Geschäfte mit Suez-Aktien
Fünfhundertundzwanzig Aktionäre der enteigneten Suezkanal-Gesellschaft versammelten sich dieser Tage in Paris, um über Nassers Angebot abzustimmen, die Aktien zu dem vor der Verstaatlichung geltenden Börsenkurs zu übernehmen. Zu ihrem Bedauern erfahren die Pariser nichts über die Identität der Aktieninhaber. Sie möchten nämlich gern wissen, wie der neueste Aktionär der alten Gesellschaft - die Sowjetunion (!) - abgestimmt hat.
Wenn man dem Wochenblatt Bulletin de Paris glauben darf, wurden acht Tage vor Nassers Coup 4000 Suezkanal-Aktien im Werte von 480 Millionen Francs an der Pariser Börse verkauft. Sie gingen in den Besitz der Sowjetregierung über, und zwar (das macht die Geschichte für die französische Öffentlichkeit natürlich noch pikanter) aus dem Besitz der Societas Jesu. Die Pariser staunen ebenso über die guten Börsentips der Jesuiten wie darüber, daß Moskau Aktionär eines Unternehmens werden konnte, das Außenminister Schepilow soeben vor der UNO als einen „der wichtigsten Stützpunkte des Kolonialismus im Nahen und Mittleren Osten“ bezeichnet hat.
Von den 520 Aktionären stimmten übrigens 504 mit 433 900 Aktien gegen das Angebot Nassers und 16 mit nur 27 Aktien dafür. Entweder waren die Treuhänder des früher jesuitischen und heute sowjetischen Aktienpaketes bei der Abstimmung nicht anwesend oder sie stimmten mit der Mehrheit für eine höhere Entschädigung, welche die alte Gesellschaft dank der „völligen Unterstützung der westlichen Regierungen“ bei der Verteidigung der „legitimen Interessen“ der alten Gesellschaft durchzusetzen hofft.
http://www.zeit.de/1956/42/geschaefte-mit-suez-aktien