Das ist erstmal der letzte Beitrag über Banken und Finanzkrise. Versprochen! Oder eher... kann ich das Thema langsam nicht mehr sehen.
Das Buch von René Zeyer habe ich vor allem wegen des Titels gekauft. Die Steigerung "Bank, Banker, Bankrott" ist mir während ein paar Wochen auf dem Weg zur Arbeit immer in einem Schaufenster ins Auge gesprungen und ich fand sie jedesmal sehr gelungen. Natürlich war es auch in den Medien ausgiebig angepriesen worden - die Artikel habe ich aber nichtmal gelesen.
Der Autor ist als Kommunikationsberater im Bankengeschäft tätig und kennt die geheime Welt der Schweizer Grossbanken von ganz nahe. In seinem Buch erzählt er bissig böse Geschichten und Anekdoten von zynischen, selbstgefälligen Bankern, nutzlosen Analysten, überforderten Kundenberatern und sturzblöden, aber gierigen Bankkunden. Alle wollen nur das eine - nein, nicht *das* eine, das auch - alle wollen Geld und zwar möglichst viel!
Zeyer entlarvt in seinen gnadenlos überspitzen kurzen Episoden das PR-Geschwafel der Banken, die sinnentleerten englischen Begriffe, die keiner versteht, schon gar nicht die Banker selbst und die zu reichen Kunden, die ein paar Tonnen (Millionen) mit Börsencasino in den Sand setzen. Natürlich auf Anraten ihrer stets freundlich und kompetent wirkenden Kundenberatern, die sich an Gebühren, Kommissionen und Fees dumm und dämlich verdienen und als Jahresziel möglichst viel Umsatz generieren müssen. Umsatz, versteht sich, nicht Gewinn! Das heisst - stachle die nutzlosen, aber reichen Kunden alle paar Monate an, ihr Depot umzuschichten, verlange eine saftige Umstrukturierungsfee und zwacke davon deinen grosszügigen Bonus ab! So funktioniert ein Bankraub im 21. Jahrhundert. "Ich kann mich noch gut an die Zeiten erinnern, als in den Banken die Gangster VOR den Schaltern standen", schreibt Zeyer im Nachwort.
Sympathische Charaktere sucht man in dem Buch vergeblich und jegliches Mitleid, das man allenfalls am Anfang noch hätte haben können, verschwindet schnell bei den jammernden, selbstverliebten Goldküstenbewohnern, die sich von ihren teuren Privatangestellten alle Wünsche erfüllen lassen, kaum je einen Tag im Büro sitzen und so tun, als wären sie stets mit extrem wichtigen Tätigkeiten beschäftigt.
Wenn die reale Bankenwelt auch nur ein winziges bisschen so ist, wie Zeyer sie darstellt, dann muss sich keiner wundern, dass die Blase geplatzt ist. Die Kunden vertrauen den Beratern, die ihnen ohne Unterlass Honig ums Maul schmieren, sie mit teuren Geschenken locken (die sie indirekt mit dem eigenen Geld bezahlen) und sie mit grossen, leeren Versprechungen ködern. Die Berater vertrauen den Analysten, oder auch nicht, die das Gefühl haben, ein paar mathematische Formeln könnten das Risiko aus der Welt verschwinden lassen und die Märkte berechenbar machen.
Das Bild, das Zeyer zeichnet, ist das einer dekadenten, unmoralischen Oberschicht, die jedes Mass verloren hat und auch noch schadenfreudig auf alle anderen blickt, die es nicht bis dahin geschafft haben. Rückgrat oder Verantwortungsgefühl hat keiner davon, Geltungssucht aber alle, aufrichtig ist keiner und alle sind sie so überflüssig wie ein Kropf.
Man wusste bei diesem Buch wirklich nie, ob man lauthals lachen oder bitter weinen sollte. Zeyer schreibt mit viel Witz, mit guten, unerwarteten Pointen und sehr entlarvend. Gleichzeitig würde ich - wenn ich Geld hätte - spätestens jetzt sofort mein ganzes Vermögen von den Grossbanken abziehen. Die Frage ist einzig, wohin man es besser bringen würde. Vielleicht so: in gute Projekte investieren, die man kennt und denen man vertraut (dann weiss man wenigstens, wofür man das Geld verliert, falls man es verliert) oder es für einen guten Zweck ausgeben, hinter dem man stehen kann (dann freuen sich wenigstens solche, die es nötig haben).
Tragisch ist es hingegen für all jene von uns (zu denen leider fast die gesamte Schweizer Arbeitsbevölkerung gehört), deren Altersguthaben institutionell (via Pensionskasse) in solche Spielereien investiert wurde und wird. Wir können nur hoffen, dass Massnahmen ergriffen werden, die diese Abzockerei bremsen, bevor es zu spät ist.
Sollte man das Buch trotzdem lesen? Aber ja! Und laut über die Dummheit und Naivität der selbsternannten Masters of the Universe lachen! Man nennt es auch Galgenhumor...