Apr 05, 2009 00:16
Kapitel 5 „Rückkehr und Pläne“
Willow hatte sie gerufen! Doch sie hatte ihr einfach nicht antworten können. Nicht jetzt. Vielleicht später, wenn sie nicht mehr so schwach wäre. Es hatte Star alles an Kraft gekostet sich ein Wesen ‚auszuborgen’. Wenn es starke Emotionen empfand konnte sie diese spüren, lokalisieren und sie wie einen Anker benutzen um sich kurzzeitig in ein Wesen hineinzuziehen und Kontakt herzustellen. Aber jetzt war es zu früh für einen erneuten Versuch. Sie war einfach noch nicht wieder so weit.
Also folgte sie dem unsichtbaren Pfad, der sie untrüglich dorthin brachte, wo das nächste Wesen aus der richtigen Welt in diese verzerrte Realität, denn so empfand sie es, eintauchen würde. Es musste doch jemanden geben, der ihr helfen konnte eine Lösung zu finden!
„Ich verstehe es einfach nicht, Buffy. Die Wächter benehmen sich, als ob... als ob sie besessen wären! Sie scheinen nicht sie selbst zu sein, vielleicht werden sie gezwungen so zu handeln. Ich bin völlig ratlos was wir tun sollen.“
Giles war verwirrt und sah besorgter aus als je zuvor. „Ich muss unbedingt rausfinden, was es mit diesem Bewahrer auf sich hat. Wer hat ihn gerufen? Wer ist er und wie hat er so schnell so einflussreich werden können?“
Buffy machte sich Sorgen um Giles. Große Sorgen. Bei all dem was auf sie zukam brauchte sie ihren Wächter - seinen Rat, seine Unterstützung. Sie legte eine Hand auf seinen Arm und schaute ihn fest an.
„Giles, ich weiß auch nicht was da los ist. Aber im Moment haben wir dringendere Probleme. Wenn dieser Bewahrer wahr macht, was er gesagt hat - und daran zweifle ich nicht - dann müssen wir zunächst mal das Gleichgewicht wieder herstellen. Danach kümmern wir uns um die Wächter. Wir finden raus was da vor sich geht, ich verspreche es Ihnen. Aber jetzt brauche ich Ihre Hilfe.“ Buffys Stimme klang beherrscht. Doch etwas in ihrem Tonfall riss Giles aus seinen grüblerischen Gedanken.
Giles blickte seinen Schützling an. Er hatte sich gehen lassen und das sollte ihm nicht passieren. Buffy war ganz offensichtlich besorgt, nein, das stimmte nicht. Giles konnte in Buffys Augen Angst lesen. Er wusste nicht wann er sie das letzte Mal ängstlich erlebt hatte. Er würde sich zusammenreißen. Sein Grübeln würde nichts bringen. Buffy hatte Recht. Sie würden herausfinden was los war. Später. Im Moment konnte er sowieso nichts tun.
„Du machst dir Sorgen um Angel, habe ich recht“, fragte Giles sanft. Eigentlich hatte er gehofft, dass sie mit der Zeit darüber hinweggekommen wäre. Offensichtlich hatte er sich geirrt.
„Natürlich mache ich mir Sorgen“, erwiderte sie heftiger als sie es gewollt hatte.
„Tut mir leid. Aber wenn die verlangen, dass ich Angel… und Spike… vernichte... Giles, ich kann das nicht. Nicht noch einmal.“
„Du hast eine Idee, habe ich Recht? Wie du Angel retten kannst, meine ich.“ Giles klang skeptisch. „Aber du solltest nicht vergessen, dass die Beseitigung des Chaos und die Rettung der verschwundenen Wesen Priorität hat.“
Buffy wusste das nur zu gut. Aber dieses eine Mal würde sie die Rettung der Welt den anderen überlassen. Giles hatte Recht, sie hatte eine Idee. Vielleicht war es unsinnig, vielleicht einfach dumm. Aber sie würde nicht einfach abwarten, dass alles sich in Wohlgefallen auflöste, wenn sie es schafften den Höllenschlund wieder zu öffnen und das Chaos zu bereinigen.
Sie traute diesem Bewahrer nicht. Er würde auf jeden Fall ‚seine’ Wächter oder jemand Anderen auf sie hetzen. Vielleicht klappte es und sie konnte Angel retten, wenn nicht, nun, dann hatte sie ihn wenigstens aus der Schusslinie geschafft. Die Wächter würden ihn jedenfalls nicht vernichten. Und Spike würde gewarnt sein, dafür würde sie schon sorgen. Das hatte er sich verdient.
„Ich glaube, ich weiß was du vorhast, Buffy. Das wird nicht funktionieren“, meinte Giles. Er kannte sie und wusste, dass sie sich nicht abhalten lassen würde. Trotzdem würde er ihr seine Bedenken mitteilen, auch das war schließlich Teil seiner Aufgabe als Wächter.
„Giles...“ Buffy klang resigniert. Als ob sie sich das nicht selbst schon tausendmal gesagt hatte. „Ich kann nicht einfach abwarten. Ich muss etwas tun, es zumindest versuchen.“
„Was hast du also vor?“, fragte er.
„Ich werde versuchen die Zigeuner zu finden. Und sie dann überzeugen, dass sie uns helfen müssen. Die haben einen solchen Aufwand betrieben und eine Menge Magie eingesetzt um ein einziges Wesen zu verfluchen, da muss es doch etwas geben, das sie tun können. Ich weiß, was Sie sagen wollen“, beantwortete Buffy Giles’ unausgesprochenen Einwand: „sie werden uns nicht helfen. Jedenfalls nicht freiwillig. Aber irgendetwas muss es geben, das sie überzeugt und ich werde es finden. Sie und Willow werden sich um den Höllenschlund kümmern. Sie werden einen Weg finden und Sie brauchen mich nicht bei ihren Recherchen - dabei war ich nie eine große Hilfe.“
Buffy leises Lächeln beruhigte Giles und lenkte ihn von seinen Zweifeln ab. Er konnte sie ja verstehen. Zu lange schon war er Zeuge der unterdrückten Liebe der beiden. Egal was auch immer er davon halten mochte.
Nach ihr Rückkehr nach L.A. informierte Buffy sofort Willow und bat sie vorbei zu kommen. Sie würden ihre Hilfe noch dringend brauchen.
Sie trafen sich mit ihr in Giles’ Appartement und berichteten ihr von den Ereignissen bei dem Wächtertreffen. Willow konnte nicht glauben, was sie von den Wächtern und ihrem ‚Bewahrer’ zu hören bekam. Dass sie sie förmlich erpresst hatten zu tun was sie verlangten!
„Was hatte eigentlich der Höllenschlund mit diesem ganzen Schlamassel zu tun. Ich meine, wir schließen ihn und dann geht gleich die Welt unter?“, fragte Buffy.
„Sie geht nicht unter, sondern versinkt im Chaos“, korrigierte Giles. Dann bemerkte er, dass die beiden diesen feinen Unterschied nicht zu würdigen wussten und fuhr mit seiner Erklärung fort: „Die Mächte des Übernatürlichen, gute wie böse, überziehen die Welt wie ein Netz. Es gibt eine Theorie, nach der an jedem Höllenschlund eine Art Knotenpunkt liegt. Ein Ort an dem sich die Kräfte konzentrieren, Dimensionen ballen und überschneiden. Wenn man also einen Höllenschlund schließt und sozusagen einen Knoten des Netzes löst… kawumm“, meinte Giles und untermalte der Laut indem er die Hände in einer symbolischen Geste, wie ein Zauberer der etwas verschwinden ließ, schnell öffnete und dann sinken ließ.
„Kawumm? Giles haben Sie gerade kawumm gesagt?“, fragte Willow verblüfft.
„Nun ja, Höllenschlundphysik ist nicht gerade mein Fachgebiet“, meinte der Engländer ein wenig verlegen.
„Höllenschlundphysik?“
„Ja. So wie es für die reale Welt Naturgesetze gibt, gibt es auch welche für die Übernatürliche. Viele Dinge, die die Menschen sich nicht erklären können, gehorchen diesen Gesetzen. Zum Beispiel wenn an einem Tag alles schief zu laufen scheint, wenn man das Gefühl eines Déjà vu hat oder wenn etwas Schlimmes passiert nachdem eine Uhr dreizehn Mal schlägt.“
„Oder Magie“, meinte Willow mit leuchtenden Augen, „die ist dann eine Art übernatürlicher Chemie, richtig?“
„Ja, so in etwa, nur eben viel komplexer. Und diese Theorie zum Höllenschlund scheinen wir bestätigt zu haben“, kam Giles auf ihr Thema zurück.
„Nur kriegen wir keinen Nobelpreis oder Ruhm und Ehre dafür, sondern nur das Ende der Welt“, meinte Buffy, die die ganze Wissenschaftsdiskussion im Keim ersticken wollte.
„Nicht das Ende der Welt, nur Chaos. Aber du hast Recht, diese Theorie hilft uns nicht weiter.“
„Was werden wir also wegen des Höllenschlunds unternehmen. Ist es überhaupt möglich ihn wieder zu öffnen? Ich meine, ohne dass wir das Ende der Welt heraufbeschwören“, fragte Willow ihre Freunde.
„Das müsste eigentlich möglich sein. Durch die Beschwörungen und das Amulett konnte der Weltuntergang verhindert werden. Das Urböse ist vernichtet worden. Daran sollte ein erneutes Öffnen des Höllenschlunds nichts ändern. Ich weiß nur nicht, ob es eine Formel dafür gibt. Das gehört eigentlich eher in den Bereich der bösesten schwarzen Magie. Es wird nicht einfach werden die nötige Literatur aufzutreiben. Zu viel ist beim letzten großen Kampf vernichtet worden.“
Giles war mit seinen Gedanken bereits bei einer Liste von Büchern die wahrscheinlich hilfreich sein konnten.
„Darum werdet ihr euch allein kümmern müssen“, meinte Buffy zu ihrer Freundin.
Willow lachte, wurde aber schnell ernst, als sie merkte, dass Buffy nicht scherzte.
„Buffy, das kannst du nicht ernst meinen! Außerdem… ich bin nicht stark genug für eine solche Beschwörung. Ich weiß nicht einmal ob es irgendeine Hexe gibt, die dafür mächtig genug ist.“
Buffy nahm überrascht zur Kenntnis, dass Willow zugab, dass sie geschwächt war. Ihre Kräfte waren noch immer dabei sich zu regenerieren.
„Dann werden wir alle zusammenrufen müssen, die euch dabei helfen können. Alle Freunde, alle denen wir mal geholfen haben, vielleicht findest du auch übers Internet Hilfe“, wandte Buffy in einem Tonfall ein, der keinen Widerspruch zuließ.
Giles blickte auf. „Das ist gar keine schlechte Idee. Auf all diesen Esoterikseiten und in Chatrooms finden wir bestimmt ein paar echt Hexen, die uns helfen können.“
„Oh ja, und ein paar tausend Spinner“, murmelte Willow, bevor sie lauter erwiderte: „Nur gut, dass Semesterferien sind. Wer will schon ausspannen und Freunde besuchen, wenn er mal wieder die Welt retten kann. Was soll jetzt eigentlich wegen Star und all den anderen Verschwundenen geschehen? Ich habe versucht Kontakt zu Star herzustellen, aber es ist mir nicht gelungen. Entweder sie ist nicht in einer Geisterebene oder schon...“, darüber wollte sie nicht einmal nachdenken.
„Darum kümmern wir uns später, genau wie um die Wächter“, antwortete Giles, dem es sichtlich schwer fiel die Probleme mit seinen Kollegen hintan zu stellen.
„Ja, sobald wir die anderen unmöglichen Sachen erledigt haben“, konnte Buffy sich nicht verkneifen einzuwerfen.
„Vielleicht werden die Verschwundenen auch von allein wieder auftauchen sobald das Gleichgewicht wieder hergestellt wurde“, versuchte er Willow zu beruhigen. Giles ignorierte Buffys Kommentar, musste ihr aber in seinem Innersten zustimmen. Besonders optimistisch war auch er nicht gestimmt.
„Was wirst du jetzt tun“, fragte Willow dann an ihre Freundin gewandt.
„Erst mal werde ich Spike warnen, schließlich hat er uns geholfen die Welt zu retten. Für ihn kann ich sonst nichts tun, es sei denn er würde seine Seele aufgeben, was nicht zu Debatte steht. Dann gehe ich zu Angel und werde ihn zu den Zigeunern bringen - sobald ich weiß wo ich sie finden kann. Immerhin sind sie mit ihrem Hokuspokus nicht ganz unschuldig an dem so genannten Ungleichgewicht.“
Das klang einfach, aber Buffy wusste, dass es alles andere das sein würde. Willow warf Giles einen zweifelnden Blick zu. Dieser zuckte unmerklich die Schultern.
Es erwies sich als beinahe unmöglich etwas über den Aufenthaltsort der Zigeuner zu erfahren. Buffy hatte es aufgegeben zu suchen und blätterte längst in einem Magazin, als sie sich auf einmal aufsetzte und meinte sie hätte was gefunden. Tatsächlich wurde in dem Magazin über eine Gypsyshow berichtet, die im Moment sehr gefragt war.
Dort würde sie ihre Suche beginnen. Und vielleicht, nur vielleicht, würde sie auch dort enden.
zeit der wandlungen,
angel/buffy,
giles/original chara