Sie fuhr mit ihrem Finger sanft über die kurzen Stoppeln an seinem Kinn. Die Berührung sand heiße Schauer durch seinen Körper und er holte unwillkührlich Luft. Der Geruch von Leder, ein Hauch von Motoröl und die zitronige Note ihres Shampoos... Eine Mischung, in der er versinken konnte. Eine Mischung, die Sicherheit und Geborgenheit versprach. Eine Mischung, die Begierde noch heller in ihm aufflackern ließ. Ein kurzer, gieriger Kuß, dann zog sie ihm seine Jacke aus. Noch bevor diese den Boden erreicht hatte, war Dean ebenfalls aus seinem Shirt geschlüpft und stand jetzt nur mehr mit seiner Jean bekleidet vor ihr. Sie gab ihm wieder einen Kuß, den Dean leidenschaftlich erwiederte. Eigentlich wäre ihre Jacke als nächstes an der Reihe gewesen, aber als er mit den Händen unter ihr Top fuhr und langsam den Rücken hinauf strich, drückte sie sich an ihn und plötzlich war nur mehr wichtig, wie er die beiden Hosen so rasch als möglich los werden konnte, die zwischen ihm und heißem, leidenschaftlichen Sex hier - wo auch immer das gerade war - und jetzt standen. Deans Jean war als erstes dran, unangenehm eng geworden. Er ertastete gerade den Verschluß ihrer Hose, als sie etwas in sein Ohr hauchte: "Dean... dein Bruder braucht dich." Der ältere Winchester war hin und her gerissen zwischen seinem körperlichen Verlangen und dem mindestens ebenso starken Bedürftnis seinen Bruder zu beschützen. Aber noch zögerte er. "Dean, Sam braucht deine Hilfe. Ich warte hier auf dich, aber geh jetzt, sonst ist es zu spät." Ein Schuß hallte durch die Höhle. Dean blinzelte benommen und sah seinen Bruder und den Eissiedler nur wenige Meter entfernt miteinander ringen. Das Wesen hatte eine Hand um den Lauf der Schrotflinte gelegt und die Waffe von sich weg gedrückt. Der altere Winchester wischte sich mit dem Handrücken Schweiß von seiner Stirn und packte dann mit klammen Fingern (wie konnten seine Finger kalt und steif gefrohren sein, wenn ihm so heiß war?) die kurze Handaxt. Er wußte zwar nicht, wie der Eissiedler zu töten war, aber er wußte, wie er ihn bestimmt ablenken konnte. Dean wankte auf die mittlere Eissäule zu, in der die vertraute Gestalt von Alma eingeschlossen war. Es brauchte unzählige Hiebe und Pausen dazwischen, bis das kalte Gefängnis die Leiche der jungen Frau wieder frei gab. Der ältere Winchester konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten. Jeder Atemzug wurde von einem gurgelden Geräusch und dem Gefühl, jeden Moment ersticken zu müssen begleitet. Er hob den Kopf und suchte seinen Bruder und den Eissiedler. Der Kampf hatte die beiden weiter von Dean weggeführt und er hatte Probleme, die Kontrahenten voneinander zu unterscheiden. Beide Gestalten verschwammen ineinander und auch die Dunkelheit im hinteren Teil der Höhle vereinfachte die Sache nicht sonderlich. Dean kniff die Augen angestrengt zusammen und versuchte einige Sekunden lang aus dem, was er da sah, klug zu werden. Dann zuckte er mental mit den Schultern, drehte sich um und fragte sich, wie er die wenigen Meter zur letzten verbleibenden Säule zurücklegen sollte.
Sam taumelte rückwärts, die Schrotflinte fest in der Hand. Er mußte wieder einen klaren Kopf bekommen. Er hatte nur noch einen einzigen weiteren Schuß und wenn der nicht saß... Zur Zeit verschwamm die Welt vor seinen Augen mit erschreckender Regelmäßigkeit. Zum Glück kam sie ebenso verläßlich wieder in alter Schärfe zurück. Der jüngere Winchester war sich sicher, daß er eine Gehirnerschütterung hatte. Aber dieses Wesen sah nicht so aus, als würde es deswegen einen Waffenstillstand auch nur in Erwägung ziehen. Seine Gedanken überschlugen sich, als Sam weitere wertvolle Meter zwischen sich und die Gestalt brachte. Kein Geist. Kein Dämon. Kein Gestaltwandler. Kein Wiedergänger. Kein Vampir. Eine Tulpa? Sehr unwahrscheinlich. Eis... Wasser! Ein Vodyanoy? Nein, keine fischige Haut. Each Uisge? Oder ein Mannegishi? Nein und nein. Verdammt! Das Wesen passte einfach zu keiner Sam bekannten Art. Er hatte das starke Bedürftnis, dem Ding einen Namen zu verpassen. Sein Vater hatte ihnen immer eingebläut, sobald sie wissen, womit sie es zu tun haben, können sie es auch besiegen. Also mußte Sam dem Wesen zu erst einen Namen geben. Ich nenne es... Homo frigus. Nachdem dieser Punkt erledigt war, konnte er sich mit dem nächsten Problem befassen: Wie tötet man einen Homo frigus? Salz konnte Sam schon mal getrost von der Liste der Möglichkeiten streichen. Unglücklicher Weise war seine Auswahl an Waffen gerade ziemlich beschränkt. Allerdings wusste er, wo er welche finden konnte. In seinem Rucksack bei Dean. Unwillkürlich warf er einen Blick zu seinem Bruder und stellte fest, dass der gerade damit beschäftigt war, seine nassen Sachen aus zu ziehen, wahrscheinlich um sich gleich danach mit den Taschenwärmern in die Rettungsdecke zu hüllen. Sehr gut. Dean kümmerte sich darum, dass er nicht an Unterkühlung starb und Sam würde den Homo frigus ausschalten. Das war ein Arrangement mit dem er arbeiten konnte. Der jüngere Winchester umrundete das Wesen vorsichtig, versuchte den Abstand weiterhin zu vergrößern und gleichzeitig zu ihrer Ausrüstung zu gelangen. Aber das war leichter gesagt als getan. Als er nur mehr wenige Schritte von dem Rucksack mit ihren Waffen entfernt war, stellte er entsetzt fest, daß Dean nur mehr mit Boxershorts bekleidet am Boden lag und offensichtlich das Bewußtsein verloren hatte. Sam war nur wenige Augenblicke abgelenkt, aber das reichte aus. Der Homo frigus war zu nahe heran gekommen und packte die Schrotflinte mit einer Hand. Sam versuchte die Kontrolle über die Waffe wieder zurück zu erhalten, doch das Wesen war einfach zu stark. Er spürte, wie es ihm die Waffe aus der Hand zu drehen versuchte und wie sein Finger dabei unwillkührlich mehr Druck auf den Abzug ausübte, als gut war. Tatsächlich löste sich der Schuß. Gerade als die Waffe auf Dean zeigte. Sams Herz setzte für einen Moment aus. Aber zumindest dieses eine Mal hatten sie Glück. Der Schuß traf nicht den leblosen Körper des älteren Winchester, sondern die Überreste der Eissäule dahinter. Auch der Homo frigus schien von dem plötzlichen Schuß überrascht, was Sam sofort für sich nutzte. Er machte eine Hechtrolle auf den Rucksack zu, packte diesen noch beim Aufstehen mit festem Griff und rannte dann taumelnd und stolpernd hinter die mittlere Säule. Ohne den Blick von dem Wesen zu wenden, das die Verfolgung wieder aufgenommen hatte, kramte Sam hektisch im Rucksack. Seine Hand bekam eine kleine quadratische Box zu greifen, die er sofort einsteckte - Munition für die Schrotflinte. Der jüngere Winchester wußte, daß irgendwo da drinnen noch eine Flasche mit Weihwasser, Deans Colt samt Silbermunition und die Handaxt sein mußte. Aber er hatte keine Zeit den Rucksack lange zu durchsuchen. Der Homo frigus war nur mehr knappe 10 Meter entfernt, als Sam das ganze Ding einfach umdrehte und den Inhalt auf den Höhlenboden fallen ließ. Die Axt tauchte zwar nicht auf, dafür aber die anderen beiden gesuchten Dinge. Er ging in die Knie, packte die Pistole und feuerte noch aus der gebückten Haltung heraus den ersten Schuß auf das Wesen ab. Die Kugel traf die Kreatur am rechten Arm und Sam wußte, daß er keine Zeit mehr für einen weiteren gezielten Schuß hatte, wenn er wieder aufstehen wollte. Der Homo frigus hatte nichtmal mit der Wimper gezuckt, als ihn das Silbergeschoß durchbohrte. Der jüngere Winchester sicherte die Waffe wieder - in einem Kampf konnte sich so schnell ein Schuß lösen - und ließ sie in seiner Jackentasche verschwinden. Dann nahm er die Beine in die Hand und brachte wieder mehr Abstand zwischen sich und seinen Gegner. Sam befand sich jetzt im hinteren Teil der Höhle, der nur mehr sehr spärlich vom Licht der Eissäulen erhellt wurde. Er hatte zwar keine Zeit sich genauer umzusehen, aber er warf zumindest einmal einen raschen Blick in alle Richtungen - es machte keinen Sinn, wenn er sich den Kopf an einer aus der Wand kommenden Wurzel erneut verletzte und dann vielleicht endgültig bewußtlos wurde. Schwer atmend drehte sich der jüngere Winchester wieder um und wand sich dem Homo frigus zu. Das Wesen hatte aufgeholt und würde Sam in wenigen Sekunden erneut angreifen können. Er packte den Flachman, in dem er das Weihwasser wußte, fester und versuchte mit der anderen Hand panisch den Verschluß zu öffnen. Er hatte nur Augenblicke, bevor... Das Wesen blieb knapp ausserhalb Sams Reichweite stehen, holte tief Luft und blies dem jüngeren Winchester einen eisigen Hauch entgegen. Dort wo die Luft seine Haut berührte, spürte er sofort wie sich unter stechenden Schmerzen Eiskristalle bildeten und ihn Raureif bedeckte. Dann endlich hatte er den Deckel abgeschraubt, machte einen großen Schritt vorwärts und bespritzte das Wesen mit der Flüssigkeit. Der Effekt war nicht ganz der erhoffte, reichte aber durchaus um Sam zu verblüffen. Der Homo frigus bliebt einfach stehen. Er wehrte sich nicht. Er betrachtete das Wasser, verfolgte den Flug der Spritzer, die sofort zu Eis gefroren, als sie ihn berührte. Der jüngere Winchester wußte nicht, ob das Wesen seinen 'Angriff' genoß, es schien ihn aber zumindest interessanter als den bisherigen Kampf zu finden. Dann geschahen zwei Dinge gleichzeitig. Es wurde auf einen Schlag noch düsterer und der Homo Frigus erschauderte. Beide Kontrahenten reckten die Köpfe und machten beinahe Augenblicklich die Quelle der veränderten Lichtverhältnisse aus. Dean stand noch immer nur in der Unterwäsche, schwankend und mit der Axt in der Hand - da war das Ding also hin - vor den Überresten der mittleren Säule. Dann drehte sich der Homo frigus wieder zu Sam und knurrte guttural, bevor er sich auf den jüngeren Winchester stürzte.
Die Axt schien Tonnen zu wiegen. Deans Arme schmerzten und nach jedem Hieb musste er sich an die Eissäule lehnen, um nicht umzufallen. Zu den Schmerzen in der Lunge, die jeden Atemzug aufs neue zu einer Mutprobe werden liesen, hatte sich irgendwann auch ein immer stärker werdendes Stechen in der Brust gesellt. Dean hatte zu Beginn sein Bestes gegeben, um die neue Entwicklung zu ignorieren, aber er kannte dieses Gefühl. Es war sein Herz. Auch wenn er keine Ahnung hatte, wie es dieses Mal dazu gekommen war - das letzte Mal hatte er sich aus Versehen einen Stromstoß verpasst, der ihn beinahe getötet hatte und weder hier in der Höhle noch draussen am See hatte er etwas gesehen, das auch nur im entferntesten nach Elektrizität aussah - an diese Art von Schmerz erinnerte er sich noch ganz genau. Dennoch bearbeitete Dean das Eis mit unverminderter Entschlossenheit. Wenn er schon einen Herzinfarkt erlitt, dann zumindest dabei, wie er seinen Bruder rettete. Vielleicht konnte er so Dads Opfer einen Sinn geben. Mit einem Grunzen hieb er die Axt erneut ins Eis und nur die Hände der plötzlich erneut aufgetauchten Schwarzhaarigen verhinderten, daß er strauchelte und zu Boden ging. Während sie ihn hielt, bis seine eigenen Beide das Gewicht wieder trugen, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln: "Ich hab dir doch gesagt, ich warte auf dich."
"Kann grad nicht. Muss Sammy helfen." Dean deutete mit dem Kopf auf den hiteren Teil der Höhle, wo er seinen Bruder wußte. Da sie ihn noch immer umarmte, streifte seine Wange bei der Bewegung sanft die ihre und der ältere Winchester konnte die angenehme Wäre spüren, die von ihr ausging.
"Ich weiß. Laß mich dich unterstützen. Ich glaube, du selbst könntest auch ein wenig Hilfe gebrauchen."
Dean antwortete mit einem sehnsüchtigen Grinsen und stieß sich dann von ihr ab und richtete sich gleichzeitig wieder auf. "Ok, bringen wir das hier zu Ende. Sobald Sam in Sicherheit ist, gehöre ich ganz dir, Süße."
Kapitel 13»