Mittwoch:
Ich komme gegen zwanzig nach Neun an. Kühsen sieht aus wie immer. Ich fahre langsam die Startbahn Ost entlang und passe auf, keine Katze platt zu machen. Ich parke. Hänger von Onkel Fred steht immer noch da, wo ich ihn Anfang Juni verlassen habe. Alles wie immer also. Ich steige aus. Das Erste, das mir entgegen schallmeit, ist die Stimme meiner Tante aus Richtung Terasse. Ich seufze schwer. Meine Mutti kommt um die Ecke und drückt mich. Alles ist gut.
Ich werde hinter dem Haus gen Terasse geleitet und muss erstmal alle begrüßen. Gisela ist zu Besuch. Onkel und Tante auch. Alles wird pflichtgemäß geknuddelt und geknutscht, dann schnell rüber zu Britta. Rike ist selbstverständlich auch da. Sie zocken. Ich setze mich dazu.
ALLES WIE IMMER.
Ich bin um Fünf aufgestanden und packe mich dementsprechend früh ins Bett.
Donnerstag:
Britta muss später arbeiten, also frühstücken wir zusammen. Sie hat mannigfaltige Pläne, das Haus für Jacks Ankunft zu verschönern, duscht aber derartig lange, dass sie zu spät dran ist, also bleibt die Ausführung an mir hängen.
Sie macht sich gegen halb Zwölf davon. Ich decke den Tisch ab. Hausverschönerung soll aufgepustete Luftballons beinhalten, sowie eine an die Tür geklebte Begrüßung auf Chinesisch. Einzige Herausforderung: Zettel richtig herum aufhängen. Krieg ich hin.
Ich verbringe den Tag damit, WoW zu zocken und mich via Skype mit Kinka, Rina und Isi zu unterhalten. Irgendwann breche ich ab, um Ballons aufzupusten und Zettel aufzuhängen. Scheitere beinahe an einem phallisch anmutenten Luftballon. Will sich partout nicht aufpusten lassen. Nach etwa einer Viertelstunde besiege ich ihn, mir ist aber fast ein bisschen schlecht. Beschränke mich danach auf seine rundlicheren Kollegen.
Rike kommt vorbei und bringt Jack Blumen. Sie organisiert sich selbst eine Vase und hilft mir dann, die Ballon-Girlande am Haus anzuhängen. Sprich: Ich hole den Tritt, sie macht den Rest. Tolle Arbeitsteilung.
Britta ruft an und sagt, dass Jacks Flug Verspätung hat. Fabelhaft. Rike und ich ... sitzen rum.
Im anderen Teil des Hauses wird die Familie langsam unruhig. Mutter hatte mir zuvor bereits aufgetragen, Sektgläser oben aus dem Schrank zu holen. Ich sag ihr, sie soll den armen Schwager nicht gleich am ersten Tag betrunken machen - denen fehlen die Enzyme. Sie glaubt mir nicht so wirklich.
Irgendwann nach Neun geht endlich die Tür und er ist DAAA!!! Der Schwager aus dem Chinopsenland, puschelig und knuffelig und - Schockschwerenot - höflich. Wir kommunizieren auf Dengchesisch. Funktioniert ganz gut. Sein Akzent ist hin-rei-ßend.
Nach einer relativ kurzen Atempause verschleppen wir Jack gen Wintergarten, wo der Rest der Familie über ihn herfällt.
Wir trinken Sekt, verkrümeln uns bald wieder und gehen dann auch recht zeitig ins Bett. Jack hat 14 Stunden Flug hinter sich.
Freitag:
Die Beerdigung. Ich hab am Donnerstag mindestens vier Espressi getrunken, kann also nicht wirklich schlafen. Dementsprechend steh ich gegen Sieben auf und nutz die frühe Stunde um zu Duschen.
Danach sitz ich rum, bis der Rest der Zombilie sich aus den Gräbern erhebt und mir was zu Essen vorsetzt. Tisch ist reich gedeckt und vermittelt Jack gleich einen ganz falschen Eindruck. Mir egal. Ich muss noch meine Trauerkleidung bügeln.
Trink also noch einen Espresso, ess mein Frühstück und geh Bügeln.
Danach wird rumgesessen, bis es losgehen soll.
Irgendwann geht es dann los, und Mutter fährt erst mal mit uns nach Nusse zum Floristen zwecks Rosengebinde. Danach weiter nach Mölln zum Friedhof. Der ist alt und schön und meiner Meinung nach eine gute Wahl für die letzte Ruhestätte. Auf dem Parkplatz treffen wir Martina, Tochter meiner Patentante und ihren Sohn Moritz. Habe Moritz zuletzt gesehen als er zwölf, klein und pummelig und fürchterlich schüchtern war. Moritz ist nicht mehr zwölf. Moritz ist jetzt achtzehn. Liebe Güte. Klein und pummelig ist der auch nicht mehr. Ich fühl mich alt und - viel schlimmer - pädophil. Hat sich gut zurecht gewachsen der Bengel. Trägt Haare außerdem in einer verwegenen Sturmfrisur. Schick.
Wir machen uns gemeinsam auf den Weg zur Kapelle. Davor allerlei Anverwandschaft, die allesamt begrüßt werden will. Britta stellt Jack wiederholt mit einem saloppen "Das ist mein Mann" vor. Jack lächelt und nickt.
Wir begeben uns nach Aufforderung der Verantworlichen in die Kapelle.
Wir sitzen rum und warten, dass es losgeht.
Gucke mich derweil um und stelle fest, dass die Kerzen unecht sind. Empörend. Öllampen auf Kerzen getrimmt. Bei meiner Beerdigung will ich echte Kerzen. Stelle außerdem fest, dass das Ding auf dem Tisch in der Mitte, beinahe gänzlich von Gemüse verborgen, wohl die Urne sein soll. Anne-Marie hätte das nicht gefallen. Die mochte das schon bei Blumensträußen nicht, wenn die hauptsächlich aus Gemüse bestanden. Ich schweige unzufrieden.
Geht endlich los. Pastor hat ganz offensichtlich keine Lust und in seinem ganzen Leben kein Spachtraining genossen. Britta und ich finden's furchtbar, Mutter sagt aber hinterher, sie hätte es gar nicht so schlimm gefunden. Jack sitzt daneben und versteht nix.
Nach Ende der Predigt laufen wir eine kurze Prozession über den Friedhof und setzen die Urne bei. Jeder legt seine Blume dazu. Ich muss mir ein paar Tränchen verdrücken. Ich mochte diese Frau. Ich werd sie vermissen.
Nach der Beerdigung gehen wir mit der versammelten Mannschaft essen, danach geht's wieder ab nach Hause.
Ich setze mich mit Inke zwecks Treffen in Verbindung.
Verbringe dann also den Abend bei Inke. Ist sehr lustig. Zeige ihr unter anderem das
True Blood/ Twilight Video. Sie gibt mir Milchkaffee und Eis. Feine Sache.
Nach kurzer Telefonkonferenz mit Rike beschließen wir, unser Hochzeitsgeschenk an das junge Paar an diesem Abend zu überreichen, da kaum ein anderer Termin auftauchen wird, an dem wir alle drei präsent sein werden. Konsequent gondeln Inke und ich von Berkenthin nach Kühsen zurück.
Wir fahren Mario Kart, bis Rike kommt. Als Rike kommt, überreichen wir das Geschenk, danach fahren wir weiter Mario Kart. Ich bin lange nicht so schlecht wie gefürchtet, Britta lange nich so gut, wie gebrüstet. Jack verliert praktisch immer.
Toller Abend.
Sonnabend:
Der Geburtstag meiner Omma.
Ich verweigere das Frühstück, da mir Grillen und Kaffee und Kuchen bevor stehen. Mache mir Sorgen, dass meinem Patenkind die Geschenke nicht gefallen werden, die ich nachträglich zum Geburtstag besorgt habe. Auf der Verpackung steht 2-4 Jahre. Patenkind hat das vor mehr als drei Jahren hinter sich gelassen. Britta prophezeit düster, Jenny würden die Geschenke ganz bestimmt nicht gefallen. Sie hat mich auch auf die Altersangabe auf der Verpackung aufmerksam gemacht, die dumme Trulla.
Ich warte ab. Bereits gegen Zwölf steht die komplette Verwandschaft auf der Matte. Omma wird begrüßt und geküsst, alle anderen werden lediglich begrüßt. Mit Ausnahme meiner Cousinen selbstverständlich. Jack ist das Zentrum des Universums. Ich lehne mich zurück und höre zu. Meine älteste Cousine hat jetzt ein Pony, meine jüngste spielt mit ihrem tragbaren Nintendo-Dingens und hat da einen Wurf Welpen zu versorgen. Ich darf mir einen aussuchen, den sie dann erst kaufen und trainieren muss. Selbstverständlich wird er nach mir benannt und bekommt sogar ein grünes Halsband. Ich mag Grün.
Nach dem Grillen verzieh ich mich mit Britta, Jack und J3 (Julia, Jana, Jenny) zurück ins Haus. Die Geschenke werden überreicht. Jenny ist be-geis-tert. Sie sammelt diese dusseligen Filly-Ponys. HA!
Wir fahren Mario Kart. Erst verlieren Jana und Jenny ständig, dann, als sie ihre Controller abgeben, wieder Jack. Der arme Junge muss das dringend üben.
Der Rest des Tages geht mit Völlerei und Zockerei dahin.
Internet funktioniert schon den ganzen Tag nicht, ist aber nicht sooo schlimm - abgesehen davon, dass Jack so nicht mit seiner Mutti im Chinopsenland videochatten und ich ihm nicht meine WoW Charas vorführen kann. Drama.
Sobald die Familie weg ist, gucken wir Snatch. Ich fürchte, ich mag jetzt Benitio del Torro.
Sonntag:
Internet ist immer noch kaputt. Britta spielt den ganzen Tag auf der X-Box ein famoses Rollenspiel. Jack findet's langweilig, erträgt es jedoch mit Würde. Ellen kommt vorbei, um sich Jack mal anzugucken. Abends gucken wir Zombieland.
Zunächst ist jedermann entsetzt, warum ich den Film mag, bald muss aber jedermann zugeben, dass der tatsächlich überraschend gut ist.
Danach gibt's Inglorious Basterds. Brad Pitt mag ich jetzt auch. Und einer der Basterds könnte glatt Zacharys Bruder sein. Ver-stö-rend.
Kinka, den müssen wir bei Gelegenheit gucken!
Montag:
Rike hat Geburtstag!
Britta ruft endlich bei der Telekom an - flugs funktioniert auch unser Internet wieder.
Ich fahre mit Papa zu Anne-Maries Wohnung und räume da ein bisschen mit auf. Habe jetzt zwei hübsche neue grüne Tassen mit floralem Muster.
Sobald mein Vater mich aus seinen Klauen entlässt, klemme ich mich vor meinen Laptop und spiele endlich wieder WoW. Jack guckt ein bisschen zu, und Britta schlägt vor, dass ich meinen Laptop mit HDMI-Kabel an den Fernseher anschließe. Funktioniert sogar.
Zocke Britta und Jack also ein bisschen was vor.
Abends kommt Rike vorbei und wird geknuddelt und geknutscht, dann fahren wir Sushi essen.
Fahrt nimmt etwa Vierzig Minuten in Anspruch; Zeit, die Jack und ich nutzen, um uns über Brittas Musik zu beschweren. Er kennt Josh Groban. Ich mag ihn immer mehr.
Im Lokal angekommen lassen wir uns zu unserem Tisch führen und warten dann mindestens zwanzig Minuten auf unsere Getränke. Aus irgendeinem ominösen Grund weigern Britta und Rike sich, vorher aufzustehen und zum Buffet zu gehen.
Endlich kommen unsere Getränke. DURST! Dann schnell zum Buffet, Sushi schaufeln. Ich schaufel, bis nichts mehr reingeht - dann Nachtisch. Obst - frische Ananas, Äpfel, Trauben und Bananen mit einer Vanille-Frucht-Soße. Göttlich. Danach wieder nach Hause. Unterwegs wieder Genörgel über die Musik.
Abend wird damit zugebracht, Flight of the Concords und andere derartige Musik zu hören. Ich mache seit Monaten endlich mal wieder J2 in Love an. Mir wird bewusst, wie sehr ich das vermisst habe.
Dienstag:
Ich habe Auftrag, hier herum zu sitzen und Jack zu bespaßen, bis Britta von der Arbeit wieder kommt. Werde also mit ihm WoW spielen.
Sobald meine Aufgaben hier erledigt sind, geht's zurück nach Greifswald.
Fazit: Da sach noch mal einer, ich erleb nix!