Adventskalender: 13. Türchen

Dec 13, 2014 12:25

Fandom: Original
Challenge: "Noch mehr Lichter und die Sicherung fliegt raus."
Charaktere: Luc und Jonas



Man sollte meinen, dass man sich mit der Zeit an Chaos gewöhnt, so wie man sich mit der Zeit an alles gewöhnen kann. Aber das Dumme an Chaos ist nunmal, dass es chaotisch ist, also ist wird man immer wieder aufs Neue überrascht.

Niemand, den ich kenne, verkörpert ‚Chaos‘ so gut wie Luc. Es ist nicht nur das aussehen, es ist auch seine Art, auf dieselben Sachen je nach Laune völlig unterschiedlich zu reagieren. Weihnachten zum Beispiel. Ich hatte schon zwei Weihnachtsfeste mit Luc erlebt.

Beim ersten war er nur stundenweise in meiner Wohnung anwesend -vielleicht weil er andere Pläne hatte, vielleicht aus einer untypischen Rücksicht auf mich, vielleicht weil er Anfang Dezember das Bad geflutet hatte und mir lieber nicht zu oft unter die Augen treten wollte.

Das zweite Weihnachtsfest verlebten wir, abgesehen von Besuchen bei unseren jeweiligen Familien zusammen. Es war nett, unterschied sich aber bis auf ein paar Kerzen nicht grundlegend vom normalen Alltag. Luc machte nicht den Eindruck, ein eingefleischter Weihnachtsfan zu sein. Nicht, dass er es nicht mochte, aber er zeigte eben auch keine gesteigerte Begeisterung.

Deswegen war ich schon ein bisschen erstaunt, als ich eines Abends Mitte Dezember nachhause kam und die ganze Wohnung in Lichter getaucht vorfand. Lichterketten in unterschiedlichen Farben überall. An Wänden, Fenstern, Türrahmen, Möbeln… Die bunt leuchtenden Silhouetten meiner Möbel sahen interessant aus, aber eben eher wie moderne Kunst als wie mein Wohnzimmer.

Ich ging weiter ins Bad: auch hier war Weihnachten ausgebrochen. Eine Lichtkaskade entlang der gläsernen Duschabtrennung. Ein Regenbogen aus farbigen Lichterketten entlang einer Wand.

„Na?“ fragte Luc, der sich auf nackten Füßen angeschlichen hatte, direkt hinter mir. „Was meinst du?“

„Noch ein einziges Licht und die Sicherung fliegt raus“, bemerkte ich trocken.

Luc nickte zustimmend und irgendwie selbstzufrieden. „Ist sie schon, ich musste fünf Ketten wegnehmen, damit es funktioniert.“

Vielleicht war es eines seiner Ziele gewesen, die Belastbarkeit meines Stromnetzes bis an seine Grenzen auszureizen. Ich sollte nachsehen, ob ich noch irgendwo einen Feuerlöscher zu liegen habe, dachte ich, nur ur Sicherheit.

Ich weiß nicht, vielleicht sollte ich nach dem Warum fragen, wenn Luc sowas macht, aber ehrlich gesagt ist mir meine Zeit zu schade. Ich nehme auch an, dass es keine gute Antwort gibt oder zumindest keine, die für mich nachvollziehbar wäre. Verbuchen wir es unter ‚Kunst‘ und gut.

„Sieht gut aus.“

„Japp“, stimmt Luc glücklich zu. „Ich mach nachher noch Photos.“

Ich hoffe, er kann die Bilder verkaufen und gibt etwas zur Stromrechnung dazu.

„Tee?“ fragte ich ihn, weil ich mir auf diesen Schrecken erstmal einen Kaffee machen musste.

„Zieh ein paar Verteiler raus, wenn du den Wasserkocher benutzen willst, sonst fliegt die Sicherung gleich wieder raus.“

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