calren x amilía » skorpionsgift

Apr 01, 2017 09:50


Kategorie: eigene Prosa - Atrahor - Canonverse
Genre: ne ziemlich ungesunde Romanze I guess?
Warning: missbräuchliche Beziehung, Flashbacks, Mordgedanken, sowas à la Stockholm-Syndrom
Rating: P18 (aufgrund d. Warnings)
Pairing: Calren x Amília; Calren x Cynthia im Hintergrund

Geschrieben für it's never the end. Auf FF.de hier zu finden.

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Oh wunderliches Schicksal über mir
Als wär ich vom Skorpion gestochen
Und hoffte Heilung durch dasselbe Tier

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Er weiß nicht recht, was er an ihr findet.

Vielleicht sind es die grausamen Hände, die giftigen Lippen oder die Augen, die genauso unberechenbar scheinen wie das rätselhafte Wesen, das sich hinter dieser schönen Hülle verbirgt. Vielleicht ist es der Schmerz, den er noch immer auf seiner Haut und in seinem Inneren spüren kann, jedes Mal, wenn sie ihn berührt, obwohl sie ihn schon lange, lange Zeit nicht mehr verletzt hat. Vielleicht ist es, dass er sich lebendig fühlt, lebendiger als je zuvor, wenn er ihre Fingerspitzen auf deinem Rücken spürt, wie sie die alten Narben nachfährt, welche sie ihm eigenhändig zugefügt hat, und lächelt, während er tausend kleine Stromschläge erduldet, von denen sie nichts weiß, weil er ihr niemals sagen könnte, was das in Wirklichkeit bedeutet, schließlich kann er es kaum vor sich selbst zugeben.

(Vielleicht ist es, dass er sie gleichermaßen fürchtet und verehrt, weil sie ihn beides von Anfang an gelehrt hat.)

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Nachts schläft sie bei ihm, den Kopf auf seine Brust gebettet, und ihr Atem streift in einem ruhigen Rhythmus seine Haut. Ihre Locken kitzeln an seinem Schlüsselbein, wenn sie sich leicht bewegt. Sie fühlt sich warm und wohlig an, wie sie da liegt, eng an seine Seite geschmiegt und regungslos träumend. Er küsst am Abend ihre Stirn bevor sie einschläft, er streicht am Morgen sanft an ihrer Wirbelsäule oder ihren Schultern entlang, um sie zu wecken, und er lächelt, wenn sie ihn verschlafen küsst und mit liebevollen Blicke aus rehbraunen Augen umschmeichelt, als sei da nie etwas anderes zwischen ihnen gewesen als diese Vertrautheit, diese Zuneigung.

Aber manchmal, zwischen stundenlang an die Decke starren und milchig-blauem Morgenlicht, das durch die schlierigen Scheiben in den Raum fällt, ist da manchmal diese eine Frage, die er sich eigentlich nicht stellen will. (Sie kommt auf, wenn er denkt, dass er das lange vermisst hat; neben jemandem einzuschlafen und aufzuwachen und die Nächte nicht in dunkler Isolation zu verbringen, ohne Zeitgefühl und ohne sich dagegen wehren zu können, dass der nächste Tag wieder nur die Hölle bereithält.)

Die Frage lautet: Was, wenn ich sie töte?

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Er kann es weder verleugnen noch verhindern, und deshalb ist er froh, dass sie nie fragt und dass er von Natur aus sehr gut darin ist seine Gedanken für sich zu behalten. Das hat er früh gelernt, denn als stummer Mensch hat man es ohnehin nicht sonderlich leicht sich bemerkbar zu machen und mitzuteilen, selbst wenn man das gern würde.

Er ist kein gewalttätiger Mensch, gewiss nicht. Er ist nicht rachsüchtig, ganz und gar nicht. Er denkt nicht an Vergeltung. Daran, dass er ihr all das, was sie ihm angetan hat, zurückzahlen könnte. Er denkt nicht daran sie zu hassen oder ihr Schlechtes zu wünschen oder ihr etwas anzutun, was nicht unbedingt nötig wäre. Calren ist sehr friedliebend und harmoniebedürftig. Vielleicht ist das der Grund, aus dem er sich in sie verliebt hat; um die Dinge einfacher, sanfter zu machen. Vielleicht ist der Grund dafür auch der, dass ihm nichts anderes mehr bleibt, weil sie mit einem Mal seine ganze Welt geworden ist, der Punkt, um den sich plötzlich alles drehte, und das bis heute geblieben ist. (Wie hätte es auch anders sein können? Schließlich hat er niemanden mehr. Nur noch sie. Weil sie es so will.)

Wenn er daran denkt, dass er ihren Kopf vorsichtig auf ein Kissen betten könnte, um dann aufzustehen, an die Küchenschublade zu gehen und sie mit dem erstbesten scharfen und stabilen Messer zu töten, dann denkt er das, weil ein Teil von ihm zurückkehrt, den er die meiste Zeit über verloren glaubt. Der Teil von ihm, der nur in ruhigen, besinnlichen Momenten einen Platz in seiner Welt findet und den er mittlerweile kaum mehr wiedererkennt.

Manchmal, wenn er ein Bisschen zu lange die Decke betrachtet oder nach draußen in die nachtschwarze Welt gestarrt hat, dann hat Calren seltsame Gedanken. Gedanken wie: Töte sie. Damit du fliehen kannst. Damit sie dir nicht mehr wehtun kann.

Aber diese Gedanken schüttelt er schnell wieder ab, immerhin ist es längst nicht mehr so zwischen ihnen. Sie will ihm nichts Böses. Nichts mehr. Und wenn er die Augen fest genug zusammenkneift und seine Fingernägel sich tief genug in seinen eigenen Unterarm graben (Hast du wieder schlecht geträumt?, wird sie fragen, wenn sie die sichelförmigen Wunden sieht, und er wird Nicken und hilflos mit den Schultern zucken), dann kann er all die Bilder vergessen, die vor seinem inneren Auge aufblitzen, als seien sie Klingen, die ihn schneiden wollen. Erinnerungen an früher. Das war alles früher. Er lächelt über seine eigene Torheit, vergisst früher, und wenn er am Morgen neben ihr aufwacht, dann ist sie wieder sein Ein und Alles und er atmet tief den Duft ihres Haar sein, nach Kräutern und Sandelholz und Heimat.

Es ist ohnehin nicht so als könnte er sie einfach so töten. Das ist nur ein kleiner Wunschtraum und sehr weit weg von der Realität.

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Er weißt eigentlich ziemlich genau, was er an ihr findet. Ein Bisschen zu genau.

Es ist, dass sie mehr ist als ein Monster, und dass er wahrscheinlich der einzige ist, der das weiß. Es ist, dass sie ihn am Leben gelassen hat, die ganze Zeit über, obwohl sie so viele Gelegenheiten hatte sein jämmerliches Leben zu beenden. Es ist, dass sie manchmal, in den ruhigen, zarten Momenten, die sie zusammen verbringen, gar nicht wirkt wie eine Gefahr. Wenn sie seinen Hals küsst und ihn aufrichtig anlächelt und ihm ins Ohr flüstert, dass sie ihn liebt, wirkt es nicht als würde sie ihn vergiften. Wenn sie in seinen Armen einschläft, nackt und angreifbar und ungewohnt ehrlich, wirkt es nicht als sei sie der Grund dafür, dass er tief in seinem Inneren jede Sekunde kurz vorm Zerbrechen steht.

(Es ist, dass er von einem Skorpion gestochen wurde und sich Heilung durch dasselbe Tier erhofft, weil es das ist, was sie ihm Tag für Tag vermittelt.)

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Manchmal denkt er an Cynthia, und das sind die Momente, in denen er am deutlichsten merkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Er ist schon so lange bei ihr, dass das nicht immer so ist; es sind seltene Augenblicke der Klarheit, in denen er plötzlich weiß: Das hier ist nicht normal. Er denkt an Cynthia und an alles, was er mit ihr erlebt hat. An all das, was zwischen ihnen war und was sie für ihn war. Er bemerkt: Das war anders. Es war komplett anders als das, was er jetzt mit Amilía hat. Es hat funktioniert, ohne dass er sich selbst zwingen musste, ohne unerwartete Rückblenden an schlimme Momente, die ihn ganz plötzlich überkommen, in den banalsten Situationen, und ihn nicht mehr loslassen, bis er kaum noch atmen kann und sich fühlt, als sei er kurz davor sich der Ohnmacht zu ergeben. Es war anders, weil es glücklich war, und nicht so unglaublich einseitig und ungesund.

Aber das sind nur Bruchteile von Sekunden, nicht mehr. Er denkt es kurz, und dann sieht er in dunkle, lauernde Augen und schüttelt seine Gedanken mit einem schüchternen Lächeln und einem Kopfschütteln ab. Die Bedenken sind schneller wieder vergessen als sie je aufgekommen sind.

Amilía lächelt selbstzufrieden, als wüsste sie genau, welchen Gedanken er gerade beiseite gedrängt hat, und streicht ihm beinahe zärtlich über die Wange.

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Er weiß, dass er sie nicht überleben wird, wenn alles so weitergeht wie bisher. Das ist das wunderliche Schicksal, welches ihn unweigerlich ereilt; das Gift in seinen Adern, dem er nicht mehr entfliehen kann.

(Er weiß bloß nicht wie er das verhindern soll.)

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