Silvestervorbereitungen

Dec 30, 2016 22:16


Genre: Humor
Rating: P12
Charaktere: Karl-Friedrich Boerne, Frank Thiel
Warnungen: Keine
Disclaimer: Natürlich gehören mir weder der Münsteraner Tatort noch irgendwelche Charaktere / Bestandteile daraus.
Sonstiges: Vierter Beitrag zum Projekt „Oneshot-Alarm“, vgl. http://forum.fanfiktion.de/t/20980/1

„Wenn Sie hier noch lange vor der Tür rumstehen, wird Ihnen der Rum noch einfrieren!“

Thiel blickte missmutig zu dem Fenster hinauf, aus dem der Herr Professor mal wieder einen seiner überflüssigen Kommentare abgesondert hatte. „Mensch, Boerne, jetzt kommen Sie schon runter und machen Sie mir auf! Ich krieg’ den Schlüssel nicht ins Schloss!“

„Ach was, ach was? Hat der Herr Kommissar den Rum etwa schon vorab probiert?“ Boerne machte keine Anstalten, sich vom Fenster wegzubewegen.

„Ehrlich, Boerne, jetzt machen Sie schon! Ich glaub, das verdammte Schloss ist zugefroren!“ Thiel fröstelte. Bei der Kälte, die im Freien herrschte, war es aber auch nicht allzu verwunderlich, dass so etwas passierte.

Endlich verschwand Boernes Kopf aus dem Fensterrahmen und tauchte wenig später im Rahmen der Haustür wieder auf. „Na, na, mein lieber Thiel, es ist Winter!“, beschwichtigte der Gerichtsmediziner. „Da kann so etwas schon einmal vorkommen.“

Thiel brummte etwas von „enteisen“ und „Frostschutzmittel“ in seine Bartstoppeln, aber so leise, dass Boerne nicht alles davon verstand.

„Aber mein lieber Herr Thiel, Sie wollen mir doch nicht etwa unterstellen, ich würde meine Pflichten als Vermieter Ihnen gegenüber sträflich vernachlässigen!“ Boernes Antwort klang so ehrlich empört, dass Thiel mal wieder nicht wusste, ob der andere das jetzt wirklich ernst meinte oder ob er nur sehr erfolgreich dabei war, sein schlechtes Gewissen zu überspielen. Mit der Wahrheit nahm Boerne es schließlich auch sonst nicht immer so genau.

Na gut, dachte Thiel, dann spielen wir das Spiel eben mit. „Aber nein, mein lieber Herr Professor, wie kommen Sie denn nur darauf?“, sagte er unüberhörbar ironisch. „Ich würde Ihnen doch niemals so etwas unterstellen!“ Das war dann offenbar selbst Boerne etwas zu dick aufgetragen; jedenfalls wechselte er auffallend rasch das Thema.

„Wie dem auch sei, Thiel, Sie können die Sachen ja schon mal in meine Wohnung tragen. Die Tür steht offen.

Mit einem unverständlichen Knurren - es war lediglich eine nonverbale Äußerung des Missfallens, insofern gab es da auch nichts zu verstehen - brachte Thiel die Sachen, die er noch schnell in der Stadt besorgt hatte, in Boernes Wohnung. Immerhin war das, was er da gekauft hatte, für sie beide gedacht, sonst hätte er sich gar nicht erst dazu breitschlagen lassen.

„Hmm, dann wollen wir doch mal sehen!“, rief Boerne eifrig und rieb sich erwartungsvoll die Hände, während er Thiels Ausbeute betrachtete. „Der Rum, eine Orange, eine Zitrone, Gewürznelken, Sternanis und natürlich - ganz wichtig - der Zuckerhut! Ja, ich würde sagen, damit ist alles komplett. Zimt, Orangensaft und den Spätburgunder habe ich vorrätig; daran soll es also nicht scheitern.“

Boernes Stimme troff geradezu vor Selbstzufriedenheit, aber in diesem Fall war das Thiel ganz recht. Es kam schließlich nicht alle Tage vor, dass Boerne sich freiwillig dazu bereit erklärte, ihm eine Feuerzangenbowle nach Art seiner Großmutter zu „kredenzen“, wie der andere das ausgedrückt hatte. Weihnachten hatte Thiel dieses Jahr bei seinem Vater verbracht; da war es ihm ganz recht, wenn er dafür Silvester mit einem Fr... Blödsinn, er hatte Boerne doch nicht gerade eben einen Freund nennen wollen! Mit der Nervensäge zu verbringen, die sein Nachbar war, korrigierte er sich eilig. Das traf es schon eher.

„Ein paar von denen hier habe ich auch gekauft“, unterbrach Boerne seine Gedanken und stellte eine Kiste mit Feuerwerkskörpern neben den Wohnzimmertisch. „Damit wir’s auch ein bisschen krachen lassen können, was, Thiel?“

„Hmhm“, machte Thiel unbestimmt. Es war ja ganz nett, wie sich Boerne da ins Zeug legte, um ihm eine aus seiner Sicht vermutlich „perfekte“ Version von Silvester zu präsentieren. Aber musste er dabei immer so viel reden?

Eigentlich eine dumme Frage, überlegte er. Boerne redete immer. Ständig. Und viel zu viel.

Diesmal aber vielleicht noch mehr als sonst.

Sagen Sie mal, haben Sie mich eigentlich vermisst?, lag ihm plötzlich auf der Zunge. „Wie war eigentlich Ihr Heiligabend?“, fragte er stattdessen.

„Oh, gut ... sehr gut“, sagte Boerne in dem typischen Tonfall, den er verwendete, wenn er irgendetwas überspielen wollte. „Friedvoll. Ruhig.“ Es klang irgendwie unzufrieden, so als hätte er Zu ruhig gesagt. Vermutlich hatte er auch genau das gemeint.

„Das is’ schön“, brummelte Thiel trotzdem ohne viel Begeisterung. „Neujahr wird bestimmt nich’ so ruhig, wenn ich mir Ihre Ansammlung an Knallkörpern da so ansehe.“

„Vielleicht.“ Boerne zuckte mit den Achseln. Es klang wie Wollen wir’s hoffen.

„Ja“, sagte Thiel und machte sich auf den Weg in Boernes Küche, um den Rest der Zutaten für die Bowle zu holen. „Vielleicht.“

~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~

Diesmal was leicht Melancholisches. Und, ganz neu für mich, mal aus Thiels Perspektive.

Pookys Prompt für Oneshot 4: „Der OS muss mit dem Wort ‚Wenn’ beginnen und mit dem Wort ‚Vielleicht’ aufhören (kann auch in wörtlicher Rede geschehen). Mindestens zehn weitere Worte müssen mit dem Buchstaben ‚w’ beginnen und fünf weitere mit dem Buchstaben ‚v’ (nur Verben und Substantive)“.

Verwendete Wörter u.a.: werden, wegbewegen, Winter, wollen, wissen, Wahrheit, wechseln, Wohnung, Weihnachten, Wohnzimmertisch; verschwinden, vorkommen, verstehen, Vermieter, vernachlässigen.

silvester, fanfiction, tatort: münster

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