Adventskalendertürchen: 13/24
Fandom: Original
Characters: Mischa & Vinc (©
Sam)
Widmung: für Sam
Genre: drama, angst, hurt/comfort, romance
Rating: P-12
Note: Fortsetzung von Türchen Nr. 1. Die beiden sind zu tragisch, um nicht noch weiter über sie und diesen Moment zu schreiben.
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Seine Erinnerungen schienen ihm einen Streich spielen zu wollen. War es wirklich so lange her, dass er hier gewesen war oder warum wirkte das Haus so viel größer als vorher? Mischa überlegte kurz, ob er den Mantel ausziehen sollte, doch er fror noch immer bis zu den Knochen. Etwas verloren sah er sich um. Nichts hatte sich verändert. Es wirkte alles nur … trostloser. Leblos. Er verlagerte flüchtig seinen Fokus, als Vinc an ihm vorbei trat und sich vor den Kamin kniete, um ihn anzumachen. Wegen ihm? Mischa öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Vinc erklärte sich schon von selbst.
»Wollte ihn gerade anmachen, als ich euch wahrgenommen habe.«
»Ach so …«
Mischa wünschte sich seine sonst so große, sehr gesprächige Klappe zurück, aber ihm will einfach nichts Sinnvolles einfallen. Es gibt so viel zu sagen, aber keiner von ihnen tut es. Das tut fast mehr weh, als die Dinge, die passiert sind.
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Er war lange nicht mehr so überfordert mit einer Situation gewesen. Das letzte Mal war auch ihr letzter Kontakt überhaupt gewesen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war - und das war er bei Gott nicht oft - war es immer der Tscheche gewesen, der ihn mit Situationen konfrontiert hatte, die fremd und manchmal auch etwas beängstigend gewesen waren. Dass der Kerl jetzt wie aus dem Nichts hier auftauchte und ihn besuchte, war trotzdem das bisher schlimmste. Wie sollte er sich verhalten? Was sollte er sagen?
Als im Kamin ein kleines Feuer zu prasseln begann, erhob er sich wieder und steuerte die Küche an, um ihnen Kaffee zu machen. Außerhalb von Mischas Sichtfeld zog er, während der Wasserkocher lief, sein Handy aus der Hosentasche. Dass seine Finger zitterten, wurde ihm erst beim Schreiben der SMS bewusst und er zwang sich dazu, runterzukommen, auch wenn das nicht sehr erfolgreich war.
Chris, Mischa ist hier. Was zum Henker soll ich jetzt machen?
Das war kurz und brachte die Sache auf den Punkt. Er konnte sich gut vorstellen, wie sein bester Freund die Nachricht las, sie mit großen Augen für einen Scherz hielt und ihn ewig mit einer Antwort hinhalten würde. Aber er irrte sich. Das Wasser kochte und sein Handy vibrierte. Er goss erst die Tassen auf, ehe er die Nachricht überflog.
Tief durchatmen und durch. Verhalte dich einfach erwachsen. Kriegst du hin, oder?
Das war erschreckend wenig hilfreich und schürte den Verdacht, dass Chris es bereits gewusst hatte.
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Er rückte unbewusst näher ans Feuer und gleich wieder von diesem weg, weil auf dem kleinen Teppich vor den Flammen Dinge passiert waren, an die er sich nicht erinnern sollte und doch … konnte er kaum etwas dagegen tun. Dieses ganze Haus konnte Geschichten erzählen. Vor allem von ihrem Liebesleben. Mischa schloss die Augen und wollte in seinem Mantel verschwinden, aber natürlich ging das nicht.
Er fühlte sich noch immer schrecklich. Die Zeit, die Vinc in der Küche verbrachte, reichte nicht, um endlich zu wissen, was er sagen sollte. Das überraschte ihn nicht. Was sagte man in Situationen, die man sonst immer so strikt vermied? Was sagte man zu einem Menschen, den man liebte und doch verlassen hatte?
Dafür gab es keine Entschuldigung und keine Erklärung.
Dass er einfach so war, zog nicht mehr. Nicht mal er glaubte noch daran.
Als Vinc zurückkam und ihm eine dampfende Tasse in die Hand drückte, bedankte er sich leise und starrte dann weiter ins Feuer, während Vinc auf dem Sofa hinter ihm Platz nahm.
Das Schlürfen blieb aus. Auch er selbst blickte auf das dunkle Gebräu hinunter, ehe er zögerlich einen Schluck nahm und sich wärmen ließ.
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Sie sollten beide auf dem Sofa sitzen, dachte sich Vinc, während sein Blick an Mischas Rücken festklebte. Der Ältere hatte sich verändert. Die Haare waren wieder kurz, das Septum war verschwunden und von einem dünnen Augenbrauenpiercing ersetzt worden. Auch allzu dünn sah Mischa nicht mehr aus, aber das konnte Einbildung sein, schließlich trug er den Mantel noch.
»Willst du ihn nicht ausziehen?«
Der Tscheche drehte leicht den Kopf. »Was?«
»Deinen Mantel - willst du ihn nicht ausziehen?«
»Hm …«
Ein Nicken folgte. Mischa stand auf, öffnete den Mantel und lief von selbst in den Eingangsbereich, wo er den Mantel an die Garderobe hing. Schmale, dunkle Röhrenjeans und ein schrecklicher, knallgrüner Hoodie. Auch die Boots streifte er sich von den Füßen. Vinc ertappte sich selbst dabei, wie er starrte und blickte hastig wieder auf den Kaffee hinunter. Im Schneidersitz ließ sich Mischa wieder vor dem Feuer nieder, dieses Mal aber mit dem Gesicht zum Sofa.
»Vinc … ich …«
Immerhin ein Anfang. Wenn auch kein sehr aussagekräftiger.
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Die Tasse, die er fest mit den Händen umschloss, würde ihn nicht retten. Sie sorgte nur dafür, dass wieder Wärme in seine kalt gewordenen Finger zurückkehrte. Das war auch schon alles. Er nahm einen weiteren Schluck und stellte sie dann in seinen Schoß, ohne sie loszulassen, um Vinc anzusehen. Er erinnerte sich an die Zeiten, in denen sie auf diesem Sofa gelümmelt und gezockt hatten - breitbeinig und ohne sich um die Welt draußen zu scheren.
Jetzt saß Vinc nach vorn gebeugt da, hatte die Arme auf seinen Oberschenkeln und die Tasse wie er selbst mit allen Fingern umschlossen. Und ihre Blicke trafen sich. Vinc erwartete, dass er weiter sprach, aber … Mischa wusste nicht wie.
»Ich … weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich anfangen soll. Ich habe nicht damit gerechnet, dass du mir tatsächlich die Tür aufmachst. Ich habe also nicht weiter gedacht. Dumm, hm?«
Er schmunzelte etwas hilflos und presste die Lippen aufeinander. Seine Augen fingen schon wieder an zu brennen, aber das konnte er hier einfach nicht bringen. Er musste standhaft bleiben, sonst machte er sich lächerlich.
Das hast du doch schon längst.
Ja, das stimmte vermutlich.
Als Vinc nicht antwortete, sprach Mischa weiter, auch auf die Gefahr hin, sich hier unglaubwürdig zu machen. Er konnte verstehen, wenn Vinc ihm kein einziges Wort glauben würde.
»Ich bin so gut in manchen Dingen, aber hier versage ich völlig. Aber ich habe gewusst, dass es schwer wird.«
Er holte tief Luft und konnte doch nicht mehr verhindern, dass einige Tränen sich lösten.
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Jedes dieser Worte war wie eine siedend heiße Klinge, die sich in sein Herz bohrte. Schon jetzt wollte Vinc gar nicht mehr hören und doch blieb er sitzen, sagte nichts, sondern hörte zu, während er verzweifelt versuchte, sich von den Tränen nicht anstecken zu lassen. Ihm war immer alles egal gewesen.
Alles.
Nur Mischa nicht.
Und das wurde ihm gerade schwer zum Verhängnis. Irgendein winziger Teil in seinem verzweifelten Kopf wollte aufstehen und den Anderen fest in die Arme schließen, um sich zu vergewissern, dass das hier nicht nur ein wirrer Traum war. Von denen hatte er so einige gehabt, nachdem Mischa gegangen war und sie hatten seinen allgemeinen Geisteszustand nicht sonderlich verbessert. Sie hatten ihn nur erfolgreich daran gehindert, den Tschechen aus seinen Erinnerungen zu verbannen.
»Du hast mir eine Heidenangst eingejagt, als du mir den Antrag gemacht hast.«
Ja … er selbst hatte auch riesige Angst davor gehabt, ihn überhaupt zu machen, aber es war eben alles perfekt gewesen. Ihre Beziehung, das gemeinsame Haus. Alles, was gefehlt hatte, war der gleiche Nachname - das Versprechen, für immer füreinander da zu sein. Er war so naiv gewesen und hätte es besser wissen müssen.
Jemanden wie Mischa schob man keinen Ring an den Finger.
»Ich hatte auch Angst«, sagte Vinc deshalb leise. »Aber … es hätte mir klar sein müssen. So endet es immer, wenn ich jemandem sage, was ich für ihn empfinde.«
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Der Kaffee in der Tasse bildete zittrige Ringe. Dann durchbrach ein einzelner Tropfen die Oberfläche und riss Mischa aus seiner Starre. Fahrig wischte er sich mit er Hand über die Augen. Mit diesen Worten hatte er gerechnet. Es hatte damals so ewig lange gedauert, bis sich Vinc dazu bereit gefühlt hatte, ihm zu sagen, dass er ihn liebte. Und es hatte ihn so gefreut. Er war nie glücklicher gewesen. Doch dieses ewige Versprechen - es war ihm einfach nicht möglich gewesen. Er wäre doch auch so bei Vinc geblieben, schließlich hatte er seitdem niemanden mehr an sich herangelassen, außer den Bastard, der ihn hergebracht hatte und das auch nur, um Bedürfnisse zu befriedigen und nicht weil er Killua liebte.
Das tat er irgendwie, aber es war nicht die Liebe, die er für Vinc empfand. Er fühlte sich da eher wie der große Bruder, der seinen kleinen Bruder im Auge behalten musste, was dem sexuellen Aspekt ihrer Beziehung fast schon eine makabere Note verlieh. Aber er sollte besser aufpassen, wohin seine Gedanken wanderten.
»Ich … habe nie gesagt, dass ich dich nicht mehr liebe.«
»Stimmt … du hast gar nichts gesagt. Du bist einfach gegangen.«
»Ja … und es tut mir leid. Ich hätte mir dir darüber reden sollen, anstatt wegzulaufen. Ich kenne das nicht anders. Ich … ich bin immer vor allem weggelaufen.«
»Und ich bin ein Teil dieses vor allem weglaufen.«
Mischa sah auf, öffnete den Mund, aber kein Ton kam über seine Lippen. Deswegen schüttelte er den Kopf. Etwas verzweifelt vielleicht. Er war so voller widersprüchlicher Gefühle.
»Bist du nicht. Zu dir bin ich zurückgekommen.«
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Schweigen legte sich über sie. Mischa war zurückgekommen - ja. Doch was bedeutete das für ihn? Was bedeutete es für sie? Gab es das überhaupt noch? Wollte er, dass es das gab?
Vinc war nahe dran, Chris ein weiteres Mal zu schreiben, ließ es aber. Sein bester Freund hatte von solchen Dingen doch auch keine Ahnung und war froh, wenn man ihn damit in Ruhe ließ. Er musste viel durchmachen, nachdem Mischa verschwunden war. Die vielen Zuwendungen, die er gar nicht gewollt hatte, die Vinc aber irgendwie gebraucht hatte, weil er sie von Mischa gewohnt gewesen war. Nein … er konnte Chris nicht schreiben. Damit musste Vinc allein fertig werden, auch wenn er keinen blassen Schimmer hatte, wie er das anstellen sollte. Sein Herz schrie immer lauter danach, Mischa einfach in die Arme zu schließen und ihm zu sagen, dass es okay war.
Doch das war es nicht. Da wehrte sich Vinc' Verstand vehement.
»Ich … freue mich, dass du hier bist«, gab Vinc leise zu. »Auch wenn ich wünschte, du hättest es nicht getan.«
Was eine Lüge war. Das hier war um einiges besser als die nagende Ungewissheit. Viel besser und doch annähernd so furchtbar.
»Ich … kam mit dem Vorhaben her, mich zu entschuldigen.« Mischa zitterte nun sichtbar, auch wenn er nahe am Feuer saß. Das war nicht mehr die Kälte. Vinc' Brustkorb schien um einiges enger zu werden und seine Hände schlossen sich fester um die Tasse. Der Inhalt vibrierte. »Jetzt … würde ich dir am liebsten einfach nur sagen, dass ich nie aufgehört habe, dich zu lieben und dass ich dir niemals so weh tun wollte, aber … das spielt vermutlich keine Rolle mehr. Ich … ich kann verstehen, wenn du mir das nicht verzeihst. Ich würde mir auch nicht verzeihen.«
Vinc schluckte. Er konnte es Mischa nicht verzeihen, da hatte der Kerl ganz recht. Aber ein Teil von ihm wollte das. Wollte, dass alles wieder gut war, aber wie lange würde es Mischa dann aushalten, bis er wieder verschwand?
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Sein Fluchttrieb kehrte zurück, dabei wollte er hier nicht weg. Nicht wieder … einfach so. Aber er wusste einfach nicht weiter. Kurz war da der Gedanke, Killua zu schreiben, um ihn um Rat zu fragen, aber wie hilfreich war der Kerl in so einer Situation? Der war ja genauso idiotisch, was derlei Dinge anging.
Er fühlte sich wie das Häufchen Elend, das er war und er wurde dieses verdammte Zittern nicht los. Vinc sah es scheinbar, denn er rückte etwas auf dem Sofa herum und nickte neben sich.
»Komm mit aufs Sofa. Dort auf dem Boden wird es nicht wärmer, auch wenn du am Feuer sitzt.«
Irgendetwas in Mischa schrie Nein, aber sein Körper gehorchte nicht. Er stand langsam auf und näherte sich der Couch, um sich hinzusetzen. Es war tatsächlich wärmer, aber das Zittern hörte trotzdem nicht auf. Vinc so nahe zu sein, fühlte sich so richtig an, aber er konnte nichts tun. Das stand ihm einfach nicht zu. Da der Kaffee nicht mehr ganz so heiß war, konnte er ihn stetig austrinken und weiter darauf warten, dass Vinc etwas zu seinen Worten sagte. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an.
»Ich … weiß nicht, ob ich das kann, Mischa. Du hast mich einfach zurückgelassen. Ich wusste nicht, warum. Ich habe mich wie das letzte Arschloch gefühlt, weil ich ewig mit dir zusammen sein wollte. Ich habe nichts mehr auf die Reihe bekommen, mich bei Chris ausgeheult und ständig darüber nachgedacht, was ich falsch gemacht habe. Ich habe mich nie in meinem Leben so erbärmlich gefühlt und eigentlich war mein Leben schon immer … erbärmlich. Du verlangst viel.«
Mischa zog die Beine an den Körper und starrte seine Knie an. »Ich … habe nichts von dir verlangt. Ich habe nur gesagt, dass ich verstehen kann, wenn du mir nicht verzeihst. Ich … ich kann nichts von dir verlangen. Ich bin schließlich Schuld an allem und habe dazu kein Recht. Ich … ich wollte nur, dass du weißt, dass … ich nicht aufgehört habe, dich zu lieben. Ich … ich tue es immer noch. Du bist der einzige Mensch, den ich jemals so geliebt habe.«
Noch mehr Tränen. Noch mehr jämmerliches Zittern. Da hilft auch der Kaffee nicht mehr, oder die Tatsache, dass er sich so klein wie möglich macht.
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Seine Augen schlossen sich. Nun … es tat gut zu wissen, dass er immer noch von dem Tschechen geliebt wurde. Sein Herz setzte einen Schlag lang aus und pochte danach schneller weiter. In seinem Bauch rumorte es und das war nicht der Hunger, auch wenn er sonst omnipräsent war. Alte Gefühle, die neu entflammten. Aber es tat weh. Tief in ihm drinnen schmerzte das alles so sehr, dabei wollte er nichts mehr, als Mischa in den Arm zu nehmen.
»Mischa …«
Er sah neben sich, betrachtete den Mann, den er noch immer viel zu sehr liebte und das, obwohl er ihm so weh getan hatte. Das musste … irgendetwas bedeuten, nahm er an. Vinc konnte einfach nicht mehr. Er gab dem Schreien in seinem Inneren nach. Fahrig stellte er die Tasse auf den Boden, drehte sich hab und streckte die Hand aus, aber … sie blieb in der Luft hängen. Mischa drehte den Kopf, ihre Blicke trafen sich.
»Ich … sollte Killua anrufen«, murmelte das Häufchen Elend und leerte die Tasse. »Ich … komm dich wieder mal besuchen. Ich bleibe wohl vorerst in den Staaten. Killua scheint es hier ganz gut zu gefallen und … du weißt ja, dass ich immer ein Auge auf ihn haben muss.«
Vinc … wollte nicht, dass Mischa ging, doch er zog seine Hand zurück und nickte langsam.
»Das … wäre schön. Ich bin … eigentlich immer hier.«
Er sah dabei zu, wie Mischa die Tasse wegstellte, sein Handy aus der Hosentasche zog, schnell eine Nachricht tippte und dann aufstand. Der Hoodie biss wirklich in den Augen, dabei war der Raum nur vom Kaminfeuer erleuchtet. Im hellen Licht würde er ihm vermutlich das Augenlicht rauben, aber … so war Mischa. Er konnte auch komplett in schwarz herumlaufen, so wie er selbst, und würde heller strahlen als die Sonne. Auch er erhob sich und folgte dem Älteren langsam in den Flur, beobachtete wie Mischa sich die Schuhe wieder anzog und …
Er stand viel zu nahe.
Als sich Mischa wieder aufrichtete, waren nur Zentimeter zwischen ihnen. Vinc wollte es sagen. Die Worte kitzelten auf seiner Zunge. Er hob noch einmal die Hand, berührte Mischas Arm.
»Mischa … ich …«
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Vinc … musste nicht weiter reden. Mischas Lippen bebten. Er machte diesen letzten Schritt und sank gegen die Brust des Anderen. Dann schluchzte er leise auf und ließ ganz los, als sich Vinc' Arme um ihn legten. Erst zögernd, dann immer fester, bis Mischa kaum noch Luft bekam. Aber das war nicht schlimm. Ganz im Gegenteil. Der vertraute Geruch des Anderen umhüllte ihn. Vinc' Wärme übertrug sich auf seinen Körper und … es hörte einfach nicht auf. Mischa krallte seine Finger in den schwarzen Pullover und weinte. Soweit hatte er es gar nicht kommen lassen wollen, aber gegen solche Gefühle konnte man scheinbar nicht machen. Er hatte sich nie so hilflos und gleichzeitig erleichtert gefühlt. Dafür, dass er kaum Gefühle zuließ, herrschte jetzt ein ganz schönes Chaos in ihm. Aber es war mehr Gutes als Schlechtes. Es fühlte sich so unglaublich gut an, von Vinc umarmt zu werden, auch wenn Mischa noch immer glaubte, das nicht verdient zu haben.
»Vinc … du hast mir gefehlt. Du … du glaubst nicht wie sehr …«
»Shht … danke, dass du mir sagst.«
»Ich habe so viele Fehler gemacht …«
»Hast du …«
Der Druck wurde noch stärker. Mischa konnte Vinc' Atem an seinem Hals spüren und ihm wurde wärmer. Er wollte so gern einen Kuss. Aber das wäre zu viel, nicht wahr? Viel zu viel. Außerdem schien Vinc ihn in nächster Zeit nicht loslassen zu wollen und das war gut. Mischa wollte auch nicht, dass er ihn losließ.
Es ging so weit, dass irgendwann ein Motor zu hören war. Er kam näher und dann … entfernte er sich wieder. Killua fuhr wieder. Er nahm mehr wahr, als sie beide zusammen, nahm Mischa an. Er fuhr sich mit der Zunge über die zitternden Lippen und drückte sich etwas weg. Ihre Wangen strichen aneinander entlang, als etwas Abstand zwischen sie kam und als sich ihre Blicke trafen, war da so viel in Vinc' Blick, das vorher nicht dagewesen war und Mischa konnte einfach nicht anders. Auch auf die Gefahr hin, den Moment wieder kaputt zu machen, streckte er sich die paar Zentimeter nach oben und berührte sanft die Lippen des Anderen. Kurz nur, flüchtig. Dann lehnte er seine Stirn an die kühle von Vinc und lächelte zaghaft.
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Der Kuss überforderte ihn noch mehr. Und trotzdem … überwand Vinc die Distanz noch einmal, fester, verzweifelter. Er hatte mitbekommen, dass Killua wieder gefahren war. Was bedeutete das? Dass Mischa noch ein bisschen länger bleiben würde …
Und er würde ihn nicht mehr loslassen.
Er musste doch sicher gehen, dass er das hier nicht nur träumte.
Er glaubte es immer noch nicht.
Mischa war hier. Er hielt ihn im Arm. Seine Lippen kribbelten noch etwas von dem Kuss, seine Arme fühlten sich langsam taub an und trotzdem. Er würde Mischa nicht loslassen. Er wollte nicht, dass er ging. Es war zu lange her, dass er die Wärme seines Freundes gespürt hatte. Um nichts in der Welt wollte er diesen Augenblick aufgeben.