AN: Ich bin keine Ärztin, pflege zwar gründlich zu recherchieren, aber jedem können Fehler passieren. Alles, was ich in den bisherigen und noch kommenden Kapitel über Hypothermie von mir gebe, entspricht meines Wissens nach der Wahrheit. Sollte jemand dennoch einen Fehler entdecken - laßt es mich wissen.
Dean kannte beinahe alle Horrorfilme dort draußen. Unzählige Nächte in diversen Motels nur mit dem Fernseher als Gesellschaft führen zu einem fast schon geek-haften Wissen über diverse Genres. Und alte Horrorfilme war eines davon, wenn auch nicht das liebste des älteren Winchesters. Dennoch mußte er zugeben, daß die Effekte dieses Mal gar nicht so schlecht waren. Der Bösewicht war, wie beinahe immer, auf den ersten Blick zu erkennen. Gute zwei Meter groß, dürr und mit zotteligen weissen Haaren. Sein Gewand hing in Fetzen an ihm herab. Schicht um Schicht umhüllten den knochigen Körper, als hätte die Gestalt einfach jedes Mal, wenn ein Kleidungsstück normalerweise in den Müll gewandert wäre, stattdessen eine weitere Lage hinzugefügt, in der Hoffnung, die unteren Schichten zu überdecken. Dennoch blitze ab und an etwas Haut durch - blass und käsig. Eines mußte Dean den Machern lassen, das war ein neuer Gegner. Kein abgelutschter Zombie oder Vampir, der Typ hier wirkte eher wie ein ausgetrockneter Einsiedler - ein hühnenhafter, stinkiger Einsiedler, der gerade den zweiten Kerl - offensichtlich der Gute - packte und quer durch die Höhle schleuderte. Dean konnte von ihm nicht allzu viel erkennen. Er trug eine dicke Winterjacke und eine Wollhaube, unter der braune Haare hervorlugten. Der Mann rollte sich ab und verhinderte so wahrscheinlich ernste Verletzungen. Wenigstens endlich mal jemand, der kämpfen konnte und nicht gleich beim ersten Schritt umknickte, sich den Knöchel brach und dann Zombiefutter wurde. Der Bösewicht blieb stehen, holte tief Luft und stieß dann einen eisigen Atem aus, der den jungen Mann, der sich gerade aufrappelte, gänzlich mit Raureif bedeckte. Gut, das war anscheinend der Special Attack von dem Eissiedler. Dean mußte bei dem Namen grinsen. Dann war der Gute endlich aufgestanden und drehte sich wieder zu seinem Gegenspieler um, drehte sich so, daß Dean sein Gesicht sehen konnte. Und in dem Moment fühlte er, wie sich in seinen Eingeweiden ein Knoten bildete. Er kannte den Typen. Das war Sam! Sein Bruder! Der ältere Winchester blinzelte ein paar Mal und versuchte den Nebel, der sich weiter um seine Gedanken zu legen drohte, gänzlich los zu werden. Sam. Der Eissiedler. Eis. Eis. Eis... EIS!!! Verdammt! Dean wußte mit einem Mal wieder, wo er sich befand und daß er seinem Bruder helfen mußte. Er war sich sicher, daß ihn der Rückstoß eines Schusses ohne Umschweife wieder in die Arme der sexy Schwarzhaarigen befördern würde. Unter normalen Umständen wäre das natürlich erstrebenswert gewesen, aber erstens existierte diese heiße Braut nur in seiner Fantasie und zweitens mußte er bei Bewußtsein bleiben, wenn er seinem Bruder helfen wollte. Also holte Dean seine abgesägte Schritflinte zwar aus dem Rucksack, benutzte sie allerdings nicht selbst, sondern warf sie in Richtung Sam. Dean traf nicht unbedingt dort hin, wo das Ding eigentlich landen hätte sollen, aber da der Eissiedler seinen Bruder gerade wieder wie einen nassen Fetzen durch die Höhle schleuderte, landeten beide in unmittelbarer Nähe voneinander am Boden.
Als Sam sich umdrehte, blickte er praktisch schon direkt in das Gesicht der Gestalt. Es war ein Mann, größer als er selbst und deutlich älter. Wahrscheinlich auch älter als Dad, aber Sam tat sich da ein wenig schwer das richtig einzuschätzen. Die wahrscheinlich dunkelbraunen Haare waren von einer dicken Reif-Schicht bedeckt und wirkten beinahe weiß. In den Wimpern und Augenbrauen, wie im zotteligen Bart hatten sich kleine und auch größere Eiskristalle gebildet und auch die Haut selbst wirkte so, als wäre sie von einer hauchdünnen weißen Schicht überzogen. Der Mann war so dürr, daß Sams schlacksige Gestalt im Vergleich dazu beinahe mollig wirkte. Und klein. Gott, wann hatte Sam das letzte mal zu irgendjemanden hinauf blicken müssen? Eisblaue Augen richteten sich auf den jüngeren Winchester und dann wurde er von starken Armen gepackt und mit erschreckender Leichtigkeit quer durch die Höhle geworfen. Noch während sich Sam abrollte, dem Aufprall so die meiste Wucht nahm und in einer flüssigen Bewegung wieder auf die Beine kam, überlegte er fieberhaft, womit sie es hier zu tun hatten. Vielleicht ein Geist? Der Jüngere Winchester hatte weder seinen EMF-Detektor, noch eine Ladung Salz bei sich, um diese Theorie zu prüfen. Gegen einen Dämon sprach das gänzliche Fehlen von Schwefelgeruch. Er kannte auch kein Wer-Wesen, daß eine solche Gestalt annehmen konnte, dennoch hätte er sich mit einem silbernen Messer in der Hand deutlich wohler gefühlt - egal welches Messer, hauptsache Messer. Er hätte sich sogar mit einem Ast zufrieden gegeben. Sam konnte noch immer die eisige Kälte an den Stellen spüren, wo ihn die Kreatur berührt hatte und wenn es sich irgendwie vermeiden ließ, wollte er das Wesen nicht unbedingt mit nackten Fäusten attackieren müssen. Eis-Elementar? Gab es soetwas überhaupt? Der jüngere Winchester wurde erneut gepackt, die Kälte breitete sich dieses Mal um seine Hüfte herum aus und er flog zum zweiten Mal wie ein lästiges Spielzeug durch die Luft. Sam landete hart auf dem eisigen Boden. Vor seinen Augen tanzten Sterne und er war sich einige Momente lang nicht sicher, ob er bei Bewußtsein bleiben würde. Sein Kopf war viel zu hart aufgeschlagen. Die Wunde auf seiner Stirn blutete wieder und die ganze Höhle schien sich um ihn zu drehen. Der jüngere Winchester rollte sich auf die Seite - sein Instinkt sagte ihm, daß sein Gegner gleich wieder nach ihm greifen würde - er rollte nochmals um die eigene Achse und die Welt um ihn herum drehte sich begeistert mit. Ein Woge Übelkeit brach über Sam herein und so brauchte es einige Sekunden, bis er sich des Gegenstandes bewußt wurde, auf dem er zu liegen gekommen war. Deans Schrotflinte! Der jüngere Winchester drehte sich erneut, aber dieses Mal in die andere Richtung - ihm war schon schwindlig genug - ziehlte und schoß dem Wesen eine Ladung Salz aus nächster Nähe ins Gesicht. Auch wenn der Effekt nicht ganz der erwünschte war, der Angreifer zog sich doch zurück. Die Hände vors Gesicht gepresst, gab er ein teils wimmerndes, teils wütendes Kreischen von sich, daß Sam die Haare zu berge stehen ließ. Ok, kein Geist. Was zum Teufel ist das für ein Ding?! Sam rappelte sich, so schnell das die noch immer schwankende Umgebung zu ließ, auf und taumelte einige Schritte von dem Wesen weg.
Kapitel 12»