Zu Mozarts g-Moll Fuge

Jul 04, 2014 10:41

Die drei allgemein bekannten Orgelkompositionen von W. A. Mozart - Adagio und Allegro f-Moll, KV 594 (alias Fantasie), Andante F-Dur, KV 616 und Fantasie f-Moll, KV 608 (das populärste von den drei Werken) - sind eigentlich nicht für die richtige Orgel bestimmt, sondern für die sogenannte Orgelwalze, ein mechanisches Musikwerk, dessen Tongebung dem Orgelklang ähnlich ist. Der Konstruktion dieses Apparates liegt eine Stiftwalze zugrunde; indem die Walze rotiert, öffnen die verschieden langen Stifte die Ventile zu den einzelnen Pfeifen, so daß die Pfeifen in einer vorgegebenen Reihenfolge ertönen. Mit Uhrwerken gekoppelte Orgelwalzen nannte man Flötenuhren. Im ausgehenden XVIII. Jahrhundert waren die Orgelwalzen in die Mode gekommen. Für sie komponierten u. a. Händel, Haydn, Mozart, Beethoven.
Die großangelegten Mozartschen Kompositionen für solcherart kleine mechanische Musikwerke lassen sich auch auf der richtigen Orgel spielen. Kein Wunder, daß sie heutzutage als Orgelkompositionen gelten, sei es im Musikverlagswesen oder in der Aufführungspraxis.
Adagio und Allegro, KV 594 und Fantasie f-Moll, KV 608 wurden von Mozart selbst für Klavier zu 4 Händen bearbeitet. Zu den als vierhändige Klaviersätze überlieferten Kompositionen von Mozart zählt sich auch die Fuge g-Moll, KV 401 (375 e). Diese Fuge wurde mehrmals in vierhändigen Sammelbänden gedruckt, die auch KV 594 und 608 enthalten, was - nebst ihrem Charakter und der Tiefe ihrer musikalischen Konzeption - den bemerkenswerten Moskauer Komponisten Oleg Komarnitzki annehmen ließ, daß sie ursprünglich als eine Orgelfuge gedacht war. O. Komarnitzki hat eine Retranskription für die Orgel gemacht. Es ist unwahrscheinlich, daß Mozart eine Orgelwalze bzw. Flötenuhr im Auge hatte. Es ist auch nicht auszuschließen, daß diese Fuge einzig und allein für Klavier zu 4 Händen bestimmt war; doch die Setzweise spricht dafür, daß Komarnitzkis Hypothese plausibel ist (beachtenswert sind z. B. die anhaltenden Orgelpunkte in der Schlußbildung).
Mozarts Fuge g-Moll, KV 401 (375 e) ist eines der interessantesten Werke des Meisters. Leider bleibt diese Komposition dem breiten Publikum praktisch unbekannt. Es ist eine Doppelfuge; das zweite Thema ist das Spiegelbild des ersten. Diese frei aufgebaute, weit ausgeführte Fuge erinnert - auch in melodischer Hinsicht - an die großangelegten Orgelsätze von J. S. Bach.

S. Didenko
Arnstadt, im Mai 1993.





Titelseite

Uraufführung: S. Didenko, Kischinjow (Chişinău), 1984.
Erstaufführung in Deutschland: S. Didenko, Arnstadt, 1993.

В. А. Моцарт, o. komarnitzki, ноты, orgel, Комарницкий, komarnitzki, orgue, композиторы, О. Комарницкий, orgelkunde, музыка, орган, s. d., w. a. mozart, Моцарт, organ, я, kv 401 (375 e), mozart, kv 401

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