Normalerweise blogge ich nicht über meinen alltäglichen Bewerbungsfrust. Es reicht, dass ich selbst darunter leide. Aber diese Geschichte hier, gehört zumindest in eine bescheidene Öffentlichkeit.
Ich hatte mich Mitte Januar auf folgende Anzeige gemeldet:
EMMA sucht eine Nachwuchsredakteurin
Sie sollten erste Berufserfahrung, Bewusstsein als Frau und Spaß am Zeitschriften-Machen haben. Vor allem aber den Elan, an dem Abenteuer EMMA prägend mitzuwirken! Bewerbungen mit Foto an:
Kurz darauf erhielt ich eine Bestätigungsmail, in der ich um Geduld gebeten wurde, da man momentan unter einem Personalengpass leiden würde.
Gut, Geduld muss man ja wohl immer haben. Doch das, was jetzt kam, empfinde ich ganz einfach als bodenlose Frechheit:
Liebe [Name],
danke für die Bewerbung bei EMMA. Leider, leider müssen wir aber absagen, da bei einem so hochprofessionell gemachten Blatt wie EMMA die professionelle Erfahrung unerlässlich ist.
Mit Dank für das Interesse
und den besten Wünschen für alle weiteren Pläne
die EMMAs
Ich antworte euch dann mal, geschätzte Geschlechtsgenossinnen:
Liebe EMMAs,
es freut mich zu hören, dass Sie offensichtlich über ein gesundes Selbstvertrauen verfügen. Ja, wir Frauen haben es ganz bestimmt nötig uns nicht unterkriegen zu lassen. Solidarität!
Allerdings betrübt es mich zu erfahren, dass Sie augenscheinlich nicht daran interessiert sind, jungen, aufstrebenden Frauen eine Hand zu bieten.
Nein, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich weiss selber, dass mir nach meinem Studium noch die Berufserfahrung fehlt und ich kann verstehen, dass ich die erst noch machen muss. Einmal ganz abgesehen davon, dass heutzutage anscheinend niemand mehr gewillt ist, jemanden ohne Berufserfahrung einzustellen und ihr damit zur nötigen Vorbedingung zu verhelfen.
Aber ich schweife ab - nein, offensichtlich hat Ihr hochprofessionelles Magazin keinen Bedarf daran, hochmotivierten Frauen zu erklären, was ihnen zu ebenso hoher Professionalität verhelfen könnte.
Mit Verlaub - Ihre Antwort klingt hochkantig arrogant. Wie konnte eine erbärmliche junge Frau nur so naiv sein, nach den Sternen greifen zu wollen und sich mit noch spärlichem Praxiswissen bei einem so hochstehenden Magazin wie Ihrem bewerben? Ihre Antwort will mir anscheinend sagen, dass ich Sie bitte nicht weiter belästigen - sondern lieber andere Idioten anbetteln soll, mir die professionelle Erfahrung beizubringen, damit ich würdig genug werde, für die Sache zu kämpfen, die sie so hochprofessionell vertreten. Ich weiss nicht, wie alt man bei Ihnen sein muss, um als "Nachwuchs" zu gelten; denn ich kenne in meiner Generation wenige, die genügend professionelle Erfahrung haben um hochprofessionell zu sein.
Wie würde es mir ergehen, wenn ich jetzt nicht eine junge Uniabgängerin wäre, sondern eine Frau, die ihre Karriere zurückgesteckt hatte um sich um ihre Familie zu kümmern? Eine, die noch zehn Jahre älter ist als ich und genausowenig professionelle Erfahrung nachweisen kann? Ist das die Art, mit der Sie Frauen ermuntern, sich für ihre berufliche Karriere zu engagieren; wenn man ihnen in einer Absage so wenig Respekt und Wertschätzung zeigt und ihre „Mängel“ so unbegründet vor die Nase knallt?
Ich will Ihnen mal etwas sagen: sich zu bewerben bedeutet, sich zu exponieren, sich auf den Präsentierteller zu stellen. Es gibt ja Menschen, die tun dies freiwillig und gerne - aber es gibt andere, die müssen sich dazu überwinden. Es ist nicht leicht, täglich Bewerbungsschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse und Arbeitsproben zusammenzustellen um dann wildfremden Leuten sinnbildlich sein Leben in die Hand zu geben, die danach über die berufliche Zukunft entscheiden - gerade heutzutage, wo der Arbeitsmarkt so hart umkämpft ist.
Und es bekümmert mich, dass ausgerechnet Sie, liebe Geschlechtsgenossinnen, die immer so sehr für die Würde des Menschen, die Würde der Frauen im Besonderen, eintreten - mir die kaltherzigste Absage von allen geschickt haben.
Wollen Sie mich junges Ding damit auf die harte Welt da draussen vorbereiten? Glauben Sie, es ergeht mir leichter, wenn ich von Ihnen eine noch schmerzhaftere Absage erhalte als von Ihren vom Patriarchat geprägten Kollegen?
Es tut mir leid, liebe EMMA, aber ich protestiere. Ihr Kampf verliert für mich damit ein Stück Glaubwürdigkeit. Denn für mich - und für hoffentlich viele junge, emanzipierte Frauen meiner Generation - zählt etwas sehr viel: eine respektvolle, menschenwürdige Behandlung. Die kann ich bei Ihnen - gerade bei Ihnen! - so nicht erkennen.
Ich jedenfalls werde meine Zukunft fernab von Ihrem Magazin suchen - und seien Sie gewarnt: ihre Absage klingt für mich auch nach einer Kampfansage. Ich werde mich melden, sollte mir etwas anderes als hochprofessionelle Handlungen Ihrerseits zu Ohren kommen.
Mit freundlichen Grüssen,
rareb
Das sagt RowenaR dazu