Kirschgeschmack

Jan 30, 2013 14:51

Titel: Kirchgeschmack
Fandom: Yu-Gi-Oh!
Prompt: Grippe
Medium: Fanfiction
Zusammenfassung: Auch ehemalige Pharaonen sind anfällig für Grippe.
Anmerkungen: Keine
A/N: Ugh, es ist viel zu lange her, dass ich im Yu-Gi-Oh!-Fandom geschrieben habe..



Kirschgeschmack

„Yuuugi“

Das Stöhnen klang ein wenig wie der Ruf eines Poltergeists oder eine sterbenden Katze. Yugi konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. Er hatte den anderen noch nie so armselig und hilflos klingen hören.

„Hikariiiiii“

Diesmal war es mehr ein Quengeln nach Aufmerksamkeit, als der erste Ruf unbeantwortet blieb. Der Teenager mit dem dreifarbigen, stachelig abstehenden Haar schüttelte gutmütig den Kopf und stellte bedachtsam die Schüssel mit dampfender Suppe auf das kleine Tablett, das seine Mutter ihm einige Minuten zuvor überreicht hatte. Neben der Suppe befanden sich noch eine neue Packung Taschentücher und eine Ansammlung Grippemedizin, die Überreste der letzten Erkältungswelle, darauf.

„Ich komme ja schon, mou hitori no boku. Hab noch ein wenig Geduld.“, rief er hinauf, bevor er vorsichtig das Tablett anhob und sich langsam auf den Weg machte, es die Treppe hinauf zu balancieren. Dies war einer der wenigen Nachteile, über dem Spieleladen seines Großvaters zu wohnen: Der Wohnraum war so beengt, dass er sich nicht auf zwei, sondern über drei Stockwerke erstreckte. Verbunden wurden sie nur durch eine schmale Treppe, die sich eng an die Außenmauer des Gebäudes schmiegte und so niedrig war, dass selbst Yugis Frisur die Decke streifte. Seine Freunde hatten sich hier schon mehr als einmal den Kopf gestoßen und ein hochgewachsener Riese wie Kaiba müsste wohl in jedem der Räume mit leicht gebeugtem Rücken stehen.

Als er die Tür zu seinem Dachzimmer mit dem Fuß aufstieß, darauf bedacht nichts von der heißen Suppe zu verschütten, bot sich ihm ein Anblick, der gleichzeitig unglaublich herzerwärmend als auch seltsam anmutend war. Sein Yami, der ehemalige große Pharao des Alten Ägyptens, saß, ein Kissen wie ein Schutzschild an seinen Oberkörper drückend, in einem Nest aus Decken. Seine Nase war rot geschwollen und er schniefte mitleidserregend, während selbst sein Haar den Eindruck machte, schlaff herunterzuhängen. Atemus für gewöhnlich stolzen, roten Augen waren halb geschlossen und blinzelten seine lichte Hälfte müde an, als diese das Tablett auf dem Nachttisch abstellte und sich neben ihm auf dem Bett niederließ.

Mit einem Seufzen ließ Yugi den Blick von seinem Yami weg und durch das Zimmer schweifen. Sein Schreibtisch und der Boden um ihren Kleiderschrank herum waren die einzigen halbwegs aufgeräumten Stellen, überall sonst lagen verwaiste Kleidungsstücke oder zusammengeknüllte Taschentücher herum. Der Mülleimer stand unerreichbar in der hintersten Ecke des Zimmers; er hatte bereits gestern angefangen überzuquellen und Yugi hatte neben all seinen anderen Verpflichtungen nicht auch noch die Zeit, ihn auslehren zu gehen. Sobald es dem anderen besser ging, würden sie wieder einmal aufräumen müssen.

Das genüssliche Schlürfen seines Yamis machte ihn darauf aufmerksam, dass dieser sich bereits seine Suppe geholt hatte (vermutlich mit Hilfe seiner Schattenmagie - wie sich herausstellte, waren kranke Yamis nicht nur aufmerksamkeitsbedürftig wie kleine Kinder, sondern auch noch ausgesprochen faul). Erschöpft ließ Yugi sich in die Kissen sinken und sah Atemu zwischen blonden Strähnen hindurch an.

„Geht es dir denn schon etwas besser?“, fragte er ihn hoffnungsvoll. Nicht nur wäre es für ihn selbst leichter, Yugi machte sich ernsthafte Sorgen um seinen Seelenpartner. Nicht, dass dessen Erkältung besonders ungewöhnlich war, aber durch sein noch relativ schwaches Immunsystem seines neuen Körpers hatte es den Ägypter heftig erwischt. Noch dazu war dies vermutlich Yamis erste Erkrankung dieser Art, was den ehemaligen Geist des Milleniumspuzzles weiter aus der Spur gebracht hatte.

Atemu setzte den mittlerweile nur noch halbvollen Suppenteller auf seinem Oberschenkel ab, um seinem Hikari antworten zu können. Er drehte den Oberkörper ein wenig zur Seite, um den jüngeren Duellist anschauen zu können, und lächelte beruhigend. Die Geste wurde jedoch durch eine Niesattacke zunichte gemacht, die Yugi ein leichtes Lächeln entlockte. Es war seltsam, jedoch auf eine gewisse Art schön und beruhigen, seinen Partner so menschlich erleben zu dürfen.

„Es geht mir besser, Hikari.“, antwortete der Ältere schließlich, nachdem er gründlich in ein Taschentuch geschnäuzt hatte. Es war wirklich kein schöner Anblick, aber ein Zeichen für Yugi, dass er dem Pharao voll und ganz verfallen war - irgendwie wirkte der andere durch die Hautfetzen, die sich von der wundgeriebenen Nase abschälten, beinahe… niedlich. Yugi wollte über diesen Gedanken gar nicht weiter nachdenken und beschäftigte sich stattdessen lieber damit, nach der Grippemedizin zu greifen. Yami beobachtete ihn misstrauisch dabei.

„Das ist schön, Yami, dann bist du vielleicht nicht mehr lange ans Bett gebunden. Vermutlich wäre es trotzdem besser, wenn du das hier nimmst.“

Mit diesen Worten streckte er ihm den durchsichtigen Plastikdeckel hin, in den er den zähen, roten Hustensirup gefüllt hatte. Den Blick, den er dafür erntete, war einer unverborgenen Ekels.

„Ich weiß, dass du mir nur helfen willst, Yugi, aber es tut mir leid: Das trinke ich nicht!“, lautete auch die sofortige Antwort. „Das Zeug riecht schon nach reiner Chemie!“

Seufzend fuhr sich Yugi mit der Hand durch das Haar und zog die Nase kraus. Eigentlich war es von Anfang an klar gewesen, dass Atemu so reagieren würde. Yami war zwar nicht der einfachste Patient, aber er tat für gewöhnlich ohne Widerworte das, was seine lichte Hälfte ihm sagte. Von moderner Medizin hielt er nur überhaupt nichts und hatte auch nicht damit gezögert, seinen Standpunkt klar zu machen - eines der wenigen Dinge, die er mit Ryous Yami gemein hatte.

Dummerweise hatte der andere Hikari nur bereits verraten, wie man Yamis ohne Probleme mit Medizin fütterte.

Ohne ein weiteres Wort setzte er den Becher an seine eigenen Lippen und ließ den Sirup in den Mund fließen. Innerlich verzog er das Gesicht - das Zeug schmeckte so chemisch, wie es nach Atemus Meinung roch. Dann packte er seinen Yami, der ihn mit großen Augen verwundert anstarrte, mit beiden Händen am Hinterkopf und zog ihn zu sich heran.

Vorsichtig presste er seine Lippen gegen die seines Yamis, der sich versuchte aus seinem Griff zu winden, nachdem er begriffen hatte, was vorging. Doch Yugi teilte mitleidslos den Mund des anderen mit seiner Zunge.

Als sie sich schließlich voneinander lösten, sah Atemu ihn undefinierbar an, sich über die Lippen leckend. Die Stirn runzelnd sah er auf den Plastikbecher hinab, der noch immer unschuldig zwischen ihnen auf dem Bett lag.

„Sollte das Kirschgeschmack sein? Den habe ich aber anders in Erinnerung.“

community: de_bingo, media: fanfiction, genre: general, fandom: yu-gi-oh!, bingo: runde 1, pairing: yugi muto/yami yugi, pairing: puzzleshipping

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