Schottische Stimmen

Jun 28, 2009 11:02

Ein Konzert im Raffaelsaal der Orangerie in Sanssouci - schon der Ort allein ist außergewöhnlich und macht neugierig, das Programm allerdings noch weitaus mehr. Die Musikfestspiele Potsdam stehen in diesem Jahr unter dem Motto "Haydns Welt". Haydn und Schottland? Ich muß einen Moment überlegen, bis mir der Zusammenhang einfällt. Zwischen 1792 und 1803 schrieb der Komponist auf Wunsch dreier schottischer Verleger über 400 Bearbeitungen von schottischen und walisischen Liedern - Kleinodien, die bis heute eher unbekannt sind.
In den Hörgenuß einer Auswahl dieser Stücke kamen wir gestern - abgerundet durch zwei seiner Klaviertrios, ziemlich durchbrochen allerdings durch zwei zeigenössische Werke von Woolrich und MacMillan. Das Haydn Trio Eisenstein, brilliant auf Flügel, Violine und Cello, hat sich u.a. zum Ziel gesetzt, neue Werke in Verbindung mit anderen Kunstformen aufzuführen - wagemutig und längst nicht zur Freude aller Zuhörer.
Aber zurück zu den eigentlichen Highlights - den schottischen Künstlern Wilma MacDougall (Sopran) und Jamie MacDougall (Tenor). Schon ihr Auftreten versetzte das Publikum in Entzücken - sie in seidig-smaragdgrünem Kleid, das ihr ausgezeichnet stand, er selbstredend im Kilt. Show ist ihm nicht fremd, als Teil der Caledons tritt er regelmäßig mit zwei weiteren Landsleuten auf und begeistert die Audienz mit seiner Kunst - stilvoll, nicht überzogen.
Wie amüsant, den leichtherzigen Einführungen zu den Liedern zu folgen, wie wundervoll, den mal zärtlichen, dann wieder kraftvoll-deftigen Interpretationen beizuwohnen.
Exemplarisch seien hier "The bonnie wee thing" (Robert Burns), "Thro' the wood, laddie" (Allan Ramsey) und "The east neuk o'Fife"" (Alexander Boswell) genannt. Im ersten Lied bewundert der Sänger ein "hübsches, kleines Mädchen", in das er sich verliebt, im zweiten ist es das Mädchen, das sich erst an der Schönheit der Natur erfreuen wird, wenn "er durch den Wald" kommt. Später ist es dann nicht mehr so weit her mit der Glückseligkeit, denn die Ehefrau beschuldigt ihren Mann, ständig betrunken und ein Tunichtgut zu sein, was er ihr in barer Münze heimzahlt. Am Ende erkennen sie jedoch, daß alles halb so schlimm ist und sie trotz allem füreinander bestimmt sind.
Ein herrliches Konzert, das Lust auf mehr macht. Leider waren die Caledons gerade in Berlin...

kulturbericht

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