Feb 05, 2010 00:23
Hallo, liebe Leser! (Ich werde im Folgenden einfach mal behaupten, dass es mehr als Einen gibt.) Wie ihr sehen könnt, schreibe ich jetzt erstmal wieder eine Weile auf Deutsch, und zwar aus einem bestimmten Grund, den ich gleich noch erklären werde.
Ich versuche momentan (mal wieder), meine Zeit ein wenig sinnvoll zu nutzen und ein bisschen zu schreiben, um meinen Stil und meine Sprache zu verbessern, die in den letzten Monaten sehr gelitten hat. Da ich an anderer Stelle damit nicht so recht voran komme, will ich es für den Anfang zunächst mit kurzen, faktischen Texten versuchen. Nun brauchte ich dafür ein Thema, über das ich auch wirklich was erzählen kann. Und nach einigem Überlegen fiel meine Wahl auf... mich. Jo.
Ich habe mir nämlich in letzter Zeit so einige Gedanken über die Zukunft und ihr unausweichliches Ende machen müssen, und mir ist dabei irgendwie aufgefallen, dass ich im Falle meines plötzlichen Todes für die Meisten, die mich kennen, nur als ziemlich großes Fragezeichen in Erinnerung bleiben würde. Und selbst die Wenigen, die wirklich etwas mehr über mich wissen, würden sich wohl dennoch an eine ganz andere Person erinnern als an die, die ich eigentlich in meinem tiefsten Inneren bin. Aber werde ich die Zeit haben, dieses innere Ich bekannt zu machen? Kann ich nicht schon heute Nacht im Schlaf aus dem Hochbett fallen und mir das Genick brechen? Und was wird dann für ein Eindruck meiner Person zurückbleiben?
Liebe Leser, in diesem Falle verlasse ich mich auf euch. Wenn mir irgendwas passieren sollte, sorgt bitte dafür, dass meine Familie und die Leute im SP-Forum das hier (und die folgenden Texte) zu lesen bekommen! Danke!
Wisst ihr, nachdem 2008 mein Opa starb, war ich mit der Familie auf seiner Beerdigung. Ich war die Einzige, die nicht in schwarz erschien. Meine Familie ist nicht besonders religiös, viele von uns hatten schon länger mit seinem Tod gerechnet und ganz offen gesagt war es für meine Oma eine große Befreiung, dass er nicht mehr da war -und letzten Endes wohl auch für ihn selbst. Ich bin ein ehrlicher Mensch. Mein Opa wusste das für gewöhnlich immer zu schätzen. Ich war mir sicher, dass er über jegliche Heucheleien in seinem Namen empört gewesen wäre. Ich hätte es als respektlos empfunden, in schwarzer Kleidung, die meiner Glaubensansicht widerspräche, zu seiner Beerdigung zu erscheinen, bei der ich nicht trauerte. Ich habe mich damals zwischen all den schwarzgekleideten Leuten so umgesehen und habe mich gefragt, ob die alle wohl bei meiner Beerdigung genauso erscheinen würden. Ich bin mir sicher, sie alle hielten es traditionsgemäß für angebracht, schwarz zu tragen, und hatten nur die ehrlichsten Gefühle für meinen Opa im Sinn. Und doch ist mir der Gedanke zutiefst zuwider, sie könnten auf meiner Beerdigung einmal genauso erscheinen. Ich lege so viel Wert auf Symbole. Es ist mir dermaßen wichtig, mir ständig über die verschiedenen Bedeutungen und Interpretationsweisen meiner eigenen Erscheinung und meines Verhaltens bewusst zu sein. Ich hoffe, dass im Falle des Falles an diesem einen Tag einmal die Anderen nach dem selben Schema verfahren. Und ich würde es wirklich als sehr ignorant und nahezu beleidigend empfinden, wenn auf meiner Beerdigung jemand in schwarz erscheint. Und womöglich noch Blumen mitbringt. Fürs Grab. Leute, falls ich morgen vom Bus überfahren werden sollte: Bitte erspart euch und mir solche unpersönlichen Routinemaßnahmen nach Schema F! Ich wäre euch wirklich sehr dankbar.
Was mich aber mindestens genauso auf jener Beerdigung abgeschreckt hat, war die Rede. Mein Opa wurde am 6. Dezember geboren, also am Nikolaustag. Der Priester (oder war es ein Pastor?) meinte jedenfalls nach einer langen, doch recht bewegenden Rede, erwähnen zu müssen, dass "der sechste Dezember sicher für jeden von Ihnen ein besonderer Tag bleiben" würde. Und ich dachte mir: Nein! Der hat das jetzt nicht im Ernst gesagt! Der hat nicht eben im Ernst gesagt, dass der Nikolaustag für uns ein besonderer Tag bleiben wird!?!
Natürlich ist mir wie jedem Anderen klar, dass die Trauerrede ein eingeübtes Standardverfahren für den zuständigen Pfarrer ist. Aber meiner Ansicht nach sollte man zumindest den Schein wahren, sie wäre aus persönlicher Anteilnahme heraus formuliert und nicht aus einem Lückentext oder Textbausteinen. DAS fand ich pietätlos. Was wird man über mich mal sagen, dass ich weiterhin einen groooooooßen Platz im Herzen meiner Angehörigen einnehmen werde? (Falls das jetzt nicht ganz offensichtlich war: Aktuell ungefähr 115 kg "groß".)
Falls der das bei mir später wirklich so sagt, dürft ihr bitte in meinem Namen einmal herzlich lachen und dem Meister der großen Sprache einen Tusch spielen. Immerhin hat meine Familie einen gewissen Bezug zum Karneval.
So, das wäre erst einmal alles für heute. Ich werde, so ich die Gelegenheit bekomme, an diesem Thema noch weiterschreiben, aber jetzt bin ich etwas müde und der Text ist auch schon ziemlich lang.
Bis zum nächsten Teil! Und Leute, ehrlich: Macht euch Gedanken. Es könnte jeden Tag was passieren. Stellt eure Angelegenheiten rechtzeitig klar, wenn sie euch wichtig sind. Das gilt insbesondere für autofahrende Pinguine mit fehlgeleiteten Familienangehörigen.