Die Hartz IV-Debatte geht munter weiter. Wer hätte gedacht, dass die schlichte Feststellung, dass die aktuelle Regelung der Hartz IV-Sätze für Kinder (und um nichts anderes ging es im Urteil, dass die ganze Debatte auslöste) falsch berechnet wurden und einer Überarbeitung bedürfen so viele Neo-Liberale aus ihren Löchern treiben würde, allen voran Hoteliers-Darling und Besserverdienenden-Bediener Guido "I can haz english" Westerwave.
Plötzlich wird da eine ideologische Debatte geführt und eine Allgemein-Phrase nach der anderen aus dem Keller geholt. So ist zum Beispiel auf Spiegel Online zu finden:
Westerwelle hatte in den vergangenen Tagen wiederholt die Höhe der Sozialausgaben in Deutschland moniert, die inzwischen insgesamt 60 Prozent des Bundeshaushalts ausmachten. Außerdem müsse der Abstand zwischen Lohn und Sozialleistungen gewahrt bleiben.
Und natürlich springen ihm gleich auch ein paar Leute zur Seite, das nennt man Fahnentreue:
FDP-Generalsekretär Christian Lindner: "Wir haben eine gesellschaftliche Debatte über soziale Gerechtigkeit angestoßen, für die der Union seit Jahren der Mut gefehlt hat"
CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich: Der Grundtenor von Westerwelles Aussagen, dass "die, die arbeiten mehr haben müssen als die, die nichts arbeiten", ist berechtigt.
Zitate ebenfalls von SPON.
Gerade auf Westerwelles obere Äußerung und den Satz von Herrn Friedrich möchte ich hier doch noch mal eingehen. Die Grundaussage des ganzen ist doch, wie ich schon so schön in der Überschrift titelte: "Arbeit muss sich wieder lohnen!". Meine volle Zustimmung dazu die Herren!!! Bravo!!! Aber über den Weg dahin, da sind wir, wie ich stark vermute ein wenig uneins.
Denn "Arbeit muss sich wieder lohnen" ist ja letztendlich nur FDP-Neusprech für Steuern und Sozialleistungen runter! Für Steuersenkungen, das sollte selbst dem letzten Schwarz/Gelb-Wähler schon VOR der Wahl klar gewesen sein, ist momentan kein Geld da. Und eine Absenkung der Sozialleistungen wäre wohl der blanke Hohne, gemessen am soeben ergangen Urteil zu Hartz IV-Bezügen für Kinder. Wir geben den Kindern, nehmen es dafür den Erwachsenen? Vielleicht besser nicht, sonst gibt es in Karlsruhe bald wieder was zu tun.
Die Bild-Zeitung
ergreift natürlich eifrig Partei für Westerwelle, anderes war ja auch nicht zu erwarten. Denn der ist schließlich gegen Sozialismus, ergo gegen die Linken - und mit denen hatte es die Bild ja noch nie. Aber
DIESER ARTIKEL HIER, den ich über Umwege gefunden habe ist der blanke Hohn und strotz vor Halbwahrheiten, Verallgemeinerungen, Polemik und schlicht und ergreifend Unwahrheiten. Seit wann war denn Hartz IV bitte lediglich als Zusatzleistung für schwache Einkommen konzipiert? Und was sollten dann die ganzen Arbeitslosen bekommen? Hab ich was verpasst? Das schlägt dem Fass endgültig den Boden aus.
Besonders schön ist hier unter Punkt 7 folgendes:
Z. B. bekommt ein verheirateter Hotelangestellter mit zwei Kindern knapp 200 Euro/Monat netto weniger als ein vergleichbarer Hartz-IV-Bezieher.
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Abgesehen davon,
dass unter anderem Bildblog ja vor kurzem schon darauf aufmerksam machten, dass die eine Milchmädchen-Rechnung ist, da Geringverdiener ebenfalls Anspruch auf Zusatzleistungen haben und diese Lücke somit wieder geschlossen wird stellt sich mir doch vor allem eine Frage: Was können die Hartz IV-Empfänger dafür, dass Hotelangestellte schlecht bezahlt werden? Das die Bezahlung gerade in der Hotelbranche teilweise unter aller Sau ist weiß man ja nun nicht erst seit gestern. Aber diese Branche wurde ja vor kurzem mit jeder Menge Steuergeld beglückt, da wird doch sicher eine Gehaltserhöhung für die miserabel bezahlte Belegschaft drin sein.
Wieso wird immer noch die Tatsache ignoriert, dass viele Stellen im Niedriglohn-Sektor nicht mehr ausreichen um davon den Lebensunterhalt zu bestreiten. Hartz IV heißt Grundlagensicherung, es geht um die Grundvoraussetzung um in dieser Gesellschaft überhaupt leben zu KÖNNEN. Also darf es auch keine Vollzeit-Arbeitnehmer geben, die weniger verdienen als ein Hartz IV-Empfänger. Aber dafür muss nicht Hartz IV runter sondern die Löhne rauf! Denn, auch wenn es manch einen überraschen mag: Wer mehr verdient, zahlt auch mehr Steuern, direkte wie indirekte durch den erhöhten Konsum. Aber stattdessen zahlt der Staat lieber Zusatzleistungen an Geringverdiener. Das ist letztendlich nichts anderes als eine versteckte Wirtschafts-Subvention, denn ein anständiges Gehalt müsste ja der Abreitgeber zahlen, die Zusatzleistung zahlt Vater Staat.
Was ich damit sagen will: Nicht die bösen Hartz IV-Empfänger sind das Problem in der Debatte darum, dass derjenige der arbeitet, mehr haben muss als jene die es nicht tun.