Ein einfaches "Ich wasche mich nicht gern" hätte es doch auch getan.
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Als Kind hörte ich die Erwachsenen sagen, in den Konzentrationslagern wird aus den Juden Seife gemacht. Seitdem konnte ich mich mit Seife nicht mehr anfreunden und verabscheue Seifengeruch. Jetzt wohne ich, weil ich den "Tristan" inszeniere in einer Neubauwohnung in der Stadt Bayreuth. Die Wohnung ist sauber, wie ich noch keine gesehen habe. Alles ist an seinem Platz: Die Töpfe, die Pfannen, die Teller, die Tassen, die Gläser und das Doppelbett. Die Dusche, made in germany, kann Tote aufwecken. An den Wänden Blumen und Alpenkitsch. Hier herrscht Ordnung. Auch das Grün hinter dem Haus - in Ordnung. Die Straße still. Gegenüber die Hypobank. Als ich das Fenster aufmache, zum ersten Mal, Seifengeruch. Das Haus, die Wohnung, der Garten, die Stadt Bayreuth riechen nach Seife. Jetzt weiß ich, sage ich gegen die Stille, was es heißt, in der Hölle zu wohnen und nicht tot zu sein oder ein Mörder. Hier wurde Auschwitz geboren - im Seifengeruch.
(Um Platz zu sparen, habe ich, da Müllers "Verse" ohnehin keine Füße haben, auf die Absätze verzichtet.)