Kirche

Jun 27, 2022 16:46


Die christlichen Kirchen sind in der Krise. Ich bin schon lange ausgetreten. Nichtsdestotrotz ist mir bewusst, dass ich in christlichen Traditionen erzogen wurde und das auch in mir steckt. Und so betrachte ich mit großer Sorge, dass diese Institution gesellschaftlich und politisch immer noch sehr wichtig und vielleicht zu wichtig genommen wird, obwohl sie immer weniger einem gesellschaftstragenden Anspruch gerecht wird.

Immer mehr Leuten wird bewusst, dass die Kirchen dem Anspruch, die christliche Lehre exklusiv zu vertreten, nicht gerecht wird. Selbst jetzt in einer Phase der Aufarbeitung der Versäumnisse fällt es den Kirchen schwer, ehrlich und offen damit umzugehen. Zu tief steckt die arrogante Grundhaltung, die wahre Lehre zu vertreten, in ihren Strukturen.

Bei der Katholischen Kirche steckt das schon im Namen. Mit einer Kirche, die sich so nennt, kann es keine Einheit der Christen und keine Ökumene geben. Das Wort katholisch im Namen zu führen ist eine arrogante Anmaßung, die auch nach wie vor von der Römischen Kirche genau so gelebt wird.

Vieles von dem, was für viele heute den Kirchenalltag bestimmt, hat keine Grundlage im Neuen Testament. Es sind Reaktionen auf Irrungen des Mittelalters, an denen festgehalten wird wie an Dogmen. Für jeden, der die Bibel wirklich liest, sind viele dieser eingefahrenen Regeln geradezu Lästerung.

So gibt es beispielsweise keinen Grund dafür, dass Männer in der Kirche anders behandelt werden als Frauen und auch keinen für das Zölibat.



Dazu ist die Kirche ein Wirtschaftsfaktor. Bistümer benehmen sich wie Konzerne. Kirchliche Einrichtungen werden marktwirtschaftlich ausgerichtet, um die Gewinne zu maximieren. Selbst bei aktuellen Neustrukturierungen wird das zum einen beibehalten und zum anderen verschleiert.

Noch über die selbst schon fragwürdige Kirchensteuer hinaus lässt man sich vom Staat aushalten, aber lässt umgekehrt keine Bewertung durch staatliche Strukturen zu. Selbst bei ernsten Vergehen behält man sich das „Recht“ auf interne Klärung vor. Und das, obwohl inzwischen offensichtlich ist, dass diese interne Klärung in Wirklichkeit gar nicht stattfindet.

Wenn die Kirche nicht geradezu absurderweise Schuld haben will am Niedergang der christlichen Werte, wird sie sich um 180 Grad drehen müssen: Die eigenen Fehler eingestehen, offen für die Ermittlung gegen eigene Vergehen durch offizielle Stellen und die eigenen Dogmen über Bord werfen und sich in breit angelegter echter literaturwissenschaftlicher, theologischer Arbeit dem kritischen Diskurs über die Heilige Schrift stellen und sich auch selbst danach beurteilen lassen müssen.

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