Türchen Nr.6

Dec 06, 2011 23:13

Challenge: "Nach der Schlacht ist vor der Schlacht" (im weitesten Sinne)
Fandom: Original
Kommentar: Sorry für das späte Posting, aber LJ funktionierte bei mir bis Nachmittags nich und ich kam eben erst von der Arbeit heim!

Mara schob sich zwischen einer übergewichtigen, alten Frau und ihrem schokoladenverschmierten Enkel hindurch, während sie ihren Blick suchend umherschweifen lies. Wo blieb Tascha? Vor einer halben Stunde war sie mit den Worten „Ich bin gleich wieder da, such du mal Geschenkpapier!“ auf der rot-grün blinkenden Rolltreppe gesprungen. Mara hatte noch hinterherrufen wollen, dass sie schon viel zu spät dran waren, aber da war Tascha schon hinter verschwunden. Notgedrungen hatte sie sich also zu den Schreibwaren begeben und nach Geschenkpapier gesucht. Die Wahl war ihr nicht schwer gefallen, es waren nur noch zwei Rollen roten Papiers übrig gewesen, auf denen fröhlich grinsende Elche „Merry X-mas“ blökten und goldglitzernde Schals trugen. Schön war etwas anderes und Mara hörte Tascha jetzt schon nörgeln und vorschlagen, dass man noch im Kaufhaus nebenan nach Geschenkpapier suchen sollte. Aber Mara würde einfach dagegen halten, dass Taschas dreijähriger Sohn die Verpackung sicher völlig egal war und Tascha sich wieder wie ihre Mutter aufführte. Das zog immer. 
„MARA!“ Taschas schrille Stimme übertönte sogar das  Geschrei einer Gruppe aufgedrehter Grundschüler, die auf die Spielwarenabteilung zustürmten. Mara blickte zur Rolltreppe, auf der ihre Freundin stand und aufgeregt mit einem roten Etwas in der Hand winkte. „SCHAU NUR WAS SIE HABEN!“ Immer noch schreiend boxte sich Tascha durch eine Großfamilie zu Mara durch.  „Strampelanzüge, die aussehen, wie Weihnachtsmännerkostüme!“ Mara betrachtete unbeeindruckt den roten Fetzen, den Tascha ihr mit einem glückseligen Lächeln entgegenstreckte. Der Strampelanzug hatte eine Zipfelmütze mit einem kleinen Plüschbommel und auf den Brustbereich war ein kleiner weißer Bart aufgenäht.
„Jens ist drei!“ meinte Mara nur.
„Aber nächstes Jahr um diese Zeit hab ich einen weiteren kleinen Nikolaus!“ zufrieden tätschelte Tascha ihren runden Bauch. Mara verdrehte die Augen.
„Können wir endlich gehen?“
„Du bist so ein schrecklicher Weihnachtsmuffel!“
„Das stimmt überhaupt nicht!“ Es stimmte tatsächlich nicht. Mara mochte Weihnachten, sie mochte es, mit ihrem Freund an Heilig Abend gemütlich vor dem Christbaum zu sitzen und Restplätzchen zu futtern, sie mochte es, am nächsten Tag mit ihrer und seiner Familie das Weihnachtskonzert ihres Großonkels zu besuchen, sie mochte die Stimmung, das Essen und das alles so ruhig zuging. Sie konnte nur den ganzen Weihnachtsrummel nicht verstehen. Geschmacklose Deko in Geschäften, überall die gleichen Lieder und überall Menschen, die mit gespieltem Enthusiasmus den Einkaufsstress  oder mit gekünsteltem Genörgel ihren Neid zu vertuschen versuchten. All das mochte Mara nicht und Tascha schien all diese Dinge in sich zu vereinen. Könnte sie, würde Tasha sicherlich sich und alle Umstehenden mit Christbaumkugeln behängen, um davon abzulenken, dass in ihrer Familie sie die einzige war, die sich auf das zweite Kind freute. Und wäre sie nicht schnell von Maras ruppiger Art eingeschüchtert, würde sie diese aus lauter Eifersucht auf deren harmonische Beziehung wohl viel häufiger zu unsinnigen Weihnachtseinkäufen zwingen.   
„Und warum willst du dann nicht mit mir Strohsterne basteln? Oder Wichteln! Nie willst du Wichteln!“
„Ich hab letztes Jahr Strohsterne mit dir gebastelt und wusste schon damals nicht, was ich damit soll. Und ich hab keine Lust, schon wieder über das Wichteln zu streiten, während Lea auf dem Weihnachtsmarkt auf uns wartet!“
„Lea ist doch genauso wie du. Keiner von euch genießt Weihnachten und ihr seid nur genervt, wenn ich ein wenig Stimmung verbreiten will!“
Mara verkniff sich den bissigen Kommentar, der ihr auf der Zunge lag und schlug stattdessen einen versöhnlichen Tonfall an. Sie hatte aufgehört zu zählen, wie oft sie dieses Gespräch allein schon dieses Jahr hatten. „Das ist doch gar nicht wahr und das weißt du! Warum sollten wir sonst mit dir auf den Weihnachtsmarkt wollen?“
„Ich weiß aber gar nicht, ob ich noch mit will. Ihr beide zieht mich immer runter, mit eurer Anti-Weihnachtsstimmung!“
Mara zuckte mit den Schultern, drückte Tascha das geschmacklose Geschenkpapier in die Hand und ging. Sie wusste, das zehn Minuten später, Tascha neben ihr auftauche  würde, fröhlich plappernd, als wäre nie etwas gewesen.

original, kurimukeiki, adventskalender

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