil er sich nicht durchringen konnte, die kleinen Jungs in der Schlange vor ihm niederzutrampeln. Es war ein sehr, sehr schwarzer Moment für Matt gewesen.

Mello, da war Matt sich sehr sicher, hätte die kleinen Biester einfach mit Gas betäubt und ein Spiel besorgt. Aber Matt war nicht Mello - aus genau diesen Gründen.

Wie dem auch sei - als Mello anrief, war Matt noch schwer traumatisiert von diesem Vorfall gewesen, und möglicherweise hatte er deswegen rumgeheult. Dass Mello sich das gemerkt hatte, obwohl hinter ihm der halbe New Yorker Hafen in die Luft ging, war allerdings bemerkenswert.

„Ach, die Geschichte. Vergiss es, Mello. Ich meine, ich hab´s verpeilt und nun hab ich halt keins davon, kann man nichts mach...- „

„Wie heißt das Spiel?“

„Äh...Samurai Super Warrior 17...?“

„Siebzehn?“

„Siebzehn. Aber das war limitiert und nicht mal du…“

„Gut. Mehr wollte ich nicht wissen. Tschau Matt.“

Klick.

Und damit war Mello fort, und Matt starrte seinen Telefonhörer an. Die Worte Game Over waberten über Laras leblos im Wasser treibendem Körper.

Einige Wochen später - Matt machte sich eine Dosensuppe warm - schrillte das Telefon erneut.

„Mello?!“

„Matt. Dieses Spiel. Samurai Mega Fighter 17?“

„Ähm…nein.“

„Fuck. Bleib dran.“

Das Knacken von Schokolade hörte sich einigermaßen missgelaunt an, als Mello irgendwen anzischte: „Ok, ihr könnte die Leute wieder freilassen...es ist nicht das Spiel. Was? Ich sagte, es ist nicht das Spiel, mann! Nein, ich suche Samurai Super Warrior, nicht Samurai Mega Fight...was?! Wieso, was soll ICH denn mit den Dingern? Was soll ich denn mit 7.000 Exemplaren Samurai Mega Fighter 17, es ist das falsche! Ich will die nicht haben! Was weiß ich, knebelt die Leute im Anhänger und stellt das Teil am Hafen ab!“

Matt schluckte. „Mello...? Mello, hast du meinetwegen einen LKW überfallen?!“

„Mach dir keine Sorgen deswegen. Ich bleib dran an der Sache, ich melde mich wieder...“

„Mello...“ Matt wollte sagen, dass Mello nun nicht auch noch wegen seines blöden Spiels Transporter entführen musste, und dass es ihm viel lieber wäre, wenn Mello einfach öfter anrufen und mit ihm quatschen würde....aber er kam nicht dazu.

„Keine Zeit. Ich muss weiter. Ich melde mich. Was?! Hat einer von denen unsere Gesichter gesehen?! Ah fuck fuck fuck...!“

Klick.

Matt wusste, was es bedeutete, wenn Mello „an was dran“ war. Das bedeutete, dass ihn wirklich, wirklich nichts von der Sache abbringen konnte. Dass Mello sich aus irgendeinem Grund in die Idee reingesteigert hatte, ihm Samurai Super Warrior 17 zu schenken...und wenn er dafür den Papst umlegen musste oder sonstwas.

Mello verstand die Regeln nicht. Er verstand nicht, dass man manche Dinge nicht schaffen konnte. Limitierte Videospiele zu bekommen, war so eine Sache. Aber Mello konnte nicht aufgeben, das hatte er nie gekonnt.

Matt fand das leicht beängstigend. Aber andererseits - er kannte keinen anderen Menschen, der seinetwegen einen LKW kidnappte.

Und es bedeutete immerhin, dass Mello von nun an häufiger anrufen würde.

Und zwar schon zwei Tage später.

„Mello.“

„Matt?“

Matt nahm einen tiefen Zug an seiner Kippe. Mello knabberte hörbar an einem Schokoriegel. Und im Hintergrund, also auf Mellos Seite, schrie und wimmerte irgendein Kerl, als würde man ihm das Bein abreißen.

„Mello?! Was zum Teufel...!“

„Was? Oh, das. Wir verhören hier gerade einen...warte, ich geh ins Nebenzimmer...“

„Du sollst keine Leute wegen mir foltern!“

Mellos Stimme war unbekümmert. „Wir foltern doch nicht. Wir verhören! “ Eine Tür fiel zu, die Schreie verstummten, und Matt hörte, wie Mello es sich auf einer Couch bequem machte. „So. Besser?“

„Es ist nicht der Lärm , der mir Sorgen macht...“

„Wie auch immer. Also, dein Spiel...“

„Mello...vergiss die Sache doch einfach. Schenk mir was anderes. Ich könnte eine neue Stereoanlage brau...“

„Warum hast du das nicht früher gesagt? Aber zurück zu dieser Samurai Super Warrior-Sache...!“

Matt wusste, dass es sinnlos war Mello zu bitten, irgendetwas zu vergessen, wenn er sich erst mal darin verbissen hatte. „Ok....o mann...ihr bringt den aber nun nicht um, oder? Es ist kurz vor Weihnachten, Mello.“

„Ach, wozu denn...“ Matt hörte, wie Mello sich gelassen eine neue Tafel Schokolade aufriss. In diesem Moment wurde ihm zu ersten Mal klar, dass sein bester Freund aus dem Waisenhaus zu so einer Art Superschurken wie aus einem Agentenfilm mutiert war. Er stellte auch fest, dass das ihn, Matt, nicht so wirklich störte. Es war sogar irgendwie...heiß.

„Wozu ihn umbringen?“ kaute Mello. „Er spuckt gerade eine ganze Liste von Namen aus von Leuten, die Samurai Super Warrior 17 besitzen, und dann leite ich die nächsten Schritte ein....“

Matt rieb sich die Schläfen. Mello war verrückt, aber konsequent. „Die meisten dieser Leute sind wahrscheinlich unter 14, ok? Bitte denk daran, bevor du...irgendwelche Schritte einleitest...“

„Mach dich nicht nass, ich hab das im Griff. Außerdem - hast du ne Ahnung, wie verwöhnt diese Blagen sind?! Ich weiß nicht, was das für ein Riesenspiel sein muss, aber das besitzen weltweit irgendwie nur Sultane und Plattenbosse. Die kann man schon mal ein bisschen erschrecken...“

„Mello....!“ startete Matt einen letzten Versuch. „Ich will das Spiel überhaupt nicht, es ist wirklich nicht so wichtig...“

„Ach, red keinen Scheiß...! Ich kenn dich doch. Videospiele sind so ziemlich das einzige, das du wirklich liebst...“

„Nicht das einzige...“ sagte Matt leise, aber Mello ging nicht darauf ein.

„...und nun steh ich kurz davor, es zu bekommen, also hör auf zu winseln und freu dich!“

„Aber...“

„Es hat alles keinen Sinn, wenn du dich nicht freust!“

Dieser Satz war so entrüstet, so kindisch, so ehrlich, so voller Trotz und voller Mello, dass Matt weich wurde.

„He, ich würd mich gern freuen, aber siehst du, da schreit dieser Kerl im Hintergrund rum und die Sache mit dem LKW und das alles wegen mir...“

„Und?“

„Warum kommst du nicht einfach an Weihnachten her, Mello, und wir scheißen auf die Geschenke und essen ein bisschen Weihnachtsschokolade und trinken nen Kakao mit Rum und was weiß ich...“

„Ich muss auflegen. Und du bekommst dieses Spiel. Und...warte, drüben ist die Hölle los...WAS habt ihr?! Ich hab doch gesagt, nicht die Hauptarterie! Um die Hauptarterie rum ! Herrgott noch mal...!“

Klick.

Matt lauschte dem statischen Rauschen in der Leitung - irgendwo da draußen war Mello - und hatte gleichzeitig ein Gefühl von Schaudern und Vorfreude.

Aber sicher nicht wegen Samurai Super Warrior 17.

Es hat alles keinen Sinn, wenn du dich nicht freust!

Und nach Mellos Logik hatte es alles keinen Sinn, wenn er nicht persönlich mitbekam, wie Matt sich freute.

Und das wiederum bedeutete....

Matt war an Heiligabend allein, das war er immer.

Er hatte nie im Leben eine Familienweihnacht erlebt, das hatten sie alle nicht, und daher vermisste er das auch nicht. Seine schönsten Weihnachten waren die im Waisenhaus gewesen...wenn Mello im Speisesaal rumrannte, versuchte andere um ihre Schokolade zu erleichtern und festzustellen, ob er auch wirklich das größte Päckchen bekommen hatte (was drin war, spielte keine Rolle - es musste nur das größte sein), und Nia den ganzen Abend irgendwo verschollen war und irgendwann gegen Mitternacht hinterm Weihnachtsbaum entdeckt wurde, wo er pedantisch Lametta sortierte.

Und Mello dann sicherstellte, dass Matt das zweitgrößte Paket nach ihm bekam, und sie sich dann zusammen die Schokoladen-Ausbeute teilten. Mello teilte nie. Nur mit Matt. Manchmal.

Dieses Heiligabend verbrachte Matt mit einem Nudelgericht aus der Tüte, zwei Schokoweihnachtsmännern, die er noch im Kiosk beim Kippenkaufen erspäht hatte, und Misa Amane in der NHN-Superweihnachtsshow, und alles war bestens.

Oder, fast. Denn Mello hatte die letzten Tage nicht angerufen, und Matt wartete noch auf etwas. Etwas, von dem er sicher war, dass es eintreten würde.

Etwas, auf das er sich freute wie lange auf nichts mehr, ob nun zu Weihnachten oder sonst wie.

Dafür, dass Mello unberechenbar war, war er in manchen Dingen nur zu gut einzuschätzen.

Wie in diesem zum Beispiel.

Heiligabend war schon fast vorbei, es war kurz vor Mitternacht, und Misa musste in einem fast schmerzhaft unkomischen Sketch mitwirken, als es klopfte.

Matt legte mit leicht zitternden Fingern seine Kippe in den Ascher und schlurfte zur Tür.

Klack.

„Mello!“

„Matt....“

Mello sah...nun, aus wie Mello, nach einem für ihn wahrscheinlich relativ typischen Abend. Die blonden Haare waren zerfranst, die Ringe unter den unwahrscheinlich riesigen Augen waren meterdick, der Blick fiebernd und seine Sachen hatten Brandlöcher.

Alles in allem sah er hinreißend aus.

„Da! Frohe Weihnachten!“ schnauzte er, bevor er Matts Zimmer enterte, seine Lederstiefel von den Füßen kickte, sich auf das Sofa fallen ließ und die langen Beine übereinanderschlug.

„Und wehe, das ist nun nicht das richtige, dann reiß ich dir die Nüsse ab!“

Als sei es irgendwie Matts Schuld, dass Mello wegen dieses Spiels der halben Welt den Arsch aufgerissen hatte.

Matt riss das Geschenkpapier auf. Ob Mello dieses blaue Schleifchen da selbst drumgebunden hatte, während hinter ihm noch der ursprüngliche Eigentümer verblutete?

Er spürte das erwartungsvolle Funkeln von Mellos Augen auf sich, als er sein Päckchen auspackte.

„Das ist es doch, oder? O mann, sag mir, dass es das ist, du hast keine Ahnung, was ich alles angestellt habe...“

Matt hing an seinen Nüssen. Er wollte Mello auch nicht enttäuschen. Oder böse machen. Beziehungsweise noch böser.

Andererseits waren sie beide wirklich gute Freunde, und wirklich gute Freunde sagten sich die Wahrheit.

„Das ist eine Raubkopie. Aus Hongkong.“

Mellos Mund flog entrüstet auf. Mello war ein psychotischer Gangster, aber in diesem Moment sah er so reizend aus, dass Matt strahlen musste.

„Du...du bist meinetwegen nach Hongkong?“

„Ich...ich...wurde übern Tisch gezogen?!“

„Das ist...unheimlich nett von dir.“

„Was glauben denn die, mit wem sie es zu tun haben?!“

„Ich liebe es.“

„Argh! ...was?“

„Ich sagte, ich liebe es.“

„Oh.“ Mellos Gesichtszüge entspannten sich etwas. Aber nur für Sekunden, dann wurden sie pampig. Aber pampig war besser als wütend.

„Wie kannst du, Matt? Das ist eine Kopie! Man hat uns verhöhnt...! Ich muss sofort meinen Mann in Hongkong anrufen, das kann doch nicht...was soll ich damit?“

Ungehalten schwenkte Mello den Weihnachtsmann aus Schokolade, den Matt ihm in die Hand gesteckt hatte. Matt schnappte sich den anderen, lehnte sich zurück und pulte die Folie ab. Mello zu irritieren war immer eine gute Methode, damit er sich abregte.

„Der ist für dich. Hab ich eben noch besorgt.“

„Der ist aber wirklich ziemlich eingedrückt,“ bemängelte Mello, biss ihm aber trotzdem den Kopf ab.

„Beschwer dich nicht. Mein Spiel ist doch auch nicht echt.“

„Ach - halt die Klappe.“

Matt beobachtete seinen Freund dabei, wie er mürrisch seine Schokolade verzehrte. Mochte sein, dass das Spiel nicht echt war - aber kombiniert mit Mello, der sich auf seinem Sofa räkelte und sich aufregte, war es schon ein verdammt geiles Weihnachtsgeschenk.

Mello mochte inzwischen ein Superschurke sein oder so was...aber dafür hatte er, offensichtlich, Zeit.

„Du bekommst das echte Samurai Super Warrior 17 zum Geburtst...“

„Mello - bitte vergiss es.“

„Na schön, vergessen wir´s...“, sagte Mello nach einem letzten wütenden Tritt gegen Matts Tisch und sah sich um. „Wo ist mein Kakao? Mir wurde ein Kakao mit Rum versprochen, wenn ich mich erinnere...“

„Steht schon auf dem Herd.“

„Was, echt?“

„Ich wusste, dass du kommst.“

Und dann leuchtete es tatsächlich auf, dieses vergnügte, unbeschwerte Lächeln, zu dem Mello nur noch manchmal in Laune war, und er entspannte sich.
„So...das wusstest du also.“

Der Rumkakao war angebrannt und hatte eine Haut, aber da sie beide so was sowieso sonst nie tranken, war es ihnen ziemlich egal. Abgesehen davon hatte Matt noch ein einzelnes Teelicht, Tütennudeln und zwei Tiefkühlpizzen, und sie hatten die riesige, 2 Kilo schwere Tafel Schokolade, die er für Mello besorgt hatte. Es fehlte nichts. Man konnte fast sagen, es war für ihre Begriffe ziemlich feierlich.

„Weißt du, was für einen Gamer das allergrößte ist, wenn er ein neues Spiel ausprobiert?“ fragte Matt, als sie versuchten, die billige Raubkopie von Samurai Super Warrior 17 zum Laufen zu kriegen.

„Nein, was?“ Mellos Wangen glühten mittlerweile ein bisschen, und seine Stimme schnappte nicht so wie sonst. Im Gegensatz zu Schokolade konnte er Rum nur in kleinen Mengen vertragen.

„Wenn dabei direkt neben ihnen auf dem Sofa ein wirklich scharfes blondes Geschoss in knappen Ledersachen sitzt.“

Er erntete ein leicht betrunkenes Grinsen und ein geschmeicheltes Funkeln aus dunklen Augen. „Das kannst du haben.“

Sie saßen nebeneinander auf dem Sofa, und es war ein tolles Gefühl - zu wissen, wo Mello war, nämlich hier, und dass er sicher war, nämlich bei ihm. Zumindest für die Stunden von Heiligabend bis morgen früh. So lange würde Matt ihn schon beschäftigen.

„Erzähl mir, wen du alles entführt hast, um dieses Spiel zu kriegen!“

„Ooh...!“ Mello stieß tief und enternervt die Luft aus und ließ dabei, wie nebensächlich, seinen Kopf auf Matts Schulter fallen. Blonde Haare rieselten seine Wangen hinab.

„Das ist aber wirklich eine verdammt lange Geschichte. Sie ist voller Gewalt, Verrat und Blutvergießen und sehr, sehr hässlich...!“

„Das hoffe ich doch. Ich hab Zeit, weißt du....“

2006, one shot, death note, mello, german, humour

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