Twennitwenni

Jan 03, 2021 22:18


Eigentlich eine schöne Jahreszahl: 2020. Und eigentlich war dieses 2020 für mich auch kein schlechtes. Es war stabiler, entspannter, ruhiger als die Jahre davor. Daran mag die Pandemie ihren Anteil haben, was in mir eine Furcht vor deren Auslaufen weckt, aber ich fühle auch eine innere Stabilisierung, mit der ich dem beherzter entgegenzutreten in der Lage bin als mein Ich früherer Jahre. Und: Aus den Einschränkungen habe ich, so gut es geht, das Beste gemacht, mit neuen Erlebnissen, die ohne nicht möglich gewesen wären, und vielen Mini-Ausflügen an Braunschweiger Seen und die nähere Umgebung. Das Leid der Infizierten und Verstorbenen will ich dabei nicht ignorieren, die Dummheit derer, die faschistoiden Religionen mit Q anhängen, hingegen kann ich leider nicht ignorieren.


Ja, ich kann gewissen äußeren Einschränkungen beherzter entgegentreten, das erweitert meinen Erlebnishorizont und reduziert mein schlechtes Gewissen, doch leichter insgesamt wird es dadurch nicht, weil ich das, was ich gern mache, nicht erst verteidigen müssen will. Ich will einfach leben, ich will meine Freiheit, und ich will nicht darum kämpfen müssen. Und bin mir nach wie vor noch nicht im Klaren darüber, wo meine Grenzen berechtigt sind, wo sie nicht weit genug gehen und wo es dringend erforderlich wäre, sie enger zu setzen. Aus Furcht, den Anderen zu verletzen oder gar mit dem Durchsetzen meiner Bedürfnisse zu einer Art Täter zu werden, halte ich mich mehr zurück, als meiner Seele guttut. Schritt um Schritt fordere ich mehr ein, und Schritt um Schritt verläuft es besser. Nur will ich eben nichts einfordern müssen, sondern loslaufen, wenn ich das brauche. Absprachen zu treffen bin ich ja mehr als bereit. Ich will ja nix Böses.

Und weil 2020 eben so eingeschränkt war, gab es weniger Kämpfe - ist meine Vermutung, im Grunde meine Furcht, denn das würde bedeuten, dass es diese Kämpfe wieder geben muss, sobald Cafés, Kinos, Kneipen, Konzertvenues, B&Bs und Museen wieder normal geöffnet haben. So ganz gar nicht der Fall war das 2020 ja auch wieder nicht, deshalb ist es ja auch so ein Schwachsinn, von Lockdown und Diktatur zu sprechen. Den Sommer habe ich wie gewohnt vorm Café MokkaBär und vorm Gambit verbracht, das Riptide hat den Umzug überstanden und es gab keinen Break im monatlichen Blog, auch im Hermans war ich wieder. Meine Arbeiten für die Magazine Kurt und Dein Wolfsburg verliefen telefonisch, was im Falle von Kurt ohnehin zumeist die übliche Vorgehensweise ist. Dabei hatte ich grandiose Gespräche und Knaller-Interviews, allen voran mit Schepper, aber auch mit Dierk Peters, einem nach New York ausgewanderten Jazzvibraphonisten, der in Gifhorn geboren wurde und dort nie gelebt hat. Geile Geschichte. Und geile Mucke.

Krautnick bestückte ich auch wie immer, Platten und Bücher kommen trotz der und womöglich gerade in der Pandemie nicht weniger heraus. Bombig war dabei das Videoradiointerview, das ich Dank Anton vom Label addicted/noname aus Moskau live mit Moskau führen durfte. Was für sympathische Leute! Da will ich mal hin, die Szene ist grandios spannend. Was mich im Zusammenhang mit Krautnick außerdem immer wieder freut, ist, wie oft mir die Rezensierten sagen, ich hätte deren Intention genau erkannt, ob in Mucke oder Text, und ich bin schier verblüfft, ist doch nur Hobby, und dadurch sehr motiviert, diesem Hobby noch gewissenhafter nachzugehen.

Und der Riptide-Blog macht mich nach wie vor glücklich, weil er trotz Zwangspause im Umzug des Cafés und in der Pandemie keine Unterbrechung fand. Der neue Standort inspirierte mich zu einer neuen Serie: Jeden Monat porträtiere ich einen neuen Nachbarn - und lernte dadurch schon eine Menge sympathischer Leute kennen. Für den Dezember musste ich dann leider aufs Internet zurückgreifen, aber auch wiederum zum Glück, weil ich meine Jahresendfrage viel intensiver beantwortet bekam, als es vermutlich vor Ort geschehen wäre. Und mit der St.-Magni-Kirche beteiligte sich auch ein neuer Nachbar daran, auch das klappte also.

Und die Indie-Ü30-Party mussten wir nicht unterbrechen: Wir verlegten sie einfach ins Radio, nämlich nach Radio Okerwelle, das man weltweit auch streamen kann, weshalb wir plötzlich Hörer hatten, die es nie ins Nexus schafften. Diese Party machen wir jetzt sogar häufiger als im Nexus, weil sie kürzer ist und weniger Planungszeit und Aufwand bedeutet. Die nächste findet bereits am 6. Februar ab 22 Uhr statt, wie jedes Mal auch wieder mit unserem inzwischen traditionellen Vorprogramm, Lapse Erase ist dabei, virtuell. Dafür mussten wir ab April mit Rille Elf auf unseren Ball im Bierhaus verzichten, veranstalteten aber zweimal draußen vor dem Bierhaus ein Betreutes Trinken mit Musik. Auch draußen legten wir mit Rille Elf zweimal (okay, ich nur einmal) bei den Stadtfindern auf, im Rahmen des Lichtparcours‘, der ja wohl in Coronazeiten die beste Methode war, Kunst und Kultur pandemietauglich anzubieten, mit über die Oker verteilten Draußen-Exponaten. Da machte es auch nichts, dass die meisten dieser Exponate recht langweilig waren.

Und wir waren für eine verlängerte Woche in Dänemark. Italien und Kopenhagen und das Ruhrgebiet und Dresden musste ich streichen, meine Schwester zu Weihnachten in Bonn besuchen ebenfalls, aber wir packten unsere Geschenke eben virtuell gemeinsam aus. In Dänemark kenne ich mich gottlob so gut aus, dass ich wusste, wo es für die meisten wohl totenöde ist, weshalb wie nahezu komplett allein in superspannender Gegend waren. Und ich immerhin einmal in der Ostsee badete, danach war das Wetter mies, aber wer fährt schon des Wetters wegen ans Meer.

Anstrengend gestaltete sich nur der Job, weil eine Kollegin langzeitkrank ist, es aber keine Vertretung gibt und seit September alles auf die verbleibenden Kollegen und mich verteilt wurde, was es uns nicht ermöglicht, erholsam Urlaub zu machen, weil in der Zeit alles liegenbleiben muss. Aber ich hab einen Job, trotz Corona, das zählt. Und kein Homeoffice.

Was mich erschreckt, ist die Dummheit, Ignoranz, Überheblichkeit der Covidioten. Selbst in vermeintlich gebildeten Kreisen, sogar bei Linken und bei Vegetariern und Veganern schlägt das Virus quer. Ich könnte kotzen. Aber ich will denen auch nicht zu viel Raum geben, sondern mich aus das Gute konzentrieren.

Zum Beispiel, dass ich seit Anbeginn der Pandemie, also seit März, donnerstags nach Feierabend für einen Freund auf den Wochenmarkt gehe. Ein Ritual bald, das ebenfalls neue Kontakte und Erlebnisse nach sich zieht. Und ich freue mich, einem Freund zur Seite stehen zu können.

Ach ja: In zwei Anthologien sind Texte von mir enthalten, und zwar in „Ich liebe Musik Vol. 2“ von Jörg Hiecke im Windlustverlag Dresden sowie in „A Prophecy Fulfilled“, einem Fanbuch von Chris Bryans über Killing Joke, mit exklusiver 7“-Single. Die Lesung zu „ILM2“ wurde einmal verschoben und dann leider abgesagt, ich hätte Jörg und Verleger René Seim und die anderen gern getroffen, Jörg nach 21 Jahren wieder. Kommt wieder.

Ach ja: Arthrose im Fuß. Wer spricht schon über Krankheiten.

Kommen wir jetzt also zu den Listen:

Die Top-Drei der Lieder des Jahres:
01) Coriky - Clean Kill (Ex-Fugazi und Ex-The Evens, entdeckt bei der ersten Radio-Indie-Ü30 dank unseres Vorprogramms 25Zero1 und dann im Riptide auf Platte gekauft)
02) Jaz Coleman & Ondrey Smeykal (Black & Red) - On The Day The Earth Went Mad (das bestimmende Instrument ist ein Didgeridoo!)
03) The Kiffness - Ievan Polkka (feat. Bilal Göregen) (Club Remix) (über ein Meme in die Welt geraten und dort in neue Sphären versetzt)

Ausflüge (Auszug, ohne die Seen):
30.12.2019-01.01.2020 Bremerhaven
20.02. Langelsheim, Goslar
09.05. Weddel
17.05. Asse
31.05. Reitlingstal
26.-28.07. Leipzig
18.-26.08. Dänemark, Fyn, Faaborg
20.11. Goslar

Veranstaltungen (* mit eigener Beteiligung):
11.01. Kunstmuseum Wolfsburg
15.01. Quizabend im Riptide, Braunschweig - Erster Platz (*)
21.01. Hoax & UK Subs, Schützenhaus Schweimke
07.02. Rille Elf: 22. Ball im Bierhaus, Harrys Bierhaus, Braunschweig (*)
15.02. Nexus-Geburtstag, Braunschweig, E-Egal live
19.02. Quizabend im Riptide, letzter Platz (*)
04.03. Das Vollplaybacktheater, Lindenhalle Wolfenbüttel
11.03. Die Drei Fragezeichen und der Dunkle Taipan, Hannover - ausgefallen wegen Corona, inzwischen zweimal verschoben
28.03. 26. Indie-Ü30-Party, Radio Okerwelle (*)
04.04. ILM2, Dresden - verschoben und dann abgesagt (*)
17.04. Rille Elf: 23. Ball im Bierhaus - verschoben (*)
04.05. Superradioshow, Moskau (*)
05.05. Swans in Hamurg - verschoben und dann abgesagt
27.05. Riptide Pre-Opening, Magniviertel
29.05. Anuseye in Wolfsburg - abgesagt (*)
20.06. Rille Elf: Stadtfinder, Lichtparcours, Gelände der Musikschule Braunschweig (*)
11.07. 27. Indie-Ü30-Party, Radio Okerwelle (*) (die parallele Show mit Rille Elf beim Lichtparcours habe ich daher verpasst)
08.08. Rille Elf: Betreutes Trinken mit Musik, Harrys Bierhaus (*)
12.08. Akasha Project, live im Savoir Vivre, Lichtparcours, Gelände der Musikschule Braunschweig
02.09. Lichtparcours einmal komplett abgegangen, vier Stunden
05.09. Rille Elf: Betreutes Trinken 2, Harrys Bierhaus (*)
19.09. Der Meer, live im Savoir Vivre, Lichtparcours, Musikschule
24.10. 28. Indie-Ü30-Party, Radio Okerwelle (*)

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