Anarchist

Mar 02, 2019 23:11


Fandom: Original, Anarchist

Characters: Killua & Bullseye

Genre: action, erotic, slash

Part: Zero (the beginning)

Rating: P-18 Slash

Warning: violence, blood, sex (explizit), alcohol (mention)

Schon mit dem Betreten dieser zwielichtigen, muffig riechenden Anlage scheinen sich all meine Sinne auf etwas zu fokussieren, das mir noch nicht bewusst ist. Es ist anders als sonst. Da ist eine gewisse … Rastlosigkeit in mir. Ich spüre sie so selten, dass sie mich durcheinander bringt und ich tatsächlich für ein paar Atemzüge lang überlege, ob ich nicht einfach wieder gehen soll. Doch die Neugier siegt und lässt mich die Steintreppe in den Keller hinuntersteigen, der nicht nur muffig riecht, sondern sich auch so anfühlt. Wie ein schmieriger Film auf der Haut, den man nicht sieht und auch nicht richtig anfassen kann, aber der doch irgendwie da ist. Ich bin nicht zum ersten Mal hier und doch wirkt dieser Ort verändert. Die meisten Gesichter kommen mir bekannt vor. Wenn man sich gegenseitig verschönert, dann prägt man sich viel vom Gegenüber ein. Vor allem, wenn einem beim Kämpfen so langweilig ist wie mir.

Kurz nach meiner Ankunft hier habe ich wirklich gehofft, mit diesem gut besuchten Keller in diesem stillgelegten Areal des Industriegeländes einen Ort gefunden zu haben, an dem ich mich austoben kann. Doch nein. Hier treffen sich tatsächlich nur frustrierte, stinknormale Menschen, die ihres Lebens überdrüssig sind. Zum Glück bin ich nicht wie sie. Ich bin mein Leben zwar auch leid, aber selbst weit von jedem normal entfernt. Und sie wissen es. Sie haben es gesehen. Deswegen weichen sie mir aus auf dem Weg hinunter, vermeiden meinen Blick, nippen hastig an ihren Importbieren oder verlieren sich in banalen Unterhaltungen. Nichts davon ist ungewöhnlich und doch zieht es mich weiter vorwärts. Irgendetwas ist anders. Ich weiß nur noch nicht, was es ist. Etwas liegt schwer und süß in der Luft, kitzelt die Bestie in mir und immer mehr Körper scheinen mir im Weg zu sein. Harsch schiebe ich sie beiseite, den Blick nicht fokussiert, schweifend, ruhelos, aber ich sehe es einfach nicht.

Aber irgendwann spüre ich es.

Jemand sieht mich an. Viel zu intensiv. Das kann niemand der scheinbar Desinteressierten sein, die sich alle insgeheim vor Angst in die Hosen machen, wenn sie mich sehen. Ein Neuer vielleicht? Die Richtung des Blickes lässt sich schwer deuten. Da gehört nichts anderes dazu. Keine Gedanken, keine sonderlich herausstechende Aura inmitten der vielen, die sich mir so sehr aufdrängen, dass ich meinen eigenen Körper kaum noch wahrnehmen kann. Kein befremdliches Gefühl - zum Glück. Die Unwissenheit ist es, die mich nervös macht. Vielleicht sollte ich kämpfen, um den stillen Beobachter hervorzulocken. Oder um mich abzulenken. Es wird nur immer schwerer, Gegner zu finden. Lange kann ich wohl nicht mehr hierher kommen. Und wenn ich ihre Gedanken manipuliere, um zu bekommen, was ich will, ist es, als würde ich gegen mich selbst antreten. Nur fehlt dafür die nötige Kraft beim Gegenüber. Scheiße. Frustrierender Bullshit. Dieser Blick macht mich wahnsinnig! Meine Lederjacke landet auf dem Tresen der provisorischen Bar, von der die meisten hier die Biere haben, deren Inhalt zur Hälfte verschüttet wird, während sie die schwitzenden Leute inmitten des aus Menschen geformten Rings anfeuern. Das Shirt darunter lasse ich an. Hier unten ist es kalt. Ich habe nur keine Lust darauf, dass meine Jacke in Mitleidenschaft gezogen wird, wenn sich irgendeiner an ihr festkrallen sollte. Das Ding ist heilig. Die mag ich. Anders als die ganzen Kerle um mich herum, die gar nicht mitbekommen, dass ich mich dem Kreis nähere. Umso überraschter sind sie, als sie aus ihm gezogen und weg geschubst werden, damit ich ins Innere komme. Die beiden, die sich gerade die Visagen polieren, sind noch nicht fertig. Irritiert unterbrechen sie ihren Kampf, als sie mich bemerken. Dann krachen ihre Schädel aneinander - nur Bruchteile von Sekunden später. Ich lasse die Hände wieder sinken, als die beiden zu Boden gehen und desorientiert hocken bleiben. Meine Finger zucken, wollen noch mehr, aber die zwei sind schon so erledigt, dass es keinen Spaß mehr machen würde. Sie kriechen direkt zurück in die Reihen der Anderen, die merklich leiser geworden sind. Mein Blick wandert. Keiner ist mutig und tritt nach vorn, um mich herauszufordern.

»Ach … kommt schon! Ihr könnt auch zu dritt oder viert gegen mich antreten. Seid nicht so schrecklich langweilig!«

Ich breite die Arme aus, drehe mich langsam im Kreis und vielleicht ist es mein Grinsen, das sie abschreckt. Es zieht an meinen Mundwinkeln. Bis etwas in meinem Augenwinkel aufblitzt. Meine Hand ist schneller, fängt das Objekt ab und mustert es. Ein Messer. Ich hab es ungünstigerweise an der Klinge abgefangen. Der scharfe Stahl bohrt sich in meine Haut. Nur kurz mustere ich das kleine Blutrinnsal. In ein paar Augenblicken wird davon nicht mehr viel zu sehen sein, deswegen verfolge ich die Flugrichtung zurück, entdecke ein nichtssagendes Grinsen unter einem einzelnen Auge. Das Andere ist verdeckt. Ein Pirat? Das ist das, was mir als Erstes in den Sinn kommt. Aber lange bleibt das nicht so. Dieser Blick. Das ist der von eben, nur sehr viel intensiver. Er verursacht eine Gänsehaut, die über meine Wirbelsäule wandert und sich in meinem Nacken festsetzt.

»Waffen sind hier nicht erlaubt«, brumme ich lapidar und schleudere das Messer zu dem Mann zurück. Er fängt es sehr viel geschickter auf als ich eben und das, ohne den Blickkontakt zu lösen. Scheiße … das ist verdammt beeindruckend. Da sind noch so einige Leute zwischen uns gewesen, die nun natürlich einen Korridor zwischen ihm und mir öffnen, als sie sich des Messers gewahr werden. Mein Grinsen wird breiter. »Du kannst trotzdem gern näher kommen.«

Sein Mundwinkel zuckt und er stößt sich von der Wand ab, an die er sich eben noch gelehnt hat. Er kann nicht viel älter sein als ich. Wir haben eine ähnliche Statur. Aber sehr viel mehr beschäftigt mich, dass ich an keine Informationen herankomme. Sein Kopf ist von einer Mauer umgeben. Selbst als ich so gut wie alle anderen Anwesenden ausgeblendet habe, sehe ich nichts. Von diesen Menschen gibt es nicht viele. Ich kenne nur ein paar. Freunde, die mich hier und da begleitet haben. Nur einer ist geblieben, aber der ist zur Zeit nicht hier. Die anderen sind in der ganzen Welt verstreut. Mein altes Leben - es liegt hinter mir. Das hier ist eine neue Etappe - bis ich wieder irgendwohin verschwinden muss. Zurück in Russland. Zurück in Moskau - diese wilde, niemals schlafende Stadt, voller Illusionen und grausamen Realitäten. Hier wird es nie langweilig. Immerhin gibt es hier Menschen wie den Typen, der tatsächlich dem Ring näher kommt. Individuen, die es schaffen, ihren Geist vor mir zu verschließen. Bisher haben das nicht viele geschafft. Mischa ist einer von ihnen, aber auch nur, weil seine Gedankengänge so wirr und komplex sind, dass sie mir Kopfschmerzen machen, wenn ich auch nur versuche, ihn zu verstehen und seine Handlungen vorauszuahnen. Mein potentieller Gegner ist noch einmal ganz anders. Da ist einfach nur eine Mauer, an der meine mentalen Fühler vollkommen abprallen. Gut … das macht die ganze Sache sehr viel spannender für mich. Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Seine Bewegungen wirken beherrscht, antrainiert und trotzdem geschmeidig. Der ist nicht einmal ansatzweise wie die anderen Idioten hier. Ist er ein Killer? Vielleicht jemand vom Militär oder der Polizei. Wie er sich hierher verirrt hat, bleibt mir ein Rätsel, aber ich beschwere mich nicht darüber. Genau das habe ich gesucht, als ich mich auf den Weg gemacht habe. Durch die dreckigen Straßen, unter blassem Neonlicht, in der Hoffnung, etwas zu finden, das Sinn macht in dieser ewigen Dunkelheit. Hinter ihm schließt sich der Korridor wieder. Die Menge ist ruhig und angespannt. Genau wie ich. Dann beginnen die Zuschauer hinter vorgehaltenen Händen zu tuscheln. Den Typen haben sie noch nie vorher gesehen. Sie wundern sich, dass ein Neuling direkt gegen den krankesten Bastard antreten will, den dieser Keller jemals gesehen hat.

Die Stimme des Mannes, der diesen Treff hier erst ins Leben gerufen hat, zittert ein wenig, als er unseren Kampf einläutet. »Keine Regeln! Sieg nur durch Aufgabe durch Abschlagen oder durch einen K.O.! Versucht euch nicht umzubringen.«

Ich gluckse leise. Bei diesem Blick, den mir dieses stahlblaue Auge zuwirft, habe ich verdammt viel Lust darauf, dem Typen das Licht auszuknipsen. Das würde sich vielleicht sogar wie ein richtiger Sieg anfühlen. Keiner hier weiß, wie sehr ich mich jedes Mal zurückhalten muss, wenn ich erst einmal Blut geleckt habe. Und seines ist mit Sicherheit köstlich …

-

Mein Kiefer pulsiert dumpf. Ich schmecke Blut auf meiner Zunge. Nicht von ihm, auch wenn es überall an ihm ist. Eine Platzwunde an seiner Stirn, ein kleines Rinnsal aus seinem Mundwinkel und noch mehr an den aufgeplatzten Knöcheln seiner Hände. Er hat sich länger gewehrt, als ich erwartet habe. Jetzt atmet er schwer, sitzt auf dem Boden und kommt nicht mehr hoch. Soll mir recht sein. Mir ist fast danach meine Hand zu heben, um sicher zu gehen, dass mein Herz tatsächlich so schnell schlägt wie es sich anfühlt. Die Umstehenden grölen wieder, aber sie sind unwichtig.

»Du hast dich gut gehalten«, zolle ich dem Fremden meinen Respekt, als er abschlägt und somit aufgibt. Ich komme näher und strecke die Hand aus, die er für einen Augenblick skeptisch anstarrt, ehe er nach ihr greift und sich hoch helfen lässt. Er hat ein paar Treffer weggesteckt, bei denen ich mich kaum noch zusammenreißen konnte. Sein Gesicht wird in den nächsten Tagen eine interessante Facette an Farben präsentieren. Wird seinen Angehörigen nicht gefallen, sollte er welche haben. Ich grinse bei der Vorstellung. »Beste Feuertaufe.«

Er schmunzelt freudlos und greift nach seinem Kiefer. In seinen Wangen knirscht es leise, als er ihn sich richtet und ihn dann bewegt, um sicher zu gehen, dass da kein ernsthafter Schaden entstanden ist. Erst dann schaut er mich wieder an, das Auge so ausdruckslos, wie ich es sonst eigentlich nur von meinem Spiegelbild kenne, wenn ich es mal zu sehen bekomme. Er ist ein tollerer Anblick, vor allem mit dem ganzen Blut an sich. Ich würde zu gern seinen Namen wissen. Doch bevor ich den Mund wieder öffnen und ihn danach fragen kann, fängt er an zu reden und seine Stimme lässt mein Herz ein bisschen stocken.

»Ich habe nicht vor, noch einmal herzukommen, aber es war ganz nett.«

Nett? Damit erwischt er mich eiskalt. Und das Grinsen, das folgt, zieht ein bisschen an meiner Bodenhaftung. Unser Blickkontakt löst sich, als er sich abwendet und davon geht, ohne die Lobrufe für seinen Auftritt zu beachten. Ja, sie hassen mich und er hat länger durchgehalten als alle vor ihm. Natürlich sind sie beeindruckt. Genau wie ich. Was ist das für ein Typ? Das lässt mir schon jetzt keine Ruhe. Hastig stolpere ich ebenfalls aus dem Ring und gehe zur Bar, um meine Lederjacke zu holen, ehe ich ihm folge.

Draußen ist es viel kälter als vorhin. Ich schließe meine Jacke und versenke die Hände tief in den Taschen. Ich kann ihn kaum spüren. Zum Glück höre ich seine Schritte noch. Er muss verdammt gut ausgebildet sein, um sich derart geschickt vor mir verbergen zu können. Dass ich vor kurzem noch gedacht habe, es gäbe nur einen von meiner Sorte, scheint hier schon längst Gewissheit gewesen zu sein und sie haben passende Maßnahmen ergriffen. Wer auch immer sie sind. Er muss ihnen angehören. Und das ist eine Erkenntnis, die mich kurz innehalten lässt. Wieso er wohl gesagt hat, dass er nicht noch einmal in den Club kommen wird? Ist es möglich, dass er vielleicht von mir gehört hat und deswegen dort war? Scheiße. Manchmal vergesse ich, wie anstrengend es ist, nicht zu wissen, was der Gegenüber denkt und was ihn ausmacht. Er macht, dass ich mich beinahe normal fühle. Seine Schritte werden leiser. Nein … ich kann ihn nicht gehen lassen. Wie soll ich ihn in dieser riesigen Stadt jemals wiederfinden, wenn er nicht an diesen Ort hier zurückkommen wird?

Vorbei an stillgelegten Transportgleisen und verfallenen Lagerhallen werden die Lichter der Stadt langsam wieder heller und die Geräusche des Verkehrs und der Metro im Untergrund lauter. Ich versuche, diese ganze Beschallung auszublenden, merke jedoch schnell, dass ich auf höheres Terrain muss, um ihn sehen zu können, sollten seine Schritte vollkommen in dieser vertrauten Stadtsinfonie untergehen. Wo ist mein Fokus von vorhin hin? Als ich den Keller betreten habe, habe ich ihn wahrgenommen. Unbewusst. Etwas, worauf ich nicht mehr zugreifen kann, dabei wäre das gerade sehr nützlich. Ist er gerannt, um so viel Abstand zwischen uns zu bringen oder habe ich seine Schritte nur mit anderen verwechselt? Vielleicht ist er auf einen Wagen umgestiegen, als er das Industriegelände verlassen hat. Diese Möglichkeit habe ich noch gar nicht in Betracht gezogen. Scheiße … verliere ich hier gerade doch noch?

»Warum folgst du mir?«

Die Stimme reißt mich abrupt aus meinen Zweifeln. Er steht an dem Geländer einer Unterführung, die zu irgendeiner Metrostation führt, und raucht. Ihn scheint die Kälte hier draußen nicht auszumachen. Er trägt keine Jacke, nur das graue Longsleeve von zuvor, das er nicht ausgezogen hat, auch wenn es die Regeln des Clubs eigentlich erfordern. Keiner hat sich darüber beschwert, auch wenn ich mich bei dem Gedanken ertappe, wie er wohl darunter aussieht. Wieso habe ich ihn nicht wahrgenommen? Er steht dort so offensichtlich, dass ich ehrlich überrascht von mir selbst bin. Scheiß auf Fokus! Den scheint er aufzusaugen wie ein Schwarzes Loch das Licht. Ich bin fast sicher, dass er ein Spion ist, so unscheinbar wie er ist. Aber gerade kann ich die Umgebung nahezu perfekt ausblenden. Er überlagert alles.

»Hm … FSB oder GRU?«

Er hebt die eine sichtbare Augenbraue und runzelt dann die Stirn. »Was?«

»Du gehörst zu irgendeinem Geheimdienst, oder nicht?«

»Warum glaubst du das?«

Will er mich aus der Reserve locken? Ich werde den Gedanken nicht los, dass er genau weiß, wer ich bin, was die Sache nicht einfacher macht. Zum einen will ich ihm nichts verraten, zum Anderen finde ich ihn zu interessant, um ihn ziehen zu lassen. Das ist eine vertrackte Entscheidung. Ich muss vorsichtig sein. »Nun … normalerweise kann mir dort niemand das Wasser reichen, aber du hast dich ganz schön gewehrt. Das hat mir gefallen.«

»Tatsächlich …«

Er klingt nicht beeindruckt. Das kratzt an meinem Ego. Ich suche nach meinen eigenen Zigaretten und zünde mir eine an, ehe ich ihn genauer mustere. So kalt und unnahbar. Verdammt sexy, trotz der beinahe lächerlichen Augenklappe. »Was ist mit deinem linken Auge?«

»Weg.«

»Wie weg?«

Er hebt die Hand und schiebt die Augenklappe nach oben. Darunter … ein geschlossenes Augenlid ohne die natürliche Wölbung. »Scheiße … wie ist das passiert?«

»Wieso sollte ich dir das verraten?«, hakt er nach und schnipst die aufgerauchte Kippe auf den Gehweg. Er verschränkt die Arme vor der Brust und neigt etwas den Kopf. »Außerdem hast du mir meine Frage von eben noch nicht beantwortet. Warum bist du mir gefolgt?«

Ich wünsche mir meine boshafte Attitüde zurück, aber da ist kein Grinsen, das an meinen Lippen zieht, weil ich immer noch angespannt bin. Und irgendwie geil. Eine beschissene Mischung. »Ich finde dich interessant. So jemanden lässt man nicht einfach ziehen.«

»Also bist du ein Stalker?«

Er ist immer noch so gleichgültig wie ein verdammter Stein. Ich komme ihm näher und wünschte, ich könnte tiefer auf ihn hinunterblicken, aber dummerweise ist er fast so groß wie ich selbst. Und anscheinend fast genauso alt. Vorhin hat er irgendwie jünger gewirkt. Er hat nicht einmal wirklich unrecht. Ich kann schon zu einem Stalker werden, wenn jemand mein Interesse geweckt hat. Allerdings wirkt er nicht so, als würde ihn das sonderlich beunruhigen, was mir wiederum ein bisschen meiner Gelassenheit zurückgibt. »Vielleicht. Willst du es herausfinden?«

»Nicht wirklich.«

»Aber irgendeinen Grund musst du ja gehabt haben, um dich zusammenschlagen zu lassen. Das wird morgen sicher nett aussehen.«

Er hebt träge die Schultern. »Ich wollte es ausprobieren, mich ein bisschen abreagieren. Das macht doch jeder dort.«

»Ja, aber keiner von denen behauptet danach felsenfest, dass er nicht mehr wiederkommt. Sie alle kommen früher oder später wieder, weil sie den Kick genossen haben.« Vielleicht versucht er es zu verhindern, aber sein sichtbares Augenlid zuckt flüchtig, parallel zu seinem Mundwinkel. Ertappt. Was ich allerdings mit dem Wissen anfangen soll, weiß ich noch nicht recht. Mir eigentlich egal, warum er dort gewesen ist. Mich interessiert mehr, was in den nächsten Minuten, vielleicht Stunden passieren könnte. Ich komme ihm zuvor, als er noch nach einer Antwort sucht, indem ich mich nahe bei ihm an das Geländer lehne und mich etwas zu ihm beuge. Er riecht gut. »Nun … mir eigentlich auch egal. Hast du noch was vor heute Nacht?«

Er dreht mir sein Gesicht zu, öffnet den Mund, schließt ihn dann aber wieder und sein Mundwinkel zuckt. Dass ein Schaudern über seinen Rücken wandert, kann er nicht so gut verbergen wie den Rest. Dann lacht er tatsächlich leise auf und hebt die Schultern. »Nein, eigentlich nicht wirklich.«

Ich bin zufrieden. »Schön. Das wollte ich hören.«

-

Wir landen bei mir, nachdem wir in einer Bar was getrunken haben. Er Whiskey, ich Wasser. Viel haben wir nicht miteinander geredet, dafür ein paar Partien Billard gespielt. Etwas, worin ich nicht wirklich gut bin. Er hat vier von fünf Spielen gewonnen. Es hat ihn etwas aufgelockert und er ist mutiger geworden. Jetzt ist es weit nach Mitternacht und ich spüre seinen Atem in meinem Nacken, als ich meine Haustür aufschließe und sie ihm aufhalte. Bullseye. Das ist der Name, den er mir in der Bar genannt hat. Ich glaube nicht, dass das sein richtiger Name ist, aber wen interessiert das schon? Wenn ich einmal weiß, wie er schmeckt, wie er riecht, dann werde ich ihn überall finden können, sollte mir nach einem Wiedersehen sein, selbst wenn ich seinen Namen nicht wüsste. Ich folge ihm und gehe die Treppe nach oben. Wenn er überrascht davon ist, dass ich in dieser heruntergekommenen Pension lebe, dann lässt er es sich nicht anmerken. An der Rezeption sitzt niemand mehr. Die Anwesenheit eines solchen Verantwortlichen ist eher rar, was nicht schlecht ist. Niemand stellt hier Fragen. Ich kann tun und lassen, was ich will. Und wenn hier mal jemand schreit, dann interessiert es auch keinen. Wie geschaffen für mich und meine doch eher zwielichtigen Machenschaften. Meinem Zimmer sieht man davon nicht viel an, auch wenn hier immer ein leichter Geruch von Blut in der Luft liegt, aber wenn er für mich schon nur ein Hauch ist, wird er ihm vollkommen verborgen bleiben, also kein Grund zur Sorge. Ich lasse ihn rein, schließe die Tür und lehne mich gegen sie, beobachte, wie er sich im Flur umsieht und sich dann die Schuhe von den Füßen schiebt.

Dann dreht er sich um. »Willst du deine Jacke nicht ausziehen?«

»Lass mich die Aussicht noch ein bisschen genießen.«

Von draußen scheint das Licht der Straßenlaternen durch das Fenster und umhüllt seine Silhouette mit einem blassen Schimmer. Bullseye dreht sich ganz zu mir um, schiebt dann die Hände in die Hosentaschen und grinst leicht. »Ach … du willst nur schauen?«

Nein …

Definitiv nicht.

Ich bin schon bei ihm, als meine Lederjacke zu Boden gleitet und greife nach seinem Hals, um ihn direkt gegen die Flurwand zu drücken. Ich kann seinen Puls fühlen, der ein wenig schneller wird, während ich ihn ansehe und schließlich mit dem Blick an den Lippen hängen bleibe. Beim Billardspielen hat er sich die ganze Zeit vor Konzentration über sie geleckt und ich habe mich mehr und mehr gefragt, wie sie sich auf meinen anfühlen. Trotzdem zögere ich. Dieser Ausdruck in seinem Auge jagt mir immer noch eine Gänsehaut über den Rücken. Was ist das nur? Was hat er an sich, was ihn so anders macht als all die anderen Männer, die ich bisher in meinem Bett hatte.

»Du hast mir immer noch nicht gesagt, wer dich ausgebildet hat«, hauche ich vielleicht ein bisschen zu leise und ein bisschen zu beeindruckt. Er bleibt gelassen, dabei ist mein Griff nicht gerade zimperlich. Entweder hat er keine Angst vor dem Tod oder er ist ziemlich töricht. Ich glaube nicht, dass Letzteres der Fall ist.

»Meinst du nicht, dass wir in der Bar genug Zeit hatten, um darüber zu reden?«, stellt er die Gegenfrage.

Er stemmt sich gegen den Griff und drängt seine Lippen gegen meine, hindert mich so an einer saloppen Antwort und jagt mir dafür einen hitzigen Schauer durch den Körper. Meine Hand löst sich von seiner Kehle, wandert hinunter zu der anderen und gemeinsam ziehen sie seine Hüften näher an meine. Er schmeckt nach dem Whiskey, den er getrunken hat, nach Zigaretten und mehr. Ich zerre den dünnen Stoff seines Sleeves nach oben, schiebe die Finger unter den Bund der Jeans und lege sie auf den festen Po. Reiner Muskel. Ich dränge mein Bein zwischen seine und lausche dem leisen Zischen, das ihm entweicht bei der direkten Reibung. Vielleicht lasse ich ihn doch leben. Es wäre eine Schande, jemanden mit so viel Potential einfach zu töten. Das werde ich ein bisschen verschieben. Vielleicht ist er ja jemand, der mich …

Der Gedanke löst sich in Wohlgefallen auf, als seine Hände ebenfalls wandern. Die eine kratzt über meine Haut. So fest, dass ich es spüre und sogar ein bisschen meines Blutes rieche. Die andere ist so schnell in meiner Hose, das mein Atem kurz stolpert. Er weiß, was er tut, dabei dachte ich zwischenzeitlich nicht, dass er wirklich Interesse an Männern hat. Das hier ist ein Risiko gewesen und es hat sich verdammt nochmal gelohnt. Ich sinke etwas gegen ihn, als er meine Eier massiert und seine Zähne in meinen Hals gräbt. Nein … scheiß auf Vorspiel! Ich zerre Bullseye von der Wand weg und dränge ihn in Richtung meines Bettes, schubse ihn auf das Laken und folge direkt. Er ist so wunderbar warm und öffnet die Beine, auch wenn ich viel zu kurz über ihm bin. Er verhakt sein Bein an meinem, drückt gegen die Schulter auf der anderen Seite und schon liege ich. Er ist … schnell. Und verdammt gut. Das Spiel kann ich auch spielen. Das Bett ächzt und knarzt, als wir uns auf ihm wälzen, miteinander rangeln und irgendwie mehr und mehr Sachen los werden. Irgendetwas reißt. Mein Tanktop. Da halte ich für ein paar wenige Atemzüge lang ganz still. Geplant war das nicht, auch wenn ich damit hätte rechnen sollen. Ich hasse es, wenn Leute mir Fragen stellen, warum mein Oberkörper voller Narben ist. Doch über seine Lippen kommt kein Ton, als er seine Hand über die unebene Haut schickt. Sein Ziel ist die Hose, nicht die Suche nach Schwachstellen in meiner unerschütterlichen Fassade. Dass er sie gerade damit sehr wohl findet, ist ihm hoffentlich nicht bewusst. Ein neuer Kuss lenkt mich von dem kurzen Gedankenchaos ab, ebenso seine Hand, die meine Hose so weit nach unten schiebt, dass er wieder an meinen Schwanz kommt, ihn aufrichtet und zu reiben beginnt. Er ist so … ausgehungert. Das wird mir bewusst, als er sich tiefer kratzt und beißt, als wüsste er ganz genau, worauf ich stehe. Scheiße … er ist nicht ein guter Kämpfer, sondern auch noch ein ziemlich guter Beobachter. Er muss bemerkt haben, dass jeder Schlag, den ich eingesteckt habe, mir verdammt gut gefallen hat, deswegen hält er sich nicht zurück. Schade nur, dass sein Kopf nahezu kahl rasiert ist. Nichts, in das ich meine Finger krallen kann, als er anfängt, mir einen zu blasen. Mein Stöhnen klingt schon viel zu rau und mein Kopf sinkt über die Bettkante, als ich den feuchten Geräuschen lausche, die seine Zunge verursacht. Shit … ich sollte echt nicht so passiv sein. Das passt nicht zu mir, aber ich will das auch nicht aufgeben. Er versucht sogar, mich ganz zu schlucken. Da hebe ich den Kopf doch, stemme mich auf die Ellenbogen und sehe ihm zu. Mein Schwanz ganz nass von seinem Speichel und ein dunkler Schimmer auf seinen Wangen.

»Du hast noch zu viel an«, knurre ich, richte mich auf und wälze ihn auf das Laken zurück. Küssen. Ich reiße die Augenbinde von seinem Kopf und werfe sie irgendwo in den Raum, ehe ich mit seiner Hose das gleiche mache, auch wenn ich mich dafür lösen muss. Als er endlich nackt unter mir liegt, wird mir noch heißer. Er ist verdammt gut gebaut, was sein kämpferisches Können erklärt. Er hat definitiv eine harte Ausbildung genossen. Das sind keine Muskeln, die man im Fitnessstudio bekommt. Sie stammen vom Laufen, vom Handhaben schwerer Gegenstände - vermutlich Waffen - und vielleicht auch von irgendeiner Kampfsportart. Vermutlich Taekwondo. Randwahrnehmungen, als ich mich zwischen seine Beine dränge und mich an seinem Schwanz reibe, der zu zucken beginnt, weil sich seine Arme um mich schlingen und seine Küsse zu Bissen werden. So weit ist er schon. Widerwillig löse ich mich von ihm, strecke die Hand nach meinem Nachtschrank aus und krame in der Schublade nach dem Gel und Kondomen. Beides landet in der Nähe des Kissens.

»Dreh dich um …«, fordere ich leise, aber das entlockt ihm nur ein Schmunzeln.

»Ich bin nicht aus Watte«, stellt er klar, aber seine Stimme klingt dabei schon so belegt, dass sich noch mehr meines raren Blutes in meinem Schwanz sammelt. Ich werde ihm diese Flausen aus dem Hirn ficken. Fahrig öffne ich die Tube und drücke eine Ladung auf meine Finger, ehe ich mich wieder über ihn beuge. Er kratzt über meinen Rücken, als ich die Hand zwischen seine Beine schiebe, den Muskelring einschmiere und eindringe. Er zischt leise, verspannt sich etwas, doch ich verschließe seine Lippen wieder, sauge mich fest und drücke meinen Daumen gegen seinen Damm. Er kann sich mehr und mehr darauf einlassen, bis er das erste Mal meinen Namen keucht und mich wissen lässt, dass ich verdammt noch einmal zur Sache kommen soll.

Er ist wirklich verdammt gut …

So jemandem bin ich schon eine Weile nicht mehr begegnet. Die meisten sind so fasziniert von mir, dass ich mit ihnen machen kann, was ich will, ehe ich mir nehme, was ich brauche. Ihr Blut. Wie nebensächlich dieser Wunsch danach geworden ist in den letzten Stunden. Ich weiß nicht, ob ich das interessant oder beunruhigend finden soll, aber als ich nach Überziehen des Kondoms nach seinen Oberschenkeln greife und sie in Richtung seines Körper drücke, um seiner Forderung nachzukommen, ist das nicht mehr wichtig. Er ist so eng und heiß, dass ich das Gefühl ein wenig genießen will und ganz still halte. Seine Finger arbeiten an meinen Schulter, kratzen über die Haut und suchen nach Halt. Ich beuge mich tiefer und seine Arme schlingen sich um meinen Körper, seine Schenkel drängen sich an meine Flanken und unsere Lippen treffen sich wieder. Er zittert ein wenig, atmet dann aber bewusster und ich bewege mich.

Er ist wirklich nicht aus Watte. Das Stöhnen klingt nur am Anfang noch etwas verzerrt, doch dann wird sein Atmen schneller und rauer. Sein Keuchen ungehaltener. Jetzt lässt er sich richtig fallen, verliert die Kontrolle, die ihn offenbar in so gut wie jeder Lebenslage und in jedem einzelnen Moment anhängt. Nicht in diesem. Als er mich reitet, gewinnt er einen Funken zurück, denn er hält meine Hände davon ab, ihn noch zusätzlich zu stimulieren, dabei hüpft sein Schwanz so einladend auf und ab, während seine Hüften kreisen. Der Anblick macht mich unglaublich an. Wenn er so weitermacht …

»Fuck … schalt mal einen Gang … runter …«, keuche ich hilflos, als er meine Hände auf das Laken pinnt und sich selbst an meinem Bauch reibt, während ich irgendwann schon einmal gekommen bin. Wie er sich bewegt, wie er klingt und riecht, wie er schmeckt. Zu viele Reize und sie werden immer intensiver, je länger das hier dauert. Dem kann ich nichts entgegensetzen. Damit hat er mich abermals eiskalt erwischt. Und als er kommt und dabei über meinen Bauch spritzt, lasse ich den Kopf abermals sinken und erlebe einen weiteren Höhepunkt. Er lässt sich auf mich fallen, verwischt die Spuren und beißt träge in mein Kinn.

»Hm … das war doch ganz nett …«

Ich verdrehe hinter geschlossenen Lidern die Augen. »Ich schwöre … wenn du noch einmal irgendetwas als nett bezeichnest, bringe ich dich um.«

»Nett …«

Jeder Widerstand ist zwecklos. Ich kann beim besten Willen nicht mehr. Blinzelnd orientiere ich mich. Dieses Bett ist groß, aber die Position auf ihm gefällt mir trotzdem nicht. »Bleibst du?«

»Klar … ich habe keine Lust mehr, jetzt noch nach Hause zu gehen. Das ist viel zu weit weg von hier.«

»Cool …«

Träge schiebe ich ihn von mir und rücke ihn zurecht, sodass sein Kopf auf dem Kissen liegt, ehe ich über ihn hinweg nach den Taschentüchern greife und erst ihn, dann mich sauber mache, bevor ich das Kondom abziehe, verknote und vom Bett werfe. Dass ich so schrecklich geschafft bin, liegt nicht nur an ihm. Ein Blick aus dem Fenster zeigt einen heller werdenden Horizont. Wir sind wirklich lange in der Bar gewesen und ich habe kein einziges Mal auf die Uhr gesehen. Das spricht für ihn und als er so neben mir liegt und das Auge schließt, wünsche ich mir fast, dass das hier nicht nur eine einmalige Sache bleibt. Aber wann läuft in meinem Leben schon mal etwas so, wie ich es gern hätte?

Nie.

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