Am Wochenende war ich in Frankfurt (Westdeutschland), wo ich eine Podiumsdikussion mit Elmar Altvater, Bernd Riexinger und Christine Buchholz moderiert habe. Ich bin mit einem Schlag berühmt geworden. Allerdings habe ich mich auch blamiert: ich habe Altvater und Riexinger gesiezt, woraufhin mir beigebracht wurde, daß Siezen innerhalb der Linken als extrem unhöflich gilt. Ich muß sagen, diese Wessis haben vom Klassenkampf einfach mehr Ahnung, auch wenn wir Ossis das anständigere Volk sind.
Auf dem Kongreß (
http://www.getupstandup-kongress.de) war auch eine Veranstaltung unter dem Titel "Wieviel Populismus verträgt die Linke?" angeboten. Veranstalter: Jürgen Elsässer. Der Jürgen hat derartig vom Leder gerissen, daß es einem angst und bange wurde. Blüten: "Schwulsein und andere Hobbys", "WM-Partyotismus", "Deutschland ist inländerfeidlich"... Das Publikum wußte nicht, ob es lachen oder weinen sollte, aber Langeweile kam mit Sicherheit nicht auf. Seine These ist, daß die Linke vor der Aufgabe steht, sich von den Minderheitenthemen der letzten Jahrzehnte (Migranten, Homosexuelle, Frauenunterdrückung,...) auf die Mehrheiten zurückzubesinnen, also die klassische Arbeiterklasse. Außerdem soll der doofe antinationale Reflex aufgegeben werden, der jede/n ordentliche/n Linke/n befällt, wenn eine Deutschlandfahne irgendwo weht. Das war starker Tobak, und dementsprechend hat ihm auch niemand im Publikum rechtgegeben. Zu Unrecht, wie mir im Nachhinein auffiel. Denn eines ist Fakt: die Zeit für eine starke sozialistische Linke ist längst da. Nur: wo ist sie? Die Unzufriedenheit weiß im Moment nur die Rechte zu kanalisieren. Die aber hat auch kein Programm anzubieten. Niemandem geht es besser in Deutschland, wenn alle Ausländer tot oder weg sind. Eine Linke, die es Ernst meint mit dem Sozialismus, muß sich fragen, was sie falsch macht.
Elsässer hat dort übrigens sein sehr empfehlenswertes neues Buch "Angriff der Heuschrecken - Zerstörung der Nationen und globaler Krieg" vorgestellt, mit dem er nebenbei bemerkt auch ab und an mit O. Lafontaine auftritt.
Ich fasse zusammen: Jürgen Elsässer ist einer klügsten Köpfe in der deutschen Linken. Und einer der unterhaltsamsten.