Jun 21, 2010 16:56
Mein heutiges Treffen mit Indra beruhte auf einer Einladung ihrerseits. Einer Einladung ins Matrimandir. Die Gärten, die Meditationskammern, aber ganz besonders das Hauptgebäude, kann man nicht einfach so betreten. Normalerweise sind Verfahren einzuhalten mit Voranmeldung usw. Wer am Matrimandir Dienst tut, kann allerdings Gäste mitbringen, die er sozusagen einführt. Diese Möglichkeit haben wir also genutzt, denn Indra gehört zu den Ordnungshütern.
Sich dem Innersten zu nähern war allein schon ein Fest. Die Gestaltung der Parkanlagen befindet sich erst in ihren Anfängen, und doch ahnt man schon die Pracht, die sich einmal hier entfalten wird. Den Banyan Tree zur rechten Seite betritt man zwischen einem grünen und dem in Sandstein angelegten roten Wall einen Ringweg, von dem aus zwölf Pfade sich dem mit goldenen Scheiben bedeckten Zentralbau in Form einer abgeflachten Sphäre nähern. Vier davon führen ins Innere, die anderen nach unten, zu einem lotusförmigen Brunnen.
Die Temperaturen fallen, sobald man drinnen anlangt. Es ist dämmrig und kühl. Und weiß. Glatter weißer Marmor, auf dem das Licht weiche Konturen zeichnet, prägt das Bild. Über zwei langgezogene Spiralrampen, bedeckt mit weißem Teppich, steigt man nach oben, durchschreitet dort eine Marmortür und betritt damit die innerste Kammer, genau im Zentrum des Matrimandir. Zwölf runde Säulen stellen ihren einzigen architektonischen Schmuck dar, so dass nichts den Blick von der Kristallkugel ablenkt, welche das gebündelte Sonnenlicht von der Öffnung in der Spitze der kegelförmigen Kuppel auffängt und kerzengerade durch das ganze Gebäude nach unten weitergibt, wo das Licht schließlich im Lotusbrunnen versinken wird. Abseits dieses Lichtstrahls herrscht angenehmes Dämmerlicht und es ist noch kühler als im Rest des Gebäudes. Es ist still. Niemand spricht, niemand fotografiert, niemand hustet, niemand schlappt herum. Kaum dass man Atem hört. Der Blick der Augen fokussiert sich auf den lupenreinen Kristall, der geistige Blick wendet sich von allein nach innen. Eine Atmosphäre heiterer Leichtigkeit umgibt einen.
Hier hätte ich Stunde um Stunde sitzen können ohne müde zu werden, aber ein kleines Weilchen genügt, um eine Vorstellung für die Kraft dieses Ortes zu bekommen. Mit Rücksicht auf Indra, der es heute nicht so gut ging, habe ich es kurz gemacht.
Anschließend bin ich zum Guest Service gefahren, um mir eine neue Voluntärsstelle zu suchen. Ich sprach dort mit Won-san, einer Koreanerin, die mir zwar in meiner ursprünglichen Angelegenheit nur bedingt helfen konnte, dafür aber Tips in Sachen Entry Process parat hatte. Sie hat außerdem Kontakt zu einer koreanischen Familie, die sich wie ich als Newcomer bewirbt und damit zu einem entwas unglücklichen Zeitpunkt ankommt. Es war eh grad Mittagspause, also sind wir zusammen in die Solar Kitchen gegangen, um Jay und seine Familie zu treffen. Wie's aussieht kann ich am Mittwoch in das eigentlich geschlosssene Büro marschieren und dort dringende Gründe anführen, das für das Aufenthaltsvisum unbedingt notwendige Empfehlungsschreiben zu beantragen, welches man eigentlich nur als anerkannter Newcomer bekommt. Als solcher angenommen zu werden ist ein getrennter Vorgang und erfordert ein bisschen mehr Aufwand, da die Entry Group erst mit den von mir angegebenen Referenzpersonen reden möchte und etliches an Formalitäten zu erledigen ist. Das war in dieser Detailfülle bisher nicht klar. Wenns also klappt, dann kann ich bei der Wiederkehr zwar bereits mit dem Aufenthaltsvisum einreisen, brauche aber erst dann Newcomerstatus beantragen statt jetzt schon. Das wär ja nett.
auroville