[Harry Potter] Weakness - Rabastan/Regulus

Apr 02, 2006 03:12

Titel: Weakness
Teile: Oneshot; plus Prolog und Epilog
Autor: styko
Genre: Darkfic; light Romance; mittlerweile AU
Warning: Slash, dark, depri, death, light violence, OOC im Epilog - unbetaed
Rating: PG 13
Pairing-Charaktere: Rabastan Lestrange/Regulus Black *sieht die Massen schon wieder rennen* - Severus Snape, Bellatrix und Rodolphus Lestrange, Voldemort
Word Count: 7864 (insgesamt)

Summary: Die Gesellschaft der Death Eater ist kalt, unbarmherzig und grausam. Liebe gibt es dort unten nicht und besonders die Liebe zweier Männer ist verpönt. Darum müssen Regulus und Rabastan vorsichtig sein und aufpassen, wem sie ihr Vertrauen schenken. Doch das ist nicht ihr einziges Problem, denn in einer Welt voller Gefühllosigkeit und Hass kann ein Zweifler nicht lange überleben...

Disclaimer: Harry Potter und seine Charaktere gehören nicht mir, sondern Joanne K. Rowling, ich leihe sie mir lediglich aus und mache keinen Profit hiermit. Der Inhalt, die Idee und der Verlauf dieser Story sind jedoch meiner Fantasie entsprungen.

Bemerkung: Mir fiel gerade ein, dass dieses Ding noch weitgehendst unveröffentlicht auf meiner Festplatte rumlungert und mir is’ langweilig, deshalb wird das jetzt veröffentlicht.
Geschrieben hab ich es für den Bad-Boy Wettbewerb auf www.endless-rain.de vor ungefähr anderthalb Jahren %D (Die Auswertung hat lange gedauert und dann hab ich’s auch wieder vergessen XD) Deshalb is’ dieses Ding inzwischen auch AU, denn Regulus’ Tod ging nach Band 6 wohl doch anders vonstatten. Außerdem unterscheidet sich der Schreibstil doch um einiges von meinem jetzigen, ich bitte darüber hinwegzusehen XD
Ansonsten... is’ das Teil schrecklich kitschig und voller Klischees, mir aber auch egal, ich mag das Pairing X3 Regulus sollte mittlerweile bekannt sein, Rabastan ist Rodolphus Lestranges Bruder - wessen Frau Bellatrix wohl bekannter ist - und die Lestrangebrüder waren die zwei anderen Männer bei der Verhandlung von Barty Jr. und Bellatrix. Da aber weder von den Lestrangebrüdern noch von Regulus Aussehen und Charakterzüge bekannt sind, entstammt das alles meinen Vorstellungen.
Die Story ist 1981 angesiedelt. Weil ich damals allerdings keinerlei verlässliche Informationen in Sachen Alter hatte, sind Bellatrix, Severus, Rodolphus und Sirius hier in einem Jahrgang und somit jeweils um die 21. Rabastan und Regulus sind ungefähr 2 Jahre jünger, als um die 19 (mit Veröffentlichung des Black’schen Familienstammbaumes größtenteils hinfällig, ich weiß).
Meine persönlichen Bilder von Rabastan, Regulus und Rodolphus haben sich mittlerweile zwar auch schon wieder verändert, aber damals waren sie so. Seht es als Momentaufnahme meiner kleinen kranken Fantasie XD
Und falls das wirklich jemand liest: Viel Spaß X3


Prolog

"Crucio!"
Die kalte Stimme schallte durch das Haus des Aurors, nur um kurz darauf von den Schmerzenschreien des Hausbesitzers abgelöst zu werden. Doch im Gegensatz zu der ersten Stimme, war die folgende nicht emotionslos, sondern schmerzerfüllt. Und nicht nur sie, auch der Körper des Mannes zuckte wild umher, gepeinigt von Tausenden unsichtbaren Messern, die unablässig in sein Inneres stachen.
Regulus stand etwas abseits von den beiden Anderen und beobachte das Schauspiel mit Bewunderung und Grauen. Es war noch nicht so lange her, dass sie beide - er selbst und Rabastan - den Death Eatern beigetreten waren, trotzdem hatte es der jüngere der Lestrangebrüder dem anderen nachgemacht und war durch Skrupellosig- und Grausamkeit schnell aufgestiegen. Regulus selbst war wohl eher ein Problemkind der Death Eater.
Er konnte nicht so gefühlskalt sein, er brachte es nicht so einfach übers Herz einem anderen Menschen weh zu tun. Selbst, wenn diese gegen seine Überzeugung und minderwertig waren, Regulus konnte das nicht so einfach. Er war schon immer der Sensible gewesen. Sirius hatte in Sachen Härte und Mut den großen Erbanteil bekommen; Verschwendung, wie alle in der Familie dachten, war der ältere der ungleichen Blackbrüder doch auf der anderen Seite. Auf der Seite der Schlammblütler... auf der Seite der Verlierer!
Regulus’ Lippen nahmen einen leicht bösartigen Zug an unter seiner Maske, als er daran dachte. Ja, dieses eine Mal würde Sirius ihn nicht ausstechen, wie er es sonst immer getan hatte. Regulus ballte seine Faust, als ihm wieder alles in den Sinn kam.
Sirius war immer besser gewesen, egal wann, egal worin. Er war der Ältere gewesen, der Größere, der Stärkere. Er war in der Schule besser gewesen, er hatte mehr Durchsetzungsvermögen gehabt, er war beliebter gewesen. Immer und immer wieder dasselbe. Aber diesmal nicht! Sirius hatte sich von ihnen abgewandt, der Idiot! Was hätte ihm für eine Karriere in den Reihen des Dunklen Lords bevorgestanden, hätte er sich nicht auf die Seite der Schlammblütler geschlagen!? Aber eigentlich konnte es Regulus nur recht sein; so würde er wenigstens nicht ein weiteres Mal im Schatten seines großen Bruders stehen.
"Regulus!" Der Angesprochene zuckte zusammen, als ihn Rabastans Stimme aus den Gedanken riss. Erschrocken sah er den Anderen an und selbst, wenn dieser die Maske trug, wusste er, dass ein vorwurfsvoller Ausdruck in den braunen Augen lag.
"Entschuldige... ich habe nachgedacht..."
"Das habe ich gemerkt..." Rabastan seufzte und machte dann eine wegwerfende Handbewegung. "Egal. Ich suche oben nach den Informationen, die er anscheinend über uns gesammelt hat; du erledigst ihn derweil", und noch bevor Regulus irgendetwas erwidern konnte, war der Andere nach oben verschwunden.
Der Herzschlag des Schwarzhaarigen beschleunigte sich unwillkürlich, als er sich zu dem Auroren herumdrehte, den sie überfallen hatten. Er wusste nicht einmal, wer dieser Mann genau war; nur dass er angeblich Brisantes über die Death Eater und den Dunklen Lord herausgefunden hatte, sodass er getötet werden musste.
Töten. Regulus' Hände begannen bei diesem Gedanken zu zittern. Jemanden töten. Sein Mund wurde trocken und er hatte das Gefühl, dass ihm das Atmen schwerer fiel. Er hatte noch nie jemanden getötet. Verdammt, er hatte noch nicht einmal darüber nachgedacht!
Der Schwarzhaarige trat mit ein paar schwankenden Schritten näher und wischte sich unter seiner Maske den Schweiß von der Stirn.
Als er auf den fremden Mann heruntersah, zogen sich seine Eingeweide zusammen. Der Auror lag schweratmend und verkrümmt auf dem Rücken, Arme und Beine zuckten fortwährend in unregelmäßigen Abständen, seine Augen waren derart verdreht, dass man fast nur weiß sehen konnte und aus seinem rechten Mundwinkel troff schäumender Speichel.
Sekunden starrte er nur auf den Fremden, dessen Leben er mit einem einfachen Zauberspruch auslöschen sollte. Nur zwei Worte... zwei Worte; das war alles, was er sagen musste.
Tief durchatmend hob Regulus schließlich die Hand mit dem Zauberstab und richtete Letzteren auf den zuckenden Mann vor sich. Doch trotz aller Bemühungen gelang es dem Death Eater nicht den Stab ruhig zu halten.
"Verdammt", fluchte er und presste seine Augen zusammen. Es sah doch immer so einfach aus, wenn Rabastan oder Rodolphus es taten. Das da war doch nur ein minderwertiges Lebewesen, nicht mehr wert als eine dreckige Kakerlake! Warum verdammt konnte er es dann nicht einfach auslöschen?!!
Den Tränen nahe öffnete Regulus die Augen wieder, unschlüssig, was er tun sollte, doch blieb ihm auch gar keine Zeit dazu, denn irgendwie war es dem Auror gelungen an seinen Zauberstab zu gelangen, welcher nun auf ihn gerichtet war.
Der Mann öffnete seinen Mund. Doch noch bevor etwas über seine Lippen gelangen konnte, glitt ein grünes Licht auf ihn zu und er fiel leblos zu Boden. Regulus folgte dem Zauberstab des Aurors, der auf ihn zu rollte, mit den Augen, unfähig etwas anderes zu tun. Erst als Rabastan ihm die Maske vom Kopf riss, zuckte er zusammen und taumelte ein paar Schritte zurück.
Da der Andere seine Maske ebenfalls abgenommen hatte, konnte der Schwarzhaarige nun in ein paar braune Augen blicken, die ihn wütend ansahen.
"Verdammt noch mal, Regulus! Was sollte das denn?! Ich hab' dir doch gesagt, du sollst ihn erledigen! Und was machst du stattdessen?! Dumm rumstehen und warten, bis er dich erledigt!"
Rabastans Stimme war so laut, dass sie in seinen Ohren schallte und er versucht war, sie sich mit den Händen zuzuhalten, wovon er sich aber gerade noch abhalten konnte. Stattdessen blickten seine grauen Augen starr auf den Boden um nicht dem Blick des Anderen begegnen zu müssen. Er wollte nicht sehen, wie Rabastan enttäuscht von ihm war. Es reichte, dass er es wusste, um ihm ein schlechtes Gewissen zu machen.
"Es... es tut mir Leid", stotterte Regulus schließlich und zu seiner weiteren Beschämung zitterte seine Stimme und drohte zu brechen. "Ich... ich konnte nicht... ich-", weiter kam er nicht, brach er in diesem Moment in einen Weinkrampf aus und wäre auf dem Boden zusammengesunken, hätte Rabastan ihn nicht in eine Umarmung gezogen und an sich gedrückt.
Und so standen die beiden jungen Männer dort, im Wohnzimmer eines fremden Hauses mit der Leiche eines genauso fremden Mannes, der eine weinend, der andere tröstend, nicht ahnend, wohin diese Situation sie bald führen würde...


Weakness

"Und?"
Eine weitere kalte Stimme. Regulus hatte so viele davon im letzten Jahr kennen gelernt. Niemand schien in den Reihen der Death Eater Freundlichkeit zu kennen. Wärme, Liebe, es erschien ihm alles so fremd in dieser Welt, die sie ihr zuhause nannten.
Er war die strenge, aber dennoch sanfte Stimme seiner Mutter gewohnt. Die ihm vorsang, wenn er nicht schlafen konnte; die ihm vorlas, wenn er abends noch nicht müde war. Regulus seufzte in Gedanken. Wie lange war dies alles her? Es war vor seiner Death Eater Zeit gewesen, selbst vor Hogwarts.
Zehn Jahre... vor zehn Jahren war alles noch in Ordnung gewesen. Er hatte sein zuhause gehabt, seinen Vater, seine Mutter... ja, er hatte selbst noch seinen Bruder gehabt. Seinen großen Bruder, der ihn immer geärgert und den er deswegen so oft bei ihrer Mutter verraten hatte.
Sirius würde niemals sagen, dass ihre Mutter eine sanfte Stimme habe. Ihn hatte sie immer nur angeschrieen, ihm Vorwürfe gemacht. Regulus konnte sich nicht daran erinnern, dass ihre Mutter auch nur jemals ein nettes Wort zu seinem Bruder gesagt hatte.
Er hatte nie verstehen können, wieso Sirius das nichts ausgemacht hatte. Regulus selbst wäre wahnsinnig geworden, hätte seine Mutter ihn so behandelt... aber Sirius... Sirius war über die Ferien einfach in Hogwarts geblieben, war mit sechszehn sogar weggelaufen und hatte sich dann seine eigene Wohnung genommen! Dinge, die sich der jüngere Blackbruder, niemals hätte vorstellen können.
"Es ist alles erledigt."
Rabastans Stimme riss ihn ein weiteres Mal aus den Gedanken. Sie waren zurückgekehrt in das unterirdische Versteck des Dunklen Lords. Es war unheimlich dort unten. Kalt und nass. Aber es passte zu der Gesellschaft der Death Eater, sofern man zu ihnen Gesellschaft sagen konnte, setzte das normalerweise doch ein gewisses Maß an Gemeinschaftlichkeit voraus, was dort definitiv nicht vorhanden war.
"Unterlagen?"
Sie waren wieder vermummt, nur in den Reihen des Inneren Kreises gab es keine Anonymität. Unter allen anderen Death Eatern war es strengstens verboten die eigene Identität preiszugeben. Rabastan und er untereinander waren eine Ausnahme, da sie zusammen beigetreten waren.
Als Rabastan besagte Schriftstücke dem anderen Death Eater reichte, musterte Regulus Letzteren. Selbst, wenn dieser ebenfalls maskiert war, wusste er genau, um wen es sich handelte. Nur einer besaß eine derart kalte Stimme, wie Regulus sie nur noch vom Dunklen Lord selbst gehört hatte: Severus Snape.
Severus war knapp zwei Jahre älter als er, war mit seinem Bruder in einer Stufe gewesen und jeder wusste, dass er Sirius gehasst hatte, wie nichts anderes auf dieser Welt. Wahrscheinlich tat er es immer noch und Regulus hatte sich immer gewundert, dass der Ältere mit ihm überhaupt sprach. Vielleicht allein schon durch die Tatsache ungewöhnlich, dass Severus generell nicht viel sprach. Er nahm meistens alles hin, befolgte seine Befehle ohne großartig zu fragen, gewissenhaft und kaltherzig. Vielleicht war er deshalb so schnell in den Inneren Kreis aufgestiegen, in dem nur noch Rabastans Bruder Rodolphus und dessen Frau Bellatrix jünger waren als Severus.
Alle drei besaßen eine Grausamkeit, wie Regulus sie niemals zuvor gesehen hatte. Doch während Severus schnell und emotionslos tötete, tötete das Lestrangeehepaar langsam und mit vollem Genuss. Regulus hatte es einmal erlebt. Und er hoffte inständig, dass es gleichzeitig das letzte Mal gewesen war.
"Irgendwelche Komplikationen?"
Severus sah keinen von beiden an, dazu trugen sie alle drei Masken, trotzdem schien der Älteste der drei Death Eater das kurze Zögern zu spüren.
"Nein", sagte Rabastan schließlich.
Regulus konnte Severus' Augen unter der Maske nicht erkennen, aber er spürte, dass sie für ein paar Sekunden mit einem schrecklich intensiven Blick auf ihm lagen, der ihn fast dazu brachte die Wahrheit zu sagen. Doch dann wand sich der Ältere ab.
"Gut. Ruht euch aus. Ihr werdet gerufen, wenn wieder etwas ansteht." Und damit drehte er sich um und verschwand aus der Tür in der gegenüberliegenden Wand.
Ein paar Augenblicke herrschte Ruhe, bis Regulus mit leiser Stimme die Stille brach:
"Er hat uns nicht geglaubt."
Rabastan gab einen Ton von sich, der stark an ein Knurren erinnerte. "Ich weiß..."
"Glaubst du er wird..." Regulus' Stimme versagte, bevor er den Satz zu Ende sprechen konnte. Allein die Vorstellung, dass Severus ihre Lüge dem Dunklen Lord melden würde, jagte ihm blankes Entsetzen ein. Doch Rabastan beruhigte ihn in einem gewissen Maße.
"Nein... Rodolphus hat einmal über ihn gemeint, dass alles, was ihn nichts angeht, ihn nicht interessiert..."
Der Schwarzhaarige nickte, dann blickte er den Anderen aus den Augenwinkeln an. Sie waren allein im Raum. Mit einer fast schüchternen Geste griff er nach Rabastans Hand, doch dieser zuckte bereits bei der ersten Berührung zurück.
"Nicht hier, verdammt!", zischte der Braunhaarige und Regulus fuhr erneut angesichts des harschen Tons in sich zusammen. Unter der Maske biss er sich auf die Lippe und starrte auf den Boden. Rabastan konnte zwar nicht sehen, was der Andere tat, wusste es aber mit ziemlicher Sicherheit und rief sich darum mit einem tiefen Atemzug zur Ruhe.
"Regulus", begann er schließlich beherrscht, verzichtete aber darauf den anderen anzufassen, da er genau wusste, dass der Angesprochene ihn jetzt nicht an sich heranlassen würde. "Du weißt doch, dass wir es nicht riskieren können, in der Öffentlichkeit gesehen zu werden. Du weißt doch, was das bedeuten würde..."
Regulus' Atem hatte sich wieder beschleunigt und er war ein weiteres Mal den Tränen nahe. Er hasste es, den Menschen, den er als einziges wirklich liebte, nicht berühren zu können, wann er wollte. In der reinblütigen Gesellschaft war homosexuelle Liebe verpönt. Zwei Männer, die sich liebten, konnten genauso gut Schlammblütler sein. Der Schwarzhaarige schluchzte einmal kurz auf.
"Regulus... bitte..."
Aber Rabastan hatte Recht, sie konnten es nicht öffentlich zeigen und so nickte er schließlich, bevor er sich mit ein paar Atemzügen wieder unter Kontrolle brachte.
"Gehen wir in unsere Gemächer, hm? Da sind wir ungestört."
Regulus nickte stumm und folgte dann dem Anderen.

~ ~ ~

Das unterirdische Versteck des Dunklen Lords war eine Ansammlung von Tausenden von Höhlen, miteinander verbunden durch schmale Gänge, die überall und nirgendwohin führen konnten. Es war kalt dort unten und durch die vielen unterirdischen Bäche, die durch manche Zimmer flossen, noch dazu unangenehm feucht. Selbst vor einem Feuer oder im Bett hatte man immer noch das Gefühl, dass die Kälte sich in einem breit machte.
Regulus ging schweigend hinter Rabastan her. Der Gang war zu schmal um nebeneinander zu gehen, floss doch ein kleiner Bach auf der linken Seite entlang. Das Ufer, an dem sie entlang schritten, war nur ein paar Zentimeter höher gelegen.
Die grauen Augen lagen abwesend auf der Oberfläche des Wassers. Der Bach war eben und nur mit kleinen Kieselsteinen auf dem Grund gefüllt, sodass das Wasser langsam und gemächlich dahin floss, wobei es sich aber ein leises Plätschern nicht verwehren konnte.
Regulus liebte dieses Geräusch, war es doch so unglaublich sanft und rein, von einer Unschuld wie sie nicht einmal Babys besaßen. Er hatte früher oft in ihrem Garten am Teich gesessen und dem kleinen Springbrunnen zugesehen. Sirius hatte sich häufig über ihn lustig gemacht deswegen, dass er langweilig sei und keine Freunde hätte und deshalb nur diesen dummen Springbrunnen anstarren konnte. Trotzdem hatte sich sein Bruder hin und wieder zu ihm gesetzt, entgegen seiner Art vollkommen ruhig und sie beide hatten nur auf das Wasser geblickt. Es waren ihre kostbarsten Momente gewesen in ihrer sonst so schwierigen Bruderbeziehung, denn auch wenn sie kein Wort gewechselt hatten in dieser Zeit, wussten sie in jenen Momenten genau, wie der Andere sich fühlte und was ihn bedrückte; und nach ein paar Stunden des stummen Zuschauens waren beide von ihren Problemen befreit gewesen.
Manchmal wünschte sich Regulus zurück in diese Zeit, in diesen Garten, doch er wusste, dass das nicht möglich war. Sein Leben hatte seinen Lauf genommen und so war er nun dort in jenen kalten, unterirdischen Höhlen gelandet, in denen er nur bei einer Person Wärme fand und das auch nur in den wenigen Augenblicken, in denen sie allein waren.
Als sie sich dem Ende des Ganges näherten, machte der Fluss eine Biegung nach links und verschwand schon bald in der trüben Dunkelheit. Sie selbst gingen geradeaus weiter und kurz darauf durch eine Tür, die in eine Art kleinen Salon führte.
Der Raum war zwar nicht sonderlich groß, nichtsdestotrotz aber elegant eingerichtet. Ein schwarzes Ledersofa und zwei dazupassende Sessel vor einem Kamin, in dem ein Feuer prasselte. Die Wände waren in grün gehalten und die wenige Dekoration, die vorhanden war, in Silber oder Grau. Regulus wurde, wie immer, an den Gemeinschaftsraum von Slytherin erinnert.
Am anderen Ende des Raumes gab es zwei Gänge. Einer führte zu Bellatrix' und Rodolphus' Schlafzimmer, der andere zu den Zimmern der beiden Jüngeren. Da Rabastan Rodolphus' Bruder war und Regulus Bellatrix' Cousin, hatten sie beide sofort ihre eigenen Zimmer in einem eigenen Teil der Höhlen bekommen. Alle anderen Death Eater Novizen mussten sonst in Gemeinschaftsräumen leben. Trotzdem hätten sie eigentlich nur ein Zimmer gebraucht, schlief Regulus doch sowieso immer bei seinem Geliebten. Er hatte sein eigenes Zimmer vielleicht zweimal in der ganzen Zeit betreten, in der sie nun dort lebten.
Darüber, dass das Lestrangeehepaar, etwas über sie herausfände, mussten sie sich keine Sorgen machen, denn sie wussten es bereits. Im Gegensatz zum Rest der Reinblütlergesellschaft hatten sie jedoch nichts dagegen. Vielleicht die einzige Toleranz die sie hatten, aber Rodolphus hatte selbst hin und wieder gewisse Neigungen und bei Bellatrix war es wohl ähnlich. Doch Regulus interessierte es im Grunde nicht, solange die Beiden ihn und Rabastan in Ruhe ließen.
"Oh Mann", mit einem erschöpften Seufzen zog der Braunhaarige sich die Maske vom Kopf und ließ sie achtlos auf den Boden fallen. Dann entledigte er sich der Death Eater Roben und sank erschöpft auf sein Bett. Regulus gesellte sich zu ihm, nachdem auch er die grünen Gewänder abgelegt hatte.
Sekunden schwiegen sie, bis der Schwarzhaarige begann.
"Es tut mir Leid..."
Rabastan sah ihn mit einem verständnislosen Blick an, hatte er doch keine Ahnung, was der Andere meinte.
"Wegen... vorhin...ich-"
Ein weiteres Mal konnte er nicht fertig sprechen, doch diesmal lag es nicht an ihm. Rabastan hatte sich das kurze Stück zu ihm hinübergebeugt und Regulus' Lippen mit seinen Eigenen verschlossen. Es war ein sanfter, zärtlicher Kuss, so sacht, dass man ihn kaum für Wirklichkeit halten konnte.
"Reden wir heute nicht mehr darüber, okay?", meinte der Ältere, als er sich wieder löste und leicht lächelte. "Ich bin müde. Ich will nur noch baden und dann ins Bett."
"Okay." Regulus nickte, erleichtert, aber gleichzeitig etwas traurig. Jedenfalls, bis der Andere fortfuhr:
"Weißt du, ich glaube, ich bin zu schwach, um mich selbst auszuziehen..."
Rabastans Augen vollbrachten in diesem Augenblick das Kunststück in vollkommener Unschuld dreinzuschauen, was den Schwarzhaarigen unwillkürlich zum Kichern brachte.
"Na, dann sollte ich dir wohl besser helfen..."
Rabastan gab ein zustimmendes Seufzen von sich, als sich Regulus' Hand unter sein Hemd stahl und sie sich langsam auf den Weg ins Bad machten.

~ ~ ~

Als Regulus am nächsten Morgen aufwachte, war er allein im Zimmer. Einen Moment lauschte er, ob sich Rabastan vielleicht im Bad aufhielt, aber dort war alles still. Unruhig setzte der Schwarzhaarige sich im Bett auf. Er mochte es nicht, wenn er nicht wusste, wo der Andere war. Es war nicht so, dass Regulus besitzergreifend oder eifersüchtig war, aber in ihrer Umgebung konnte jeder Abschied der Letzte sein.
Glücklicherweise ging aber gleich darauf die Tür auf und Rabastan trat ein. Als er sah, dass der Jüngere wach war, schenkte er ihm ein warmes Lächeln, zog seine Schuhe aus und schlüpfte dann wieder unter die Decke.
"Er hätte sich wenigstens ein wärmeres Versteck aussuchen können, als diese schrecklich kalten Höhlen." Wie zur Bestärkung seiner Worte, rutschte er ein wenig tiefer und zog Regulus näher an sich heran, sodass sie sich gegenseitig wärmen konnten. Regulus jedoch ging nicht auf den Satz ein, sondern fragte direkt:
"Wo warst du?"
Die braunen Augen des Anderen sahen ihn ein paar Sekunden verwirrt an, bis ihr Besitzer begriff. "Ich musste mit Rodolphus etwas besprechen... Es war nichts wichtiges, darum habe ich dich nicht geweckt", fügte er noch hinzu, als er den vorwurfsvollen Blick des Anderen sah. Dann aber seufzte Regulus, schüttelte den Kopf und kuschelte sich an seinen Geliebten.
Eine Weile verbrachten sie so. Regulus liebte diese Momente. Es war so selten, dass sie einfach nur so daliegen und sich hielten konnten; sonst kam immer etwas dazwischen; ein Auftrag, Rodolphus, Bellatrix, eine Versammlung. Irgendetwas störte sie jedes Mal, doch an diesem Tag schien ihnen das Privileg der Einsamkeit ausnahmsweise mal gewährt zu werden. Mit einem wohligen Seufzen, kuschelte er sich noch ein wenig fester an Rabastan.
Dieser betrachtete den jungen Mann in seinen Armen mit gemischten Gefühlen. Er liebte diese Momente natürlich auch, sie waren ihm wichtiger als alles andere sonst. Doch Rabastan wusste ebenfalls, dass dieser einer der letzten sein konnte, wenn sich Regulus nicht bald zusammenriss.
Seine Hand strich sanft über die schwarzen Haare, die im Gegensatz zu ihrem Bruderschopf, glatt und geordnet anlagen. Der Ältere seufzte in Gedanken. Er hatte sich immer wieder gefragt, wie zwei Brüder so unterschiedlich sein konnten. Er und Rodolphus hatten zwar auch nicht sonderlich viel gemeinsam, aber man konnte, wenn man sie beide eine Weile kannte, doch sagen, dass sie miteinander verwandt waren. Aber Sirius und Regulus schienen Welten zu trennen.
Sirius war groß, kräftig und hatte breite Schultern. Seine Haare waren wirr und lang, genauso ungezähmt, wie sein Temperament. In der Schule ein Genie gewesen, gleichzeitig ungemein beliebt und begehrt, egal bei welchem Geschlecht. Braungebrannte Haut, ein selbstsicheres Funkeln in den Augen. Der Verführer von Gryffindor, so hatten ihn einige besonders fanatische weibliche Fans einmal genannt.
Aber Regulus... in den letzten Jahren hatte er zwar einiges an Größe dazugewonnen, trotzdem war er sicherlich immer noch einen halben Kopf kleiner als sein Bruder. Regulus war schlank, fast schon mager, seine Schultern schmal und er wirkte immer irgendwie zerbrechlich. Das Haar geordnet und kurz, hier ebenfalls dem Temperament entsprechend. Eine ruhige Persönlichkeit, manchmal fast schüchtern. Mittelmäßig in der Schule und niemals sonderlich kontaktfreundlich. Dazu ein blasser Teint und von Selbstsicherheit kaum ein Funken zu sehen. Niemand hatte ihm Beinamen gegeben, dem unscheinbaren Bruder aus Slytherin.
Alles was die beiden Brüder gemeinsam hatten waren Haar- und Augenfarbe. Schwarz und grau, relativ typisch für die Familie Black.
Jedenfalls hatte Rabastan immer angenommen, dass diese zwei äußerlichen Merkmale das einzige waren, was die Beiden gemeinsam hatten. Doch mittlerweile, nachdem er mit Regulus nun ein paar Aufträge zu erledigen hatte und der Jüngere vor Foltern und Morden immer wieder zurückgeschreckt war, war sich Rabastan nicht mehr so sicher.
Natürlich war Regulus sensibel. Und natürlich war es für ihn nicht so selbstverständlich gewesen, wie für Rabastan, der mit einem Bruder und einem Vater aufgewachsen war, die so etwas praktisch zu ihrem Hobby gemacht hatten, aber nichtsdestotrotz sollte es nach einem Jahr kein Problem mehr für ihn sein minderwertige Lebewesen auszulöschen.
Rabastan fürchtete allerdings, dass Sirius' Einfluss, den er trotz allem auf seinen kleinen Bruder gehabt hatte, nun durchschlug und Regulus zweifeln ließ. Unter relativ normalen Umständen wäre das Rabastan egal gewesen. Er konnte Sirius zwar nicht leiden und hasste ihn für alles, was er Regulus jemals angetan hatte, trotzdem waren die beiden Brüder, wo gegenseitiger Einfluss nun mal normal war. Doch... in der Gefolgschaft des Dunklen Lords hatten Zweifler keine Überlebenschance und wenn Regulus nicht bald damit anfangen würde, sich wie ein richtiger Death Eater zu benehmen, könnte es grauenhafte Folgen haben.
"Worüber denkst du nach?" Diesmal war es Regulus, der Rabastan aus den Gedanken riss. Letzterer brauchte ein paar Augenblicke, bis er die Frage realisierte. Er musterte den anderen Mann, dessen Kopf auf seiner Brust lag, für die Bruchteile einer Sekunde, schüttelte dann aber den Kopf. Doch Regulus hatte den Blick bemerkt und sträubte sich deswegen, als Rabastan ihn küssen wollte.
"Lüg mich nicht an..."
Der Braunhaarige hielt inne, schaffte es aber nicht dem vorwurfsvollen Blick der grauen Augen standzuhalten. Mit einem Seufzen meinte er:
"Bitte, Regulus, ich will jetzt nicht darüber reden..."
Erneut senkte er den Kopf und versuchte seine Lippen auf die Anderen zu legen, was ihm diesmal auch gelang. Es war ein zaghafter Kuss zu Anfang, nur eine flüchtige Berührung und so merkte Rabastan erst, dass der Andere nicht wirklich bei der Sache war, als er den Kuss verstärken wollte. Mit einem weiteren Seufzen ließ er wieder ab.
Regulus drehte sich auf den Rücken und blickte traurig in die andere Richtung. Er stieß die Hand des Anderen nicht ab, die sacht über seinen Arm strich, aber er konnte sie auch nicht genießen.
Eine Ewigkeit schien zu vergehen, in der die Beiden stumm nebeneinander lagen. Doch es war keine angenehme Stille wie sonst, sondern eine drückende und gerade als Rabastan beschloss sie zu brechen, flüsterte Regulus kaum hörbar:
"Ich mache dir Sorgen..."
Der Ältere brauchte erneut ein paar Sekunden um zu verstehen, was der Andere gesagt hatte. Zuerst wollte er instinktiv widersprechen, ließ es dann aber, weil Regulus ja recht hatte. Aber er wollte nicht, dass sich der Schwarzhaarige deswegen schlecht fühlte.
"Aber nur weil ich dich liebe... ich-"
"Ich habe dir schon immer nur Sorgen gemacht!"
Vollkommen untypisch für ihn, war Regulus mit einem Ruck aus dem Bett gesprungen und stand nun davor.
"Aber das stimmt doch gar-"
"Doch es stimmt, verdammt! Seid wir zusammen sind, habe ich dir immer nur Sorgen gemacht! Und nur weil ich ein unfähiges Etwas bin, das einfach nicht in der Lage ist auf eigenen Beinen zu stehen!" Die Stimme erhoben und zitternd vor Wut, begann er auf und ab zulaufen, während Rabastan ein wenig perplex im Bett saß und ihn beobachtete. So was war er nun wirklich nicht gewohnt. Doch dann wurde Regulus wieder er selbst.
Mit einem herzzerreißenden Schluchzen brach er auf dem Boden zusammen und vergrub seine Hände in den Haaren. Rabastan war mit einem Satz bei ihm und versuchte ihn zu trösten, doch der Jüngere stieß ihn von sich. Und so konnte der Braunhaarige nur zusehen, wie der andere von Weinkrämpfen geschüttelt da saß und sich Vorwürfe machte, was Rabastan selbst mehr schmerzte als irgendetwas sonst.

~ ~ ~

Die nächsten zwei Tage verbrachte Rabastan damit sich um Regulus zu kümmern. Dieser war irgendwann vor lauter Erschöpfung eingeschlafen und der Ältere hatte ihn ins Bett gelegt und war seitdem kaum noch von seiner Seite gewichen. Als Regulus wieder aufgewacht war, konnte Rabastan sehen, dass es ihm nicht gefiel, dass er sich schon wieder um ihn kümmerte, aber er ließ keinen Widerspruch zu und irgendwann schien es der Schwarzhaarige wenigstens in einem gewissen Maße zu genießen.
Es war schön, wenn sie den ganzen Tag zusammen im Bett liegen konnten, aneinandergekuschelt und schweigend, diesmal jedoch in einer angenehmen Stille verharrend. Regulus kam es fast zu schön vor um wahr zu sein und er fürchtete nicht nur einmal, dass er gleich aufwachen und sich irgendwo allein in irgendeiner kalten, leeren Dunkelheit wiederfinden würde.
Rabastan dachte in dieser Zeit viel nach. Einmal erinnerte er sich auch daran, wie sie beide zusammengekommen waren. Es war eher ein Zufall gewesen und erschien nach all den Jahren irgendwie immer noch unwirklich.
Da sie beide im selben Jahrgang waren und natürlich in Slytherin, hatten sie automatisch einen gemeinsamen Schlafsaal gehabt. Doch die ersten fünf Jahre hatte Rabastan mit Regulus nicht wirklich viel zu tun. Natürlich wusste er, wer der Andere war, wer dessen Verwandtschaft war; aber für den unscheinbaren jüngsten Spross der alten ehrwürdigen Blackfamilie hatte er sich nicht wirklich interessiert. Trotzdem schien sich über die Zeit die Liebe langsam und unbemerkt in ihn einzuschleichen, denn Rabastan ertappte sich ab Beginn des fünften Schuljahres immer häufiger dabei, wie er den anderen heimlich beobachte - und zu seiner Verwunderung erwischte er auch Regulus, wie dieser ihm heimliche Blicke zuwarf.
Doch das ausschlaggebende Ereignis sollte sich erst gegen Ende ihres fünften Schuljahres ereignen, als Sirius mal wieder beschlossen hatte seinen 'dummen, kleinen Bruder' vor der versammelten Schule zu erniedrigen. Anscheinend war Severus an diesem Tag nicht auffindbar gewesen, der ja sonst immer die Demütigungen von dem großen Black und seinen Freunden ertragen hatte müssen.
Rabastan hatte damals eine Wut auf Sirius verspürt, wie es selten der Fall gewesen war - und das seltsamste war, dass er keine Ahnung hatte warum. Regulus hatte ihn doch nie gekümmert, warum wurde er dann so wütend, wenn sich jemand über ihn lustig machte?
Es war eher Zufall gewesen, dass Rabastan später am Tag über den völlig verstörten Regulus gestolpert war. Eine abgelegene Ecke in den Kerkern von Hogwarts, irgendwo an den Außenmauern, am Abgrund über dem See gelegen, sodass es ein kleines Fenster gab. Davor war eine Fensterbank, auf die man sich setzen konnte. Dieses Fenster war nicht vielen bekannt und es ging auch kaum einer dorthin, auch Rabastan tat es nur, weil er einen ruhigen Ort zum Nachdenken brauchte. Doch er war nicht ruhig, wie erwartet, denn auf dem Fenstersims saß ein schluchzendes Häufchen Elend, das der Braunhaarige nach genauerer Betrachtung als Regulus Black erkannte.
Minuten stand er nur da, vollkommen reglos, bevor er aus einem plötzlichen Impuls heraus, den er nie verstanden hatte, auf den Anderen zuging und ihn kurzentschlossen in den Arm nahm. Der Schwarzhaarige krallte sich, ohne aufzusehen, in seinem Umhang fest und so saßen sie Stunden nur da, der eine weinend, der andere haltend.
Als Regulus sich schließlich wieder beruhigt hatte, hatte Rabastan gefragt, ob wieder alles in Ordnung sei; und was danach geschah, hatte Rabastan bis heute nicht begriffen. Der Kopf des Schwarzhaarigen ruckte mit einem Mal hoch und für einen Augenblick schien es, als ob er jemanden anderen erwartet hatte. Doch dann mischte sich Verstehen in die grauen Augen und vielleicht deswegen, aber vielleicht auch aus einem anderen Grund, der Rabastan unbekannt war, ergriff Regulus zum ersten Mal in seinem Leben die Initiative und zog den braunhaarigen Schopf mit einem raschen Griff an sich, um seine Lippen auf die des Anderen zu legen. Und in diesem einen Kuss wurde Rabastan alles klar, was er bis dahin nicht verstanden hatte. Warum er Regulus beobachtet hatte. Warum er so wütend gewesen war, als man ihm weh getan hatte.
Er liebte Regulus.
Ein Gedanke, der ganz plötzlich aus allen anderen herausflammte, der sich ohne Vorwarnung mit einer bestätigenden Klarheit entwickelt hatte und der keinen Zweifel ließ. Und so erschreckend dies eigentlich hätte sein müssen, war es das nicht, sondern vielmehr eine erlösende Erleichterung. Eine Erlösung von all der Einsamkeit und der Kälte, deren Rabastan sich bis zu dem Moment, in dem er Regulus zum ersten Mal geküsst hatte, gar nicht wirklich bewusst gewesen war.
Seit diesem Tag waren sie nie lange voneinander getrennt gewesen. Regulus schlüpfte nachts immer in Rabastans Bett. Im Unterricht hielten sie ungesehen Händchen, während den Pausen verzogen sie sich in Besenkammern um heiße, intensive Küsse auszutauschen. Sie schworen sich, sich niemals wieder zu trennen, denn selbst, wenn sie damals erst fünfzehn gewesen waren, im Grunde noch unerfahren in der Liebe, wussten sie doch ganz genau, dass keiner von ihnen ohne den anderen leben wollte und sie darum alles zusammen machen würden.
Rabastan hatte es damals für den absoluten Beweis ihrer Liebe gehalten. Nun kam es ihm vor, wie der größte Fehler, den sie begangen hatten. Er war es gewesen, der darauf gepocht hatte den Death Eatern beizutreten. Rodolphus hatte ihm davon erzählt, ihn vielleicht sogar manipuliert. Trotzdem hatte er aus eigenem Willen beschlossen den Reihen des Dunklen Lords beizutreten. Doch Regulus... Regulus war unsicher gewesen, teilte zwar die Meinung über Muggel und Schlammblüter, doch war ihm bei den Methoden der Death Eater unwohl. Erst als ihm klar geworden war, dass er Rabastan nicht mehr so oft hätte sehen können, hatte auch er beschlossen beizutreten. Im Grunde war Regulus nur wegen ihm hier und nicht wegen seiner Überzeugung.
Rabastans Blick lag auf dem Gesicht des Schwarzhaarigen, dessen Augen trüb ins Nirgendwo schauten, als ihm diese Erkenntnis kam. Diese beiden Dinge rissen eine tiefe Wunde in das Herz des Älteren, denn es war seine Schuld, dass alles so gekommen war und es wäre seine Schuld, wenn etwas mit dem anderen geschehen würde. Und überwältigt von diesen Schuldgefühlen geschah es zum ersten Mal, dass Rabastan in einen Weinkrampf ausbrach und von einem vollkommen verwirrten Regulus getröstet werden musste.

~ ~ ~

Am nächsten Morgen war es erneut Regulus, der zuerst aufwachte, doch diesmal war Rabastan da und schlief noch. Der Schwarzhaarige betrachtete seinen Geliebten wieder und strich ihm abwesend über die braunen Haare. Er fragte sich, was gestern nur mit ihm los gewesen war. So hatte er Rabastan eigentlich noch nie erlebt.
Äußerlich erschien er immer abweisend, fast schon kalt. Er ließ niemanden an sich ran und sprach nur mit anderen, wenn er es musste. Er zeigte kaum Gefühle, wenn dann höchstens Wut, aber niemals so etwas wie Enttäuschung oder Leid. Doch, wenn er mit Regulus allein war, erschien er wie ausgewechselt. Ein warmherziger Mensch, der ihn tröstete, mit ihm lachte oder ihn einfach nur streichelte.
Regulus wusste, dass Rabastan nur in seiner Gegenwart er selbst war, denn er liebte ihn. Und Regulus liebte ihn auch, er hatte es vielleicht schon immer getan. Und es würde sich auch niemals etwas daran ändern. Trotzdem war in dem letzten Jahr, in dem sie nun zu den Death Eatern gehörten, so vieles anders geworden. So, wie es immer gewesen war, so konnte es nicht mehr weiter gehen, das war Regulus in den vergangenen Tagen klar geworden. Doch er wusste nicht, wie er es ändern sollte um ihnen beiden eine glückliche Zukunft zu ermöglichen.
Er seufzte und strich dem Älteren erneut über die Haare, als er sah, dass dieser wach war und ihn mit einem seltsam traurigen Blick bedachte.
"Ich kann nicht böse sein", flüsterte Regulus dann und Rabastan senkte den Blick.
"Musst du es denn böse nennen?"
"Wie soll ich es sonst nennen? Es ist böse... Wir... die Death Eater sind die Bösen..."
"In den Augen der anderen sind wir vielleicht die Bösen, aber wir glauben doch daran. Und wenn wir daran glauben, dann ist es richtig, dann ist es gut! Vielleicht nicht für andere, aber für uns!" Rabastans Stimme hatte bei dem letzten Wort einen fast flehenden Ton angenommen, doch Regulus konnte nur traurig den Kopf schütteln.
"Ich bin mir nicht sicher, ob ich je wirklich daran geglaubt habe..."
Der Braunhaarige antwortete nichts mehr darauf und zog den anderen stattdessen nur näher an sich. Er drückte ihn an sich, als hätte er Angst, dass er sich auflösen würde, würde er ihn nur etwas schwächer festhalten. Auch Regulus klammerte sich an den Anderen, genoss jede einzelne Sekunde, denn er wusste, dass es vielleicht eines der letzten Male sein würde.
"Ich werde darum bitten versetzt zu werden... Verdeckte Ermittlungen, Spionage... so etwas... ich denke, dafür bin ich besser geeignet." Rabastan nickte, nicht fähig den Anderen anzusehen, und lehnte seinen Kopf an dessen Brust. Er versuchte es zu verdrängen, doch trotz allem blieb in ihm das Gefühl zurück, dass etwas geschehen würde, was ihr ganzes Leben von Grund auf verändern würde.

~ ~ ~

Gegen Mittag klopfte Rodolphus an ihre Tür, weil er mit Rabastan sprechen wollte. Als dieser wieder zurück ins Zimmer kam, hatte er einen Ausdruck auf dem Gesicht, der nichts Gutes verhieß.
"Ich habe eine Auftrag bekommen..."
Regulus zog die Augenbrauen zusammen. "Du?!" Normalerweise arbeiteten sie als Team.
"Ja... es scheint zu zweit wohl zu auffällig zu sein, darum soll ich alleine gehen..." Dem Braunhaarigen gefiel das nicht, das konnte man sehen, und auch der Jüngere hatte seine Probleme damit. Doch man widersetzte sich den Befehlen des Dunklen Lords nicht, das wussten sie beide. Also machte sich Rabastan fertig für den Aufbruch.
Regulus beobachtete ihn vom Bett aus.
"Pass auf dich auf, ja?"
"Sicher... Du auch auf dich...", fügte der Ältere noch hinzu, und hätte diese Bitte doch eigentlich seltsam klingen müssen, hatte Regulus doch keinen Auftrag, verstand dieser sie und nickte.
Rabastan strich dem Anderen über die Haare, wanderte danach mit der Hand zur Wange des Schwarzhaarigen, wo sie eine Zeitlang verweilte. Sekunden blickten sie sich nur in die Augen. Dann beugte sich Rabastan hinab, legte seine Lippen auf Regulus’ und genoss das leise Kribbeln, das sich dabei immer einstellte. Es war immer so gewesen, vom ersten Kuss an, und es hatte bis heute nie aufgehört - und das würde es auch nie tun.
Erst nach Minuten lösten sie sich wieder voneinander, und auch, wenn es eigentlich lange gewesen war, war es für sie beide viel zu kurz.
Rabastan drehte sich danach abrupt um, genau wissend, dass er nicht mehr gehen könnte, würde er Regulus noch einmal ansehen. Denn er hatte die Tränen bemerkt, die aus den grauen Augen geströmt waren, und auch ihn drohten sie auf dem Weg durch die Gänge zu übermannen, denn er hatte es genauso wie Regulus gespürt: Dieser Kuss hatte etwas Entgültiges gehabt.

~ ~ ~

Eine Stunde, nachdem er aufgebrochen war, kehrte Rabastan bereits wieder zurück. Sein Auftrag hatte sich von selbst erledigt. Die Person, die er töten sollte, war schon tot. Gründe hatte er keine herausgefunden, im Grunde war es aber auch egal.
Entgegen seiner sonstigen Art, meldete sich der Braunhaarige nicht zuerst bei einem Ranghöheren zurück, sondern ging gleich zurück zu seinen Räumen. Er wollte Regulus erst zeigen, dass ihm nichts geschehen war. Doch je näher er ihren Gemächern kam, desto mehr ergriff eine seltsame Unruhe von ihm Besitz. Diese verstärkte sich noch mehr, als er in den Salon ging und Bellatrix auf dem Sofa sitzen sah. An sich nichts Ungewöhnliches, doch der Blick ihrer Augen trieb Rabastan einen kalten Schauer über den Rücken. Ein Hauch von Traurigkeit lag in den blauen Augen der Frau und Rabastan kannte seine Schwägerin inzwischen gut genug um zu wissen, dass sie sich Traurigkeit nur bei ihrer Familie erlaubte.
Als Bellatrix ihn schließlich bemerkte, wurde sie ein wenig blasser.
"Rabastan...", flüsterte sie heiser. "Was tust du schon hier?"
Der Atem des Angesprochenen beschleunigte sich rasant und wurde unregelmäßig, als er nervös zwischen der Frau und dem Gang, der zu seinem Zimmer führte, umhersah. Er tat einen wankenden Schritt darauf zu, doch stoppte ab, als sich Bellatrix erhob. Sie öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch Rabastan kam ihr zuvor.
"Nein", flüsterte er kopfschüttelnd.
"Nein!", sagte er dann etwas lauter und als Bellatrix einen Schritt auf ihn zutrat, schrie er all seine Angst hinaus:
"NEIN!!"
Ruckartig drehte er sich herum und stürmte aus dem Zimmer. Bellatrix lief ebenfalls zur Tür, wusste aber, dass sie ihn nicht mehr einholen konnte und so schrie sie ihm nur hilflos hinterher:
"Rabastan, nicht! Du kannst Ihn nicht aufhalten! Rabastan!!" Doch es war alles vergebens.
In den Gedanken des Braunhaarigen gab es nur noch Platz für ein Wort, für einen Namen: Regulus.
Das war alles, was jetzt noch zählte, nur Regulus sonst nichts. Mit jedem Schritt, den er tat, vergrößerte sich seine Angst um ein Vielfaches; Lunge und Herz drohten zu zerbersten durch die Anstrengung, doch er ignorierte es und lief immer weiter. Durch all die vielen kalten und dunklen Gänge, hin zu dem Raum, den er bisher nur einmal betreten hatte, von dem er aber genau wusste, wo er lag: Der Thronsaal des Dunklen Lords.
Alles was ihn hätte aufhalten können, rannte er einfach um. Türen flogen aus den Angeln, andere Death Eater durch die Gegend. Er wusste nicht, ob er Magie benutzte oder es seine Körperkraft war, aber es war auch egal. Er musste zu Regulus! Er musste so schnell wie möglich zu Regulus! Er konnte das nicht zulassen! Er konnte nicht zulassen, dass Regulus...
Die Unfähigkeit diesen Gedanken zu Ende zu denken und die noch stärker aufkeimende Angst dabei, verliehen ihm einen zusätzlichen Schub an Kraft und trotz aller Sprüche und Banne, die vielleicht auf der Tür zum Thronsaal lagen, stürmte er einfach hindurch als wäre sie nichts, hinein in einen Raum, der ihm einen Anblick bot, den er niemals wieder vergessen würde.
Er sah den Death Eater vor dem Thron nur von hinten, doch er wusste genau, um wen es sich handelte. Der Dunkle Lord stand seinem Untergebenen ein wenig erhoben direkt gegenüber. Aber all das verblasste, vor dem grünen Blitz, der aus dem Zauberstab des Lords zuckte.
Rabastan wollte hinrennen, doch zwei starke Arme packten ihn unvermittelt von hinten und hielten ihn eisern fest; irgendjemand nahm ihm dem Zauberstab aus der Hand. Er war unfähig zu schreien, etwas zu tun oder zu denken und konnte so nur hilflos mitansehen, wie der grüne Strahl sein Ziel traf und den augenblicklich toten Körper nach hinten warf.
Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, in der Regulus fiel. Seine sonst so ordentlich zurückgekämmten Haare hatten sich etwas gelöst. Seine Robe bäumte sich über ihm auf und für einen Augenblick sah es aus, als würde er nur gestolpert sein, einfach nur ganz normal fallen. Doch dann sah Rabastan die grauen Augen. Diese Augen, in die er so oft versunken war, die, wenn auch nicht oft, glitzern konnten wie die Sterne und die er so oft von den Tränen getrocknet hatte. Doch nun... nun waren sie nur noch trüb, verschwommen, verklärt... sie waren tot und Regulus mit ihnen.
Augenblicklich wich jegliche Kraft aus Rabastans Körper und hätte Rodolphus ihn nicht immer noch mit einem eisernen Griff festgehalten, wäre er zusammengebrochen. Sein Mund war trocken und sein Herz hämmerte mit einer schmerzenden Härte gegen seinen Brustkorb.
Nur ein paar Sekunden herrschte Stille, nur ein paar Sekunden wurden Regulus als letzte Ehrerbietung gegönnt und eigentlich war das für seinen Mörder schon viel zu viel.
"Ha!", durchschnitt die eisigkalte Stimme des Dunklen Lords schließlich die drückende Stille. "Damit hätten wir unsere Reihen ein wenig gesäubert, nicht wahr, meine Lieben?"
Rabastan hörte kaum, was der Schwarze Magier sagte, er konnte seinen Blick nicht abwenden, musste unentwegt auf Regulus’ toten Körper starren. Doch die folgenden Worten seines Lords drangen dann wie Messerstiche in sein Bewusstsein:
"Nun denn, Rabastan. Sag mir, was du bei seinem Anblick empfindest!"
Rodolphus' Griff verstärkte sich bei diesem Satz, als wolle er seinem kleinen Bruder bedeuten zu lügen. Aber wie sollte er das machen? Rabastan sollte leugnen Regulus geliebt zu haben? Er sollte den Menschen verraten, den er als einziges wirklich geliebt hatte?! Den einzigen Sinn seiner Existenz?! Das konnte er nicht! Nicht einmal, wenn es bedeutete, dass er ebenfalls starb.
Doch dann spürte Rabastan noch etwas anderes; etwas weitaus Intensiveres als den Griff seines Bruders. Ein Blick bohrte sich von hinten in ihn, so durchdringend, wie es nicht einmal die Augen des Dunklen Lords vermochten. Nur einer besaß einen solchen Blick. Und nur er konnte mit einem Blick so konkret eine Botschaft übermitteln, selbst, wenn man ihn nicht sah.
"Erleichterung, Mylord", antwortete Rabastan schließlich mit gesenktem Blick, zwar mit leicht zitternder Stimme und immer noch auf die Leiche starrend, doch trotzdem bestimmt, "dass unsere Reihen nun von diesem Schwächling befreit sind..."
Der Dunkle Lord schmunzelte bösartig, doch mit Genugtuung und befahl dann den toten Körper wegzuschaffen. Rabastan bekam von alldem nicht mehr viel mit. Rodolphus führte ihn aus dem Thronsaal hinaus, während er unentwegt auf den Boden starrte. Er hatte Regulus nicht einmal eines letzten Blickes gewürdigt, denn dann hätten die Tränen ihn überwältigt und es wäre alles umsonst gewesen.
Sein Bruder drückte ihn aufmunternd, doch es half ihm nicht. Es half ihm nicht diese Leere in ihm auszufüllen, die nun in ihm herrschte. Regulus’ Tod hatte ein Loch in ihn gerissen, das man nicht mehr füllen konnte. Nur noch vergrößern durch Hass und Wut, auf andere und auf sich selbst. Doch nicht einmal das war ihm geblieben, denn Severus' Botschaft war deutlich gewesen:
'Er hätte nicht gewollt, dass du dich für ihn opferst...'


Epilog

Fünfzehn Jahre später hatte sich die Welt geändert und war dennoch dieselbe geblieben. Der Krieg beherrschte wieder das Land, aber vielleicht hatte er nie ganz aufgehört. Vielleicht war er nur ein wenig leiser geworden damals in der Zeit des trügerischen Friedens.
Rabastan stand am Ufer des Sees. Einige hundert Meter ihm gegenüber ragte Hogwarts auf seinem Felsen in den Himmel, wie es es bereits seit Jahrhunderten tat. Er schenkte ihm nur einen kurzen Blick, bevor er sich umdrehte und zum Waldrand ging. Seit fünfzehn Jahren hatte er nur Leere in sich gehabt, doch an diesem Tag wurde er von ein klein wenig Wärme erfüllt. Es war nicht viel, doch sehr viel mehr als Rabastan erwartet hatte jemals wieder zu spüren.
Seit Regulus' Tod war viel geschehen. Bereits kurz darauf war er in den Inneren Kreis aufgenommen worden. Dann war das Undenkbare passiert: Der Dunkle Lord war gefallen. Besiegt von einem kleinen Kind. Verwirrung und Panik hatten sich breit gemacht in den Reihen Seiner Gefolgschaft und nur wenige hatten sich nicht in Verleumdungen verstrickt. Rabastan hatte die folgenden vierzehn Jahre in Azkaban verbracht, in einer kleinen, kalten und feuchten Zelle. Aber es hatte ihm nichts ausgemacht, war er doch von innen heraus genauso kalt. Nicht einmal die Dementoren konnten ihm etwas anhaben, denn all seine Erinnerungen - die glücklichen gleich den grausamen - waren bereits von seiner inneren Leere verschlungen worden.
Nachdem der Lord wieder auferstanden war, hatte er sie befreit. All seine 'treuen Gefolgsleute'. Rabastan war sich nicht sicher, ob er die Freiheit willkommen hieß. Trotzdem kämpfte er nun wieder für den Mann, der ihm alles genommen hatte, mit Grausam- und Skrupellosigkeit, obwohl er eigentlich nicht genau wusste, warum...
Eine starke Windböe riss ihn aus seinen Gedanken und unwillkürlich folgte er ihr mit den Augen, wie sie über das Wasser glitt und die Oberfläche leicht kräuselte. Dann wurde das Wasser wieder still und es war, als wäre es nie berührt worden. Ab und zu schrie ein Vogel in den Bäumen des Waldes, doch nur kurz und auch nicht sehr laut. Eine gespenstische Ruhe lag über diesem Platz. Aber vielleicht war es weniger eine gespenstische, als eine andächtige Ruhe.
Rabastan stoppte, als er am Waldrand ankam und auf den Grabstein vor sich blickte. Er hatte sich gefragt, ob es ein dummer Scherz war, als er den Zettel mit der Beschreibung fand. War sich eigentlich sicher gewesen, dass es einer sein musste, doch er konnte nicht anders als der Sache nachzugehen. Und so fand er sich nun hier, gegenüber seiner alten Schule, einsam zwischen See und Wald und starrte auf das Grab seines Geliebten hinab.
Selbst nachdem er die Inschrift zum hundertsten Mal gelesen hatte, konnte er es immer noch nicht glauben:

Regulus Black
Möge er in Frieden ruhen

Wie war es möglich, dass er hier lag? Der Dunkle Lord hatte befohlen seine Leiche wegzuschaffen und dies bedeutete normalerweise eine unehrenhafte Verscharrung in irgendwelchen Mooren. Wer hatte sich den Befehlen des Dunklen Lords widersetzt?
Das leise Knacken eines Astes beantwortete diese Frage. Als Rabastan aufsah, war er nicht wirklich überrascht Severus zu sehen. Der schwarzhaarige Mann trat zu ihm, überließ es jedoch dem Jüngeren die Stille zu brechen.
"Warum hier?"
Severus antwortete nicht gleich, sondern sah erst ihn an und wandte dann den Blick zurück nach Hogwarts. Rabastan tat es ihm gleich und konnte schließlich das einsame Kerkerfenster erkennen.
"Er hat dort immer gesessen und hierher geblickt. Er meinte einmal zu mir, dass er hier gerne begraben wäre, damit er immer zu der Stelle aufsehen könnte, an der er sein Glück gefunden hatte."
Rabastans Herz zog sich ein wenig zusammen und er spürte nach fünfzehn Jahren zum ersten Mal wieder die Tränen aufsteigen. "Er hat dir davon erzählt?"
"Auch. Aber ich habe euch auch gesehen. Ich bin damals dorthin gegangen, um nach ihm zu sehen, aber du warst schon da. Ich wollte euch nicht stören. Ich wollte ihm nicht die Chance rauben, sein Glück zu finden. Wenigstens einer von uns beiden sollte glücklich werden..."
Ein wenig verwirrt betrachtete Rabastan Severus aus den Augenwinkeln. So kannte er den Älteren gar nicht. Aber das hatten sie wohl gemeinsam. Sie zeigten ihre Gefühle nicht in der Öffentlichkeit, nur einigen wenigen Auserwählten.
"Ich wusste nicht, dass ihr euch so nahe gestanden habt..."
Der Schwarzhaarige schwieg eine Weile, bevor er antwortete. "Es war so etwas wie unser kleines Geheimnis. Wir hatten ja auch dieselben Sorgen..."
Die schwarzen Augen richteten sich auf den Grabstein neben Regulus'. Rabastan folgte ihnen und las auch dessen Inschrift, die er nicht gleich hatte glauben können:

Sirius Black
Möge er seinen Frieden finden

Rabastan verstand nicht wirklich, warum Severus ausgerechnet dem Menschen, den er am meisten gehasst hatte, einen Grabstein gesetzt hatte, aber Rabastan war sich auch nicht sicher, ob der Andere Sirius wirklich gehasst hatte. Vielleicht war es eher das genaue Gegenteil gewesen.
"Warum hast du sie nebeneinander gelegt?"
"Sie waren Brüder... trotz allem, was geschehen ist, waren sie Brüder. Und selbst, wenn es nicht immer so aussah, haben sie sich geliebt."
Der Braunhaarige nickte und war schließlich nicht mehr stark genug die Tränen zurückzuhalten. Doch sie rannen nur leise über seine Wangen, kein Schluchzen drang aus seiner Kehle, nur ein stetiger Fluss aus kleinen, salzigen Tropfen. Severus legte einen Arm um seine Schultern.
„Versprichst du mir, dass-“
„Ja“, flüsterte der Ältere zurück, bevor der Andere den Satz zu Ende sprechen konnte. Severus wollte nichts über den Tod hören. Zu viele waren schon gestorben. Egal ob schuldig oder unschuldig, jeder Tod brachte Leid über die Menschen. Und selbst, wenn das Leben grausam war, kalt und einsam, sollte man es leben und nicht davor fliehen, denn es war das einzige, das man hatte. Danach lebte er, genauso wie Rabastan es tat. Doch eines Tages, wenn ihr Leben an dem Punkt angelangt war, an dem es nicht mehr weiterging, würden sie hier an den Seiten ihrer Geliebten ihre letzte Ruhe finden...

~ Fin ~

Crossposted: zuckerfederkiel und heulende_huette

fanfic, harry potter

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